Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Heckler & Koch ohne Kompromisse

Deutsche G36-Sturmgewehre werden ab 2012 auch direkt in Saudi-Arabien hergestellt

Von René Heilig *

Keine Kompromisse! Der Wahlspruch »spiegelt die selbst auferlegte Verpflichtung wider, durch den Einsatz der besten Materialien und der modernsten Technologie jederzeit die höchste Qualität der Produkte zu gewährleisten«, liest man im Werbetext der Waffenfirma Heckler & Koch.

»Im besonders reizvollen Teil des oberen Neckartals, zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb liegt Oberndorf a. N. im Herzen von Baden-Württemberg.« 15 000 Einwohner, Geburtsort von Heiner Geißler, Hochburg der schwäbisch-alemannischen Fastnacht – fürwahr, ein schönes Stück Deutschland. Und eine Hauptstadt des Todes. Doch der findet woanders statt. Überall auf der Welt.

Heckler & Koch, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist ein führender Hersteller von Handfeuerwaffen. Der Reingewinn des Unternehmens stieg 2010 auf 30,4 Millionen Euro – knappe 80 Prozent mehr als 2009. Heckler & Koch halte sich strickt an die Gesetze, sagt das Unternehmen, wann immer Berichte über H & K-Waffen aus Ländern auftauchen, in denen sie eigentlich nicht sein dürften.

Dass sie dort sind, ist zu einem Gutteil der Bundesregierung geschuldet. Beispiel 1: Georgien. Während des Krieges mit Russland tauchten Bilder georgischer Soldaten auf, die G36-Sturmgewehre von H & K benutzten. Seit Juli 2010 will die Linksopposition des Bundestages wissen, wie die Waffen nach Georgien gelangt sind. Doch die Bundesregierung sagt, nur, es hätten sich »keine neuen Erkenntnisse ergeben«.

Was tat die Regierung, um zu Erkenntnissen zu gelangen? Nichts. »Aufgrund der letzten Reaktionen von georgischer Seite ... erschien eine weitere Verfolgung der Angelegenheit nicht aussichtsreich.« Daher habe man »darauf verzichtet, die georgische Seite erneut mit der Angelegenheit zu befassen«.

Beispiel 2: Mexiko. Nachdem auf Fotos sichtbar wurde, dass G36-Waffen in den Unruheprovinzen Chiapas, Jalisco, Guerrero und Chihuahua aufgetaucht sind, wo sie laut ersten Aussagen der Bundesregierung vertragsgemäß nicht sein durften, gibt man nun zu, dass es gar keine Einsatz- oder Verwendungsbeschränkungen für die Waffen gibt. Die würden ohnehin nichts helfen, wenn die Sturmgewehre in den Händen mexikanischer Bundespolizisten sind, die überall im Lande wüten. Um Aufklärung bemüht hat sich die Bundesregierung auch in diesem Fall nicht. Angeblich, weil es ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gibt.

Beispiel 3: Libyen. Dass Gaddafis Sohn Saif Al-Islam ein G36 hochreckte, als er Anhänger zum Krieg gegen Aufständische und NATO motivierte, kontert die Bundesregierung so: »Aufgrund des vorliegenden Videomaterials« sei man nicht in der Lage, »sicher festzustellen, ob es sich bei dem gezeigten Gegenstand um ein echtes G36 oder um eine Nachbildung als Soft-Air-Waffe handelt«.

Vielleicht weiß man ja dann wenigstens über den Export einer kompletten G36-Fabrik nach Saudi-Arabien Bescheid. Schließlich ist das im Bundessicherheitsrat – so wie der Export von Leopard-Panzer – abgesegnet worden. Ab kommendem Jahr werden G36 auch in der Fabrik von Al-Kharj produziert. Die Anlangen zur Herstellung von Munition liefert derweil die deutsche Fritz-Werner AG, seit 1889 im Todesgeschäft tätig.

Es dürfte der Bundesregierung – wie bereits beim Leopard-PanzerProjekt – schwerfallen zu erklären, wie die Saudi-Diktatoren per deutschem Sturmgewehr Demokratie und Menschenrechte fördern werden.

* Aus: Neues Deutschland, 20. Juli 2011


Zu weiteren Beiträgen über Rüstung, Militärausgaben und Rüstungsexport

Zur Saudi-Arabien-Seite

Zur Kleinwaffen-Seite

Zurück zur Homepage