Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Glitschgel und Offshore-Korvetten

Rüstungsindustrie stellte in Hamburg auf der ersten Fachmesse neue maritime Produkte vor

Von Hermannus Pfeiffer, Hamburg *

Erstmals fand in Hamburg eine maritime Militärfachmesse statt. 1300 Teilnehmer informierten sich bei mehr als 60 Ausstellern über Neuheiten.

Die internationale Fachmesse zu maritime Sicherheit und Verteidigung MS&D war für die Veranstalter ein voller Erfolg. »Die MS&D war der erwartete Magnet für die internationale Fachwelt«, freute sich Bernd Aufderheide, Geschäftsführer der Hamburg Messe und Congress GmbH, die dieses neue »Produkt« u. a. zusammen mit dem Bundesverteidigungs- und dem -wirtschaftsministerium aus der Taufe gehoben hatte. Die MS&D werde künftig das Forum für internationale Marinen, Politik und Industrie sein, hofft die Messegesellschaft.

Ein Brennpunkt der Messe und einer parallel tagenden Expertenkonferenz war die Piraterie. 2008 beliefen sich die Schäden für die Weltwirtschaft auf schätzungsweise elf Milliarden Euro; jede fünfte deutsche Reederei wurde bereits von Piratenangriffen getroffen. Das Wirtschaftsministerium sieht dies auch als Chance: »Angesichts der aktuellen Sicherheitslage hat unsere Industrie große Chancen zur Entwicklung von Abwehrsystemen in diesem Bereich«, sagte die Maritime Koordinatorin der Bundesregierung, Dagmar Wöhrl, bei der Eröffnung der Messe unterhalb des Hamburger Fernsehturms. Auf ihrem Rundgang sah die CSU-Politikerin, was Industrie und Wissenschaft zu bieten haben. So kann die Schiffscrew bei einem Angriff durch ein Schlauchsystem grüne und rote Flüssigkeiten versprühen, auf denen die Piraten ausrutschen. Oder die Mannschaft erzeugt mit Knallkanonen bei den Angreifern ein unangenehmes Schwindelgefühl.

Kreuzfahrtschiffe und einige Dutzend Frachter sollen mittlerweile mit solchen neuen Systemen ausgerüstet worden sein. Dazu trug auch Druck aus der Versicherungsbranche bei, die weit höhere Prämien von den Schiffseignern für gefährdete Routen wie durch den Suezkanal ans Horn von Afrika oder durch die Straße von Malakka verlangt.

Für Konteradmiral Heinrich Lange reichen technische Schutzmaßnahmen allerdings nicht aus: »Man sollte immer noch ein As in der Hinterhand haben.« Dies könnte die Marine sein. Auch den deutschen Militärs und 22 Marinedelegationen aus vier Kontinenten wurde auf der Messe einiges Neue angeboten. Ein Trend sind unbemannte Fluggeräte, die vollautomatisch fliegen, aufklären und schießen können. Die Technische Universität Clausthal-Zellerfeld stellte einen unbemannten Minihubschrauber mit 1,80 Meter Spannbreite vor, der auf jedem Kriegsschiff starten und durch Thermokameras sein Ziel eigenständig verfolgen kann.

ThyssenKrupp Marine Systems hatte auf die Hamburg-Messe Modellstudien für 81 Meter lange Offshore-Korvetten mitgebracht. Deren Aufgabe könnte in naher Zukunft der militärische oder bundespolizeiliche Schutz von Ölplattformen im Atlantik oder von Windparks auf hoher See etwa vor Rügen sein. Zu ThyssenKrupp gehören u.a. die Nordseewerke in Emden, in der künftig Offshore-Windkraftanlagen gebaut werden sollen. Die Deutsche Marine sieht hier ein neues Betätigungsfeld heranwachsen.

* Aus: Neues Deutschland, 5. Oktober 2009

Siehe auch:
Nahost-Schaulaufen deutscher Marinetechnik
Hersteller und Planer deutscher Kriegsschiffe hoffen auf gute Exportgeschäfte


Zu weiteren Beiträgen über Rüstung und Rüstungsexport

Zur Bundeswehr-Seite

Zurück zur Homepage