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Wer kauft zu Guttenberg 13 "Grizzlys" ab?

Schwarz-Gelb fädelte A400M-Deal mit EADS ein – IG Metall warnt vor Rüstungsrückgang und träumt vom Weltraum

Von René Heilig *

Zu den Skandalen, die Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) derzeit klein reden muss, kommen nun auch noch Attacken der Gewerkschaften hinzu. Die regen sich über geplante Kürzungen im Rüstungsbereich auf.

Es ist erst wenige Tage her, da stieg der deutsche Testpilot Klaus-Dieter Flade in den »Grizzly« Nr. 4. »Grizzly« wird der neue Airbus-Militärtransporter A400M genannt. Nach fünf Stunden und zehn Minuten ging der Jungfernflug des Militärtransporters A400M zu Ende. Ausnahmsweise problemlos.

Gar nicht problemlos ist das Flugzeug derzeit aus politischer Sicht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat auch der Bundeswehr Sparsamkeit auferlegt. Weniger Soldaten, weniger Material. Minus 9,3 Milliarden Euro bedeutet das für die Rüstung.

Ursprünglich wollte die Deutsche Luftwaffe 70 A400M-Transportmaschinen bei Airbus-Military, einem Teil des europäischen Hightech-Konzerns EADS kaufen. Dann reduzierte man den Bedarf auf 60. Seit Wochenmitte reden Bundestag-Haushälter über 53 Maschinen. Wobei die Bundeswehr nur 40 davon bekommen soll. Die Differenz-Grizzlys will man ins Ausland verkaufen.

Wenn das mit dem Export so einfach wäre, hätte EADS liebend gern bereits entsprechende Verträge geschlossen. Bislang stehen nur Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Spanien und die Türkei als Kunden fest. Malaysia bestellte vier Maschinen. Italien und Portugal sind aus dem Projekt ebenso wie Chile und Südafrika ausgestiegen.

Mit dem Grizzly-Deal wird Neuland beschritten. Die Regierung garantiert EADS die Abnahme zu fixen Preisen. Falls das mit dem staatlichen Export der überzähligen Maschinen nichts wird, schröpft man den Steuerzahler eben wie ursprünglich geplant, und das Militär hat mehr Flieger für globale Einsätze.

Bernhard Stiedl ist Bevollmächtigter der IG Metall in Ingolstadt und Mitglied des Aufsichtsrats der EADS. Er macht sich – wenn er an die A400M-Flieger, die bei EADS noch zu produzierenden 37 »Eurofighter« und an das Nachfolgeprogramm zum Bau des unbemannten Aufklärungsflugzeugs »Talarion« denkt – Sorgen um die Kollegen in den Rüstungsbetrieben. Die seien ohnehin sehr verunsichert, denn das Guttenberg-Ministerium will zudem auch noch 15 Transall-Transportflugzeuge und 100 Tornado-Kampfjets stillgelegen. Damit wird der bisherige Wartungsaufwand reduziert.

Stiedl sieht ein, dass man sparen muss. Doch dürfe »die Politik die Industrie dabei nicht überfordern«. Mittelfristig, so hat die IG Metall großzügig gerechnet, stünden 15 000, langfristig 30 000 qualifizierte Arbeitsplätze bei EADS und Zulieferern auf der Kippe. Am stärksten betroffen wären südbayerische und württembergische Standorte.

»Mit uns ist das nicht zu machen«, sagt der IG Metaller und deutet Mobilisierung »gegen zu Guttenberg und den Rüstungsabbau der Bundesregierung« an.

Angesprochen auf Möglichkeiten von Konversion, betont Stiedl, dass die IG Metall »sehr intensiv mit den Kollegen über Alternativen diskutiert«. Weit gekommen ist man dabei offenbar noch nicht. Klar, ziviler Flugzeugbau biete sich an, sagt der Metall-Funktionär, der sich sodann als Visionär vorstellt. Er zieht Parallelen zwischen dem unbemannten Projekt »Talarion« und führerlosen Straßenbahnen. Er kann sich besatzungslose Passierjets vorstellen und auch auf dem Gebiet des Weltraumtourismus ließe sich manches vorantreiben. Auf dem Werksflugplatz in Manching könnte ein US-Spaceshuttle problemlos landen. Das höre sich »sicher alles sehr fantastisch an, doch man sollte schon in solchen Dimensionen denken«.

Stiedl jedenfalls tut es.

* Aus: Neues Deutschland, 28. Januar 2011


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