SIG Sauer kann’s nicht lassen
Waffenfirma lieferte illegal Pistolen nach Irak
Von René Heilig *
Das Unternehmen in Eckernförde ist bescheiden. Man meidet gern zu viel Aufsehen. Das sei, so meint man in der Führungsspitze, besser für das Geschäft. Denn SIG Sauer baut Waffen. Unlängst waren trotz aller Verschwiegenheit Lieferungen nach Kolumbien aufgeflogen. Man verkaufte auch an die Präsidentengarde von Kasachstan – alles offenbar unter Umgehung des Außenwirtschaftsgesetzes. Das zumindest vermuten Staatsanwälte. Nun gibt es Hinweise darauf, dass Tausende Pistolen von SIG Sauer nach Irak gelangt sind. Ohne Genehmigung. Offenbar beantragte das Unternehmen nicht einmal eine. Denn man hatte ja – wie im Fall Kolumbien – das Know-how, wie sich auch ohne Regierungsstempel Exportgeschäfte abwickeln lassen. Man nutzte den Umweg über die USA.
Die Waffen für Irak sollen bereits 2005 geliefert worden sein. Medien berichten, dass im Dezember 2004 die Einkaufsbehörde des US-Militärs (TACOM) für 1,76 Millionen Dollar 5000 Pistolen bei SIGArms (USA), einem »Schwesterunternehmen« von SIG Sauer, bestellte.
Faktisch jedoch hat die Eckernförder Firma ein Geschäft mit sich selbst gemacht. SIGArms konnte die georderte Menge nicht produzieren. Man fragte also die »Schwester« in Deutschland. Anfang 2005 stellt SIG Sauer den Partnern in den USA für 5000 Pistolen plus Ersatzmagazine rund 1,2 Millionen Euro in Rechnung. In den Papieren findet sich angeblich der Hinweis, dass die Lieferkartons mit der Vertragsnummer »W52H09-05-C-0059« zu beschriften seien. Das ist jene, die im Vertrag zwischen der US-Armee und der US-SIG-Schwester angegeben ist. Die 9mm-Faustfeuerwaffen vom Typ SP 2022 sollten direkt an die irakische Armee geliefert werden.
Auch in einem Dokument von SIG Sauer sei nachzulesen, dass die Lieferung für den irakischen Vertragspartner bestimmt ist. Keiner der drei Beteiligten – SIG Sauer in Deutschland, das Partnerunternehmen in den USA und die US-Behörde TACOM – hat auf Fragen von Rechercheuren des NDR, des WDR und der »Süddeutschen Zeitung« geantwortet.
Zu fragen ist auch, wo die Waffen inzwischen sind. Der Verdacht besteht, dass einige an die PKK-Rebellen weitergereicht worden sind. Skandal! Eine deutsche Firma beliefert eine Organisation, die vom Bundesinnenministerium auf die Terrorliste gesetzt wurde. Und von ihr selbst jetzt nicht gestrichen wird, obwohl deutlich ist, dass die PKK eine wichtige Kraft im Kampf gegen die Terrortrupps des »Islamischen Staates« (IS) ist. Vermutlich schießen auch IS-Terroristen mit der deutschen SIG, schließlich haben die Angreifer ja zahlreiche Depots der irakischen Armee ausgeräumt.
Die aufgedeckten Fälle können SIG zum Verhängnis werden. Derzeit tobt ein gnadenloser Kampf um die Lieferung von Infanteriewaffen einer neuen Generation für verschiedene Streitkräfte. SIG will groß ins Geschäft kommen und präsentiert überall ihre SIG MCX. Diese modulare Multikaliberwaffe stellt aktuelle Produkte von Heckler & Koch ins Abseits. Doch welche staatliche Beschaffungsbehörde will schon mit Gesetzesbrechern Verträge schließen? In Eckernförde ist man dennoch gelassen, denn der H&K-Konkurrent hat wegen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz Staatsanwälte am Hacken.
* Aus: neues deutschland, Donnerstag 11. September 2014
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