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Wenn das Öl lockt ...

Geplante Meeresschutzgebiete im Nordatlantik kleiner als geplant

Von Andreas Knudsen *

Nach zähen Verhandlungen einigten sich in Bergen (Norwegen) die 15 Mitgliedsländer des OSPAR-Abkommens für den Nordostatlantik auf die Einrichtung von sechs Meeresschutzgebieten. Ein Moratorium für Tiefseebohrungen nach Öl blieb jedoch ohne Chance.

290 000 Quadratkilometer (km²) in internationalen Gewässern machte die OSPAR-Konferenz in Bergen zu Meeresschutzgebieten. Diese Fläche verteilt sich über sechs Zonen, zwei davon am Mittelatlantischen Rücken, vier weitere sind unterseeische Berge. Erwartet wird, dass in zwei Jahren bei Island weitere 160 000 km² unter Schutz gestellt werden, die derzeit von der Inselnation noch als erweiterte Wirtschaftszone gefordert werden. Der jetzige Beschluss stellt artenreiche Habitate unter Schutz und schafft ein Vorbild im internationalen Meeresschutz. Neu daran ist, dass die geschützten Areale, insgesamt neun Prozent des Nordostatlantiks, keiner nationalen Gesetzgebung unterliegen. Weltweit stand bisher nur ein halbes Prozent der Meeresgebiete vorzugsweise in Küstennähe unter Schutz. Ein besonderer Erfolg ist die Einrichtung des Schutzgebietes um die Südlichen Orkneyinseln herum, wo demnächst auf 94 000 Quadratkilometern Fläche die Fischerei verboten sein wird.

Auf Grund der vermuteten Bodenschätze hatten Dänemark, Norwegen, Großbritannien, Irland und Island, die jeweils Teile der neuen Schutzgebiete beanspruchen, im Vorfeld versucht, den Beschluss weniger prinzipiell zu halten. Ein bindendes Verbot oder auch nur ein zeitweiliges Moratorium von Tiefseebohrungen nach Erdöl blieb deshalb aus. Die Meereskonvention erlaubt Staaten ihre Ansprüche zur Ausbeutung von Bodenschätzen auch jenseits der 200-Seemeilen-Grenze anzumelden, solange alle die Möglichkeit haben, sich daran zu beteiligen. In den Wirtschaftszonen von Grönland, den Färöern, Großbritanniens und Norwegens wird gegenwärtig nach unentdeckten Öl- und Gasfeldern gesucht.

Die an den Nordostatlantik und die Nordsee grenzenden EU-Mitgliedsländer sowie die Schweiz, Finnland und Luxemburg sind OSPAR-Mitglieder. Die USA, Kanada, Russland, Polen und die baltischen Länder haben Beobachterstatus. Die Organisation geht zurück auf die Oslo-Konvention von 1972 zum Verhüten von Meeresverschmutzung durch Schiffe und Flugzeuge. Der Pariser Vertrag von 1992 hat die Aufgaben inzwischen ausgedehnt auf Verschmutzung vom Lande bzw. von Offshoreanlagen und seit 2007 auch auf die CO2-Lagerung. Geografisch erstreckt sich die Zuständigkeit des Vertrags auf das Gebiet zwischen Spitzbergen, Grönland und Gibraltar. Dem OSPAR-Übereinkommen liegt das Vorsorgeprinzip zu Grunde, d. h. Verhütungsmaßnahmen müssen getroffen werden, wenn es Grund zu der Befürchtung gibt, dass die Meeresumwelt durch Abfälle irgendeiner Art gefährdet werden könnten. Alle Maßnahmen der Vorbeugung oder Bekämpfung von Abfall werden nach dem Verursacherprinzip finanziert.

* Aus: Neues Deutschland, 27. September 2010


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