"Ein flexibleres, für 14 Monate geltendes Mandat"
Im Wortlaut: Debatte im Bundestag über die Aufstockung der Bundeswehr in Afghanistan. Viel Schönfärbereit - wenig Kritik
Im Folgenden dokumentieren wir eine Debatte zur Afghanistan-Politik der Bundesregierung, die am 25. Juni 2008 im Deutschen Bundestag geführt wurde. Vorausgegangen war eine internationale Afghanistan-Konferenz in Paris und die Ankündigung des Verteidigungsministers Franz Josef Jung, das ISAF-Bundeswehrkontingent in Afghanistan um 1.000 Soldaten aufstocken zu wollen.
Die Debatte wurde eingeleitet mit einer Regierungserklärung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Die Reden in folgender Reihenfolge:
Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht, 171. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 25. Juni 2008
Plenarprotokoll 16/171
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:
Abgabe einer Regierungserklärung durch den
Bundesminister des Auswärtigen
zu den Ergebnissen
der Afghanistan-Konferenz in Paris
Hierzu liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen vor.
Weiterhin ist verabredet, die Beschlussempfehlung
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung auf Drucksache 16/9685 sowie des
Auswärtigen Ausschusses auf Drucksache 16/9711 zu
den Anträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur
Entwicklung in Afghanistan zusammen mit diesem Tagesordnungspunkt
als Zusatzpunkte 2 und 3 aufzurufen.
Sind Sie damit einverstanden? Das ist der Fall. Dann
wird so verfahren.
Ich rufe auch die Zusatzpunkte 2 und 3 auf:
ZP 2 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (19. Ausschuss)
zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy,
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln),
weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Entwicklung in Afghanistan Strategien für
eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärent
umsetzen
Drucksachen 16/8887, 16/9685
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Christian Ruck
Christel Riemann-Hanewinckel
Hellmut Königshaus
Hüseyin-Kenan Aydin
Ute Koczy
ZP 3 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)
zu dem Antrag der Abgeordneten Jürgen
Trittin, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN
Staatsaufbau in Afghanistan Pariser Konferenz
zur kritischen Überprüfung und Kurskorrektur
des Afghanistan-Compacts nutzen
Drucksachen 16/9428, 16/9711
Berichterstattung:
Abgeordnete Eckart von Klaeden
Detlef Dzembritzki
Dr. Werner Hoyer
Dr. Norman Paech
Kerstin Müller (Köln)
Zwischen den Fraktionen ist verabredet, im Anschluss
an die Regierungserklärung eineinhalb Stunden
zu debattieren. Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist
das so beschlossen.
Ich erteile das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung dem Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des Auswärtigen:
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Ich darf die Botschafterin Afghanistans begrüßen, die diese Debatte von der Tribüne verfolgt.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP
und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie
der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE
LINKE])
Vor einigen Wochen bekam der zivile Leiter unseres
Wiederaufbauteams in Faizabad Besuch von den Dorfältesten
und dem Mullah aus einem Gebirgsdorf in
Badakhshan, dem nordöstlichsten Teil Afghanistans.
Drei Tage waren die Männer unterwegs: zu Fuß, mit
Eseln und das letzte Stück im Sammeltaxi.
Sie fragen sich sicherlich: Wofür drei Tage? Diese
Abordnung aus dem Dorf kam bei unserem Wiederaufbauteam
an und bat um Unterstützung beim Bau einer
Jungen- und Mädchenschule. Der Leiter des Wiederaufbauteams
wunderte sich, dass die Delegation für die
knapp 120 Kilometer Wegstrecke drei Tage brauchte.
Die Dorfältesten erwiderten darauf, dass vor zwei Jahren
die gleiche Reise noch weit über eine Woche gedauert
hätte. Mittlerweile gebe es allerdings auf der Hälfte der
Strecke eine neue Straße. Bald werde die Straße wohl
auch das Dorf erreichen. Dann öffne sich für das Dorf
die Welt. Das sei auch der Grund ihres Kommens. Das
Dorf brauche die Hilfe beim Bau der Schule, so der Mullah,
weil wir jetzt endlich eine Zukunft haben, und darauf
müssen wir unsere Kinder vorbereiten.
Meine Damen und Herren, das ist in der Tat nur eine
Dorfgeschichte aus dem Pamir-Gebirge, aber sie führt
uns schnurstracks ins Zentrum dieser Debatte, die wir
heute führen. Viel zu oft verlieren wir uns bei unseren
leidenschaftlichen Diskussionen um Mandate und Obergrenzen.
Zu oft verlieren wir dabei den Blick, worum es
im Kern in Afghanistan geht. Es geht im Kern um zwei
Dinge: erstens um die Zukunft dieses Landes und zweitens
und immer noch um unsere eigene Sicherheit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/
DIE GRÜNEN)
Die Menschen in diesem Dorf glauben an eine bessere
Zukunft. Das Entscheidende ist: Sie wissen, dass
diese Zukunft am Ende von ihnen selbst gestaltet werden
muss. Sie kämpfen für ihre Schule. Sie kämpfen für ein
besseres Leben ihrer Kinder. Wir reichen ihnen dabei im
Grunde genommen nur die helfende Hand.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Öffnung zur Welt, Zukunft für Kinder - davon jedenfalls
träumen die afghanischen Dorfleute, von denen ich
berichtet habe, und sie drücken damit aus, was die Hoffnung
der übergroßen Mehrheit der Menschen in Afghanistan
ist. Solange diese Hoffnung lebendig ist, werden,
so bin ich sicher, die Taliban keine Chance haben. Jeder
Brunnen, jede Schule, jeder Kilometer Straße ist ein
kleiner Sieg.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP
und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Afghanen - viele von Ihnen, meine Damen und
Herren, waren inzwischen dort - sind ganz ohne Zweifel
ein stolzes, freiheitsliebendes Volk. Das kann jeder spüren, der mit ihnen spricht. Aber es sind auch Menschen, die nicht vergessen haben, in welches Elend sie von den Taliban gestürzt worden sind. Diese Art Steinzeit-Islam
ist für die Menschen in ihrer ganz übergroßen Mehrheit keine Zukunftsverheißung.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Deshalb ist ziviler Wiederaufbau nicht nur irgendein
Randaspekt unseres Engagements in Afghanistan, sondern
er steht im Mittelpunkt. Hier entscheidet sich, ob
die Hoffnung die Oberhand behält oder ob die Angst zurückkehrt.
Meine Damen und Herren, was ich hier von dem Gebirgsdorf
in Badakhshan schildere, das ist schon lange
kein Einzelfall mehr. Kai Eide, der neue Sondergesandte
des Generalsekretärs der Vereinten Nationen in Afghanistan,
hat im Rahmen der kürzlich in Paris stattgefundenen
Konferenz berichtet, dass mittlerweile in 32 000 Dörfern
in Afghanistan Entwicklungsprojekte erfolgreich umgesetzt
worden sind. Nach dem Sturz der Taliban - ich habe
hierüber bereits berichtet, aber ich möchte daran erinnern
- gab es so gut wie keine Gesundheitsversorgung in
Afghanistan. Mittlerweile haben 80 Prozent der Bevölkerung
Zugang zu basismedizinischer Versorgung.
Das Schulsystem - Sie wissen es - war damals faktisch
zusammengebrochen. Heute gehen 6 Millionen Kinder in
Afghanistan zur Schule, 30 000 Lehrer wurden ausgebildet,
3 500 Schulen aufgebaut oder wiederaufgebaut. 8 Millionen
Minen wurden geräumt, 13 000 Kilometer Straßen
gebaut oder repariert. Die Menschen gründen inzwischen
wieder Unternehmen. Die Wirtschaft entwickelt sich auf
niedrigstem Niveau - zugegeben -, aber sie entwickelt
sich in den Teilen des Landes, in denen die Sicherheitslage
besser ist, auf niedrigem Niveau stetig fort - und das
alles in sieben Jahren. Ich finde, das ist trotz aller Schwierigkeiten,
die wir vor uns haben - diese Schwierigkeiten
sind gewaltig -, eine Leistung, auf die wir miteinander ein
bisschen stolz sein dürfen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der
FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Aber wir sollten, wie ich finde, nicht nur auf uns stolz
sein. Das, was vorangekommen ist, ist entscheidend denjenigen
Menschen in Afghanistan zu verdanken, die von
diesem Wiederaufbauwillen geprägt sind. Sie brauchen
weiterhin die Unterstützung unserer Soldaten, Polizisten,
Diplomaten und zivilen Wiederaufbauhelfer. Ich will
diese Gelegenheit gerne nutzen, um all denen zu danken,
die sich für eine friedliche Zukunft Afghanistans engagieren.
Ich danke ihnen für den Mut, mit dem sie sich
leidenschaftlich und - ich weiß, auch viele von Ihnen haben
es gesehen - manchmal unter Entbehrungen dafür
einsetzen, dass die Kinder in Afghanistan eine Zukunft
haben.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der
FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Ich will an dieser Stelle auch meinen Kabinettskollegen
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Wolfgang Schäuble und
Franz Josef Jung für die gute Zusammenarbeit danken,
ohne die all das, was ich hier berichten konnte, nicht
möglich gewesen wäre.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, trotz dieser eindrucksvollen
Fortschritte sehen viele Bürgerinnen und Bürger den
Afghanistan-Einsatz - ich weiß das - mit großer Skepsis.
Sie selber sehen sich in Ihren Wahlkreisen auch kritischen
Fragen ausgesetzt. Die Politik steht nicht nur unter
Begründungs-, sondern manchmal sogar unter Rechtfertigungszwang.
Ich glaube, wir dürfen uns diesem auch nicht entziehen, weil die Bürger einen Anspruch darauf haben, dass wir unseren Afghanistan-Einsatz - und zwar
das gesamte Engagement - immer wieder auf Erfolg, auf
Wirksamkeit und auf Effizienz hin hinterfragen. Wir
brauchen klare Ziele, und wir brauchen beständige Erfolgskontrolle.
Wir müssen uns kritisch selbst prüfen,
welche Erwartungen im kulturellen und politischen Kontext
Afghanistans realistisch sind. Darauf haben viele
von Ihnen und darauf habe ich in meinen Reden in den
vergangenen Monaten immer wieder hingewiesen.
Gerade wenn es um die Gesundheit und um das Leben
von Soldaten und zivilen Wiederaufbauhelfern geht,
dann kann es kein einfaches Weiter so geben. Deshalb
hat sich auch die Bundesregierung seit der letzten Mandatsdebatte
im vergangenen Herbst intensiv bemüht, und
zwar gemeinsam mit ihren Partnern, kritisch Bilanz zu
ziehen. Die Afghanistan-Konferenz in Paris vor wenigen
Tagen war aus meiner Sicht bei diesem Bemühen eine
wichtige Zwischenetappe. Ich darf Ihnen sagen, dass der
Vertreter von UNAMA, der Vereinten Nationen in Afghanistan,
in dieser Pariser Konferenz eine Bestandsaufnahme
zur Umsetzung des Afghanistan-Compact von
London erstellt hat. Diese Analyse, diese Bestandsaufnahme
haben wir in die Schlussfolgerungen im Abschlusskommuniqu
é der Pariser Konferenz übernommen.
Was heißt das? 85 Staaten und internationale Organisationen
waren vertreten, 20 Milliarden Dollar Wiederaufbauhilfe
- eine wahrlich stolze Summe -sind zugesagt
worden. Wir selbst hatten 140 Millionen Euro
zugesagt. Für die Zeit von 2008 bis 2010 stellen wir insgesamt
420 Millionen Euro zur Verfügung.
Die Pariser Konferenz war aber auch deshalb ein Erfolg,
weil die internationale Gemeinschaft und die afghanische
Regierung sich auf einen Kurs verständigt haben,
für den wir - Sie wissen das - schon im vergangenen Jahr
intensiv geworben haben. Insofern ist der Strategiewechsel,
den Claudia Roth sie ist nicht hier oder Winfried
Nachtwei er ist hier fordern, schon lange im Gange.
Dazu braucht heute nicht aufgerufen zu werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich glaube, dass die Richtung in der Afghanistan-Politik,
wie wir sie jetzt eingeschlagen haben, richtig ist.
Aber alle haben recht, die sagen: Wir dürfen uns dabei
nicht verzetteln, sondern wir müssen uns auf die wesentlichen
Probleme konzentrieren, das heißt, die Eigenverantwortung
der Afghanen stärken. Unser oberstes Ziel muss sein und bleiben, dass Afghanistan sich mittelfristig selbst helfen kann.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der
FDP)
Ich will vier zentrale Herausforderungen nennen, die
auch Kai Eide in seinem Vortrag in Paris betont hat:
Erstens. Die Reform der afghanischen Sicherheitskr
äfte, gerade auch der Polizei, muss beschleunigt werden.
Zweitens. Korruption und Schattenwirtschaft müssen
mit mehr Nachdruck bekämpft werden. Auch das war
eine Forderung von Kai Eide.
Drittens. Die Investitionen beim Wiederaufbau, jetzt
ganz besonders in zwei Bereichen, nämlich bei der
Stromversorgung und das ist die neue Priorität bei
UNAMA vor allen Dingen bei der landwirtschaftlichen
Entwicklung, reichen bei Weitem nicht aus.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Viertens. Die Drogenbekämpfung wird nur dann erfolgreich
sein können, wenn die Bauern echte ökonomische
Alternativen haben, und genau darum müssen wir
uns mehr kümmern als in der Vergangenheit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Wir wissen - darin sind wir uns vielleicht sogar einig
-, dass die Fortschritte in diesen vier Bereichen auch
ganz wesentlich von der afghanischen Regierung und von
der Verwaltung dort abhängen. Immerhin hat die afghanische
Regierung mit der Nationalen Afghanischen Entwicklungsstrategie
jetzt einen eigenen Plan zum Wiederaufbau
des Landes vorgestellt. Das macht nicht nur das
größere Maß an Eigenverantwortlichkeit sichtbar, das die
afghanische Regierung für sich in Anspruch nimmt, sondern
das ist auch Ausdruck von wachsendem Selbstbewusstsein,
das Afghanistan braucht. Ich freue mich über
beides, weil wir genauso beides erreichen wollen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Es trifft zu - auch das war Gegenstand der Gespräche
auf der Pariser Konferenz zu Afghanistan -, dass wir von
der afghanischen Regierung mehr Elan bei der Durchsetzung
von Rechtsstaatlichkeit sowie bei der Beachtung und
Wahrung von Menschenrechten erwarten. Die afghanische
Regierung hat dazu das darf ich Ihnen versichern
in Paris eine erfreulich deutliche Selbstverpflichtung abgegeben,
eine Selbstverpflichtung, die der afghanische
Außenminister, wie ich gesehen habe, in Interviews in
deutschen Zeitungen wiederholt hat, eine Selbstverpflichtung,
an der wir die Regierung messen werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten der FDP)
Wer Afghanistan kennt - viele von Ihnen sind da gewesen
-, der weiß: Der Wiederaufbau wird noch längere
Zeit dauern, und er wird auch eine militärische Absicherung
auf längere Sicht brauchen. Ohne ein sicheres Umfeld
wird der zivile Wiederaufbau nicht vorankommen.
Mit anderen Worten: Wo es keine Sicherheit gibt, da
wächst die Angst, und wo die Angst wächst, da stirbt die
Hoffnung. Aus diesem Grund wird unsere militärische
Präsenz weiter notwendig sein, eine Präsenz, die zum
Ziel hat - das ist das Entscheidende -, sich eines Tages
selbst überflüssig zu machen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das wird gelingen, wenn wir es schaffen, genügend
afghanische Polizisten und Soldaten auszubilden, die
dann gut motiviert für die Sicherheit im eigenen Land
sorgen können. Das ist der Grund dafür, weshalb wir
2009 über 400 europäische Polizisten im Rahmen der
EUPOL-Mission als Ausbilder nach Afghanistan entsenden
wollen. Das sind immerhin mehr als doppelt so
viele, wie heute der EUPOL-Mission zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus wollen wir auch weiterhin EUPOL
mit bilateralen Polizeiprojekten unterstützen. Wir arbeiten
in der Polizeiausbildung mittlerweile auch mit den
USA zusammen. Wir haben mehrere Hundert Polizisten
gemeinsam ausgebildet. In Masar-i-Sharif entsteht eine
neue Polizeiakademie, die ebenfalls helfen soll, die zivile
Polizeiausbildung in Afghanistan voranzubringen.
Es reicht nicht, die Polizei in Afghanistan auszubilden.
Wir müssen uns auch stärker um die Ausbildung der
afghanischen Armee kümmern. Wir werden die Zahl der
Ausbilder- und Mentorenteams, der sogenannten OMLTs,
erhöhen; das wissen Sie. Wir werden Ausbildungseinrichtungen
wie die Logistikschule in Kabul in Zukunft
ebenfalls stärker unterstützen.
In dieser Debatte geht es um den zivilen Wiederaufbau,
aber nachdem wir gestern die Obleute informiert
haben, möchte ich es hier wiederholen: Wir haben uns
darauf verständigt, dass wir die Obergrenze für das
ISAF-Mandat von 3 500 auf 4 500 Soldaten erhöhen
wollen, zum Ersten deshalb, weil wir, wie gesagt, stärker
in Ausbildung investieren wollen, zum Zweiten, um
mehr Spielraum beim Kontingentwechsel zu haben, und
zum Dritten, weil wir uns auf die Begleitung der Präsidentschaftswahlen,
die im Jahre 2009 in Afghanistan stattfinden, vorbereiten wollen,. Das Ganze wird einhergehen mit einer weiteren Absenkung der OEF-Obergrenze
auf dann 800 Soldaten. Damit sinkt die Obergrenze bei
OEF in zwei Jahren immerhin um 1 000 Soldaten.
Meine Damen und Herren, ich habe eingangs gesagt,
was aus meiner Sicht im Mittelpunkt unseres Engagements
in Afghanistan steht: die Zukunft dieses Landes und natürlich unsere eigene Sicherheit. Letztlich ist entscheidend zu berücksichtigen, dass beides zusammenhängt.
Wir müssen verhindern, dass Afghanistan wieder zu einem
Rückzugsraum international tätiger Terroristen
wird. Das wird aber langfristig nur gelingen, wenn dieses
Land eine gute Zukunft hat, wenn es Nahrung, Zugang
zu Strom und Wasserversorgung gibt und Schulen
sowie Radiostationen und vieles andere mehr errichtet
werden. Wir müssen Umstände schaffen, unter denen die
Menschen zur Wahl gehen können. Schließlich müssen
wir Umstände schaffen, in denen sich der Getreideanbau
mehr lohnt als der Mohnanbau.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der
FDP)
Ich komme zum Schluss: Ich will an einen längeren
Afghanistan-Aufsatz im Magazin der Süddeutschen Zeitung
von Dietmar Herz, der erst vor wenigen Wochen erschienen
ist, erinnern. Er spannt darin - ich sehe, viele
haben ihn gelesen - einen weiten Bogen von Alexander
dem Großen über den Mongolenherrscher Timur Leng
bis hin zur sowjetischen Besatzung Afghanistans und
sagt: Jeder hat sich an diesem Land die Zähne ausgebissen.
Das ist aber natürlich nicht der Schluss dieses Artikels;
vielmehr weist Dietmar Herz darauf hin, was dieses
Mal in Afghanistan anders ist. Die deutschen Soldaten
kommen eben nicht als Eroberer ins Land, sondern sie
haben ein Konzept, das zusammen mit den Afghanen
als gleichberechtigten Partnern das Land sichern, stabilisieren
und - darum geht es ja in dieser Debatte - aufbauen
sollte. Das ist unser Ansatz; dazu stehen wir.
Die Menschen verbinden mit unserem Einsatz, dass
es für sie und ihre Kinder wieder aufwärtsgeht. Hierin
liegt eine Chance, die wir nicht verspielen dürfen. Dafür,
meine Damen und Herren, tragen wir, wie ich denke,
nach wie vor gemeinsam Verantwortung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Für die FDP-Fraktion gebe ich dem Kollegen Dr. Werner Hoyer das Wort.
(Beifall bei der FDP)
Dr. Werner Hoyer (FDP):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich danke Ihnen, Herr Außenminister Steinmeier, dafür,
dass Sie heute diese Regierungserklärung abgegeben haben.
Dies war in der letzten Woche nicht möglich, weil
natürlich der Europäische Rat und das Votum in Irland
im Vordergrund standen. Heute ist in der Tat die letzte
Chance, noch vor der Sommerpause über Afghanistan zu
debattieren, und ich glaube, es tut dem Deutschen Bundestag
sehr gut, dass wir diese Gelegenheit nutzen.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei
Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Ich finde es auch sehr gut, dass Sie darauf hingewiesen
haben, dass wir weiß Gott nicht nur Rückschläge
und Misserfolge in Afghanistan zu verzeichnen haben,
sondern dass wir gerade dann, wenn es um die ganz konkrete
Lebenssituation der Menschen geht, auch Erfolge
verzeichnen können. Vielleicht erzählen wir unseren
Bürgerinnen und Bürgern zu wenig darüber.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der
SPD)
Meine Damen und Herren, diesem Lob an die Bundesregierung
wegen der Ermöglichung dieser Debatte möchte ich allerdings eine klare Kritik hinterherschicken: Es gibt offensichtlich ein großes Informationsdefizit
hier im Hause. Wir tragen als Parlament die entscheidende
Verantwortung für die Sicherheit und den Auftrag
unserer Soldaten und darüber hinaus vieler Polizisten,
ziviler Wiederaufbauhelfer, Diplomaten usw. Allerdings
werden wir über strategische Weichenstellungen in der
Afghanistanpolitik des Bündnisses nicht informiert.
Das ist ein Zustand, der auf Dauer nicht haltbar ist,
meine Damen und Herren. Es ist für uns und unser Ansehen
nicht gut, wenn wir über die Flure des Capitols in
Washington laufen und dort von Kollegen auf Fakten
und Berichte angesprochen werden, die diese wie selbstverst
ändlich haben, wir hier allerdings nicht; ich komme
darauf zurück.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN
Dr. Peter Struck [SPD]: Herr Hoyer, was meinen
Sie konkret mit diesen Berichten?)
Ich komme ganz konkret darauf zurück, kann es aber
auch gerne vorziehen, Herr Kollege. Ich werde gleich
danach etwas zur Notwendigkeit sagen, für Afghanistan
klare Ziele auch Subziele sowie Zielerreichungsstrategien
zu definieren.
Wenn das Bündnis in Bukarest, wie man so hört, angeblich
genau das getan hat, was wir seit langem einfordern
- wir haben noch nicht einmal das Recht auf Einsicht
in ein solches Dokument, und von daher wissen wir
immer noch nicht, welches die in der NATO konsentierten
Ziele sind -, dann fällt es mir als stellvertretendem
Vorsitzenden meiner Fraktion sehr schwer, dafür zu sorgen,
dass meine Fraktion beim nächsten Mal zustimmt.
Deswegen müssen wir das Verfahren in diesem Punkt
deutlich ändern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist der Hintergedanke der Bemerkung von eben.
Meine Damen und Herren, wir müssen über die Ziele
sprechen. Eben hat der Minister gesagt: Ja, wir müssen
irgendwann dazu kommen, gehen zu können, weil in Afghanistan
etwas Selbsttragendes entstanden ist. Meiner
Auffassung nach müssen wir bei der Definition unserer
Ziele im Bündnis mit einem großen Schuss Demut zu
Werke gehen. Wir werden bei weitem nicht das erreichen
können, was wir uns idealiter für Afghanistan vorstellen.
Denn wenn wir das nicht tun, besteht die Gefahr,
dass wir uns eines Tages übernehmen, dass wir vielleicht
scheitern oder dass wir dort auf Jahrzehnte militärisch
gebunden sind, und dann wird es mit der Zustimmung
der Bevölkerung verdammt schwierig werden. Deswegen:
Karten auf den Tisch! Was ist in Bukarest vereinbart
worden? Vielleicht werden Sie uns damit sehr
glücklich machen.
Meine Damen und Herren, mein Kollege Königshaus
wird auf den Kern des Afghanistan-Compact und auf die
Vereinbarung von Paris noch im Detail eingehen. Ich
muss mich hier zum Schluss auf zwei Aspekte konzentrieren.
Erstens. Die Bundesregierung hat gestern die Obleute
des Auswärtigen und des Verteidigungsausschusses unter
Geheim und anschließend sofort die Öffentlichkeit
über die Presse darüber informiert, dass man ab Oktober
1 000 zusätzliche Soldaten für Afghanistan braucht.
Meine Damen und Herren, wir Liberalen haben unsere
Haltung zu den Afghanistan-Mandaten immer sehr
verantwortlich, besonnen und konstruktiv wahrgenommen.
(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
Wie es eure Art ist!)
Das ist so, und das wird auch so bleiben. Aber, meine
Damen und Herren, einen Blankoscheck stellen wir deswegen
noch lange nicht aus.
(Beifall bei der FDP)
Die Bundesregierung wird etwas präziser begründen
müssen, wie sie zum Beispiel jetzt auf die Zahl von
1 000 Soldaten kommt. Das Ganze ist ja keine Lotterie;
vielmehr muss eine Überlegung dahinterstehen. Dies gilt
erst recht, da direkt gesagt wurde: Wir wollen die Erhöhung gar nicht gleich, sondern irgendwann einmal nutzen.
Ich habe für Flexibilitätsforderungen sehr viel
Verständnis. Nur, der Übergang zu einem Vorratsmandat
vollzieht sich relativ leicht, und deswegen müssen wir
präzise argumentieren.
In diesem Zusammenhang muss man ferner sehen: Da
nach der Übernahme der Quick-Reaction-Force-Aufgaben
ganz konkrete und brennende Sicherheitsfragen
auch im Interesse der Sicherheit unserer Soldaten zu beantworten
sind, frage ich mich, warum diese Erhöhung
so dringend nötig ist, obwohl sie erst im Oktober vorgenommen
werden soll. Ich stelle mir die Frage, ob wir
nicht, wenn sie so dringend ist, eigentlich erwarten
müssten, dass die Bundesregierung auf das Parlament
zukommt und sagt: Wir können nicht in die Sommerpause
gehen, ohne für eine Verstärkung der Truppen gesorgt
zu haben. - Dieser Widerspruch bedarf noch der
Aufklärung. Die Argumentation des Bundeswehr-Verbandes
ist mir da ausgesprochen einleuchtend. Nachdem
die Parlamentsarmee durch zwei Bundesverfassungsgerichtsurteile
nach Klagen der liberalen Fraktion gestärkt
worden ist, sollten wir auf gar keinen Fall Abstriche an
den Mitwirkungsmöglichkeiten des Parlaments machen.
(Beifall bei der FDP)
Sie haben Fortschritte angesprochen. Wir sind uns natürlich darüber im Klaren, dass wir auch Defizite haben. Sie haben das Thema Korruption angesprochen. Da
muss auch die Regierung Karzai in die Pflicht genommen
werden. Das werden wir sehr genau beobachten.
Bei der Frage der Drogenbekämpfung haben wir überhaupt
keinen Fortschritt erzielt. Ich sage Ihnen - auch als
Volkswirt -: Ich habe ein bisschen Bedenken, ob die alternativen
Produktionen am Ende funktionieren können.
Hier haben wir noch echte konzeptionelle Probleme zu
bewältigen.
Letztes Wort. Es stellt sich die große Frage, wie die
Weltpolitik zu Beginn des Jahres 2009 aussehen wird.
Entscheidend ist, was aus den Reden des russischen Präsidenten Medwedew wird und wer amerikanischer Präsident wird. Ohne eine konstruktive Zusammenarbeit mit
dem Iran, mit Pakistan, mit Russland, mit China und
wahrscheinlich auch mit Indien werden wir unser Problem
in Afghanistan auf Dauer vermutlich nicht bewältigen
und das Ziel, dass etwas Selbsttragendes entsteht,
nicht erreichen können. Deswegen ist mir völlig klar,
dass am Ende ohne eine Dialogbereitschaft unseres
wichtigsten Partners, unseres wichtigsten Verbündeten,
im Hinblick auf diese Länder in Afghanistan langfristig
nichts Erfreuliches stattfinden wird.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort dem Kollegen Dr. Andreas
Schockenhoff, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sicherheit und Entwicklung sind in Afghanistan zwei
Seiten einer Medaille. Gestatten Sie auch mir einen Satz
zur Sicherheit, bevor ich über die Entwicklungsfortschritte
in Afghanistan spreche.
Unser Verteidigungsminister hat gestern vorgeschlagen,
im nächsten ISAF-Mandat die Obergrenze um
1 000 Soldaten zu erhöhen. Wir werden darüber im Oktober
ausführlich debattieren. Wir haben den politischen
Auftrag erteilt, für Frieden und Sicherheit in Afghanistan
zu sorgen, auch militärisch. Aus diesem Auftrag leiten
die Militärplaner und die Sachverständigen ihre
Anforderungen ab. Wenn diese nun anhand von Einsatzerfahrungen
zu dem Schluss gekommen sind, dass
sie zur erfolgreichen Erledigung des Auftrags mehr Soldaten,
eine andere Ausrüstung oder mehr Spielraum
brauchen, um mit Reservekräften auf künftige Gefahrensituationen flexibel reagieren zu können, dann müssen sie all dies erhalten.
Lieber Kollege Hoyer, das heißt nicht, dass am Tag der
Abstimmung im Deutschen Bundestag sofort 1 000 Soldaten
mehr nach Afghanistan geschickt werden. Wir wissen,
dass dort im nächsten Jahr Wahlen sind. Wir wissen,
dass es zu bestimmten Situationen kommen kann, in denen
die Risiken größer werden. Ein flexibleres, für
14 Monate geltendes Mandat ist darauf die richtige Antwort.
Es kann nicht sein, dass wir als Parlament am militärischen Bedarf für den politischen Auftrag vorbeimandatieren und damit die Auftragserfüllung erschweren.
Wir alle kennen den Grundsatz: Keine Entwicklung
ohne Sicherheit und keine Sicherheit ohne Entwicklung.
Die gleichzeitige Absenkung der Obergrenze bei OEF
halten wir für vertretbar, zumal seit langem weniger als
300 Soldaten eingesetzt sind. Wichtig ist dabei, dass die
100 KSK-Soldaten weiterhin im Mandat bleiben. Das ist
bündnispolitisch ein wichtiges Signal. Ich begrüße ausdrücklich nicht nur, dass Außenminister Steinmeier dies für die SPD mitträgt, sondern auch, dass er dies für unverzichtbar
hält.
Die Konferenz von Paris war die sechste in einer Abfolge
von Afghanistan-Konferenzen, auf denen sich die
internationale Gemeinschaft gemeinsam mit Afghanistan
kontinuierlich ihrer Beiträge zum Wiederaufbau versichert,
aber auch ihre Ziele mit dem Erreichten abgleicht.
Unser Ziel ist klar und seit seiner ersten
Formulierung 2001 gleichbleibend aktuell: ein Afghanistan,
das für seine Sicherheit selbst sorgen kann und
damit keine Bedrohung mehr für unsere Sicherheit darstellt.
Mit dieser Zielsetzung haben wir uns in einem von
25 Jahren Krieg und Bürgerkrieg zerstörten Land und
angesichts der Sabotage durch Taliban und Aufständische
keine leichte Aufgabe gestellt, vor allem eine langwierige
Aufgabe, die Geduld und Ausdauer erfordert. Wir haben in den letzten sieben Jahren schon beachtliche Fortschritte erzielt: die Talibanherrschaft beendet,
demokratische Institutionen geschaffen, die Lebenssituation
der Menschen verbessert, Grundversorgung und Zugang
zu Bildung - auch für Mädchen - sichergestellt.
Aber wir haben unser Ziel bei weitem noch nicht erreicht.
Deswegen wächst bei einigen die Ungeduld. Aber
wir müssen realistisch sein. Vor sieben Jahren war
Afghanistan ein Failed State und die wichtigste Operations-
und Trainingsbasis des internationalen Terrorismus.
Ich möchte noch einmal die Zeitachse aufzeigen. Mit
der ersten Konferenz auf dem Petersberg im Dezember
2001 haben wir uns verpflichtet, uns am Friedensprozess
zu beteiligen und beim Wiederaufbau des Landes zu helfen.
Damit sind wir aus eigenem Sicherheitsinteresse
eine substanzielle Bindung eingegangen, die wir auf Folgekonferenzen
immer wieder erneuert haben. Der Minister
hat daran erinnert.
In Weiterentwicklung des Afghanistan-Compact von
London hat die Regierung Karzai nun in Paris zwei
neue, auch für uns verbindliche Strategiepapiere vorgelegt:
die Nationale Entwicklungsstrategie und den Strategischen
Fünfjahresplan zur Verbesserung der Regierungsverantwortung
bis 2013. Das Fernziel wird mit 2020 angegeben, wenn Afghanistan in eine stabile, islamische, konstitutionelle Demokratie in Frieden mit sich
und seinen Nachbarn umgewandelt sein soll. Bis dahin
liegt noch ein großer Berg Arbeit vor uns. Um ihn erfolgreich
abzutragen, ist es notwendig, das bisher Geleistete
zu überprüfen, gegebenenfalls zu verstärken, um
nicht wieder zurückzufallen.
In letzter Zeit überwiegt der Eindruck, die Lage habe
sich eher verschlechtert, obwohl Milliarden von Hilfsgeldern
fließen und Tausende von Soldaten und zivilen
Helfern im Einsatz sind. Die Zahl der Anschläge ist gestiegen,
auch im Norden. Wir haben bei allen drei Säulen
des Afghanistan-Compact neben den Fortschritten auch
Fehlentwicklungen zu verzeichnen: bei der Sicherheit,
bei der guten Regierungsführung sowie bei der wirtschaftlichen
und sozialen Entwicklung. Wir hören von
wachsender Korruption, von Schattenwirtschaft und einer
stockenden Entwicklung im Privatsektor.
Für die schwierige Aufgabe, Afghanistan wieder aufzubauen
und lebensfähig zu machen, brauchen wir neben
der langfristigen Perspektive auch realistische Teilziele,
die wir laufend überprüfen müssen. Zwei Signale
gehen von der Konferenz in Paris aus: Erstens. Die internationale
Gemeinschaft steht zu ihrem Engagement in
Afghanistan. Afghanistan selbst und seine Führungseliten
sind zunehmend bereit, mehr Eigenverantwortung zu
übernehmen. Zweitens. Wir können aus Afghanistan
dann wieder heraus, wenn wir mit unserer Mission erfolgreich
waren. Ob es uns möglich sein wird, die politische
Verantwortung an die afghanische Regierung schon
2013 zu übergeben, wird sich zeigen. Auf jeden Fall ist
es unser Ziel. Das heißt dann aber auch, dass wir in den
nächsten fünf Jahren dringend weitere Fortschritte erzielen
müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir werden in Afghanistan keine Westminster-Demokratie
errichten können, aber wir können eine funktionierende
Verwaltung und selbsttragende Sicherheitsstrukturen
aufbauen. Das bedeutet die Einsatzfähigkeit
der afghanischen Armee und der afghanischen Polizei.
Daher begrüße ich die im Mai von der EU beschlossene
überfällige Verdopplung der Einsatzstärke von EUPOL,
aber auch das zusätzliche verstärkte deutsche Engagement
beim Aufbau der Polizei.
Ich sehe Handlungsbedarf bei der regionalen Kooperation.
Afghanistan grenzt an Pakistan, Iran, Turkmenistan,
Usbekistan und Tadschikistan. Alle Entwicklungskonzepte
zielen darauf ab, Afghanistan dabei zu
unterstützen, mit seinen Nachbarn tragfähige Beziehungen
aufzubauen. Deswegen müssen die diplomatischen,
sicherheitspolitischen, aber auch die handelspolitischen
Beziehungen, die Afghanistan eingeht, weiter gestärkt
werden.
Ganz besonders wichtig ist eine gute Kooperation mit
Pakistan; dies ist wichtig nicht nur für die Sicherheit in
der schwierigen Grenzregion. Denn Afghanistan importiert
zwei Drittel seiner Nahrungsmittel aus Pakistan. Der
Wiederaufbau der afghanischen Landwirtschaft und die
ländliche Entwicklung sind von zentraler Bedeutung für
die Ernährungssicherheit der Bevölkerung. Schätzungsweise
7 Millionen Afghanen sind von Hunger bedroht.
Eine gute regionale Kooperation ist ebenfalls wichtig
für den Kampf gegen den Rauschgifthandel, der nur in
Zusammenarbeit mit den Transitländern funktioniert.
Die Beseitigung der Drogenwirtschaft ist ein Querschnittthema
durch alle drei Säulen des Compact und damit
auch der Schlüssel zum Erfolg. Wir sehen zwar
Erfolge in neuen opiumfreien Provinzen; aber die Anbaufläche und der Ernteertrag wachsen weiter. Im letzten Jahr wurden 8 200 Tonnen Opium geerntet, Rohstoff für
93 Prozent des weltweit konsumierten Heroins. Davon
profitieren die Taliban mit 100 Millionen Dollar für ihre
Kriegskasse. Diese unglaublichen Zahlen steigen stetig.
Dies muss ebenso wie die wachsende Korruption konsequenter
bekämpft werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie
bei Abgeordneten der FDP)
Wenn vor allem die schlechte Sicherheitslage Ursache
für die florierende Opiumwirtschaft ist - über die Hälfte
des Schlafmohns wird allein in der Provinz Helmand angebaut
-, dann muss dort die Durchsetzungsfähigkeit der
Zentralregierung und der jeweiligen Provinzregierungen
besonders gestärkt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ressortübergreifend
müssen wir auch hier in Berlin analysieren, wie viel
Geld wir für Afghanistan haben, welche Prioritäten wir
setzen und wie wir bis 2013 und darüber hinaus vorgehen.
Gestatten Sie mir abschließend eine etwas kritische
Anmerkung: Ich habe manchmal den Eindruck, als
machten sich BMZ und AA gegenseitig Konkurrenz in
der Entwicklungszusammenarbeit
(Beifall bei Abgeordneten der FDP Carl-
Ludwig Thiele [FDP]: Sehr interessant! Fritz
Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heidi,
was ist das wieder?)
oder als schöben AA und BMI bei EUPOL die Verantwortung
hin und her. Der sogenannte Comprehensive Approach muss eben auch hier in Berlin verwirklicht werden. Wenn wir dann das, was wir dort neben dem militärischen Engagement leisten, nämlich die zivilen Beiträge, in der Kommunikation besser herausstellen, dann werden wir auch in der deutschen Öffentlichkeit eine hö-
here Akzeptanz für unseren Einsatz in Afghanistan erreichen.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP
Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Kein Beifall bei
der SPD! Was ist mit euren Partnern los?)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort dem Kollegen Oskar Lafontaine, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
Oskar Lafontaine (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Wenn man den Tenor der bisherigen Reden zusammenfasst,
dann ist das Ziel unserer Politik, den Menschen
in Afghanistan zu helfen
(Dirk Niebel [FDP]: Das ist wahr!)
und gleichzeitig die Sicherheitslage in Deutschland und
überhaupt auf der Welt zu verbessern.
(Dirk Niebel [FDP]: Er hat es verstanden!)
Ich habe zunächst keine Veranlassung, in Zweifel zu ziehen,
dass das die Absicht der Politik ist. Welche Gründe
gäbe es dafür, dies in Zweifel zu ziehen?
Wenn man das, was der Herr Bundesaußenminister
hier vorgetragen hat - auf diese Rede möchte ich im Besonderen
eingehen -, zusammenfasst, dann müsste man
zu dem Ergebnis kommen, dass wir auf gutem Wege
sind und dass sich die Lebenssituation in Afghanistan
deutlich verbessert.
(Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist doch gut!
Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Waren
Sie schon einmal da, Herr Kollege?)
Das wäre, unpolemisch formuliert, die Zusammenfassung
seiner Rede.
Nun hat der Bundesaußenminister die Süddeutsche
Zeitung zitiert; ich zitiere sie auch. Sie hat heute ganz
anders kommentiert und darauf hingewiesen, dass die
Bundesregierung, wenn es um Afghanistan geht, mit der
Wahrheit nicht herausrückt, dass sie vielmehr versucht,
die Dinge besser darzustellen, als sie in Wirklichkeit
sind, und dass sie, insbesondere was die militärischen
Einsätze angeht, nicht bereit ist, der Bevölkerung die
Wahrheit zu sagen. Daher muss heute auch darüber gesprochen
werden.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg.
Gert Winkelmeier [fraktionslos] Gert
Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Jetzt kommt
die Wahrheit!)
Ich möchte zunächst, um zu belegen, was die Süddeutsche
Zeitung analysiert hat, den Vortrag des Bundesaußenministers noch einmal kurz Revue passieren lassen, um deutlich zu machen, wie sehr man sich selbst
täuschen und die Dinge falsch darstellen kann. Zunächst
war im Zentrum seines Vortrages das Wort Wiederaufbau. Wenn man das Wort Wiederaufbau hört, dann
hat man natürlich eine bestimmte Vorstellung. Aber derjenige,
der die Situation in Afghanistan kritisch sieht,
denkt natürlich an Krieg, an militärische Einsätze und an
die Verwüstungen, die dort angerichtet werden. Es ist
merkwürdig, dass diese Worte in einem solchen Vortrag
überhaupt nicht gefallen sind, sondern völlig ausgeblendet
wurden. Der Wiederaufbau auf der einen Seite wurde
erwähnt, aber die ständig zunehmende Zerstörung auf
der anderen Seite mit keinem einzigen Wort. So kann
man sich eben selbst täuschen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
Das setzt sich in seinem Vortrag fort. Wer wäre nicht
stolz darüber, dass 8 Millionen Minen geräumt worden
sind? Wer würde das nicht massiv begrüßen? Aber während
Sie dies hier vorgetragen haben, haben wir uns natürlich die Frage gestellt: Wie viele Bomben sind inzwischen wieder gefallen? Welche Qualität hat die
Munition? Sind es Streubomben? Ist es Munition mit
Uranerzen verseucht usw.? Kein Wort darüber! Es existieren
schreckliche Berichte über das, was immer noch
in Afghanistan läuft. Wie kann man in einem solchen
Vortrag lediglich darüber reden, dass 8 Millionen Minen
geräumt wurden? Auch hieran ist ganz eindeutig zu erkennen,
wie sehr man sich bemüht, die Situation nicht
zur Kenntnis zu nehmen. Bei der Beschreibung der Lage
betreibt man eine der Sache überhaupt nicht angemessene
Schönfärberei; so muss ich es leider nennen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
Der Bundesaußenminister hat von Schwierigkeiten
gesprochen. Jeder stellt sich die Frage, was er mit
Schwierigkeiten meint. Unsereinem fällt natürlich
gleich ein, dass sich die Bundesregierung weigert, die
genaue Zahl der Opfer anzugeben. Dann fällt einem ein,
dass internationale Organisationen von Tausenden von
zivilen Toten im letzten Jahr ausgehen. Ist es angemessen,
angesichts dessen von Schwierigkeiten zu sprechen?
Ist das nicht völlig unangemessen?
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
Ich hatte schon ein Problem damit, als jemand während
des Jugoslawien-Kriegs immer wieder von Kollateralschäden gesprochen hat. In solchen Auseinandersetzungen
ist die Sprache verräterisch. In der Sprache wird
deutlich, dass man sich weigert, die Wirklichkeit zur
Kenntnis zu nehmen.
Jetzt will ich eine Formulierung aufgreifen, die das
deutlich unterstreicht. Herr Bundesaußenminister, Sie
haben gesagt, bei unseren Bemühungen würde sich entscheiden,
ob die Hoffnung die Oberhand behält oder ob
die Angst zurückkehrt. Sie sehen, ich habe mitgeschrieben.
Ich habe mich gefragt: Meint er das wirklich so?
Meint er wirklich, man könne in Afghanistan derzeit
darüber sprechen, ob die Hoffnung die Oberhand behält
oder ob die Angst zurückkehrt? Ich glaube, diese Worte
richten sich selbst.
(Dr. Peter Struck [SPD]: Quatsch! Das ist
dummes Zeug! Nur dummes Zeug!)
Herr Kollege Struck, Ihre Formulierung, das sei dummes
Zeug, ist so unqualifiziert, dass Sie sich schämen
sollten.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
Sie sollten sich wirklich schämen. Manchmal ist es wirklich
schwierig, Ihrem Niveau zu folgen, Herr Kollege
Struck.
(Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
[CDU/CSU]: Gute Beschreibung Ihrer Rede!
Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sie schüren Ängste und machen keine Hoffnung! Das ist das Problem! Dr. Peter Struck [SPD]:
Dummes Zeug! Waren Sie jemals in Afghanistan?
Sie reden und haben keine Ahnung! Dummes Zeug!)
Ich wiederhole: Sie haben gesagt, die Hoffnung solle
die Oberhand behalten und die Angst werde vielleicht
zurückkehren. Wie viel Angst ist derzeit in Afghanistan?
Davon zu sprechen, dass in einem Land, in dem der
Krieg tobt, in dem Tausende Menschen ums Leben kommen,
die Angst vielleicht zurückkehren könne, zeigt
doch, dass Sie sich weigern, die Wirklichkeit in diesem
Land zur Kenntnis zu nehmen. Das ist wirklich nicht
nachvollziehbar.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
Es ist nicht nachvollziehbar, was hier vorgetragen
wurde. Ich zitiere Sie nur und konfrontiere Sie mit Fakten.
Um das Ganze abzurunden, möchte ich darauf hinweisen,
dass an einem Tag, an dem überall in der Presse
zu lesen ist, dass das Militärische aufgestockt wird, Sie
hier formuliert haben: Die militärische Präsenz muss
noch eine Zeit lang bleiben, sich aber überflüssig machen.
Auch hier haben Sie das Gegenteil von dem gesagt,
was zurzeit diskutiert wird. Obwohl es um eine
Aufstockung geht, sprechen Sie davon, dass sich das Militärische überflüssig machen soll. Winston Churchill
hat ein solches Vorgehen einmal mit dem ihm eigenen
Zynismus beschrieben. Er hat gesagt: Im Krieg ist die Wahrheit so kostbar, dass sie nie anders als mit einer Leibwache von Lügen auftreten
sollte.
An dieses Zitat Churchills wurde ich bei den Vorträgen erinnert, die ich hier gehört habe. Wenn man in Afghanistan weiterkommen will, darf man die Wirklichkeit in Afghanistan nicht völlig ausblenden.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos] Dr. Peter Struck
[SPD]: Das machen Sie aber! Fahren Sie denn
einmal hin? Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Was schlagen Sie denn vor?)
Wir stellen gar nicht in Abrede, dass man die Lebenssituation
der Menschen in Afghanistan verbessern
möchte, dass dies das Ziel ist. Ob man dies erreichen
kann, indem man Kampftruppen dort hinschickt und den
Umfang der militärischen Einsätze weiter steigert, ist
aber fraglich. Das ist doch die Wahrheit. Unsere Fraktion
ist der Auffassung, dass man mit der Ausweitung militärischer Einsätze beide Kernziele total verfehlt: weder verbessert man die Lebenssituation der Menschen in Afghanistan noch erhöht man die Sicherheit in Deutschland
oder sonst irgendwo.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
Wann endlich begreifen Sie, dass die sogenannten humanitären Interventionen nicht nur als Begriff eine Unmöglichkeit darstellen, sondern mittlerweile auch im Ergebnis?
Leute, die viel öfter als Sie, Herr Struck, in Afghanistan
waren, sagen, dass die Irakisierung Afghanistans in
vollem Gang ist, sich die Sicherheitslage immer weiter
verschlechtert und die Zahl der Opfer steigt. Angesichts
dessen ist das, was Sie hier bieten, schlicht und einfach
eine Täuschung der Öffentlichkeit. Auf diesem Weg
kommen wir in keinem Fall weiter, wenn wir Afghanistan
helfen und die Lage in Deutschland verbessern wollen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])
In der Presse wird die Argumentation der Bundesregierung,
dass die Aufstockung der Beteiligung an
ISAF mit einer gleichzeitigen Reduktion der Truppen
einhergeht, die für Operation Enduring Freedom zur
Verfügung gestellt werden, als Trickserei bezeichnet. Ich
beziehe mich hier auf einen Artikel in der Frankfurter
Rundschau. Dort wird erläutert, warum das Trickserei
ist. Die Regierung verweist darauf, dass man beim
Kampfeinsatz reduziert - das klingt ja sehr gut -, aber
die zivile Hilfe aufstockt. Wäre das so, würde das jeder
sofort unterschreiben. In dem Artikel wird dargestellt,
warum das in Wirklichkeit Trickserei ist. Denn in dieser
Zahl sind nie Streitkräfte zur Verfügung gestellt worden.
Hier wird, wenn man so will, schlicht und einfach ein
Popanz aufgebaut. In Wirklichkeit geht es um ein systematisches
Aufstocken der Kontingente. Nichts anderes
ist der Fall. Die vielen zivilen Organisationen haben völlig
recht, wenn sie sagen: Zivile Hilfe und militärische
Mittel stehen in überhaupt keinem Verhältnis. Wir brauchen
eine Verstärkung der zivilen Hilfe, und wir müssen
die militärischen Einsätze deutlich zurückfahren.
(Beifall bei der LINKEN)
Positiv möchte ich würdigen, dass mein Vorredner zumindest
an drei Stellen die Situation nicht schöngefärbt
hat. Der Kollege der CDU/CSU-Fraktion sprach immerhin
von der Zunahme der Korruption und davon, dass
der Opiumanbau nicht zurückgegangen ist, sondern sich
weiter verstärkt. Beides kann nicht unser Ziel sein. Er
sprach auch davon, dass sich die Lage eher verschlechtert
habe. Das war zumindest ein realistischer Ansatz,
um die Situation in Afghanistan zu schildern. Wenn es
wirklich um neue Straßen, Schulen, Brunnen und Gesundheitsversorgung
ginge, wer würde hier darüber diskutieren,
ob das notwendig und unterstützenswert sei?
Darüber diskutieren wir hier nicht. Sie haben in Ihrem
Beitrag angesprochen, dass dieses Land seit 25 Jahren
Krieg hat. Es geht nicht nur um die Taliban. Es geht auch
um die Verbrecher, die jetzt in der Regierung sitzen, die
sich ebenfalls schlimmer Verbrechen schuldig gemacht
haben und mit westlicher Unterstützung aufgerüstet wurden,
sodass sie ihre Verbrechen begehen konnten.
(Beifall bei der LINKEN)
Das kann man doch nicht alles völlig ausblenden. Die
jetzige Debatte zeigt ganz deutlich, dass Ihre Politik
überhaupt nicht erfolgreich sein kann; denn Sie gehen
von einer falschen Analyse aus. Es ist menschlich verständlich, wenn man das, was unangenehm ist, verdrängt. Es ist menschlich verständlich, wenn man das
Scheitern der Politik völlig ausblendet. Das Scheitern
der Politik für uns besteht in Folgendem: Die Zahl der
zivilen Opfer nimmt immer weiter zu; das ist unabhängig
davon, ob Sie die Opferzahlen angeben oder nicht.
Da das der Fall ist, kann man nicht von Wiederaufbau in
Afghanistan sprechen.
(Beifall bei der LINKEN)
Der beste Wiederaufbau und die beste Verbesserung der
Lebenssituation dort bestünde darin, dass man das Sterben
der Menschen verhindert.
(Zuruf von der SPD: Wie?)
- Wie hat hier jemand dazwischengerufen. Das will
ich Ihnen sagen:
(Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
[CDU/CSU]: Mit Zynismus!)
Mit Kampfeinsätzen und mit Bomben werden Sie das
Sterben der Menschen niemals verhindern. Lösen Sie
sich von diesem Irrtum, und sagen Sie insbesondere den
Menschen in Deutschland die Wahrheit, damit sie zu einem
richtigen Urteil kommen können.
(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Sie haben
nicht gesagt, was Sie vorschlagen!)
Ich sehe hier einige Kollegen - auch aus den Regierungsfraktionen
-, die sich dieser Schönfärberei verweigern.
Ich möchte Ihnen den Respekt unserer Fraktion
aussprechen.
(Christel Riemann-Hanewinckel [SPD]: Das
ist aber nett!)
Ich möchte Ihnen sagen, was wir vorschlagen. Wir sind
für zivile Entwicklungszusammenarbeit.
(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Mit den
Taliban oder was?)
Wir halten militärische Interventionen für den verkehrten
Weg, um das Leben der Menschen zu verbessern und
dem Frieden in der Welt zu dienen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos] Christian Lange
[Backnang] [SPD]: Das wollen Sie mit den Taliban
durchführen?)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächster Redner ist der Kollege Professor Gert
Weisskirchen, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD):
Frau Präsidentin! Herr Lafontaine, als Sie gesprochen
haben, habe ich mich gefragt, von welchem Lande Sie
eigentlich reden. Ich kann Ihnen nur sagen: Fahren Sie
doch einmal in dieses Land.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Schauen Sie sich dort doch bitte einmal um. Ich weiß,
Herr Lafontaine, dass es Ihnen peinlich wäre, wenn Sie
hinfahren würden, weil Sie erleben könnten, dass Schülerinnen und Schüler jetzt überhaupt erstmals wieder die
Chance haben, in Primarschulen zu gehen. 75 Prozent
aller Jungen und 60 Prozent aller Mädchen, die die Primarschulreife
haben, können nun in die Schule gehen.
Diese Tatsachen bringen das von Ihnen vorgetäuschte
Bild völlig durcheinander.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der
CDU/CSU)
Ich möchte Sie darum bitten, nach Afghanistan zu fahren.
Sie müssen dann das überprüfen, was Sie hier erzählen.
Das würde ein ganz anderes Bild von einem ganz
anderen Land ergeben, als Ihre Rhetorik glauben macht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das ist die Wirklichkeit in diesem Land. Herr
Lafontaine, gehen Sie heute Abend in die sächsische
Landesvertretung. Um 19 Uhr werden dort afghanische
Künstlerinnen, die seit einem Jahr in einem Zentrum für
zeitgenössische Kunst studieren und arbeiten dürfen,
ihre Bilder zeigen. Das durften sie vorher nicht.
(Monika Knoche [DIE LINKE]: Sie sprechen
sich gegen den Krieg aus!)
Jetzt können sie es. Angesichts dieser Bilder, Herr
Lafontaine, werden Sie sehen, dass seit dem Ende der
Talibandiktatur Frauen zum ersten Mal eine Chance haben,
ihre eigenen Fähigkeiten und ihre eigene Kreativität
zu zeigen und darzustellen.
(Monika Knoche [DIE LINKE]: Was zeigen
diese Bilder, Herr Weisskirchen? Sie zeigen
den Schrecken des Krieges, Herr
Weisskirchen!)
Das ist ein Zeichen von künstlerischer und bürgerschaftlicher
Freiheit. Diese wäre gefährdet, wenn Ihre Reden
dazu führen würden, dass die Taliban zurückkehren. Das
wollen wir nicht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN Monika Knoche [DIE LINKE]:
Das sind politische Bilder gegen den Krieg!)
Gerade dann, wenn es ernst wird, muss gelten: Wir
werden unsere Verpflichtungen einhalten. Lieber Kollege
Lafontaine, Verpflichtungen einhalten heißt in diesem
Fall ganz einfach und ganz schlicht: Freiheit und
Selbstbestimmung können in diesem Land nur dann erreicht
und stabilisiert werden, wenn es ein gewisses Maß
an Sicherheit gibt. Diese kann von dem eigenen Land
gegenwärtig nicht gewährleistet werden, sondern muss,
mandatiert vom Weltsicherheitsrat der UNO, von der internationalen
Staatengemeinschaft garantiert werden.
Ansonsten kann es keine stabile Entwicklung Afghanistans
geben. Das ist der völkerrechtliche Auftrag, den wir
haben und den wir auch erfüllen. Daran werden wir festhalten.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Noch eine andere Sache: 85 Staaten dieser Erde - die
Pariser Konferenz hat das gezeigt - haben sich in Paris
darauf verständigt, dass der Afghanistan-Compact weiterentwickelt
werden soll und dass in den nächsten Jahren
20 Milliarden Dollar bis 2013 zur Verfügung gestellt
werden. Der Außenminister hat ausschließlich für die zivile
Entwicklung dieses Landes 420 Millionen Euro allein
aus der Bundesrepublik Deutschland zugesichert.
Davon muss man reden. Es ist unsere Aufgabe dafür zu
sorgen, dass der zivile Aufbau gelingt. Er kann nur gelingen,
wenn wir diese 85 Staaten in ihrer Würde respektieren.
Sie stellen sich gegen 85 Staaten dieser Erde,
Herr Lafontaine.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Auf der Pariser Konferenz schauen Sie sich einmal
die Dokumente an wurde eine schnörkellose, nüchterne
und selbstkritische Bilanz gezogen. Die Regierung
Karzai hat zum Beispiel mit den beiden vom Kollegen
Schockenhoff schon genannten Strategiepapieren deutlich
gemacht, dass sie selber einen Strategiewechsel
vollzieht und dass sie zusammen mit der Weltbank eine
nationale Entwicklungsstrategie erarbeitet. Mit diesem
eigenständigen Beitrag hat sie den Afghanistan-Compact
von 2008 selbst ausgestaltet.
Die afghanische Regierung geht auch selbstkritisch
mit ihren eigenen Fähigkeiten um. Sie hat klar gesagt:
Wir haben Fehler gemacht. Das sagen auch wir. Wir wissen
doch, dass Afghanistan nicht vorankommen kann,
wenn nur militärische Mittel eingesetzt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Militärische Komponenten sind nur dann tragfähig,
wenn sie dazu beitragen, dass sich dieses Land zivil und
friedlich entwickeln kann. Nur dafür brauchen wir Armeen,
für nichts, aber auch gar nichts anderes.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
In den nächsten fünf Jahren wird das Unabhängige
Direktorat für lokale Regierungsführung Mittel zur Verfügung stellen, damit eines der Hauptprobleme der afghanischen
Regierung - dass sie die Macht konzentriert
und zentralisiert; das ist ein erheblicher Mangel - gelöst
werden kann. Das Land soll in Zukunft von unten erneuert
werden. Das ist ein Strategiewechsel, der zur Folge
haben wird, dass sich das Land von unten verändert. Die
Kommunen, Distrikte und Provinzen werden im nächsten
Jahr ihre eigenen Körperschaften wählen.
Lieber Kollege Lafontaine, in diesem Zusammenhang
möchte ich sagen: Vor uns liegt eine wichtige Aufgabe.
Im Jahre 2009 müssen wir unseren Beitrag leisten, dass
in Afghanistan friedliche, faire und freie Wahlen abgehalten
werden können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das ist eine der zentralen Aufgaben der internationalen
Staatengemeinschaft.
Liebe Kollegin Beck, da wir in den nächsten Tagen
zur Parlamentarischen Versammlung der OSZE nach
Astana fahren: Ich fände es gut, wenn die OSZE ihre
Dienste zur Verfügung stellen könnte, damit die internationale
Staatengemeinschaft ihren Beitrag dazu leisten
kann, dass diese Wahlen frei und fair vonstatten gehen.
Das wäre ein wichtiger Schritt, um zu helfen, dass dieses
Land das in einer gefährlichen Situation ist, das sich in
einer Region befindet, in der es ständig von außen bedroht
ist eine Chance bekommt, sich weiterzuentwickeln.
Das ist unsere Aufgabe.
Vor diesem Hintergrund war die Pariser Konferenz
von einem großen Erfolg gekrönt. Der Außenminister
hat dazu beigetragen, dass die Pariser Konferenz, auf der
sehr selbstkritisch Position bezogen wurde, überhaupt
hat stattfinden können. Vielen Dank, Herr Außenminister!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Trittin, Bündnis
90/Die Grünen.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In einem
Punkt haben Sie recht, Herr Lafontaine: Der Bundesaußenminister hat eine sehr schönfärberische Rede gehalten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das macht Ihre Rede aber nicht wahrheitsgetreuer. Denn
Sie haben die Schönfärberei nur gespiegelt, also Schwarzmalerei
betrieben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Irrtum, dem Sie unterliegen, ist ein Irrtum, über
den Sie vielleicht noch einmal nachdenken sollten. Er
besteht meines Erachtens in Ihrer Vorstellung, dass dort
Krieg herrscht - es gab dort übrigens schon 6 500 Tote,
nicht 1 000 Tote, wie Sie sagten;
(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Richtig
zuhören!)
ich betone: jeder dieser 6 500 Toten ist ein Toter zu viel -
liege daran, dass die internationale Gemeinschaft dort
präsent sei. Das ist der Grundirrtum, dem Sie aufgesessen
sind.
(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Muss ich mir
so einen Quatsch wirklich anhören?)
Darüber muss man gar nicht spekulieren.
Was ist eigentlich geschehen, als der Kalte Krieg, der
in Afghanistan heiß ausgefochten wurde, zu Ende war?
Auch in diesem Punkt muss ich Sie leider belehren: Die
Finanzierung der Nordallianz erfolgte nicht durch die
USA. Die USA haben die Taliban bezahlt, die Nordallianz
ist von den Russen bezahlt worden. In Ihrer Partei gibt es
einige Leute, die das genau wissen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Als der Kalte Krieg, der in Afghanistan heiß ausgefochten
wurde, zu Ende war und man das Land sich
selbst überlassen hat, hat dort 15 Jahre lang der brutalste
Krieg stattgefunden, ein Krieg mit Exzessen, mit Massenmord
etc., der so schlimm war, dass die Menschen
die Herrschaft der Taliban in den ersten Jahren sogar ein
Stück weit als Befriedung empfunden haben. Es ist ein
Grundirrtum, zu denken, dass in Afghanistan Krieg herrsche,
weil auf der Basis eines Mandats der Vereinten Nationen
der Versuch gemacht wird, dieses Land, das durch
Verantwortungslosigkeit, durch Intervention anderer
Mächte und durch eigene Unzulänglichkeit in einen
Krieg geraten ist, wiederaufzubauen. In Afghanistan haben
wir keine Irakisierung, wir haben das Gegenteil von
Irakisierung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es geht um den Versuch, die Herrschaft des Rechts wiederherzustellen.
Dies gleichzusetzen mit einer völkerrechtlich
nicht gedeckten Intervention wie im Irak, ist
ein Grundfehler. Damit redet man im Übrigen den Irak-
Krieg schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der SPD)
Warum war das, was der Bundesaußenminister gesagt
hat, schönfärberisch? Ich hätte mir gewünscht, lieber
Frank-Walter Steinmeier, dass Sie sich die Selbstkritik,
die auf der Afghanistan-Konferenz geübt worden ist, zu
eigen gemacht hätten. Auf der Konferenz konnten Sie
das zugegebenermaßen nicht leisten, weil Sie nur drei
Minuten Redezeit hatten -
(Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Aber
seine Rede war eine gute Rede!)
im Gegensatz zu Laura Bush, die für eine bekannte NGO
zehn Minuten über die Fortschritte im Bildungswesen
Afghanistans reden durfte. Lesen Sie einmal nach, was
die Überprüfung der Fortschritte gemäß dem Compact
ergeben hat: Die Opiumproduktion habe ein alarmierendes
Ausmaß angenommen. Die Korruption nehme nicht
ab, sie wachse. Die legale Wirtschaft stehe auf einer unsicheren
Grundlage. Von all dem haben wir heute wenig
gehört.
(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Doch, das hat
der Außenminister gesagt!)
Zum anderen war es schönfärberisch, als Sie Leistungen
in Aussicht gestellt haben, die bereits zugesagt worden
sind. So ist es nicht wahr, dass Deutschland zusätzlich
140 Millionen Euro zur Verfügung stellt diese
Mittel stehen bereits im Haushalt. Auch ist es bis heute
nicht so, dass die Ankündigung, die Polizei aufzubauen
- wofür wir übrigens seit 2004 zuständig sind; das sage
ich im Hinblick auf uns beide -, umgesetzt worden wäre.
Tatsächlich ist es so, dass die Feldjäger der Bundeswehr
in Afghanistan mehr Polizeiausbildung betreiben, als
Polizisten es tun. Das ist die Realität.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde, es hätte dieser Debatte gut getan, wenn die Regierung
die real existierenden Defizite beim zivilen Aufbau
benannt hätte.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich bin beileibe nicht der Auffassung, dass man Euro
für Euro gegenüberstellen müsse, dass man argumentieren
könne, es sei ein Missverhältnis, dass der Tornado-
Einsatz 100 Millionen Euro kostet, während für zivile
Hilfe lediglich 140 Millionen Euro bereitgestellt würden.
Solche Vergleiche sind falsch. Aber es muss Sie doch umtreiben,
dass es offensichtlich keinerlei Probleme bereitet,
das Bundeswehrmandat um 1 000 auf 4 500 Soldatinnen
und Soldaten aufzustocken, während in Afghanistan gerade
einmal 255 zivile Aufbauhelfer aus Deutschland tä-
tig sind. Das sind sehr wenige; so viele bräuchte man allein
an Polizisten. Mit diesem Missverhältnis haben
viele Leute ein Problem.
Es ist richtig: Afghanistan wird militärisch nicht zu
gewinnen sein. Aber wenn Afghanistan militärisch nicht
zu gewinnen ist, muss es uns doch umtreiben, dass immer
dann, wenn ein militärisches Erfordernis da ist
- und das muss man im Hinblick auf die 1 000 zusätzlichen
Soldatinnen und Soldaten nicht einmal bestreiten -,
wir sofort liefern können, während es Jahre dauert, bis
die Defizite im Zivilen, beim Aufbau der Polizei, endlich
abgebaut werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Seit zwei Jahren rede ich davon, dass bei der Ausbildung
der Polizei Defizite bestehen. Seit zwei Jahren versprechen
Sie uns, Abhilfe zu schaffen. Doch es passiert
nichts.
(Zuruf von der LINKEN: Schwarzmalerei!)
Mit unseriöser Kritik an der Afghanistan-Politik trägt
man zur Lösung des Problems nicht bei. Sie wollen, dass
die Opposition die deutschen Auslandseinsätze nach
Möglichkeit mitträgt. Nun können Sie die Vorschläge
der Opposition, selbst wenn wir das Gleiche wollen, was
Sie zumindest versprechen, ablehnen. Natürlich können
Sie uns trotzdem um Zustimmung bitten. Sie können
auch sagen: Uns interessiert nicht wirklich, was diese
kleinen Oppositionsfraktionen dazu sagen. Sie haben
aber ein Problem: Wenn in einer Demokratie keine Akzeptanz
für einen solchen sinnvollen - das betone ich -
Einsatz an dieser Stelle mehr besteht - auch von Militär -,
dann wird dieser Einsatz zu Ende sein. Das ist das Problem,
vor dem Sie stehen.
Deswegen müssen Sie die realen Defizite im Zivilen
nicht nur thematisieren und hinterfragen, sondern endlich
abbauen. Darum geht es uns im Kern, wenn wir von
einem Strategiewechsel sprechen. Sie kündigen ihn seit
zwei Jahren an, aber er findet nicht statt.
Ich kann das auch anhand des militärischen Bereichs
beschreiben: Sie reduzieren jetzt die Stärke der OEF. Bisher
waren 260 Marinesoldaten am Horn von Afrika
eingesetzt. Die Gesamtzahl wollen Sie jetzt von 1 400 auf
800 reduzieren. Welch ein Fortschritt!
Haben Sie auch nur einen Tag lang mit den Amerikanern
darüber gesprochen, ob es nicht sinnvoll ist, die
Ausbildung der afghanischen Armee endlich der NATO
und damit der ISAF zu überantworten? Haben Sie den
Amerikanern an dieser Stelle konkrete Vorschläge und
Angebote gemacht? Mir ist davon nichts bekannt. Das
ist der Kernpunkt, weshalb ich sage: Im Zivilen wie im
Militärischen verfehlen Sie genau das, was notwendig
wäre, um Afghanistan zu stabilisieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Trittin.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin.
Ich zitiere ungern Soldaten, in diesem Fall zitiere ich
aber Ulrich Kirsch vom Bundeswehr-Verband. Er hat Ihnen
ins Stammbuch geschrieben:
Man müsste gleichzeitig mit dem Mandat für die
Bundeswehr ein Zivilmandat formulieren, in dem
die zivilen Aufgaben so klar aufgeschrieben werden
wie die unsrigen im militärischen Mandat.
Der Mann hat Recht, und wir können das nur nachdr
ücklich unterstreichen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Christian Ruck,
CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dr. Christian Ruck (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist
wichtig, dass im Mittelpunkt der heutigen Diskussion
der zivile Aufbau steht.
Die Paris-Konferenz zur Zukunft Afghanistans war in
der Tat ein Schritt in die richtige Richtung, und zwar vor
allem aus zwei Gründen: erstens weil die afghanische
Regierung nach einem wirklich beachtenswerten internen
Entscheidungsprozess ihre eigenen Vorstellungen zu einer
nationalen Entwicklungsstrategie vorgelegt und damit
eindrucksvoll ihren Willen zur Eigenverantwortlichkeit
unterstrichen hat, und zweitens weil die Konferenz tatsächlich der Versuch war, eine ehrliche Bestandsaufnahme
der Erfolge, der Probleme und der Herausforderungen
bei der bisherigen Aufbauarbeit in Afghanistan
zu machen.
Herr Trittin, so wichtig es ist, die Defizite anzusprechen
- ich glaube nicht, dass wir Entwicklungspolitiker
uns um diese Diskussion drücken -, so wichtig ist auch
das, was schon gesagt wurde, dass es nämlich ganz entscheidend
darauf ankommt, der deutschen Öffentlichkeit
auch die Leistungen und Erfolge der vielen zivilen
Aufbauhelfer, unserer Soldaten und vieler anderer auch
die der deutschen Steuerzahler zu dokumentieren. Hier
kann und muss man bei allem, was deutlich wird auch
wenn man hinfährt , sagen: Unser Einsatz ist sinnvoll
und zeigt Wirkung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der SPD)
Zu den eindrucksvollen Beispielen, die schon genannt
wurden - zum Beispiel im Bildungsbereich, im Gesundheitsbereich
und bei der Minenräumung -, möchte ich
noch einige Dinge anführen, die vielleicht weniger bekannt,
aber genauso wichtig sind.
Wir haben zum Beispiel konkrete Erfolge beim Aufbau
der staatlichen Institutionen in Afghanistan. Von den
afghanischen Ministerien werden Mittel in Höhe von
77 Millionen Euro jährlich direkt dafür genutzt, konkrete
Projekte umzusetzen. Das ist zehnmal so viel wie vor
fünf Jahren. Dadurch wird deutlich, dass wir auch beim
Aufbau der Kapazitäten weiterkommen.
Ein anderes Beispiel: Mit deutscher Hilfe wurde die
Investitionsagentur AISA eingerichtet. Sie wird bis zum
Ende dieses Jahres 550 000 neue Arbeitsplätze geschaffen
haben.
Ich nenne ein weiteres Beispiel. Mit unserer Hilfe
wurde die erste Mikrokreditbank in Kabul eröffnet. Das
hat im Land eine Investitionswelle initiiert, die vor allem
den kleinen Leuten zugute kommt. Mit Darlehen zwischen
130 und 1 300 Euro werden neue Existenzgrundlagen
für Teppichknüpferinnen, Gemüseverkäufer und
Automechaniker geschaffen. Das trägt zum Aufbau eines
Mittelstandes und zur Armutsbekämpfung bei.
Ein weiterer Bereich ist die Wasserversorgung.
2,5 Millionen Menschen in Kabul, Herat und Kunduz
profitieren jeden Tag ganz konkret von dem, was wir in
der Entwicklungszusammenarbeit geleistet haben.
Ich nenne ein Letztes: Wir machen auch etwas, das
uns im Kulturbereich viel Ehre und Sympathie in ganz
Afghanistan einbringt. Wir führen zum Beispiel ein Projekt
zur Sanierung der Altstadt in Herat durch und helfen
beim Zusammensetzen der zerstörten Buddha-Statuen
von Bamian.
Das alles zusammen ergibt ein ganz anderes Bild der
Wertschätzung der Afghanen für unsere Arbeit, als es
Herr Lafontaine dargestellt hat. Untersuchungen der
FU Berlin haben ergeben, dass 72 Prozent der Afghanen
unser Engagement vor allem im Sicherheitsbereich
begrüßen. Das macht deutlich, wie sehr die Afghanen
unsere Arbeit wertschätzen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir erleben aber auch täglich, dass der zivile Wiederaufbau
in Afghanistan Feinde hat und dass es eine Minderheit
gibt, die mit Gewalt verhindern will, dass Demokratie,
Menschen- und Bürgerrechte dauerhaft Zukunft
haben. Deswegen brauchen wir für den Wiederaufbau
eine entsprechende Sicherheitsstruktur mit einer funktionierenden
afghanischen Armee, Justiz und Polizei.
Es gab zwar die eine oder andere Schwierigkeit beim
Polizeiaufbau, auch bei EUPOL - damit haben wir uns
bereits befasst -, aber ich verstehe nicht, Herr Trittin,
dass Sie einfach leugnen, wie viele Tausende von Soldaten
wir inzwischen in Afghanistan ausgebildet haben
und dass eine Verdoppelung der Zahl der deutschen Polizeikr
äfte als Ausbilder in Afghanistan vorgesehen ist.
Das sollte man der Ehrlichkeit halber an dieser Stelle
hinzufügen. Sonst tut man nämlich den Polizisten, die in
Afghanistan Dienst tun, Unrecht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der SPD)
In Afghanistan steht viel auf dem Spiel, nicht nur für
die Afghanen selbst, unsere Soldaten und die zivilen
Aufbauhelfer, sondern wegen der Lage in einer sehr explosiven
Region Afghanistans auch für unsere eigene Sicherheitspolitik
und unsere eigenen Sicherheitsinteressen.
Deswegen sind wir es den Bürgern in Afghanistan,
aber auch unseren eigenen Bürgern schuldig, die Defizite
und die Herausforderungen, vor denen wir noch stehen,
anzusprechen.
Mit der Abstimmung der zahllosen Geberländer und
Institutionen im zivilen Bereich untereinander, mit der
Entwicklung in der Drogenwirtschaft und mit der Sicherheitslage
können wir nicht zufrieden sein. Aber die
einzig mögliche Antwort darauf besteht darin, mit unseren
Erfolgen im Rücken die Herausforderungen anzugehen.
Das gilt zum Beispiel auch für die Drogenbekämpfung.
Was in Laos, in weiten Teilen Pakistans und auch
in Thailand gelungen ist - übrigens auch durch deutsche
Entwicklungszusammenarbeit -, das ist auch in Afghanistan
möglich, nämlich eine erfolgreiche Drogenbek
ämpfung zu organisieren, wenn man bereit ist, den Dingen
konsequent auf den Grund zu gehen.
Man muss die Menschen in die Lage versetzen, auch
ohne Drogenanbau ihren Lebensunterhalt zu bestreiten,
zum Beispiel durch Rehabilitierung der alten Bewässerungssysteme
und den Wiederaufbau der Infrastruktur.
Man muss auch deutlich machen, dass man nicht nur die
Kleinen bestraft, sondern auch die großen Drogenbarone
nicht ungeschoren davon kommen lässt.
Entscheidend ist, dass wir stärker als bisher die afghanische
Regierung und die afghanischen Entscheidungsträger in die Pflicht nehmen und versuchen, die
Nachbarstaaten wie Pakistan in unsere Strategien einzubeziehen,
und dass es uns gelingt, den vielstimmigen
Chor der Geber auch international besser untereinander
abzustimmen. Dabei denke ich besonders an die Weltbank
und an den wichtigsten Geber, die Vereinigten
Staaten, aber ich denke auch an uns. Trotz der großen
Fortschritte, die die am zivilen Aufbau in Afghanistan
beteiligten deutschen Ressorts gemacht haben, bleibt es
eine Daueraufgabe, möglichst konkret unser Ziel zu verfolgen.
Wir brauchen konkrete Planungs- und Zielvorgaben
für einen überschaubaren Zeitraum, die von allen
Ressorts gemeinsam eingehalten werden. In diesem Zusammenhang
halte ich es für sinnvoll, dass das im kommenden
Herbst zu beschließende Afghanistan-Mandat
auch eine Zwischenbilanz der zivilen Leistungen und neben weiteren militärischen zivile Vorhaben mit konkreten
Zielvorgaben und Verantwortlichkeiten beinhaltet.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege Ruck, darf ich Sie an Ihre Zeit erinnern?
Dr. Christian Ruck (CDU/CSU):
Jawohl, ich bin gleich so weit.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU Dr. Guido
Westerwelle [FDP]: Das sollten wir mal sagen!)
Ich bin dagegen, dass man militärische und zivile
Ausgaben gegeneinander aufwiegt und ausspielt. Wir
dürfen keine Zweifel an der Sicherheit unserer Soldaten
aufkommen lassen und an ihr sparen. Das können wir
nicht verantworten. Nun wird viel Geld zur Verfügung
gestellt: 21 Milliarden Euro bis 2010. Hier muss eine
qualitative Umsetzung erfolgen. Wir sind jedenfalls jederzeit
bereit, über eine weitere Aufstockung der Haushaltsmittel
für Afghanistan zu reden.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Herr Kollege, Sie reden auf Kosten Ihrer Kolleginnen
und Kollegen.
Dr. Christian Ruck (CDU/CSU):
Ein Schlusssatz, Frau Präsidentin.
Für uns sind die Anstrengungen im militärischen Bereich
nichts anderes als die unverzichtbare Absicherung
des eigentlichen Ziels, nämlich der dauerhaften Stabilisierung
der jungen Demokratie in Afghanistan. Wir müssen
sie in die Lage versetzen, in möglichst naher Zukunft
die Aufgabe, dass die Bürger in Frieden und Freiheit leben,
zu erfüllen. Das liegt auch im vitalen deutschen Interesse.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der SPD)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort dem Kollegen Hellmut
Königshaus, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Hellmut Königshaus (FDP):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber
Kollege Trittin, Oskar Lafontaine hat noch in einem weiteren
Punkt recht: Der Kollege Dr. Schockenhoff hat
eine erfrischende Rede gehalten. Er hat insbesondere die
Probleme, die die Reibereien zwischen dem BMZ und
dem Auswärtigen Amt betreffen, sehr klar beschrieben.
Ich glaube, darin liegt in der Tat ein großes Problem.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten
der LINKEN)
Er hat außerdem gesagt, dass Sicherheit und Aufbau
zwei Seiten ein und derselben Medaille seien. Damit hat
er natürlich recht. Er hat dabei eines, glaube ich, nicht
richtig deutlich gemacht: Es sind zwar zwei Seiten ein
und derselben Medaille, aber sie stehen im Verhältnis
von Mittel zu Zweck. Wir sind dort militärisch engagiert,
weil wir aufbauen wollen, und nicht umgekehrt.
Das muss man sich vor Augen führen.
(Beifall bei der FDP)
Afghanistan braucht unsere Hilfe. Die Afghanen vertrauen
darauf, dass wir unser Versprechen halten, wenn
es um den Aufbau einer stabilen und korruptionsfreien
Verwaltung, einer funktionierenden Polizei, von Schulen
usw. geht. Das enorme Interesse, das die Afghanen an
unseren Aufbaubemühungen haben, ist schon daran zu
erkennen, dass die afghanische Botschafterin bis eben an
der Debatte teilgenommen hat und dass das afghanische
Fernsehen die Ergebnisse der Konferenz in Paris live
übertragen hat. Das zeigt, welch große Hoffnungen darauf
ruhen. Ich bin mir aber sicher, dass die Afghanen
über die im Fernsehen übertragenen Ergebnisse der
Afghanistan-Konferenz enttäuscht sind. Diese Konferenz
wäre eine gute Gelegenheit gewesen, sich mit der
Situation in Afghanistan grundsätzlich auseinanderzusetzen,
und zwar ohne die zwanghafte Verengung auf
Sicherheitsfragen. Sie hätte Anlass gegeben, sich mit der
Rolle der afghanischen Regierung näher zu befassen,
insbesondere in der Drogenwirtschaft. Diese Chance
wurde auf der Konferenz erneut vertan, obwohl sicherlich
einige Probleme im Zusammenhang mit dem Drogenanbau
festgestellt wurden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Herr Minister Steinmeier, Sie selbst haben gesagt,
dass es ein Weiter so in Afghanistan nicht geben dürfe
und dass es nun vor allem um den Aufbau gehe. Warum
zeigt sich dann aber die Bundesregierung gerade bei den
Hilfszusagen so knauserig? Wir Liberale fordern seit
langem - Herr Trittin, ich glaube, hier besteht Übereinstimmung
- eine Erhöhung der Mittel für Afghanistan,
beispielsweise durch Umschichtung. Verschiedene Seiten
haben gerade die Bedeutung dieses Landes unterstrichen.
Wir wissen sicherlich, dass Geld allein nicht die
Lösung ist; das ist klar. Aber im Vergleich zu den Leistungen,
die etwa Kanada sowohl im zivilen als auch im
militärischen Bereich erbringt, ist das, was wir leisten,
relativ gesehen viel zu gering.
Meine Damen und Herren, ich habe mir vor Ort ein
Bild von der Lage gemacht. Jeder Entwicklungshelfer,
mit dem ich gesprochen habe, hat mir erklärt, dass er sofort
mehr Geld in die laufenden Projekte einspeisen
könnte. Die Behauptung der Entwicklungsministerin,
mehr Geld könne man in dem Land nicht einsetzen, ist
schlichtweg falsch.
(Beifall bei der FDP)
Der Bedarf in dem Land ist vorhanden. Es gibt Erfolge
- sie werden ja immer wieder wie ein Mantra vorweg
getragen -, aber es gibt sie nur punktuell, es sind
nicht genug, und vor allem werden die Projekte nicht
schnell genug umgesetzt. Das Land braucht mehr Projekte,
vor allem in der Fläche, auf dem Land, dort, wo
noch nichts von Aufbau und Fortschritt zu spüren ist.
Geben wir doch die nötigen Mittel, damit der Aufbau
endlich bei den Menschen auf dem Land direkt ankommt! Nur damit tragen wir zu einer Stabilisierung der Lage bei. Es ist ja nicht so, dass wir für den Aufbau
kein Geld hätten. Es gibt genügend Geld im Haushalt.
Der Haushalt des BMZ ist der einzige, der kontinuierlich
wächst. Darüber hinaus geben wir immer noch ich
möchte das nicht wiederholen überdurchschnittlich
viel Geld in Ländern aus, die dieses Geld nicht mehr
brauchen.
(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:
So ein Quatsch!)
Hier müssen Sie kämpfen, Herr Außenminister. Wir
wissen ja, dass Sie manchmal auf dem falschen Bein
kämpfen; das konnten wir kürzlich erleben. Sie müssen
sich einmal mit Frau Wieczorek-Zeul über diese Frage
auseinandersetzen. Wenn sie gut drauf ist, lässt sie Sie
zumindest ausreden. Heute scheint sie gut drauf zu sein.
(Heiterkeit bei der FDP)
Der zivile Aufbau ist im Übrigen auch der Schlüssel
zur Drogenbekämpfung, über die wir gerade gesprochen
haben. Die Drogenwirtschaft ist ein Teil der wirtschaftlichen
Basis des Terrors. Dadurch wird nicht nur die Sicherheit
unserer Soldaten und Helfer, sondern auch der
Aufbau selbst bedroht. Die Menschen in Afghanistan haben
im Moment gar keine alternativen Einkommensmöglichkeiten. Wir müssen sie ihnen schaffen, aber mit vernünftigen Projekten, die die Strukturen berücksichtigen,
und nicht mit irgendwelchen illusionären Projekten,
für die es gar keinen Markt gibt; Stichwort Rosenöl und
Ähnliches.
Des Weiteren müssen wir dafür sorgen, dass die Polizeimission
endlich vorankommt. Hierüber haben wir
heute im Ausschuss wieder eine Auseinandersetzung erlebt.
Der Innenminister sagte, damit habe er nichts zu
tun, EUPOL sei eine Angelegenheit des Außenministers.
Egal, wer intern dafür zuständig ist: Sorgen Sie dafür,
dass das endlich vorankommt. Wir haben doch dort die
Verpflichtung übernommen.
(Beifall bei der FDP)
Anders als der Kollege Lafontaine sage ich: Wir müssen
mehr für die Sicherheit unserer Entwicklungshelfer
tun. Dafür, Herr Verteidigungsminister, brauchen wir
mehr Soldaten, gerade in der Fläche, damit sie in der Not
schnell Hilfe erhalten können. Ich bin, offen gesagt, entt
äuscht darüber, dass Sie offenbar nicht beabsichtigen,
die durch die Heraufsetzung der Mandatsobergrenze genehmigten
zusätzlichen Soldaten für diese Zwecke einzusetzen.
Das ist enttäuschend. Darüber sollten Sie noch
einmal nachdenken.
Wir dürfen uns nicht vormachen, dass, wie das oft gesagt
wird, Afghanistan schon auf dem richtigen Weg sei.
Die Bundesregierung unterliegt einem Irrtum, wenn sie
das glaubt. Sie, Herr Bundesaußenminister, haben gestern
gesagt, Sie hätten offenbar eine andere Wahrnehmung
von der Situation unserer Aufbauhelfer als ich. Da
haben Sie recht. Aber ich glaube, dass in dem Fall ich
die richtigere Auffassung habe,
(Beifall bei der FDP)
und zwar deshalb, weil ich mit den Leuten fernab der
Feldlager gesprochen habe. Sprechen Sie mit denen!
Dann werden Sie hören, dass nicht alles das, was Ihnen
vom BMZ oder vom Bundesverteidigungsministerium
mitgeteilt wird, tatsächlich die volle Wahrheit ist, die
volle Realität darstellt.
Meine Damen und Herren, auch wenn es Probleme
gibt, dürfen wir die Hoffnung nicht verlieren. Wir müssen
die afghanische Regierung in die Pflicht nehmen.
Und wir müssen etwas mehr Geld in die Hand nehmen.
Dann werden wir in Afghanistan zum Erfolg kommen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort der Kollegin Christel Riemann-Hanewinckel, SPD-Fraktion.
Christel Riemann-Hanewinckel (SPD):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich habe mich sehr gefreut, dass es der afghanischen
Botschafterin möglich war, heute zumindest einen Teil
der Debatte mitzuverfolgen. Im Rahmen eines Gesprächs, das wir gestern in der Arbeitsgruppe Menschenrechte der SPD-Bundestagsfraktion geführt haben, hat
sie sich sehr deutlich zu dem, was wir heute verhandeln,
und zum Einsatz der internationalen Schutztruppe geäußert. Darauf komme ich später zu sprechen.
Entwicklung nach kriegerischen Auseinandersetzungen
ist immer nur möglich, wenn es Hoffnung, Vertrauen
und ein Mindestmaß an Sicherheit gibt. Und eines
kommt ohne das andere nicht aus.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Deutschland hat sich wiederholt verpflichtet, Afghanistan
bei der Herstellung und bei der Wahrung von Sicherheit,
vor allem aber auch beim Aufbau des Landes zu unterst
ützen. Ohne Sicherheit ist das Wachsen von
Demokratie nicht möglich, ohne Sicherheit haben Bildung
und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen
überhaupt keine Chance, ohne Sicherheit werden Frauen
weiterhin diskriminiert und der häuslichen und traditionellen
Gewalt in Afghanistan ausgesetzt, ohne Sicherheit
bleibt die Müttersterblichkeit extrem hoch, und ohne
Sicherheit werden permanent Menschenrechte verletzt.
Erfahrungen und Erlebnisse aus 30 Jahren Krieg in
Afghanistan müssen durch die Erfahrung abgelöst werden,
dass das Zusammenleben gemeinsam zu gestalten
ist. Neben die Hoffnung auf eine gute Zukunft muss das
Erleben eines sich verändernden Gemeinwesens treten.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg.
Dr. Christian Ruck [CDU/CSU])
Es stellt sich die Frage, ob die Afghanen das nicht alleine
tun können bzw. was Deutschland dazu tun kann.
Mein erster Punkt ist, dass Deutschland durch die Beteiligung
an der ISAF-Mission einen wichtigen Beitrag für
die innere und äußere Sicherheit in Afghanistan leistet
und weiterhin leisten muss. Deutschland kann durch ein
umfassendes Engagement in der Entwicklungszusammenarbeit
zur Entwicklung der afghanischen Zivilgesellschaft
und eben auch der staatlichen Strukturen beitragen.
Mit dem Auftrag von ISAF wird ein politisches und
kein militärisches Ziel verfolgt. Vielleicht müssen wir
das ständig wiederholen, damit es die, bei denen es noch
nicht angekommen ist, endlich begreifen.
(Beifall bei der SPD)
Ich sage es noch einmal: Unsere Aufgabe lautet, Afghanistan
bei der Herstellung und Wahrung von Sicherheit
und beim Aufbau des Landes zu unterstützen. So
zwiespältig es auch sein mag - ich wiederhole es -, ohne
ein Mindestmaß an Sicherheit können wir und auch die
Nichtregierungsorganisationen in Afghanistan keine
Aufbauarbeit leisten. Das gilt auch und gerade in Zeiten,
in denen sich die Sicherheitslage verschlechtert. Die
Botschafterin sagte gestern sehr deutlich und unmissverst
ändlich in dem Gespräch: Wenn die ISAF-Truppen abziehen,
sind die Taliban in weniger als 24 Stunden da.
(Walter Kolbow [SPD]: Hört! Hört!)
Das heißt - das wissen wir eigentlich alle -, dass damit
jegliche Entwicklung, jedes Aufwachsen von Demokratie
abgeschnitten wird. Wer das nicht begreifen will,
sollte nicht immer nur mit einer Frau aus Afghanistan reden,
sondern auch mit anderen, die nicht nur das Leben
dort kennen, sondern sich auch engagieren, um die Demokratisierung
in Afghanistan voranzubringen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Wir müssen akzeptieren, dass Entwicklung und Sicherheit
in Afghanistan einander bedingen. Das sehen
auch die Nichtregierungsorganisationen so. Ich will
stellvertretend für andere an dieser Stelle medica mondiale
nennen. medica mondiale ist eine Nichtregierungsorganisation,
die sich seit vielen Jahren in unterschiedlichen
Bereichen für die Rechte von Frauen in
Afghanistan einsetzt. medica mondiale hat Erfahrungen
auch in anderen Ländern, die in einer Nachkriegssituation
dabei sind, eine Zivilgesellschaft aufzubauen
und die Rechte von Frauen zu stärken. Erst in der vergangenen
Woche hat uns eine Vertreterin dieser Organisation
berichtet, dass afghanische Frauen eindringlich
vor einem zu frühen Abzug der internationalen Schutztruppe
warnen. Ich bin schon der Meinung, dass diese
das besser wissen müssen als manche hier im Parlament.
Deshalb bin ich sehr dafür, dass wir diese Warnung der
Frauen ernst nehmen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der
CDU/CSU)
Ich möchte noch einmal die Botschafterin, Frau Professor
Dr. Maliha Zulfacar, zitieren. Sie hat gestern gesagt:
Die Entwicklung Afghanistans ist kein Projekt,
sondern ein Prozess. Wir als Mitglieder des Deutschen
Bundestags können wohl auch für das geeinte Deutschland
feststellen: Das Zusammenwachsen war und ist
kein Projekt für eine Legislaturperiode gewesen, das mit
einem einzigen Titel im Haushalt auskommt, sondern es
war und ist ein Prozess, der erhebliche Mittel gebraucht
hat und noch immer braucht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Inzwischen dauert der Prozess 18 Jahre. Ich möchte sagen,
dass wir in Deutschland vieles geschafft haben, vieles
verändert haben, und doch erfahren wir tagtäglich,
was noch zu tun ist. Ich behaupte: Es ist wesentlich
leichter und es ist schneller möglich, Straßen zu bauen
und Häuser zu sanieren, als Menschen für die Demokratie
zu begeistern und für das Mitmachen zu gewinnen.
Das sind unsere Erfahrungen in Deutschland.
Afghanistan hat Krieg und Zerstörung von Strukturen,
Land und Menschen hinter sich und hat eine junge
Generation, auf die alle setzen. Diese junge Generation
aber ist mit Gewalt groß geworden. Die jungen Menschen
müssen lernen und erfahren, dass es andere Arten
des Zusammenlebens und des gemeinsamen Aufbauens
gibt als die, mit einer Flinte in der Hand bzw. mit Gewalt
und Macht durchzusetzen, was der Einzelne oder die
Gruppe will.
Die afghanische Botschafterin hat uns um etwas gebeten.
Gebt uns Chancen! hat sie gesagt, und ich füge
hinzu: Vor allem in Zeiten, in denen es schwierig ist;
dann erst recht, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Auf der Geberkonferenz in Paris hat man sich dazu
deutlich geäußert und eine wichtige Zäsur gesetzt. Man
hat nämlich Bilanz über das gezogen, was die internationale
Gemeinschaft und auch Deutschland mit der Unterst
ützung für Afghanistan bisher erreicht haben. Man hat
vor allem aber auch deutlich gemacht, dass die internationale
Gemeinschaft und Afghanistan selbst immer
wieder zu Veränderungen bereit sein müssen; es war also
eine kritische Bilanzierung.
Es gibt enorme Herausforderungen, die die afghanische
Regierung mit unserer Unterstützung in den kommenden
Jahren zu bewältigen hat. Dazu gehören insbesondere
die Verwirklichung der Verfassung, der Aufbau
funktionierender Institutionen und die Durchsetzung von
Rechtsstaatlichkeit.
Am Beispiel der Frauen lässt sich das sehr gut deutlich
machen. Noch immer erleben mehr als 80 Prozent
der Frauen in Afghanistan Missbrauch und Gewalt.
Wenn sie häusliche Gewalt oder Zwangsverheiratung
anzeigen wollen, werden sie zum Teil von Richtern diskriminiert.
Unter Umständen verfügen sie nicht über die
notwendige Bildung, um ihre Rechte überhaupt zu kennen.
Staatliche Institutionen und Behörden setzen das
Recht, das in der Verfassung garantiert ist, nicht um.
Deshalb überlagern noch immer Gewohnheitsrechte geltendes
Recht. Leider kommt es dann oft zu massiven
Menschenrechtsverletzungen.
Deshalb ist es gut, dass auch in den Regierungsverhandlungen
zwischen Deutschland und Afghanistan
Frauenrechte und Genderfragen ein zentrales Thema waren
und die entsprechenden finanziellen Mittel bereitgestellt
wurden. Denn auch in Afghanistan ist ohne die
Frauen kein guter Staat zu machen.
Ich komme zum Schluss. Im nächsten Jahr finden in
Afghanistan die nächsten freien Wahlen statt.
Deutschland und die internationale Gemeinschaft werden auch
mit Blick darauf weiterhin zur Stabilisierung Afghanistans
beitragen. Aber die afghanische Regierung muss die
volle Verantwortung für den Aufbau ihres Landes übernehmen.
Die Regierungsverhandlungen haben gezeigt,
dass Afghanistan offensichtlich dazu bereit ist. Ich hoffe
sehr, dass wir gemeinsam mit Afghanistan zu tragfähigen
und nachhaltigen Lösungen kommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort der Kollegin Ute Koczy, Bündnis
90/Die Grünen.
Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Es geht um die Ergebnisse der Afghanistan-
Konferenz am 12. Juni. Ich sage: Aus einer solchen internationalen
Konferenz zur Unterstützung Afghanistans
hätte man mehr machen müssen. Mit einem solchen Ereignis
hätte man wirklich mehr an Ergebnissen erreichen
müssen. Die Bundesregierung hat es verpasst, zusammen
mit den anderen Gebern tatsächlich einen Kurs- und
Strategiewechsel einzuleiten. Sie hat es verpasst, dieses
Ereignis zu nutzen, um in der deutschen Bevölkerung
um Verständnis für die Widrigkeiten und Probleme bei
der Aufbauarbeit Afghanistans zu werben. Sie hat es
auch verpasst, eine ehrliche Bilanz zu ziehen.
Es waren wohl Anklänge davon zu finden - keine
Frage -, aber die Erwartungen an Paris waren hoch, und
zwar deswegen, weil die Situation in Afghanistan instabil
ist, weil sich die Sicherheitslage verschlechtert hat,
weil die Opiumproduktion gestiegen ist, weil die Wirtschaft
instabiler wird, weil die Korruption zunimmt, weil
die Hilfen unzureichend wirken, weil die Hilfen schlecht
ankommen, weil Frauenrechte zurückgedrängt werden,
weil ja, auch das viele Fehler gemacht worden sind.
Und dann das: Zu all diesen Themen eine eintägige Konferenz
mit drei Minuten Redezeit für die Präsidenten und
Minister!
Dabei war doch etwas Bemerkenswertes passiert. Von
afghanischer Seite wurde eine nationale Entwicklungsstrategie
vorgelegt. Dieser Vorschlag der afghanischen
Regierung zur künftigen Ausrichtung des Aufbaus basiert
ja auf den Millenniumsentwicklungszielen, denen
wir uns verschrieben haben und die von uns allen gesch
ätzt werden. Damit werden ja Möglichkeiten an die
Hand gegeben, Strategien zur Armutsbekämpfung zu
nutzen. Die Afghanen haben sich jetzt am Afghanistan
Compact orientiert, der ja drei Kernziele umfasst: erstens
Sicherheit, zweitens Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit
und Menschenrechte sowie drittens wirtschaftliche
und soziale Entwicklung. Die afghanische
Regierung hat in Eigenverantwortung Vorschläge vorgelegt.
Damit hat sie Verantwortung für die Gestaltung der
Zukunft übernommen. Das hätte man noch mehr würdigen
müssen; denn wenn man sich fragt, ob das denn der
Bevölkerung hier klar und deutlich gesagt worden ist
bzw. ob wenigstens darauf hingewiesen worden ist, muss
man zu dem Schluss kommen: Nein, das ist nicht geschehen.
Ich finde, da ist eine Chance verpasst worden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Lassen Sie mich nun zu den beiden Punkten wirtschaftliche
Entwicklung und Bildung etwas sagen.
Rufen wir uns ins Gedächtnis, dass Deutschland
einstmals die Führung in der Frage der wirtschaftlichen
Entwicklung übernommen hat. Insofern ist auch diese
Frage eng mit dem deutschen Engagement verknüpft. Ja,
es gibt Fortschritte. Es braucht aber zugleich einen langen
Atem; denn wir müssen erkennen, die Zielmarken,
die wir uns im Afghanistan Compact in London gesetzt
haben, waren unrealistisch bzw. zu ehrgeizig. Noch sind
nämlich über 7 Millionen Menschen in Afghanistan von
Hunger bedroht. Jetzt kommen noch drastische Preissteigerungen
hinzu. Deswegen, so sagen wir, ist die Unterstützung des Aufbaus der Landwirtschaft enorm wichtig.
Die ländliche Bevölkerung, die Männer und Frauen auf
den Dörfern müssen überleben können. Hier muss sofort
durch Not- und Übergangshilfe sowie durch Verstärkung
der ländlichen Infrastruktur geholfen werden.
Man muss wissen: Von den geschätzten 7,9 Millionen
Hektar Ackerland werden nur 2,7 Millionen Hektar bewässert. Das heißt, es gibt Möglichkeiten, man nutzt sie nur zu wenig. Gleichzeitig können nur 20 Prozent der Bevölkerung auf das öffentliche Stromnetz zugreifen.
Das alles sind Herausforderungen, denen man mit entsprechenden
Maßnahmen umgehend und massiv begegnen
müsste. Dafür braucht es noch mehr Mittel, dafür
braucht es mehr Geld.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nun zum Thema Bildung und Capacity für Frauen
und Männer. Deutschland trägt mit dazu bei, dass die
ehrgeizigen Ziele des Bildungsministeriums umgesetzt
werden. Aber zugleich ist leider festzuhalten, dass es Regionen
gibt, in denen Mädchen mit Steinen beworfen
werden, wenn sie zur Schule gehen, dass Schulgebäude
zerstört werden und dass es an weiblichen Lehrkräften
mangelt, um Mädchen und Frauen zu unterrichten.
Meine Damen und Herren, das deutsche Engagement
in Afghanistan hängt von der Glaubwürdigkeit und von
der Legitimation ab, die in der Öffentlichkeit durch den
Nachweis der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit
hergestellt wird. Ich finde, die Konferenz hätte
gute Möglichkeiten geboten, die Wirksamkeit mehr in
den Vordergrund zu stellen. Diese Chance ist verpasst
worden. Ich wage zu behaupten, dass uns dies in der anstehenden
Diskussion über die Frage, wie wir mit dem
geplanten Aufwuchs der Zahl an Soldaten umgehen sollen,
auf die Füße fallen wird.
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.
Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Schade, ich finde, man hätte mehr tun können.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Das Wort hat der Kollege Gert Winkelmeier.
Gert Winkelmeier (fraktionslos):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Nach dieser Regierungserklärung zu der Pariser Schaufensterveranstaltung
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Na, na, na!)
kann ich nur sagen: Ich habe nichts anderes erwartet.
Seit Jahren reden sich die Bundesregierungen und die
Mehrheit hier im Bundestag die sich seit 2003 massiv
verschlechternde Lage in Afghanistan schön. Ich denke
dabei beileibe nicht nur an die sogenannte Sicherheitslage.
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen,
UNDP, stellt in seinem jüngsten Bericht fest, dass in Afghanistan
als fünftärmstem Land der Welt seit 2004 ein
deutlicher Rückschritt zu verzeichnen ist: Die Lebenserwartung
ist auf 43 Jahre gesunken; über 6 Millionen
Menschen haben nicht genügend zu essen; 50 Prozent
der unter Fünfjährigen sind untergewichtig. Das ist kein
Wunder bei einem Preisanstieg von zuletzt 70 Prozent
bei Brot und Mehl. Dass 99 Prozent der Waren auf dem
Kabuler Markt Importwaren sind, kennzeichnet den katastrophalen
Zustand der heimischen Wirtschaft.
Auch auf dem Gebiet, mit dem sich der Bundesaußenminister
immer so gerne brüstet, ist kein Licht am Horizont
zu sehen. Die Alphabetisierungsrate bei Erwachsenen
ist um 5 Punkte auf 23,7 Prozent gesunken. Den
Grund dafür hat der französische Präsident während der
Pariser Konferenz genannt: Wir lassen uns nicht von
Terroristen einschüchtern. Wir bleiben so lange, bis wir
gewonnen haben. So denkt auch die Bundesregierung.
Dieser Satz zeigt zweierlei. Erstens: die völlige Realitätsverweigerung vor dem Charakter des afghanischen
Widerstandes. Wie oft muss man noch sagen, dass die
Afghanen Fremdherrschaft schon immer abgelehnt haben
und dass sie sie auch immer erfolgreich abgeschüttelt
haben?
Zweitens macht der Satz deutlich, dass die westlichen
Politiker in den Kategorien Sieg und Niederlage denken
und damit der militärischen Logik folgen, anstatt sich
um politische Lösungen zu bemühen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Deutlicher als der jüngst aus dem Amt geschiedene
ISAF-Oberbefehlshaber McNeill kann man es doch
nicht machen. Auf seiner letzten Pressekonferenz nannte
er die Zahl der Soldaten, die für eine militärische Aufstandsbek
ämpfung nötig seien: 400 000. Ähnliche Zahlen
hört man auch von russischen Generälen, die ihre eigenen
Erfahrungen gemacht haben.
Das ist doch wohl ein indirektes Signal an die Politik,
und im Klartext heißt das: Lasst euch endlich etwas Intelligenteres
einfallen, als hier noch 500 und dort noch
1 000 Soldaten in einen Krieg zu schicken, der nicht zu
gewinnen ist. Und was tut die deutsche Regierung?
Genau dieses.
Und sie tut noch etwas: Sie stellt stets mit großem
Stolz die Erfolge in ihrem Verantwortungsbereich, dem
Regionalkommando Nord, heraus. Sie verschweigt jedoch,
dass sie sich die relative Ruhe im Vergleich mit
dem Süden und Osten des Landes schlicht und einfach
erkauft. Unsere ISAF-Kommandeure haben sich mit
Warlords wie dem Gouverneur Ata in Masar-i-Scharif
arrangiert. Das pfeifen die Spatzen im Norden von den
Dächern, und das Motto lautet: Wir mischen uns nicht in
deine schmutzigen Geschäfte ein, du darfst deine Willkürherrschaft ausüben, Statthalter und Milizen einsetzen,
deine eigenen Steuern eintreiben. Dafür sorgst du dafür,
dass wir nicht allzu sehr belästigt werden.
Damit komme ich zu dem Nachwuchsjournalisten
und Studenten Pervez Kambakhsh. Dieser Fall bündelt
die tatsächliche Situation nach sieben Jahren vorgeblichen
Aufbaus rechtsstaatlicher Strukturen wie in einem
Brennglas. Er steht zugleich als Beispiel für den Gesamtzustand
des Landes, den die Bundesregierung mit
herbeigeführt hat.
Kambakhsh hat nichts anderes gemacht, als sein
Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit nach der afghanischen
Verfassung in Anspruch zu nehmen. Das ist ihn
teuer zu stehen gekommen. Unter den Augen des deutschen
Regionalkommandos in Masar-i-Scharif wurde er
im Machtbereich des Gouverneurs Ata verhaftet und
zum Tode verurteilt, weil er kritische Koraninterpretationen
aus dem Internet mit seinen Kommilitonen diskutieren
wollte. Nun wartet er seit Wochen in Haft auf die
Entscheidung des Appellationsgerichts in Kabul. Und
was tut die Bundesregierung? Sie duckt sich weg und
opfert den jungen Mann auf dem Altar der NATO-Bündnissinteressen.
(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)
Ich nenne das feige und zynisch. Sie will die Fiktion aufrechterhalten,
es gebe in Afghanistan eine unabhängige
und souveräne Regierung. Wir alle hier im Plenarsaal
wissen es besser, auch wenn es nicht alle zugeben.
Die 87 Prozent der Deutschen, die nach der jüngsten
Umfrage die Entsendung der Eingreiftruppe und die
Aufstockung des Bundeswehrkontingents ablehnen, wissen
es auch. Ich hoffe deswegen sehr auf eine rege Beteiligung
von Abgeordneten aus allen Fraktionen an den
Demonstrationen am 20. September in Stuttgart und
Berlin. Das Motto wird sein: Bundeswehr raus aus Afghanistan!
(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Bundeswehr raus! Taliban rein!)
Damit können Sie zeigen, dass Sie den Willen der Bev
ölkerung endlich ernst nehmen.
(Beifall bei der LINKEN Zuruf des Abg.
Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Genau:
Taliban rein!)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Der nächste Redner ist der Kollege Eckart von
Klaeden, CDU/CSU-Fraktion.
Eckart von Klaeden (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Bericht
des Gemeinsamen Koordinierungs- und Überwachungsrats,
der auf der Pariser Unterstützungskonferenz
für Afghanistan vorgelegt worden ist, zeigt meiner Ansicht
nach ein realistisches Bild der Entwicklung in
Afghanistan. Licht und Schatten liegen eng beieinander.
Der Bericht gibt uns die Möglichkeit, unsere Politik neu
zu justieren und eine ehrliche Bestandsaufnahme zu machen.
Sosehr wir uns davor hüten sollten, uns an den Erfolgen
besoffen zu reden, so sehr sollten wir uns von den
Misserfolgen auch nicht entmutigen lassen.
Vielleicht liegt der schwierige Teil der Arbeit in Afghanistan
noch vor uns, nämlich der, der mit dem Aufbau
der Staatlichkeit verbunden ist. Die Bestandsaufnahme
zeigt meiner Ansicht nach auch, dass Erfolg in Afghanistan
möglich ist. Der Kollege Trittin hat eben einen
Angehörigen des Bundeswehr-Verbandes mit dem
Wunsch zitiert, für den zivilen Aufbau ähnlich detaillierte
Mandate wie für den militärischen Einsatz haben
zu wollen. Man muss diesem Vertreter des Bundeswehr-
Verbandes sagen, dass so etwas nicht möglich ist, weil
der Aufbau einer Zivilgesellschaft unglaublich viel
schwieriger ist als der Bau einer Kaserne. Gerade die
Tatsache, dass solche Beschreibungen des zivilen Teils
unseres Mandats nicht möglich sind, entspricht auf einem
höheren Niveau dem altbekannten Argument, dass
sich die Lage in Afghanistan nicht allein militärisch verbessern
lässt.
Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, wo wir die
Balance zwischen Fördern und Fordern finden müssen.
Einerseits dürfen wir die afghanische Regierung mit
dem, was wir von ihr verlangen, nicht überfordern, andererseits
müssen wir unsere Förderung so justieren, dass
sie nicht zu weiterer Abhängigkeit, sondern schrittweise
zu immer mehr Unabhängigkeit, also zu der berühmten
Hilfe zur Selbsthilfe, führt. Dabei müssen wir uns selber
zugestehen, dass es nicht nur in Afghanistan, sondern
auch auf unserer Seite Defizite gibt. Für diese Defizite
kann man aber keine bestimmten Verantwortlichen benennen.
Wir lernen erst nach und nach, mit der Herausforderung,
mit der wir in Afghanistan konfrontiert sind
- mit der Aufgabe, einen Staat aufzubauen -, umzugehen.
Diese Herausforderung begegnet uns in verschiedenen
Einsätzen, bei verschiedenen Aufgaben: im Kosovo,
in Bosnien-Herzegowina, in Palästina und jetzt eben
auch in Afghanistan. Es ist aber schon ein großer Erfolg,
dass wir heute wesentlich genauer wissen, was in Afghanistan
zu tun ist. Das begründet die Hoffnung, dass Erfolg
tatsächlich möglich ist.
Was brauchen wir dafür? Wir brauchen Sicherheit,
den politischen Willen und die Führungskompetenz der
afghanischen Regierung, die Schaffung der nötigen institutionellen
Voraussetzungen, eine bessere Koordinierung
zwischen den afghanischen und den ausländischen Akteuren,
angemessene Kapazitäten sowie einen kalkulierbaren
finanziellen Mittelzufluss. Wenn wir die Geschehnisse
der letzten Monate verfolgen, so müssen wir
feststellen, dass die Entwicklung in Afghanistan auf der
Kippe steht. Von Kollegen ist die Verschlechterung der
Sicherheitslage schon angesprochen worden. Allein während
der Pariser Konferenz ist es zu 187 von ISAF registrierten
Sicherheitsvorfällen gekommen, 114 davon
waren Schusswechsel, 35 Sprengstoffanschläge, es gab
35-mal indirekten Beschuss durch Mörser und Raketen
sowie drei sonstige Vorfälle.
Die Taliban stellen zudem ihre Strategie um. Wir
haben drei spektakuläre Anschläge beobachten müssen:
einen auf das Serena-Hotel, den zweiten auf die Truppenparade
in Kabul und den dritten auf das Gefängnis in
Kandahar. Das zeigt uns, dass wir insbesondere bei dem
Aufbau der afghanischen Sicherheitseinrichtungen, also
der afghanischen Armee und der afghanischen Polizei,
unsere Bemühungen verstärken müssen. Deshalb ist es
ausdrücklich zu begrüßen, dass es jetzt zu der von
Deutschland und dem Auswärtigen Amt forcierten und
in der EU beschlossenen Verdoppelung des EUPOL-Einsatzes
in Afghanistan kommt. Defizite liegen eben auf
beiden Seiten: mangelnde Erfahrung und andere besondere
Schwierigkeiten auf der afghanischen Seite und
zum Teil zu geringer Mitteleinsatz auf unserer Seite.
Dass aber ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen
der Sicherheit in Afghanistan und der Entwicklung des
Landes besteht, kann man in großer Deutlichkeit an der
Entwicklung der Drogenökonomie im Land erkennen.
Denn dort, wo die Sicherheitslage durch den Einsatz von
ISAF und OEF sowie durch den nachfolgenden Einsatz
von afghanischer Polizei und afghanischer Armee verbessert
worden ist, ist der Drogenanbau nachhaltig zur
ückgegangen. Er konzentriert sich zunehmend auf die
Provinzen, in denen die Sicherheitslage besonders
schlecht ist. Allein diese Entwicklung straft die Linkspartei
Lügen. Wir können feststellen, dass sich die Zahl
der drogenfreien Provinzen von sechs auf 13 mehr als
verdoppelt hat.
(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: In ländlichen
Gebieten steigt sie aber!)
Das heißt, es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang
zwischen der Sicherheit auf der einen und der Entwicklung
des Landes auf der anderen Seite.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der SPD)
Wir müssen also den eingeschlagenen Weg fortsetzen.
Aber wir müssen auch die Monate nach der Sommerpause
nutzen, um aus der Pariser Konferenz und den angesprochenen
Berichten die notwendigen Konsequenzen
zu ziehen. Es ist bei Weitem nicht zu spät, aber auch
hohe Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten
der SPD)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Ich gebe das Wort der Parlamentarischen Staatssekretärin Karin Kortmann.
Karin Kortmann, Parl. Staatssekretärin bei der Bundesministerin
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Außenminister!
Sehr geehrter Herr Verteidigungsminister! Liebe Entwicklungsministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen!
Was bleibt am Ende einer Debatte zu sagen, wenn man
die vorletzte Rednerin ist und der Kopf schon voller
Zahlen, Fakten, Anschuldigungen und Belobigungen ist?
Es bleibt eine klare Perspektive: Wir alle wollen, dass
der Aufbau in Afghanistan weiterhin erfolgreich vonstatten
geht. Unsere Arbeit in den letzten sechseinhalb
Jahren ist erfolgversprechend. Rückschläge gibt es zwar
immer, aber wir alle sind von dem Willen geprägt - das
wurde auf der Pariser Konferenz deutlich -, den Afghanen
und Afghaninnen zur Seite zu stehen. Ohne sie wird
es keinen Frieden, von dem wir alle profitieren, geben.
Insofern, Herr Außenminister, kommt diese Regierungserkl
ärung zur richtigen Zeit. Ich hätte sie mir allerdings
schon letzte Woche gewünscht. Sie zeigt, welchen
großen Erfolg die Bundesregierung beim Wiederaufbau
Afghanistans verzeichnen kann. Herzlichen Dank dafür.
(Beifall bei der SPD)
Wir halten im Parlament keine Reden für uns, sondern
wir richten sie an diejenigen, die wir von unserer
Arbeit in Afghanistan überzeugen wollen. Da jetzt neue
Besuchergruppen auf der Tribüne Platz nehmen, möchte
ich gerne drei Beispiele nennen, die verdeutlichen, was
wir in Afghanistan auf dem Gebiet des zivilen Aufbaus
tun.
Als ich vor einigen Jahren das erste Mal in Afghanistan
war, habe ich eine Schule besucht. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit
zeichnet sich besonders durch ihr Know-how auf dem Gebiet der Schulprojekte
aus. Unser Schwerpunkt liegt dementsprechend auf dem
Aufbau eines Schulwesens. Bei den Schulen handelt es
sich nicht immer um Gebäude aus Stein und Holz.
Manchmal sind sie auch aus Lehm gebaut, und manchmal
findet der Unterricht sogar in Zelten statt.
Es ist wichtig, dass wir immer mehr Kinder und Jugendliche
erreichen, die aus dem Analphabetentum der
Talibanherrschaft heraus wollen und die einen großen
Bildungshunger haben. Bereits heute hat jedes fünfte
schulpflichtige Kind die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen.
Als ich das erste Mal eine solche Schule besuchte, traf
ich auf fünf Lehrerinnen, die mit einer Burka verhüllt
zusammen mit dem Schulleiter dort saßen und uns das
Schulkonzept vorstellen wollten. Als sie auf unsere Bitte
hin die Burka gelüftet haben, sahen wir, dass es sich bei
diesen Lehrerinnen um Mädchen und junge Frauen im
Alter von 14, 16 und 17 Jahren handelte. Sie sind es, die
sich für das Bildungssystem in Afghanistan engagieren.
Diese Mädchen wurden entweder von ihren Vätern
abends zu Hause unterrichtet unter der Talibanherrschaft
war es ihnen nämlich nicht möglich, zur Schule zu
gehen oder sie hatten während ihres Exils im Iran die
Möglichkeit, eine Schulausbildung zu absolvieren. Diese
jungen Frauen wir bilden weitere junge Frauen für
diese Aufgabe aus versuchen heute, in Klassen von 50,
70 oder manchmal sogar 100 Schülern Bildung zu vermitteln.
Wir sind dabei eine der führenden Nationen, die
führende Nation weltweit. Wir sind für den Aufbau von
Schulen, die Gestaltung von Entwicklungsprogrammen,
die Curricula-Entwicklung und auch für Lehrerinnenund
Lehrergehälter zuständig. Bildungsminister Atmar
sagte uns am Montag und Dienstag letzter Woche bei
den Regierungsverhandlungen, wie wichtig es ist, dass
Deutschland so frühzeitig in diesen Bereich eingestiegen
ist und heute ein Programm umsetzt, das sich weltweit
sehen lassen kann. Dazu sage ich, Herr Lafontaine: Die
Art und Weise, wie wir den zivilen Aufbau begehen,
sollten Sie beklatschen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)
Ein zweites Beispiel. Christel Hanewinckel hat davon
gesprochen, wie wichtig es ist, die Frauenförderung zu
unterstützen. Eines der hervorragendsten Projekte, die
wir ganz früh in der Entwicklungszusammenarbeit begonnen
haben, war der Aufbau eines Frauensenders namens
Radio Zora. Radio Zora hat den Frauen, die unter
der Burka verhüllt waren, wieder eine Stimme gegeben,
hat ihnen die Möglichkeit gegeben, über den Äther mitzuteilen,
was ihnen inhaltlich wichtig ist, mit welchen
Sorgen und Problemen Frauen in Afghanistan zu tun haben
von Kindererziehung, Einkaufsmöglichkeiten,
Problemen mit dem Mann bis hin dazu, dass man sich
einfach etwas vorgelesen hat, weil viele Frauen nicht
lesen können. Damit will man Frauen wieder eine
Stimme geben, ihnen ihre Rechte zurückgeben, ihnen
das Empowerment geben, dass sie vollständige Mitglieder
der Gesellschaft sind; das hat Christel Hanewinckel
eben eindrucksvoll beschrieben. Dieses Projekt zeigt
auch, dass wir mit diesen Dingen zur Unterstützung beitragen
können.
Ein drittes Beispiel ist die Wasserversorgung. Kabul
ist eine Stadt, die ursprünglich für 500 000 Einwohner
konzipiert worden ist und heute 3,5 Millionen bis
4 Millionen Einwohner hat; keiner weiß es genau, weil
die Menschen dorthin strömen, wo sie glauben, am ehesten
Hilfe zu bekommen, nämlich in den Städten. Dort
sind wir in der Wasserversorgung tätig. Dies ist schwer;
es ist nicht einfach. Wir haben Mittel bereitgestellt, damit
850 000 Menschen wieder sauberes Wasser bekommen.
Wir unterstützen sie darin, dass sie nicht an Flussläufen ihre Tiere tränken, die Wäsche waschen und
Wasser entsorgen, wodurch Keime übertragen und Gesundheitsrisiken
hervorgerufen werden.
Das sind drei Beispiele; ich könnte viele mehr nennen.
Deswegen ist es falsch, zu sagen: Das Glas ist halb
leer. Es ist vielmehr halb voll. Nach sechseinhalb Jahren
können wir eine gute Bilanz ziehen.
Ich war vor drei Wochen bei der Parlamentarischen
Versammlung der Westeuropäischen Union und habe das
Afghanistan-Konzept der Bundesregierung vorgestellt.
Man hat uns dafür gratuliert, dass Deutschland den Ansatz
hat, den Aufbau mit vier Ressorts zu gestalten mit
einem gemeinsamen Ziel, aber in getrennter Verantwortung.
Dies funktioniert, und es ist eben nicht so, Herr
Königshaus und Herr Schockenhoff, dass sich die Ministerien
gegenseitig behindern. Im Gegenteil, sie stimmen
ihre Hilfeleistungen aufeinander ab und zeigen damit
eine erfolgreiche Zusammenarbeit, die viel Aufmerksamkeit
und Lob verdient.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU)
Nach den Regierungsverhandlungen auf der Paris-
Konferenz sagten Finanzminister Ahady und Erziehungsminister
Atmar: Würden alle Staaten so aufgestellt
sein wie der deutsche, dann wären wir längst viele
Schritte weiter. Wir befinden uns in einer partnerschaftlichen
Zusammenarbeit. Deswegen war die Paris-
Konferenz so wichtig. Sie war erfolgreich. Danke, Herr
Minister! Das haben Sie klasse gemacht.
(Beifall bei der SPD)
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Erika Steinbach,
CDU/CSU-Fraktion.
Erika Steinbach (CDU/CSU):
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Wir stehen im siebten Jahr des Wiederaufbaus
von Afghanistan. Die internationale Gemeinschaft hat
seinerzeit in Afghanistan eingegriffen, um die Gewaltherrschaft
der Taliban zu beenden; wir alle erinnern uns
daran. Jahrzehnte des Krieges hatten in Afghanistan zu
unvorstellbaren Zerstörungen nicht nur an Sachen, sondern
auch an den Seelen der Menschen geführt. Das
Land war zerrüttet, ein ganzes Volk wirklich traumatisiert.
Es gab keine wirkliche Zentralgewalt mehr. Gesetze
waren absolut bedeutungslos. Zahlreiche bewaffnete
Gruppen und Splittergruppen kämpften gegeneinander.
In der alltäglichen Gewalt in Afghanistan wurden mehr
als 400 000 Kinder getötet. Mehr als 5 Millionen Menschen
- das ist ein Drittel der Bevölkerung - lebten in
riesigen Flüchtlingslagern in Pakistan und im Iran; das
muss man sich noch einmal vor Augen führen. Mit dem
Erfolg der Mudschaheddin eskalierte die Menschenrechtskrise
ein weiteres Mal. Folter und Vergewaltigungen
waren nun an der Tagesordnung.
Der Staatengemeinschaft geht es darum, den Menschen
in Afghanistan so lange zu helfen, bis sie das Land
nach ihren eigenen Maßstäben friedlich weiterentwickeln
können und die Fähigkeiten dazu im Lande entwickelt
haben. Der Staatengemeinschaft und natürlich auch
uns in Deutschland geht es nicht zuletzt darum, eine
Brutstätte des Terrorismus, von der auch unser Land bedroht
ist, dauerhaft auszuschalten.
Inwieweit war das internationale Engagement erfolgreich?
Die heutigen Debattenbeiträge haben gezeigt,
dass wir alle uns das fragen. Bei der Betrachtung der Realität gibt es nichts zu beschönigen; dieser Auffassung
bin auch ich. Die Gesellschaft für bedrohte Völker
mahnt dieser Tage an, dass Menschenrechte und Wiederaufbau
in Afghanistan noch immer in Gefahr sind. Die
deutschen Aufbauhelfer stehen vor ungeheuren Herausforderungen
und Problemen. Die neu aufgestellte afghanische
Armee und die neu aufgestellte afghanische Polizei
können derzeit noch keine eigenständige, zusätzliche
Sicherheit bieten. Das ist so; wir wissen das. Die Milizen
örtlicher Machthaber sind noch nicht alle entwaffnet und
aufgelöst. Kaum gehindert terrorisieren Kriegsfürsten
die Zivilbevölkerung; auch das ist uns bekannt. Sie entf
ühren Frauen und Mädchen. Und in Teilen der Justiz
bestimmt immer noch Willkür das Handeln.
Es gibt aber auch Positives, das zur Realität gehört.
Neben diesen Defiziten gibt es deutlich erkennbare Erfolge,
die wir nicht einfach vergessen dürfen: Anders als
vor 2001 gibt es keine systematischen Menschenrechtsverletzungen
durch afghanische Behörden mehr. Das bestätigen uns durch die Bank die internationalen Menschenrechtsorganisationen.
Auf der Habenseite ist zu verbuchen: Demokratisch legitimierte staatliche Strukturen konnten inzwischen aufgebaut werden, was ein mühsamer
Prozess war; Schulen wurden errichtet darauf ist
schon hingewiesen worden ; Millionen von Kindern gehen
heute wieder in die Schule, und zwar auch Mädchen,
für die das zuvor absolut undenkbar war; in den Art. 6
und 7 der afghanischen Verfassung von 2004 sind der
Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde
fest verankert; die afghanischen Gesetze verbieten Menschenrechtsverletzungen,
und die Pressefreiheit ist ebenfalls
in die afghanische Verfassung eingegangen.
Der wichtigste Indikator für den Fortschritt ist für
mich aber die Tatsache, dass über 5 Millionen afghanische
Flüchtlinge in ihre Heimat zurückgekehrt sind,
1 Million allein aus Deutschland, wo sie Zuflucht gesucht
hatten. Für mich gibt es keinen besseren Beleg für
das Vorhandensein von Hoffnung als die Zahl der Rückkehrwilligen
und der Zurückgekehrten.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker mahnt gerade
deshalb völlig zu Recht die Umsetzung des Afghanistan-
Paktes an. Sie sagt, für die internationale Gemeinschaft
gebe es keine vernünftige Alternative. Das ist richtig;
denn ein Rückzug von Truppen oder eine schrittweise
Verringerung der Aufbauhilfe hätte am Ende nur Chaos
und weitere schwere Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan
zur Folge.
Sie wissen es und ich weiß es auch, dass es vielen
Menschen in diesem Land am liebsten wäre, wenn
Deutschland sein Engagement in Afghanistan einstellen
würde, und zwar lieber heute als morgen. Das wäre aber
sowohl aufgrund der Menschenrechtssituation in Afghanistan
als auch aus innenpolitischen Gründen ein kardinaler
Fehler, einerseits weil eine neue Flüchtlingswelle
auch Deutschland erreichen würde und andererseits weil
- darüber muss sich jeder im Klaren sein - die Terrorbedrohung
in Deutschland und anderen Ländern dann wieder
erheblich steigen würde.
Unser gemeinsames Ziel muss sein, die Sicherheit zu
stabilisieren und die Einhaltung der Menschenrechte zu
gewährleisten. Das kann aber nur gelingen, wenn wir in
unseren Bemühungen jetzt nicht nachlassen. Wir dürfen
im wahrsten Sinne des Wortes die Flinte nicht einfach
ins Korn werfen. Die Ergebnisse der Pariser Afghanistan-
Konferenz sind ein Schritt in die richtige Richtung.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der
Kollege Detlef Dzembritzki, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Detlef Dzembritzki (SPD):
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, heute war
für die Diskussion über Afghanistan ein guter Tag im
Parlament. Denn zum ersten Mal haben wir ausführlich
und unabhängig von den Mandaten, die wir hier zu erteilen
haben, über die Politik der Bundesregierung, des Parlaments
und der internationalen Gemeinschaft gesprochen.
Das ist an sich schon ein Wert. Denn wir sollten
keine Angst vor Informationen haben, sondern alle Informationen,
die uns zur Verfügung stehen, in die
Öffentlichkeit tragen. Gerade ein Parlament ist dazu bestens
geeignet. Unsere kanadischen Kolleginnen und Kollegen
haben das mit dem Manley-Bericht und mit der offensiven
Diskussion in der Öffentlichkeit gezeigt. Statt
einer Minderheit stimmt nun eine Mehrheit der Afghanistan-
Politik der kanadischen Regierung zu. Die Regierung
hat die Unterstützung der Bevölkerung. Deswegen
sollten wir uns nicht scheuen, die Öffentlichkeit auch
über Kritisches und über Probleme zu informieren. Denn
wir sind doch nicht dort, weil es einfach ist, sondern wir
sind dort, weil wir gebraucht werden.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Deswegen finde ich diese Diskussion wichtig.
Nun haben wir im Parlament erlebt es war nicht
überraschend , dass sich die Kollegen, die bei Herrn
Lafontaine geklatscht haben, in gewisser Weise der Realität verweigern. Sie wollen nicht akzeptieren, welche
Probleme dort tatsächlich zu lösen sind. Als der Vorschlag
gemacht wurde, Oskar Lafontaine möge doch
einmal nach Afghanistan reisen, dachte ich: Einer der
großen Erfolge und der wesentliche Unterschied zum
Irak ist, dass Sie mit Linienmaschinen nach Kabul fliegen
können. Sie können ins Reisebüro gehen und einen
Flug buchen. In der Regel fliegt man über Dubai oder
Delhi. Das läuft alles nach Fahrplan; das können Sie machen.
Sie können auch innerhalb Afghanistans zum Beispiel
von Kabul nach Herat fliegen. Das alles geht mit
Maschinen, die nicht auf der schwarzen Liste stehen,
sondern seriös sind.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN]: Kann man auch Auto fahren?)
Machen Sie das doch einmal! Dann werden Sie erleben,
dass dieses Land dabei ist, gemeinsam mit der internationalen
Gemeinschaft Schwierigkeiten in den Griff
zu bekommen.
Nun ist der Kollege Trittin nicht mehr anwesend. Als
er sicherlich aufgrund der Oppositionsverpflichtung
oder des Oppositionsrituals meinte, den Außenminister
kritisieren zu müssen, fiel mir ein ehemaliger Kollege
ein, der mir immer, wenn ich versuchte, Gutmensch zu
sein, ironisch sagte: Tu nichts Gutes, dann widerfährt dir
nichts Böses. Der Außenminister hat sich nun für eine
internationale Konferenz, für eine Bestandsaufnahme,
die im Wesentlichen unseren Vorstellungen entsprach,
eingesetzt. Frau Kollegin Koczy, wir hatten dank Ihrer
Initiative vor der Konferenz in Paris die Möglichkeit,
uns zu positionieren und unsere Bedenken, aber auch unsere
Erwartungen zu formulieren.
Ich kann feststellen, dass zum Beispiel der Bericht
des Gemeinsamen Koordinierungs- und Überwachungsrates
quasi Bestandteil der Erklärung der internationalen
Konferenz zur Unterstützung Afghanistans geworden
ist, veröffentlicht im Namen der drei Kovorsitzenden,
Präsident Sarkozy, Präsident Karzai und Generalsekretär
Ban Ki-moon. Darin wird festgehalten, dass gerade im
Bereich der Gesundheitsversorgung, der Bildung und der
Infrastruktur Erfolge zu sehen sind. Aber er zeigt auch,
dass wir immer noch gewaltige Herausforderungen zu
meistern haben, insbesondere in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit
und Rechtsdurchsetzung, Effizienz des
Regierungshandelns, Entwicklung, Wachstum des Privatsektors
sowie persönliche Sicherheit aller Bürger
Afghanistans. Wir stimmen diesen überzeugenden
Schlussfolgerungen zu.
Ich finde, dass es ein beachtliches Ergebnis war, die
afghanische Regierung, aber auch die internationale Gemeinschaft
weiterhin zu verpflichten, sich diesen Herausforderungen
zu stellen. Ich halte es allerdings für
notwendig, auch diese Konferenz als Prozess zu sehen,
als einen Schritt von mehreren Schritten. Nun müssen
wir schauen, wie die Koordination und Kooperation im
internationalen Bereich mit der afghanischen Regierung
weiterhin zu verbessern ist, wie Parallelstrukturen abzubauen
sind, wie Kohärenz herzustellen ist und wie mit
einer vernünftigen Ressourcenplanung umgegangen
werden kann und muss. Auch die Diskussion über die in
Afghanistan eingesetzten 5 000 Soldaten und 400 Polizisten
könnten wir in einem völlig anderen Licht führen,
wenn wir wüssten, welcher Personalbestand und welche
materiellen Ressourcen tatsächlich notwendig sind, damit
in Afghanistan 80 000 Armeeangehörige voll einsatzf
ähig sind.
Wir wollen nicht nur wissen, was zu tun ist, damit
dort 140 000 Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stehen,
die einen ausreichenden Ausbildungsstand haben,
um Schreiben und Lesen zu vermitteln, sondern wir wollen
auch, dass dies auf der Grundlage eines noch zu
schaffenden Bildungssystems geschieht. Wir müssen uns
vornehmen, hier weiterhin für Kontinuität zu sorgen und
immer wieder zu evaluieren, was tatsächlich geschehen
ist.
Auch die heutige Diskussion hat gezeigt: Wir müssen
sicherstellen, dass die Hilfe in allen Regionen Afghanistans
ankommt. Im Augenblick ist die Situation wie folgt:
In den Regionen, in denen PRTs sind, ist das Engagement
besonders groß; die PRTs mancher Länder können
zusätzlich sogar noch zivile Hilfe leisten. Dort, wo dies
nicht so ist, werden allerdings schon wieder Reduktionen
vorgenommen.
Wenn man sich die Landkarte Afghanistans ansieht,
stellt man fest, dass es auch Regionen gibt, in denen
überhaupt nichts getan wird. Hier muss die internationale
Gemeinschaft aktiv werden, vielleicht auch im Rahmen
des nationalen Aufbau- und Entwicklungsplans. Jeder
Mann und jede Frau in Afghanistan muss spüren,
dass etwas unternommen wird und dass sich die Situation
bessert.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE
GRÜNEN)
Auch die regionale Zusammenarbeit spielt eine Rolle.
Insbesondere nach den Wahlen in Pakistan sollte man
gemeinsam mit den neuen Verantwortungsträgern, zum
Beispiel in Peschawar, überlegen, wie man abgesehen
vom militärischen Engagement, mehr Hilfe und mehr
Zusammenarbeit in dieser Region ermöglichen kann. Ich
glaube, das sind große Chancen, die wir nutzen müssen.
Denn ohne eine vernünftige regionale Zusammenarbeit
im Zweifel muss man auch versuchen, in dieser Region
mit traditionellen Strukturen für Versöhnung und
Verständigung zu sorgen wird man die friedliche Entwicklung
Afghanistans nicht sicherstellen können.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des
Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])
Man muss zur Kenntnis nehmen, dass beide Aspekte
voneinander abhängig sind.
Ich finde es gut, dass wir heute über dieses Thema
diskutieren. Unabhängig von den Mandaten sollten wir
in Zukunft, auch zur Information der Öffentlichkeit, regelm
äßig im Parlament über die Fortschritte und die Erfolge
in Afghanistan diskutieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie
bei Abgeordneten der FDP)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf
Drucksache 16/9692. Wer stimmt für diesen Entschlie-
ßungsantrag? Wer stimmt dagegen? Wer enthält
sich? Der Entschließungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über Zusatzpunkt 2.
Hier geht es um die Beschlussempfehlung des Ausschusses
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
mit dem Titel Entwicklung in Afghanistan Strategien
für eine wirkungsvolle Aufbauarbeit kohärent umsetzen
. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 16/9685, den Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/8887
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung?
Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich?
Diese Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit angenommen.
Beim Zusatzpunkt 3 geht es um die Beschlussempfehlung
des Auswärtigen Ausschusses zum Antrag der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel Staatsaufbau
in Afghanistan Pariser Konferenz zur kritischen Überpr
üfung und Kurskorrektur des Afghanistan Compacts
nutzen. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
auf Drucksache 16/9711, den Antrag der
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 16/9428
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung?
Wer stimmt dagegen? Wer enthält sich der
Stimme? Die Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit
angenommen.
Quelle: Stenografischer Bericht des Deutschen Bundestags; Plenarprotokoll 16/171
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