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ILA 2000

Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung 2000

Vom 6. -12. Juni 2000 fand die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld statt. 212.000 Menschen kamen und sahen sich zivile und militärisches Fluggerät an. Die Bundeswehr hatte die größte Ausstellungsfläche eines Einzelausstellers.

Die einzelnen Ausstellungen waren aufwendig, die Flugvorführungen faszinierend, ja geradezu spektakulär. Bei den Weltraumprojekten der Europäischen Weltraun-Organisation (ESA) wurden niemals die militärischen Aspekte erwähnt. Der Besucher sollte glauben, dass es ausschließlich um zivile Projekte geht. Nach der Satzung der ESA sind auch nur zivile Projekte vorgesehen. Das wird in Zukunft anders sein. Gerade wird die ESA in die "European Aeronautic Defence and Space Company" (EADS) umgebaut. Das Ortungssystem "Galileo" wurde von der ESA begonnen und von der EADS als militärisches Projekt beendet. Mit "Galileo" will man von den US-Amerikanern und ihrem GPS-System unabhängig werden, um in Zukunft Kriege auch ohne die USA führen zu können.

Die militärischen Flugzeuge überwogen, gleich am Eingang war alles versammelt, was im Jugoslawien-Krieg den "Sieg" errungen hat: Tornados der Bundeswehr, Tarnkappenbomber (F117) der US-Aiforce, ein großes AWACS-Flugzeug der NATO für die Luftraumüberwachung und als Einsatzzentrale für die Luftangriffe. Auch die zukünftigen Kriegsflugzeuge der Bundeswehr waren am Boden und in der Luft zu bestaunen: Der neue Transporthubschrauber NH90, der Kampfhubschrauber "Tiger" und der Eurofighter. Zum Zeitpunkt der Ausstellung war im Bundestag noch nicht über die Anschaffung der beiden Hubschrauber entschieden, aber hier waren sie bereits mit Bundeswehrbemalung im Einsatz. Was macht es schon, dass der "Tiger" das 23fache seines Vorgängermodells kostet, dafür kann er aber einen Looping fliegen. Da dürfen dann die 212 Exemplare, die bis 2011 angeschafft werden ruhig 15,3 Mrd. DM kosten. Die 272 NH90 sind billiger, sie kosten nur 12 Mrd. DM. Aber die Preise wurden auf der ILA nicht genannt.

Die Flugvorführung des Eurofighter war atemberaubend. Nach dem Start schoss er gleich senkrecht in den Himmel und flog dann enge halsbrecherische Kurven. Es heißt, er kann die engsten und schnellsten Kurven aller Jagdflugzeuge fliegen. Das muss uns doch 41,5 Mrd. für 180 Stück wert sein. Was sind dagegen die läppischen Löcher im Berliner Haushalt. Wenn viele etwas von ihren Sozialleistungen abgeben, kann man sich so etwas schon leisten! Die Waffensysteme werden früher oder später doch alle eingeführt, die Lobby ist einfach zu stark und man braucht ja nur wenige Millionen an die richtigen Leute zu geben und schon wird angeschafft oder exportiert. Wie die SPIEGEL-Leser wissen flossen alleine beim Export der Fuchspanzer an Saudi-Arabien über 200 Millionen an Schmiergeldern.

Frappierend bei der Bundeswehrausstellungshalle, dass dort Waffensysteme gezeigt und erklärt wurden, über deren Anschaffung noch gar nicht entschieden ist, z.B. die "modulare Abstandswaffe (TAURUS)", das europäische Konkurrenzprodukt zu den US-amerikanischen cruise-missiles. Auch ein Raketenabwehrsystem wird vorbereitet. Schon ist ein Computersimulationsprogramm entwickelt (TMSDIM) und die Wirkung grafisch dargestellt ("Erweiterte Luftverteidigung (LAV)".

Proteste gegen die ILA

Schon seit langem versuchte der Deutsche Friedensrat die Idee des Darmstädter Friedensforums zu einem Protest gegen die drohende Militarisierung Europas und des Weltraumes umzusetzen. Wir fanden Verbündete bei der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, der DFG-VK, den Jusos, PAX-Christi, der Friedens-und Begegnungsstätte Mutlangen, der FREIen HEIDe und des Global Network against Weapons and Nuclear Power in Space.

Von der Kampagne war für den 6. Juni eine Sitzblockade im Eingangsbereich der ILA und die Besetzung eines Tornado mit Entfaltung eines Transparentes geplant. Das wurde schon im Vorfeld von der Polizei verhindert. 15 Leute wurden festgenommen.

Dagegen konnte am 10. Juni eine gemeinsame Aktion am ILA-Zubringerbus in Rudow ohne Zwischenfälle stattfinden. Wir verteilten Flugblätter an die Besucher, Luftballons mit der Aufschrift "Weltraum friedlich nutzen". Wir hatten einen Informationsstand und eine kleine Ausstellung mit 6 Tafeln. Ein Transparent war über den Gehsteig gespannt und ein großer Luftballon trug eine goldene Folie mit dem Emblem des "Global Network.." Bei brütender Hitze hielten insgesamt 21 Mitstreiter 4 Stunden durch. Auf unserem Flugblatt hieß es u.a. "ILA in Schönefeld: Hier werden die nächsten Kriege vorbereitet...Liebe Besucher wir wollen Ihnen nicht Inr Interesse an interessanter und faszinierender Technik vermiesen. Doch meinen wir, dass der Trend zur Militarisierung der ILA und zur Militarisierung Deutschlands gestoppt werden muss. Durch die Rüstungsprojekte werden Unsummen verschleudert. Wenn auch nur ein Bruchteil davon für eine zivile Konfliktlösung eingesetzt würde, könnten wir und unseren Nachbarn besser leben.." Ob wir einige Besucher zum Nachdenken bewegen konnten?
Aus: PAX REPORT, Nummer 6/7, Juli/August 2000

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