Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Putin bietet Gaddafi Waffen an

Russlands Präsident ist ab heute auf Verkaufstour in Libyen

Von René Heilig *

Bevor der russische Präsident Wladimir Putin am 7. Mai aus dem Amt scheidet, will er noch einen lukrativen Rüstungsdeal mit Libyen einfädeln. Ab heute (16. April) ist er Gast des Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi.

Seitdem Libyen im Jahr 2005 durch einstimmigen UN-Beschluss von der US-initiierten Liste der »Schurkenstaaten« getilgt wurde, ist Tripolis ein bevorzugtes Ziel von Handelsdelegationen. Eine besonders hochrangige trifft am heutigen Mittwoch in der libyschen Hauptstadt ein. Der russische Präsident Putin hat, so melden es russische Medien, Verträge über die Lieferung von Rüstungen im Wert von rund drei Milliarden US-Dollar im Gepäck.

Nicht ohne Grund wird Putin vom Chef des staatlichen Rüstungsexporteurs Rosoboronexport, Anatoli Issajkin, begleitet. Er offeriert den Gastgebern unter anderem ein paar Staffeln des neuesten Suchoj-Kampfflugzeuges Su-35 sowie die dazugehörige Ausbildung der Piloten und Techniker. Die Maschine, ein Vertreter der vierten Jet-Generation, wurde erstmalig im vergangenen Jahr auf der Moskauer Rüstungsschau MAKS 2007 vorgestellt und begann in diesem Frühjahr die ersten Flugtests. Die Su-35 soll erst in den Jahren 2010 oder 2011 in die russischen Geschwader eingeführt werden. Gleichfalls offeriert wird die Tor-M2E, eine der modernsten russischen Luftabwehrraketen.

Weniger spektakulär, jedoch für die rund 80 000 Mann starken Streitkräfte Gaddafis enorm wichtig sind Ersatzteile oder Nachrüstsätze für bereits eingeführte Waffensysteme. Libyens Panzer, Transporter, Schiffe und Flugzeuge stammen zu einem großen Teil aus sowjetischen Rüstungswerken.

Russland trifft in Libyen auf erbitterte Konkurrenten. Insbesondere Frankreich versucht in dem nordafrikanischen Land Fuß zu fassen. Paris bietet den Libyern die letzte Version des Kampfflugzeuges »Rafale« von Dassault an. Jüngst wurde bekannt, dass Frankreich Milan-Panzerabwehr-Raketen (Wert 170 Millionen Euro) sowie Geräte zur Nachrüstung von Kommunikationsnetzen (Wert 130 Millionen) liefern wird. An beidem verdienen indirekt deutsche Firmen, denn der europäische Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern EADS tritt als Lieferant auf.

Putins Offerten könnten erfolgreich sein, denn Libyen muss nach Wegen suchen, seine Altschulden gegenüber Moskau abzubauen. Vermutlich gehört deshalb auch Finanzminister Alexej Kudrin zur Delegation des russischen Präsidenten. Ein gemeinsames Interesse ist womöglich auch die künftige Ausbeutung der libyschen Ölfelder. Russlands Superkonzern Gazprom hat – laut Moskauer Agentur APN – die Ausschreibung für ein Ölfeld mit geschätzten Vorräten von 20 Millionen Tonnen gewonnen. Seit März 2008 ist übrigens eine Gazprom Libyen Verwaltungs GmbH im Berliner Handelsregister eingetragen. Am Rande behandelt werden könnte die Verhaftung eines Mitarbeiters der russischen Luk-oil-Vertretung in Libyen. Ihm wird Spionage vorgeworfen.

* Aus: Neues Deutschland, 16. April 2008


Zu weiteren Beiträgen über Rüstung und Rüstungsexport

Zur Russland-Seite

Zurück zur Homepage