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Leo, wir fahr'n nach Riad

CDU-Wirtschaftspolitiker befürwortet Panzerdeal mit Saudi-Arabien *

Der Wirtschaftsexperte der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, hat sich bei einem Besuch Saudi-Arabiens für die Lieferung von Leopard-2-Panzern an das autoritär regierte islamische Königreich ausgesprochen.

Saudi-Arabien habe sich seit Jahrzehnten als absolut verlässlicher, stabilisierender Faktor in der Region erwiesen, sagte der CDU-Politiker Pfeiffer am Donnerstag am Rande des Besuchs von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) in Riad. »Ich halte es daher für absolut vertretbar, deutsche Rüstungstechnologie nach Saudi-Arabien zu exportieren.«

Rösler war am Mittwoch in Begleitung einer großen Wirtschaftsdelegation für zwei Tage nach Saudi-Arabien gereist. Die mögliche Lieferung deutscher Leopard-2-Panzer spielte bei den Gesprächen nach Angaben aus Delegationskreisen keine Rolle. Bislang liege kein Antrag auf eine Ausfuhrgenehmigung vor, hieß es. Saudi-Arabien hatte allerdings noch im März sein Interesse an dem Geschäft bekräftigt.

Der geplante Panzerdeal des Münchner Rüstungsunternehmens Krauss-Maffei Wegmann hatte vor einem Jahr für Wirbel gesorgt. Damals hatte es eine Voranfrage des Unternehmens gegeben, die vom Bundessicherheitsrat positiv beschieden wurde. »Die Zeit« hatte zuletzt unter Berufung auf Unternehmenskreise berichtet, dass das Milliardengeschäft kurz vor dem Abschluss stehe.

Pfeiffer betonte vor Journalisten, wenn die Voraussetzungen nach den deutschen Rüstungsexport-Richtlinien erfüllt seien, spreche aus seiner Sicht nichts gegen das Geschäft. Deutschland habe ohnehin die strengsten Ausfuhrkriterien. Solche Geschäfte böten zudem die Möglichkeit, politisch Einfluss zu nehmen. »Wenn man mit denen im Gespräch ist, hat man auch die Möglichkeit, unsere Vorstellungen von Sicherheitspolitik und Menschenrechtsfragen anzusprechen.«

Wirtschaftsminister Rösler will die Wirtschaftsbeziehungen zu Saudi-Arabien langfristig auf eine breite Grundlage stellen. »Wir wollen eine Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe, auch langfristig gedacht«, sagte der Vizekanzler und FDP-Vorsitzende am Donnerstag zum Abschluss seines zweitägigen Besuchs in Riad. Saudi-Arabien sei nicht nur die wichtigste Volkswirtschaft im arabischen Raum, sondern leiste durch die Stabilisierung des Ölpreises auch einen Beitrag zu mehr Wachstum in Europa.

* Aus: neues deutschland, Freitag 8. Juni 2012

Jan van Aken zum selben Thema in "The European"

Im Meinungsblatt "The European" (www.theeuropean.de) kam der Abrüstungsexperte Jan van Aken, MdB Die Linke, zu Wort. Wir dokumentieren Auszüge aus seinem Beitrag:

(...) Die angeblich so rigide deutsche Exportkontrolle ist leider eine Lüge. Zuletzt zeigten die U-Boot-Lieferungen an Israel und die Genehmigung für den Export von über 200 Leopard-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien, wie wichtig der Bundesregierung Rüstungsexporte sind, wie ungehemmt sie Waffen in Krisenregionen liefert, Konflikte befeuert und davon profitiert. Die Lieferung atomwaffenfähiger U-Boote nach Israel, dessen Regierung dem Iran offen mit einem Angriff droht, verschärft den Konflikt und das Wettrüsten im Nahen Osten. Und Panzer in ein zutiefst undemokratisches, unfreies Land exportieren zu wollen, ist abscheulich (...)

In Deutschland ist es leider legal, Waffen an die gröbsten Menschenrechtsverletzer oder mitten hinein in Kriegs- und Krisengebiete zu verkaufen. Die Bundesregierung betreibt Augenwischerei, wenn sie auf ihre "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" verweist. Diese Grundsätze sind nur vom Bundeskabinett verabschiedet. Sie sind kein Gesetz und nicht einklagbar. Das bedeutet, dass die Genehmigungsentscheidungen über Waffenexporte juristisch nicht anzufechten sind und Verstöße gegen die Grundsätze nicht mit Sanktionen verfolgt werden. Das bedeutet auch, dass wirtschaftliche und vermeintliche außen- und sicherheitspolitische Interessen stets die Abwägung gegen die Menschenrechtslage in den Empfängerländern gewinnen. Das bedeutet in letzter Konsequenz, dass unsere Bundesregierung ohne mit der Wimper zu zucken Panzer, Sturmgewehre und anderes Kriegsgerät in die ganze Welt verschickt. Die 270 Kampfpanzer und eine Waffenfabrik für Saudi-Arabien sind da nur die Spitze eines schmutzigen Eisberges.

(...) Zu ihren schmutzigen Waffendeals fahren Merkel und ihre Kabinettsmitglieder nicht alleine – begleiten lassen sie sich gerne und regelmäßig von hochrangigen Vertretern der Rüstungsindustrie. Diese sitzen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Katar, in Indien und Angola neben Merkel und Rösler am Verhandlungstisch und verkaufen ihre todbringenden Produkte. In einer Kleinen Anfrage der Linken ist detailliert nachzulesen, welche Rüstungslobbyisten an welchen Regierungsbesuchen teilgenommen haben.[1]

Nur Verbote helfen, die Rüstungsexporte zu stoppen. Windelweiche Nicht-Gesetze haben nichts gebracht, das zeigen die letzten zwölf Jahre, in denen trotz der „Politischen Grundsätze“ die Rüstungsexporte in schwindelerregende Höhen gestiegen sind. Ein erster, ganz wichtiger Schritt wäre das komplette Verbot, sogenannte Kleinwaffen und ganze Waffenfabriken zu exportieren. (...)

Hier geht es zum ganzen Artikel: www.theeuropean.de

[1] Die Kleine Anfrage kann hier heruntergeladen werden: BT-DS 17/9459
Die Antwort der Bundesregierung wird demnächst als BT-DS 17/9854 erscheinen.

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