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Heft 6, September 2003

Wir sind wieder da - Editorial und Inhalt des FriedensJournals

Aus dem Inhalt:

Wir sind wieder da. Editorial. Von Horst Trapp (siehe weiter unten)

Kein Frieden mit der Bundeswehr. Von Lothar Liebsch (Darmstädter Signal)

Die Militarisierung der deutschen Außenpolitik. Von Lühr Henken (Hamburger Forum)

Die Europäische Union trägt Uniform. Von Arno Neuber (Friedensbündnis Karlsruhe)

Rüstungskonversion als Programm. Von Anne Rieger (Gewerkschaftssekretärin IG Metall)

Alternativen zur weltweiten Kriegspolitik. Acht Schwerpunkte für die Friedensbewegung. Vom Bundesausschuss Friedensratschlag

Von Florenz nach Paris. Das II. Europäische Sozialforum ... Von Hugo Braun (Initiative für ein Sozialforum in Deutschland)

30 Jahre nach dem Putsch in Chile. Gastkommentar von Horst Gobrecht (Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft NGG)

Friedensratschlag vor kleinem Jubiläum. Von Peter Strutynski

Die neue Weltkarte des Pentagon. Liste künftiger Kriegsherde und Interventionspunkte. Von Thomas Barnett (Berater von US-Verteidigungsminister Rumsfeld)


Editorial

Wir sind wieder da

Lange, hoffentlich nicht zu lange, mussten Friedensbewegte auf ihr Friedensjournal warten. Da ist es nun wieder. Informativ, anregend, mit klaren politischen Positionen, ein Organ des Bundesausschusses Friedensratschlag eben.

Wir müssen uns bei unseren Leserinnen und Lesern für die Unterbrechung entschuldigen. Wir bitten um Nachsicht, dass wir eine frühere Herausgabe angesichts der kriegsbedingten Anspannungen nicht geschafft haben. Die Macher, allesamt Aktive der Friedensbewegung, haben versichert, dass Vergleichbares nicht mehr vorkommt. Mit unseren Abonnenten werden wir solidarische Lösungen finden.

Gegensteuern der Friedensbewegung ist gefragt. Dies umso mehr, als Strucks "Verteidigungspolitische Richtlinien" zu Deutschlands Verteidigung am Hindukusch einladen, demnach weniger mit Verteidigung, aber viel mit militärischer Intervention zu tun haben. Die für das neue Rüstungsprogramm vorgesehenen Milliardensummen überschreiten die Gelder erheblich, um die Arbeitslose, Arbeitnehmer, Rentner und Kommunen geprellt werden.

Regierungsoffiziell ist Schweigen über eine US-Politik angesagt, mit der Abrüstung vor den Augen der Weltöffentlichkeit lächerlich gemacht wurde, wie es im Friedensgutachten 2003 der Friedensforschungsinstitute heißt. Die völkerrechtswidrige Aggression gegen den Irak soll vergessen gemacht werden. Sie hat einfach nicht stattgefunden, auch wegen der tiefen deutschen Verstrickung. Scheibchenweise kommt es jetzt an den Tag. Da sind nicht nur die zusammen gelogenen Kriegsgründe, da ist der Einsatz geächteter Massenvernichtungswaffen, die verschwiegene Anzahl der Kriegsopfer und die katastrophale Lage der Bevölkerung.

Die geplatzten Lügen müssten die Bundesregierung eigentlich veranlassen, mit ihren "amerikanischen Freunden" einige offene Worte zu wechseln. Aber nichts dergleichen. Nach Joschka Fischers Überzeugung habe die Freundschaft den Krieg unbeschadet üerstanden. Da muss einfach Freude darüber aufkommen, dass der Kanzler am Hof zu Washington wieder willkommen ist. Lange haben seine Abgesandten daran gearbeitet. Aber nicht neu entdeckte Freundschaft, sondern blanke finanzielle und politische Not zwingt die Irakkrieger um den US-Präsidenten zum Einlenken. Die verschmähte Weltgemeinschaft mit Deutschland an der Spitze soll für riskante Aufräumarbeiten in den Kriegsgebieten in die Pflicht genommen werden. Doch wer dort das Sagen hat und wer Beute macht, das steht nicht zur Disposition.

Die unterschiedlichen Interessen diesseits und jenseits des Atlantik bleiben bestehen. Die Auseinandersetzungen zwischen der Bush-Regierung und dem Führungspersonal in Paris und Berlin über den Irakkurs waren der Versuch, der Hegemonialmacht USA die Grenzen ihrer politischen Macht zu verdeutlichen. Doch Vorstellungen von einer europäischen militärischen Gegenmachtbildung machen keinen Sinn. Maßstab muss das von Europa ausgehende Völkerrecht bleiben, das auf der wechselseitigen Anerkennung der Souveränität und Gleichheit der Staaten beruht und mit einer wie auch immer gearteten US-Alleinherrschaft nicht in Einklang zu bringen ist.

Auch um künftig ein zivilisiertes Zusammenleben der Völker zu ermöglichen, darf die Friedensbewegung über den Irakkrieg nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Sie muss die Erinnerung an ihn und an die weltweite Protestbewegung gegen ihn wach halten. Seine polische Verurteilung und Aufarbeitung ist schon deshalb erforderlich, damit er nicht zum Modellfall für weitere Kriege wird.

Eigene Bemühungen der Friedensbewegung wie etwa ein in der Diskussion befindliches weltweites Tribunal zum Irakkrieg sind unersetzbar. Denn der UNO-Sicherheitsrat hat erstmals in der Geschichte der Vereinten Nationen ein Besatzungsregime bestätigt. Damit wurde der völkerrechtswidrige Krieg im Nachhinein legitimiert. Die Resolution 1483 vom 22. Mai gleicht einer Kapitulation vor den Aggressoren USA und Großbritannien. Es bleibt viel zu tun.

Horst Trapp



Das FriedensJournal wird vom Bundesausschuss Friedensratschlag herausgegeben und erscheint sechs Mal im Jahr. Redaktionsadresse (auch für Bestellungen und Abos):
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c/o Gewerkschaftshaus Frankfurt
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(Tel.: 069/24249950); e-mail: Frieden-und-Zukunft@t-online.de )



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