Kampagne gegen Rüstungsexporte in die Türkei
Widerruf der Ausfuhrgenehmigung einer Munitionsfabrik gefordert
PRESSEERKLÄRUNG
Wiesbaden, 18. September 2000
Protestaktion gegen Lieferung der Munitionsfabrik gestartet
Kampagne fordert Widerruf der Ausfuhrgenehmigung
Umrüstung auf Natokaliber „nicht notwendig"
Die Kampagne „Produzieren für das Leben - Rüstungsexporte stoppen" fordert 
Bundeskanzler Gerhard Schröder in einer bundesweiten Briefaktion  auf, die 
kürzlich vom Bundessicherheitsrat erteilte Liefergenehmigung für eine 
Munitionsfabrik an die Türkei zu widerrufen.
„Die Regierung inszeniert in dieser Frage ein koalitionsinternes 
Schmierentheater", erklärte Holger Rothbauer, der Vorsitzende der von 
christlichen Friedensgruppen wie „Pax Christi", „Versöhnungsbund" und „Ohne 
Rüstung Leben" getragenen Kampagne. „Zumal die angeblich zwingende Angleichung an das Nato-Munitionskaliber keineswegs notwendig ist. Wenn die Leopard II-Panzer aus Menschenrechtserwägungen nicht geliefert werden sollen, dann darf auch diese Munitionsfabrik durch Fritz Werner in Geisenheim nicht exportiert werden. Oder zählen Verwaltungsvorschriften mehr als Menschenrechte?" 
Nach Angaben Rothbauers lehnt die Mehrheit der deutschen Bevölkerung 
Waffenlieferungen an die Türkei zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab: „Viele haben 
gehofft, dass rot-grün einen echten Kurswechsel hin zu einer restriktiven 
Rüstungsexportpolitik bedeutet. Diese Hoffnung wurde nachhaltig enttäuscht."
Die Kampagne gegen Rüstungsexport sieht in der deutschen Beteiligung an diesem 90-Millionen-Rüstungsprojekt den Beweis, dass im Zweifel auch rot-grün für kurzfristige wirtschaftliche Vorteile optiert. Die Kosten dieser Entscheidung tragen andere: Bei jüngst bekannt gewordenen Angriffen der türkischen Luftwaffe auf kurdische Dörfer im Nordirak haben über 50 Zivilisten ihr Leben verloren.
Kontakt:
Kampagne "Produzieren für das Leben -- Rüstungsexporte stoppen"
Bismarckring 3, 65183 Wiesbaden, Tel.: 0611/9102350, Fax: 0611/371838  
VORSCHLAGSTEXT FÜR EINEN PROTESTBRIEF AN BK SCHRÖDER
Herrn Bundeskanzler
Gerhard Schröder
Bundeskanzleramt
Schloßplatz 1
10178 Berlin
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
aus Presse und Fernsehen habe ich erfahren, dass die Bundesregierung die 
Lieferung einer Anlage zur Herstellung kleinkalibriger Gewehrmunition durch die Firma Fritz Werner in Geisenheim an die Türkei genehmigt hat.
Dies steht in krassem Widerspruch zur erklärten Politik der Bundesregierung, bei Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland besonderes Gewicht beizumessen (Politische Grundsätze vom 19.01.2000, I,2).
Ich appelliere dringend an Sie als den letztlich Verantwortlichen, dafür Sorge 
zu tragen, dass aus der Bundesrepublik Deutschland keine Rüstungsexporte in 
Staaten genehmigt werden, die die Menschenrechte gröblich verletzen.
Die Türkei ist ein Land, das nach Berichten von Nichtregierungsorganisationen 
wie amnesty international und Human Rights Watch diese Menschenrechte 
fortgesetzt missachtet.
Deshalb widerspreche ich der Entscheidung über die Lieferung der Munitionsfabrik 
an die Türkei und fordere Sie auf, diese Genehmigung zurückzunehmen. Weiterhin 
widerspreche ich der Belieferung der türkischen Regierung mit anderen 
gewünschten Rüstungsgütern aus Deutschland, wie beispielsweise den 
HK33-Gewehren, Fuchs-Transportpanzern, Leopard-Kampfpanzern sowie 
Tiger-Kampfhubschraubern.
Die Genehmigung solcher kostspieliger Rüstungsprojekte stärkt den Einfluss 
militärischer Kräfte in der Türkei und belastet den Haushalt des Landes in 
unverantwortbarer Weise. Dies führt in der Folge zu einer Destabilisierung 
zivilgesellschaftlicher Prozesse dort. Damit behindern Rüstungsexporte die 
ebenfalls klar geäußerte Absicht der Bundesregierung, die Türkei mittelfristig 
an eine EU-Mitgliedschaft heranführen zu wollen.
Schließlich fordere ich Sie auf, die Entscheidungen der Bundesregierung zu 
Rüstungsexporten demokratisch und transparent zu gestalten. Das bisherige 
Verfahren, bei dem der geheim tagende Bundessicherheitsrat an Parlament und 
Öffentlichkeit vorbei entscheidet, ist eines modernen Staatswesens unwürdig. 
Mit freundlichen Grüßen
Zu weiteren Beiträgen über Rüstung und Rüstungsexport
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