Airbus fliegt in Schlechtwetterfront
Glück in der Krise: Auch Boeing schwächelt
Von René Heilig *
Laupheim startet durch, so lautet die gute Nachricht aus dem
europäischen EADS-Superkonzern. Die schlechte Nachricht heißt: Airlines
bestellen Flugzeuge ab. Die Krise der Fluggesellschaften schlägt langsam
auch auf die Hersteller durch.
Vor einem Jahr sah es trübe aus im baden-württembergischen Laupheim.
Airbus, die EADS-Tochter, war durch eigenes Missmanagement und allzu
großer Hast bei der Entwicklung seines Riesenvogels A 380 in eine Krise
geschlittert und trennte sich von zahlreichen Werken samt Mitarbeitern.
Laupheim stand zum Verkauf. Der deutsche Rüstungskonzern Diehl und sein
französischer Partner Thales griffen zu, nun kehrt wieder Hoffnung ein
in den Traditionsstandort.
In Laupheim sollen Kabinenkomponenten für den A 350 entwickelt und
hergestellt werden. Diehl und Thales versprechen, dass man das Werk zu
einem erfolgreichen Kompetenzzentrum für Kabinenausstattung und -systeme
machen werde. Doch dazu fehlen noch so einige Voraussetzungen.
Beispielsweise der besagte Airbus A 350. Noch »steht« das Flugzeug nur
in den Computern der Airbus-Konstrukteure. Die Maschine, so betonen
Fachleute, hätte schon längst auf dem Markt sein müssen. Dennoch warnen
sie abermals vor zu großer Entwicklungshast.
Der direkte Konkurrent des A 350 ist die Boeing 787, Dreamliner genannt.
Wir haben fast 600 Aufträge vorliegen, tönte der US-Hersteller bereits
vor einem Jahr. Nun sei man inzwischen bei 900 Bestellungen von fast 60
Kunden angelangt. Doch auch Boeing hatte den Mund zu voll genommen.
Ursprünglich war die Auslieferung bereits für vergangenen Mai geplant.
Das Prestigeprojekt kommt aber einfach nicht hoch. Vor allem
Zulieferprobleme seien dafür verantwortlich, heißt es. Nun soll der
Dreamliner im vierten Quartal dieses Jahres erstmals fliegen. Die erste
Maschine ist für das dritte Quartal 2009 der japanische Fluggesellschaft
All Nippon Airways versprochen. Diese Verzögerung brachte Boeing jetzt
die erste Abbestellung ein. Die Aserbaidschan Airlines kündigte den
Auftrag für eine der neuen Maschinen und steigt um auf traditionelle
Boeing-Produkte.
Noch ist das kein Grund zum Jubel beim europäischen Konkurrenten. Denn
dort bereitet man sich gerade auf Abbestellung in anderer Größenordnung
vor. United Airlines erwägt angeblich, 42 bestellte Flugzeuge der Typen
A 319 und A 320 nicht abzunehmen. Bereits im Januar 2006 soll United mit
Airbus einen Lieferaufschub für 23 A 319 und 19 A 320 vereinbart haben.
Die US-Fluglinie will die Stornierung auch beibehalten, würde eine
bereits geleistete Anzahlung von 58,7 Millionen Euro verfallen.
United kann nicht anders, denn die Firma flog im ersten Halbjahr 2008
einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro ein, der auch mit Stellenabbau und
der Stilllegung von 100 Maschinen nicht zu kompensieren ist.
Große Hoffnungen hatte Airbus auf einen »Jahrhundertauftrag« der
US-Luftwaffe gesetzt. Gemeinsam mit dem US-Partner Northrop Grumman
hatte man die Ausschreibung zur Lieferung von 179 Tankflugzeugen
gewonnen. [siehe:
Luftrivalen.] Doch Konkurrent Boeing wollte sich nicht ausbooten lassen und
der US-Rechnungshof fand genügend Gründe, weshalb die Ausschreibung
wiederholt werden muss. Das geschah nun Mitte der Woche. Airbus und
Northrop Grumman sind wieder dabei. So wie Boeing. Es geht schließlich
um einen Gesamtwert von gut 100 Milliarden Dollar.
* Aus: Neues Deutschland, 9. August 2008
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