Wegen chinesischer Ehefrau von Airbus-Zulieferer gekündigt
IG Metall wendet sich an Verteidigungsminister und sieht in Rauswurf durch Militärausrüster Verstoß gegen das Grundgesetz
Von Mirko Knoche, Hamburg *
Weil er eine Chinesin heiratete, hat Maik B. im Juni seinen Job beim
Airbus-Zulieferer »Autoflug« in Rellingen bei Hamburg verloren. Seine
Gewerkschaft, die IG Metall, hat sich am Dienstag dieser Woche in einem
Schreiben an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU)
gewandt. Am kommenden Dienstag (3. Aug.) verhandelt das Arbeitsgericht
Elmshorn über die ungewöhnliche Kündigung.
Maik B. arbeitet seit Mitte 2006 bei »Autoflug«. Er war zunächst über
eine Leiharbeitsfirma bei dem Rüstungszulieferer tätig. Das Unternehmen
fertigt für das Hamburger Airbus-Werk und weitere Militärausrüster
Schleudersitze und Fallschirme für Flugzeuge und Hubschrauber sowie
Sicherheitssitze für Panzerfahrzeuge.
Als B. 2007 ankündigte, seine Freundin in China und deren Tochter zu
besuchen, bat ihn der zuständige Abteilungsleiter, mit der
Sicherheitsbeauftragten der Firma zu sprechen. Wie die taz Nord
berichtete, machte diese aber sowohl 2007 als auch in den Folgejahren
keine Bedenken geltend. B. besuchte weiterhin regelmäßig seine Freundin.
Im Februar dieses Jahres übernahm »Autoflug« den bisherigen
Leiharbeiter, der inzwischen geheiratet hatte, in ein festes
Arbeitsverhältnis.
Im März 2010 eröffnete ihm der Personalchef des Unternehmens plötzlich,
durch seine Ehe mit einer Chinesin stelle er ein Sicherheitsrisiko dar.
Nach Angaben der taz Nord habe man ihm mitgeteilt, er sei durch seine
familiären Kontakte anfällig für »Anbahnungs- und Werbungsversuche
chinesischer Nachrichtendienste«. Außerdem sei er erpreßbar, etwa indem
die Geheimpolizei der Volksrepublik China seine Frau oder deren Tochter
entführe. Die Chinesen könnten ihn so zwingen, militärisch relevante
Informationen zu verraten.
Die Firma beurlaubte B. im März mit sofortiger Wirkung und stellte ihm
im Juni die Kündigung für Ende September zu. Warum durch den Eheschluß
mit seiner langjährigen Freundin eine neue Gefährdungssituation für die
militärische Sicherheit entstanden sein soll, erfuhr B. bis heute nicht.
Betriebsrat und IG Metall protestierten erfolglos beim
»Autoflug«-Hauptgesellschafter Andreas Sedlmayer. Nun muß das
Arbeitsgericht über den Fall entscheiden.
Der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Unterelbe, Uwe Zabel, wertet
die Kündigung als Verstoß gegen das Grundgesetz. »Autoflug verletze«
sowohl den Schutz der Familie und der Menschenwürde als auch das
Diskriminierungsverbot. In seinem Schreiben an CSU-Minister Guttenberg
weist Zabel auf eine Äußerung des Rüstungszulieferers hin. Demnach habe
die Firma in der Sache auf Empfehlung des Verteidigungsministeriums
gehandelt. Der IG-Metall-Funktionär bittet den Minister um Klarstellung
und um persönliche Unterstützung - Guttenberg soll auf Autoflug
einwirken, die Kündigung zurückzunehmen.
* Aus: junge Welt, 30. Juli 2010
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