Merkel: "Der Kampfeinsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist notwendig" / Lafontaine: "Krieg ist kein Mittel der Politik. Ziehen Sie die Bundeswehr aus Afghanistan ab!"
Aus aktuellem Anlass: Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zum Afghanistaneinsatz und die Debatte im Bundestag (im Wortlaut)
Nach dem verheerenden Luftangriff vom 4. September auf zwei Tanklastwagen bei Kundus mit vielen Toten, darunter auch Zivilisten, haben die Fraktion der LINKEN und der GRÜNEN erwirkt, dass Bundeskanzlerin Merkel dazu eine Regierungserklärung abgibt und der Bundestag darüber debattiert. Diese Debatte fand am 8. September statt. Einen Tag später, am 9. September, wird die Friedensbewegung gegen den Krieg auf die Straße gehen; siehe: "Friedensbewegung zu Protesten im ganzen Land aufgerufen".
Wir dokumentieren diese Debatte im Folgenden. Es sprachen (in dieser Reihenfolge):
Vorläufiges Protokoll der 233. Sitzung vom 08. September 2009
Berlin, Dienstag, den 8. September 2009
Beginn: 11.00 Uhr
V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Die Sitzung ist eröffnet.
(...) Interfraktionell ist vereinbart worden, dass die heutige Tagesordnung ergänzt werden soll. (...)
Es gibt eine Vereinbarung zwischen den Fraktionen, die heutige Tagesordnung um die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zu den aktuellen Ereignissen in Afghanistan zu erweitern. (...)
Ich rufe nun den Zusatzpunkt 1 auf:
ZP 1: Abgabe einer Erklärung durch die Bundeskanzlerin zu den aktuellen Ereignissen in Afghanistan
Das Wort hat die Frau Bundeskanzlerin.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Letzte Woche Freitag hat eine der schwersten militärischen Auseinandersetzungen der Bundeswehr mit den Taliban im Rahmen des ISAF-Einsatzes in Afghanistan stattgefunden. Zahlreiche Menschen haben ihr Leben verloren. Über die Folgen, insbesondere über zivile Opfer, gibt es widersprüchliche Meldungen. Das genau zu klären, wird uns heute Morgen nicht möglich sein.
Umso mehr sage ich eines vorweg - und zwar ohne jede Umschweife -: Jeder in Afghanistan unschuldig zu Tode gekommene Mensch ist einer zu viel.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir trauern um jeden Einzelnen. Jeder unschuldig Verletzte ist einer zu viel. Wir fühlen mit ihnen und ihren Angehörigen. Unschuldig verletzte und zu Tode gekommene Menschen, auch und gerade infolge deutschen Handelns, bedauere ich zutiefst. Es ist mir wichtig, dies heute als deutsche Bundeskanzlerin vor diesem Hohen Haus und genauso dem afghanischen Volk gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Ich denke, ich sage das in Ihrer aller Namen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Afghanistan, dieses leidgeprüfte Land, hat eine bessere, eine friedlichere Zukunft verdient. Das ist unser aller Hoffnung. Wie in einem Brennglas werden in dem Vorfall vom Freitag alle grundsätzlichen Fragen sichtbar, die wir uns seit Beginn des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan immer wieder stellen müssen. Deshalb ist es richtig, und ich sage, es ist notwendig, dass wir darüber heute im Bundestag debattieren. Als deutsche Bundeskanzlerin möchte ich in diesem Hause festhalten:
Erstens. Die lückenlose Aufklärung des Vorfalls vom letzten Freitag und seiner Folgen ist für mich und die ganze Bundesregierung ein Gebot der Selbstverständlichkeit. Die Bundeswehr wird mit allen zur Verfügung stehenden Kräften genau dazu beitragen. Den Ergebnissen kann und will ich heute nicht vorgreifen. Ich stehe dafür ein, dass wir nichts beschönigen werden, aber ich stehe genauso dafür ein, dass wir Vorverurteilungen nicht akzeptieren werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage nach dem, was ich in den letzten Tagen erlebt habe, ganz deutlich: Ich verbitte mir das, und zwar von wem auch immer, im Inland genauso wie im Ausland.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Genau darüber habe ich auch mit dem NATO-Generalsekretär Rasmussen gesprochen, und zwar sehr unmissverständlich. Eine umfassende Bewertung des Angriffs und seiner Folgen ist mir, ist dem Bundesminister der Verteidigung, ist der Bundesregierung insgesamt absolut wichtig. Auf der Grundlage aller Fakten wird sie erfolgen: offen und nachvollziehbar.
Zweitens. Der Kampfeinsatz der Bundeswehr zusammen mit unseren Partnern im Nordatlantischen Bündnis in Afghanistan ist notwendig. Er trägt dazu bei, die internationale Sicherheit, den weltweiten Frieden und Leib und Leben der Menschen hier in Deutschland vor dem Übel des internationalen Terrorismus zu schützen. Das stand am Anfang dieses Einsatzes, und das gilt bis heute. Das ist unsere Überzeugung. Das fand und findet die Zustimmung der afghanischen Regierung, und wir wissen, wie viele einfache Afghanen uns immer wieder bitten, sie im Kampf gegen die Taliban nicht allein zu lassen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Drittens. Die zweite Präsidentschaftswahl in Afghanistan markiert den Beginn einer neuen Qualitätsstufe in den Beziehungen zwischen der internationalen Staatengemeinschaft und dem Staat Afghanistan. Es stehen Entscheidungen über neue Schritte an, Entscheidungen, die getroffen werden müssen, und zwar auch, wenn es den Vorfall vom Freitag nicht gegeben hätte. Mit der zweiten Präsidentschaftswahl muss für die Autoritäten in Afghanistan der Beginn der Übernahme eigener Verantwortung in einer neuen Qualität verbunden sein.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Sehr richtig!)
Ich bin mit Staatspräsident Sarkozy und Premierminister Brown der Auffassung, dass jetzt, nach der zweiten Präsidentschaftswahl, der richtige Moment ist, um gemeinsam mit der neuen afghanischen Führung am Ende dieses Jahres festzulegen, wie diese Verantwortungsübernahme messbar geschehen kann. Wir schlagen deshalb dem Generalsekretär der Vereinten Nationen vor, noch in diesem Jahr eine Konferenz einzuberufen, bei der über Stand und Perspektiven der zukünftigen Afghanistan-Politik zu befinden sein wird. Ich erwarte auf dieser Konferenz Zielvorgaben zum politischen und wirtschaftlichen Aufbau des Landes. Dabei wird die Konferenz klarzustellen haben, dass und wie die afghanischen Verantwortlichen alles in ihrer Macht Stehende tun müssen, um Kriminalität, Korruption und Drogenhandel zu unterbinden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP - Zuruf von der LINKEN)
Die Konferenz wird außerdem weitere klar umrissene Zielgrößen festzulegen haben, die die nächste afghanische Regierung auf gute Regierungsführung, auf Rechtsstaatlichkeit und auf die Einhaltung der Menschenrechte verpflichten. Vor allem aber muss die Konferenz Zielvorgaben zur Zahl und Qualität der auszubildenden afghanischen Sicherheitskräfte machen einschließlich klarer Zeitvorgaben, in denen dies zu geschehen hat. Die Konferenz wird festzuhalten haben, welches der beste Weg ist, um unser Engagement gerade auch den lokalen und regionalen Gegebenheiten des Landes anzupassen und die jeweiligen Machthaber vor Ort auf die gemeinsamen Ziele verlässlich zu verpflichten.
Mit anderen Worten: Mit dieser Konferenz geht es Frankreich, Großbritannien und Deutschland darum, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir entschlossen eine international abgestimmte Übergabestrategie in Verantwortung entwickeln können. Denn unser übergeordnetes politisches Ziel ist und bleibt ein Afghanistan, das selbst für seine Sicherheit sorgen kann, ein Afghanistan, das wirksam verhindert, dass seine Regionen erneut Heimstatt des internationalen Terrorismus werden können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Innerhalb der nächsten fünf Jahre - das ist die Laufzeit des nächsten AfghanistanCompact - müssen hier substanzielle, qualitative Fortschritte erzielt werden, die es den internationalen Truppen Schritt für Schritt ermöglichen, sich mehr und mehr zurückzuziehen. Das meine ich, wenn ich von einer "Übergabestrategie in Verantwortung" spreche. Diese Worte sind miteinander verbunden: Übergabestrategie in Verantwortung. Damit erreichen wir unser Ziel.
Viertens. Unser Engagement in Afghanistan war von Anfang an auf das Miteinander von wirtschaftlicher Entwicklung und Sicherheit ausgerichtet. Das eine - so unsere Überzeugung - funktioniert ohne das andere nicht. Beides muss ineinandergreifen. Deshalb beteiligt sich die Bundesregierung mit erheblichen Mitteln an Aufbau- und Entwicklungsprojekten: von der Infrastruktur über Bildungsprogramme bis hin zu Ausbildungsmaßnahmen für die Polizei. Es ist weitgehend auf das beharrliche Engagement der Bundesregierung und auch des Deutschen Bundestages zurückzuführen, dass nunmehr alle unsere Partner, auch alle in der NATO, von diesem Ansatz überzeugt sind. Wurde die Bundeswehr in der Vergangenheit oft als Brunnenbauer verspottet, so ist die Politik der vernetzten Sicherheit heute Konsens unter den Verbündeten. Das ist ein nachhaltiger Erfolg deutscher Afghanistan-Politik.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Dafür danke ich allen, die daran mitgewirkt haben. Ich danke allen in der Bundesregierung: dem Außenminister, der Entwicklungsministerin, natürlich dem Verteidigungsminister und dem Innenminister. Nur auf dieser Basis konnte die internationale Gemeinschaft in diesem Sommer wirksam Unterstützung leisten, damit die zweiten Präsidentschaftswahlen abgehalten werden konnten. Die Menschen in Afghanistan haben unter teils schwierigen Bedingungen ihre Stimme abgegeben. Sie haben damit großen Mut bewiesen, und sie haben ein Bekenntnis für Frieden, Einheit und Demokratie abgelegt. Ihnen gehört unser Respekt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir verschließen dabei vor den Unzulänglichkeiten im Umfeld der Wahlen nicht die Augen. Die Überprüfung durch die Wahlbeschwerdekommission ist außerordentlich wichtig. Aber dass es - im Unterschied zu vielen anderen Staaten - eine solche Instanz gibt, zeigt den demokratischen Fortschritt, den wir in Afghanistan schon sehen können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP - Zuruf von der LINKEN)
Fünftens. Von Beginn an haben wir uns mit unseren Partnern dafür eingesetzt, dass die Region über Afghanistan hinaus in Lösungsansätze einbezogen wird. So hat der Bundesaußenminister einen solchen Prozess mit Begegnungen der afghanischen und der pakistanischen Regierung bereits frühzeitig eingeleitet. Er ist nunmehr auch Teil der internationalen Strategie geworden.
Sechstens. Unser Weg zur Erreichung unserer Ziele ist und bleibt vor allem anderen der Weg des gegenseitigen Vertrauens: des Vertrauens zwischen den Afghanen und den Bündnistruppen, des Vertrauens zwischen der afghanischen Regierung und den befreundeten Ländern der internationalen Staatengemeinschaft und eines immer stärker werdenden Vertrauens der Afghanen in ihre eigene Fähigkeit, ihre Zukunft wieder vollständig in die eigene Hand zu nehmen. Ebenso zentral gehört dazu für mich das Vertrauen der Menschen hier in Deutschland darin, dass die Regierung und das Parlament alles unternehmen, was für die Sicherheit des Landes notwendig ist, und zwar mit größtmöglicher Sorgfalt, unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit und beständiger Überprüfung, ob der gewählte Weg der richtige ist.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich sagte es zu Beginn: Wie in einem Brennglas werden in den Folgen des Luftangriffs vom letzten Freitag alle grundsätzlichen Fragen sichtbar, die wir im Zusammenhang mit unserem Einsatz in Afghanistan zu beantworten haben. Ich gehe noch einen Schritt weiter: Wie in einem Brennglas werden uns die drei Grundprinzipien vor Augen geführt, die die deutsche Außenpolitik seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland leiten:
Deutschland ist dem Dienst für den Frieden in der Welt verpflichtet; so steht es in der Präambel unseres Grundgesetzes.
(Frank Spieth (DIE LINKE): Ja, im Grundgesetz steht das!)
Deutschland ist eine wehrhafte Demokratie; wir schützen unsere Bürger, ihr Leben und ihre Unversehrtheit mit den zu Gebote stehenden rechtsstaatlichen Mitteln.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deutschland steht in dieser Welt in festen Bündnissen und Partnerschaften; deutsche Sonderwege sind grundsätzlich keine Alternative deutscher Außenpolitik.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Es ist Aufgabe jeder politischen Führung, diese drei Prinzipien in der konkreten geschichtlichen Wirklichkeit immer wieder neu zur Geltung zu bringen. Das gehört mit zu den schwersten Aufgaben. Denn letztlich geht es um den Schutz von Leben
(Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE): Gerade Sie sprechen vom "Schutz von Leben"? Interessant!)
und bei den Aufträgen der Bundeswehr auch um den Einsatz von Leben. Niemand täusche sich: Die Folgen von Nichthandeln werden uns genauso zugerechnet wie die Folgen von Handeln.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Das sollte jeder bedenken, der ein Zurseitetreten Deutschlands bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus auch und gerade in Afghanistan fordert.
Wir dürfen nie die Umstände vergessen, die die Bundesregierung unter der Führung meines Amtsvorgängers und unter meiner Führung bis heute zum Afghanistan-Einsatz bewogen haben: das von den Taliban und al-Qaida beherrschte Afghanistan,
(Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE): Die sind doch immer noch da!)
das die Brutstätte des Terrors vom 11. September 2001 war. Am Freitag jähren sich die Anschläge zum achten Mal. Dem 11. September 2001 folgten weitere verheerende Anschläge auch in Europa, in Madrid und London.
Auch Deutschland - das wissen wir - ist im Visier. Die Vorhaben der Sauerland-Gruppe wurden glücklicherweise vereitelt; sie hätten verheerende Folgen haben können. Die Ausbildung dieser Attentäter erfolgte in Afghanistan. Deshalb sollte niemand die Ursachen verwechseln: Der Afghanistan-Einsatz ist unsere Reaktion auf den Terror - er ist von dort gekommen - und nicht umgekehrt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Einsatz der Bundeswehr war und ist im dringenden Interesse der Sicherheit unseres Landes. Er beruht auf Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Die Entsendung unserer Soldaten ist seit Anfang 2002 von jeder Bundesregierung verantwortet worden. Die jährlichen Anpassungen und Verlängerungen haben jeweils eine breite Unterstützung im Parlament erhalten. Das ist nicht zuletzt im Interesse unserer Soldatinnen und Soldaten ausgesprochen wichtig. Ich danke ausdrücklich allen, die - auch aus der Opposition heraus - bei diesen Entscheidungen Verantwortung übernommen haben. Unsere Soldatinnen und Soldaten riskieren bei diesem Einsatz ihr Leben. Dafür haben wir ihnen zu danken, genauso wie wir unseren Polizisten und zivilen Aufbauhelfern für ihren Einsatz zu großem Dank verpflichtet sind.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident, meine Damen und Herren, das Handeln Deutschlands auf der Basis der drei Grundprinzipien deutscher Außenpolitik eröffnet die Möglichkeit, dass Afghanistan ein stabiler, selbstständiger Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wird und keine Verbündeten mehr im eigenen Land braucht. Das ist eine der schwierigsten internationalen Herausforderungen unserer Zeit. Sie zu meistern, ist mein Ziel und das Ziel der Bundesregierung. Dafür arbeitet die Bundesregierung, und dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung, auch in der Zukunft.
Herzlichen Dank.
(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU - Beifall bei der SPD und der FDP)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Die nachfolgende Aussprache soll nach einer Vereinbarung unter den Fraktionen eine Stunde dauern. Ich will der guten Ordnung halber auch hierzu förmlich Einvernehmen feststellen. - Das ist offenkundig der Fall.
Erster Redner in der Aussprache ist der Kollege Dr. Guido Westerwelle für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, die Tatsache, dass Sie eine Regierungserklärung angesetzt haben, aber auch der überzeugende Inhalt dieser Regierungserklärung wird von den Freien Demokraten nachdrücklich unterstützt.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir gehen davon aus, dass diese Regierungserklärung eine Regierungserklärung der gesamten Regierung gewesen ist. Wir gehen davon aus, dass sich diejenigen - 80 Prozent, 90 Prozent in diesem Hohen Hause -, die den Afghanistan-Einsatz mit der Abgabe ihrer persönlichen Stimme beschlossen haben, hier jetzt keinen schlanken Fuß machen. Ich glaube, dass diejenigen, die den Afghanistan-Einsatz überparteilich mit beschlossen haben, sich hinter dieser Regierungserklärung versammeln können. Hier haben Sie für Deutschland gesprochen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD - Widerspruch bei Abgeordneten der LINKEN)
- Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil Sie dazwischenrufen, will ich Ihnen Folgendes sagen: Ich akzeptiere und respektiere, dass Sie eine andere Haltung haben. Ich hoffe aber eines: dass die Debatte im Anschluss an diese Regierungserklärung keine Fortsetzung des Wahlkampfes in diesem Hause wird.
(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hier geht es nicht um Parteien, hier geht es um unser Land; das ist es, worüber wir in dieser Stunde debattieren sollten.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So eine Schleimerei!)
Deswegen, Frau Bundeskanzlerin, möchte ich mit Nachdruck begrüßen, dass Sie Worte des Mitgefühls und der Trauer gesprochen haben. Sie haben diese Worte für Deutschland gewählt. Das ist aus unserer Sicht, aus Sicht der Freien Demokraten, richtig, angemessen, notwendig und überfällig gewesen, damit nicht der Eindruck erweckt wird, die Fakten zu allem seien schon bekannt und wir könnten abschließend urteilen.
Es ist richtig: Wenn Fehler gemacht worden sind, müssen wir als ganzes Land die Verantwortung dafür übernehmen. Richtig ist aber auch: Wenn man die Fakten noch nicht kennt, wäre es falsch, eine Vorverurteilung vorzunehmen. Deswegen - dieses kritische Wort gehört dazu - ist es nicht in Ordnung, dass vor dieser Debatte, vor dieser Regierungserklärung eine Informationspolitik stattgefunden hat, die mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung beigetragen hat. Die Regierungserklärung, die Sie abgegeben haben, war auch deswegen überzeugend, weil Sie gar nicht den Versuch unternommen haben, zu behaupten, alles sei schon aufgeklärt. Es wäre gut, wenn alle Kabinettsmitglieder vorher so gehandelt hätten.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Meine Damen und Herren, ich denke, es ist richtig und wichtig, dass wir alle, die wir diesem Einsatz zugestimmt haben, die Verantwortung nicht abgegeben haben.
(Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Nicht alle!)
- Das ist wahr. Mit "wir" meine ich uns, die wir diesem Einsatz zugestimmt haben. Es ist hinreichend bekannt, dass Sie eine andere Haltung einnehmen. Das ist ja auch Ihr gutes Recht. - Wir alle, die wir diesem Einsatz ja auch aus der Opposition heraus zugestimmt haben, haben von Anfang an die Überzeugung gehabt, dass dieser Einsatz so schnell wie möglich beendet werden soll. Niemand schickt doch leichtfertig Soldaten in ein anderes Land, niemand schickt leichtfertig Soldaten nach Afghanistan. Jeder, der diesen Beschluss gefasst hat, möchte, dass unsere Frauen und Männer so schnell wie möglich gesund zurückkehren.
Niemand tut das leichten Herzens. Wir tun das, um die Sicherheit unseres eigenen Landes, der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, in Mitteleuropa, zu gewährleisten und zu verbessern. Zuallererst deswegen sind wir in Afghanistan. Es geht um die Freiheit und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
Deswegen ist es auch richtig, dass wir gemeinsam dem Ziel verpflichtet bleiben, so schnell wie möglich aus Afghanistan rauszugehen. Das Ganze kann aber weder kopflos noch überstürzt stattfinden; denn wenn wir jetzt überstürzt und kopflos abziehen würden, dann wäre Afghanistan am nächsten Tag wieder das Rückzugsgebiet der Terroristen in der ganzen Welt. Das kann niemand ernsthaft verantworten.
Denjenigen, die es sich heute leicht machen, weil sie an den Wahltag denken, möchte ich zurufen: Bedenken Sie bitte auch, welche Diskussion es in diesem Lande gäbe, wenn wir als Vertreter des Volkes, wissend, welche Gefahr es für unser Volk gibt, so tun würden, als gäbe es diese Gefahr nicht. Wenn etwas passiert, dann findet plötzlich eine ganz andere Diskussion statt. Unsere Aufgabe ist es, zu verhindern, dass etwas passiert.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen möchte ich auch nachdrücklich darauf aufmerksam machen, dass die Idee, man könne den zivilen Aufbau von dem militärischen Schutz trennen, nicht umgesetzt werden kann. Es würde kein einziges Krankenhaus in Afghanistan gebaut, es würde kein Brunnen gebohrt, es gäbe keine einzige Ärztin, die zum Beispiel Kinder impft, und es gäbe keine Lehrerin, die unterrichtet, wenn keine Frauen und Männer der Bundeswehr dort wären, die mit ihrem Leib und Leben dafür geradestehen, dass diese großartige zivile Aufbauleistung überhaupt stattfinden kann.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Frau Bundeskanzlerin, es ist gleichwohl notwendig, dass wir feststellen: Wenn wir das Konzept der selbsttragenden Sicherheit im Bündnis durchsetzen wollen, dann müssen wir auch unseren Verpflichtungen, die wir international übernommen haben, nachkommen. Wir kritisieren seit längerer Zeit, dass der Aufbau der Polizeischulung nicht in dem Umfang von uns wahrgenommen wird, wie wir uns international dazu verpflichtet haben.
(Beifall bei der FDP)
Wenn wir raus aus Afghanistan wollen, ohne dass der Terrorismus dort sofort wieder die Überhand gewinnt, dann müssen wir dafür sorgen, dass es dort eigene staatliche Hoheits- und Sicherheitsstrukturen gibt. Deswegen ist der Polizeiaufbau, die Schulung der Polizei, in Afghanistan von ganz besonderer Bedeutung. Dass derzeit lediglich 43 Polizeivollzugsbeamte dort wirken - das ist weniger als die Hälfte der Anzahl, die wir im Rahmen einer internationalen Verpflichtung bereitstellen wollten -, ist und bleibt ein Defizit, das wir uns hier gemeinsam ansehen müssen.
(Thomas Oppermann (SPD): Das liegt an Bayern!)
Ich denke, wir, die wir Verantwortung tragen, und zwar alle, ob Regierung oder Opposition, müssen diesem Thema, dem Aufbau der eigenen Staats- und Sicherheitsstrukturen in Afghanistan, mehr Nachdruck verleihen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist ein tragischer, furchtbarer Freitag gewesen, bei dem wir alle noch nicht wissen, wie viele Opfer tatsächlich ums Leben gekommen sind. Wir wissen auch noch nicht, wer wirklich welche Verantwortung trägt. Aber eines möchte ich hier doch feststellen. Man kann es sich nicht so einfach machen, zu sagen: "Das war die Bundeswehr", und das ist es dann auch gewesen. Ich bitte, zu berücksichtigen, was in Deutschland losgewesen wäre, wenn diese beiden Tanklaster für einen Anschlag gegen uns, unsere Verbündeten und unsere Bundeswehr tatsächlich zum Einsatz gebracht worden wären. Auch das muss, denke ich, in der Abwägung im Rahmen einer wirklich sachlichen Bewertung angesprochen werden, und auch darauf möchte ich nachdrücklich aufmerksam machen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen hoffe ich von ganzem Herzen, dass eines nicht passiert: dass unsere politische Auseinandersetzung, die naturgemäß drei Wochen vor einer Bundestagwahl verschärft ist, dazu führt, dass man sich mit kleiner Münze einen Wahlkampf auf dem Rücken der Frauen und Männer der Bundeswehr leistet. Sie leisten einen großartigen Einsatz, und dafür möchte ich mich an dieser Stelle bedanken.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
Ich möchte jedenfalls für die stärkste Oppositionsfraktion in diesem Hause nachdrücklich unterstreichen, dass wir uns mit dieser Linie einverstanden erklären und dass wir sie unterstützen und kritisch begleiten werden. Aber ich bleibe dabei: Das ist eine Angelegenheit, die nicht zwischen Parteien im Wahlkampf besprochen werden sollte. Das ist kein Wahlkampfmanöver. Hier geht es um unser Land; hier geht es darum, wie wir mit unserem Land in der Welt dastehen. Es geht in Wahrheit um unsere Sicherheit, unsere Freiheit und unseren Frieden.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier.
(Beifall bei der SPD)
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des Auswärtigen:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch wissen wir nicht genau, wie viele Menschen bei dem Luftangriff am vergangenen Freitag in Afghanistan ums Leben gekommen sind. Noch wissen wir nicht, wie viele Zivilisten unter den Opfern waren. Aber eines wissen wir: Dieser Luftangriff war nicht irgendein bedauerlicher Zwischenfall, und wir können nach diesem Ereignis natürlich nicht ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen. Dieser Freitagmorgen hat - ob wir das wollen oder nicht - ein Schlaglicht auf unseren Afghanistan-Einsatz geworfen und ihn neu ins Rampenlicht gerückt. Natürlich gibt es - das verstehe ich - darüber eine öffentliche Diskussion. Ich verstehe auch, dass Diskussionen nicht nur bei uns, sondern auch im europäischen und außereuropäischen Ausland geführt werden.
Eines allerdings verstehe ich nicht - das können wir auch nicht so lassen -, nämlich dass, bevor die Untersuchungen abgeschlossen sind, Vorverurteilungen, auch im Ausland, stattfinden. Deshalb habe ich seit dem vergangenen Wochenende mit vielen europäischen Außenministern telefoniert und ihnen gesagt: Ihr müsst bitte genauso abwarten wie wir, bis öffentlich beurteilt werden kann, ob der Einsatz gerechtfertigt war oder nicht.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Ich habe aber nicht nur mit den europäischen Kollegen telefoniert, sondern vor allen Dingen vorgestern auch mit meinem afghanischen Kollegen, Herrn Spanta. Ich habe ihm im Namen der Bundesregierung das Mitgefühl für die möglicherweise unschuldigen Opfer zum Ausdruck gebracht, die es gegeben hat. Vor allen Dingen habe ich ihm versichert, dass es bei unserer Philosophie und unserem Verständnis des Einsatzes bleibt.
Niemand hier im Saal war so naiv, zu glauben, dass der Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan nur mit militärischen Mitteln zu gewinnen sei. Weit vor anderen haben wir gesagt, dass wir in Afghanistan nur dann miteinander Erfolg haben werden, wenn wir diesem in 30 Jahren Krieg und Bürgerkrieg geschundenen Volk helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Wir haben immer gesagt - dabei bleibt es -: Wenn es notwendig ist, gegen terroristische Kräfte vorzugehen, dann müssen dabei zivile Opfer vermieden werden. Das war unsere Politik in allen Gremien der NATO. Ich freue mich, dass wir uns damit durchgesetzt haben. Aber ich weiß auch: Wie immer die Untersuchung ausgeht, die im Augenblick stattfindet, einfacher wird es insgesamt natürlich nicht. Ich sehe das ja im Augenblick auf den Straßen. Es gibt viele, die unterwegs sind und nach den ganz einfachen Antworten suchen. Es werden Schilder mit der Aufschrift "Sofort raus aus Afghanistan" hochgehalten. Menschlich kann man das noch nachvollziehen. Das ist unangenehm. Das ist quälend. Es geht nicht schnell genug; es ist gefährlich. Aber ich sage auch: So menschlich verständlich es ist, dass man sich von Aufgaben, die unangenehm sind, trennen möchte, möglichst nichts damit zu tun haben will, so ist das gleichzeitig unpolitisch und unhistorisch und deshalb nicht zu verantworten.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Viele, die so tun, als gäbe es eine einfache Antwort, haben aus meiner Sicht ein paar Dinge vergessen, nämlich dass das Nein zum Irakkrieg und das Ja zu unserem Afghanistan-Engagement zusammengehören
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
und dass am Anfang etwas war - das dürfen wir in einer solchen Debatte nicht einfach zynisch übergehen -: 3 000 Opfer bei den Anschlägen in New York am 11. September. Ich habe in guter Erinnerung - weil ich damals Verantwortung getragen habe -
(Zuruf von der LINKEN)
- hören Sie einen Augenblick zu, bevor Sie zynisch darauf antworten! -,
(Zuruf von der LINKEN: Nicht zynisch!)
in welchem Zustand dieses Land war, als sich nach den Anschlägen in New York in schneller Reihenfolge die Anschläge auf Djerba und Bali sowie in Casablanca wiederholten, darunter immer deutsche Opfer. Ich habe in guter Erinnerung, als die Anschläge näher kamen, nach Madrid und London. Ich weiß, dass die Angst in diesem Land davor ehrlich war, dass die terroristische Gefahr nicht nur besteht, sondern dass Terroristen auch hier in Deutschland zuschlagen könnten. Deshalb haben wir uns engagiert. Vielleicht haben wir nicht zu jeder Zeit in Afghanistan alles richtig gemacht. Das will ich auch gar nicht behaupten. Aber niemand war so naiv, zu glauben, dass wir dort nur mit militärischen Mitteln agieren könnten. Immer haben wir uns auf den Wiederaufbau konzentriert, weit vor anderen. Immer haben wir gesagt: Wir müssen diesem geschundenen Volk auf die Beine helfen. Und immer haben wir gesagt: Wir werden am Ende gemeinsam mit der afghanischen Regierung nur gewinnen, wenn wir die Herzen der Afghanen gewinnen. Insofern ziehe ich für mich noch immer die Zwischenbilanz: Wir sind in unser Engagement in Afghanistan nicht kopflos hineingestolpert. Weil das so ist, dürfen wir dort auch nicht einfach kopflos hinaus. Das geht nicht. Das ist nicht zu verantworten.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn ich sage: "Wir können da nicht einfach kopflos raus", dann heißt das natürlich nicht - Herr Westerwelle, hier haben Sie völlig recht -, dass die Aufgabe der Bundeswehr in Afghanistan eine Daueraufgabe ist oder sogar zu einer Daueraufgabe werden soll. Die Bundeswehr ist zusammen mit den anderen europäischen Truppenverbänden, die dort sind, keine Besatzungsarmee. Deshalb sind wir nicht für die Ewigkeit da. Ich sage Ihnen hier das, was ich schon vor diesen Ereignissen von Donnerstagnacht auf Freitagnacht und zur Wahl in Afghanistan gesagt habe, nämlich dass die Wahl eines neuen Präsidenten in Afghanistan ein Einschnitt sein muss. Ein schlichtes "Weiter so" kann es danach nicht geben. Was wir dann von dem gewählten und im Amt befindlichen afghanischen Präsidenten brauchen, ist eine klare Ansage, wie wir in welchen Schritten und in welchen Zeitabständen zu mehr afghanischer Eigenverantwortung kommen. Im Kern geht es doch immer darum, dass die Afghanen selbst Sicherheit im Land garantieren. Dazu gehört ganz zuvörderst aus meiner Sicht, Herr Schäuble, die Festlegung der endgültigen Stärke der afghanischen Polizei ebenso wie die Festlegung der endgültigen Stärke der afghanischen Armee. Darüber haben wir noch keine Vereinbarung mit der afghanischen Regierung. Das muss vereinbart werden, und das steht jetzt an.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dazu gehören auch die Festlegung von Ausbildungsstandards für die afghanische Armee und die afghanische Polizei, die Festlegung von Ausrüstungsstandards und natürlich auch - Herr Westerwelle, Sie haben das in Bezug auf die Polizei angesprochen; die Polizisten, die Sie genannt haben, sind nur die, die im europäischen Rahmen im Einsatz sind; dazu kommen die, die wir im bilateralen Polizeiausbildungsprojekt haben, aber im Kern haben Sie recht - klare Verantwortlichkeiten innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft, damit klar ist, wer für was zuständig ist und Verantwortung trägt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Der geeignete Ort, das alles zu verabreden und dafür klare Vereinbarungen mit dem neuen afghanischen Präsidenten zu machen, ist der AfghanCompact. Der steht jetzt zur Neuverhandlung an. Wir müssen in diesem AfghanCompact - das ist mein Ziel - klare Perspektiven für die schrittweise Übergabe unserer Aufgaben in afghanische Hände festlegen. Für dieses Vorgehen werbe ich seit Wochen. Ich darf Ihnen sagen: Es gibt wachsende Unterstützung, jedenfalls der europäischen Kollegen, für dieses Vorgehen. Das ist aus meiner Sicht der einzige, aber, wie ich finde, ehrlicher und verantwortlicher Weg, um eine Perspektive in Hinsicht auf Dauer und Qualität unseres Einsatzes in Afghanistan zu gewinnen und damit eben auch eine Perspektive für die Reduzierung deutscher Truppen in Afghanistan zu gewinnen, eine Perspektive, von der ich sage, dass sie mit klaren Zeitangaben unterlegt werden muss. Meine Bitte an alle, außerhalb und innerhalb dieses Parlamentes, ist: Lassen Sie uns bitte der Öffentlichkeit nicht vormachen, es gäbe einen anderen Weg.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Ich erinnere mich - damit komme ich zum Schluss - noch an meinen letzten Besuch in Afghanistan. 24 Stunden nach einem Angriff auf eine Patrouille, bei dem zwei seiner Kameraden ums Leben gekommen sind, habe ich mit einem jungen Soldaten gesprochen. Ich habe länger mit ihm gesprochen, und er hat mir am Ende des Gesprächs gesagt: Herr Außenminister, seien Sie sicher, wir wissen, warum wir hier sind; wir werden dieses Land nicht in der Steinzeit zurücklassen.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Wir hier zu Hause, finde ich, dürfen nicht weniger verantwortlich reden als dieser deutsche Soldat in Afghanistan.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Nächster Redner ist der Kollege Oskar Lafontaine, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Oskar Lafontaine (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bundeskanzlerin hat noch einmal den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan mit dem Argument gerechtfertigt, dieser Einsatz diene der internationalen Sicherheit, er diene dem Frieden und er diene der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Für meine Fraktion möchte ich die gegenteilige Schlussfolgerung ziehen: Wir fordern den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan, weil wir der festen Überzeugung sind, dass der Einsatz der Bundeswehr nicht der internationalen Sicherheit dient, nicht dem Frieden und er auch nicht geeignet ist, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
In der Kürze der Zeit kann ich nur wenige Argumente aufgreifen. Ein klassisches Argument, das immer wieder ins Feld geführt wird, ist das Argument, ein deutscher Sonderweg sei zu vermeiden; die Bundeskanzlerin hat es ebenfalls wieder ins Feld geführt. Wäre dieses Argument zutreffend, meine Damen und Herren, dann hätten wir uns auch am Irakkrieg beteiligen müssen, dann wäre hier der deutsche Sonderweg im Hinblick auf unsere internationalen Interessen nicht gerechtfertigt gewesen.
(Thomas Oppermann (SPD): Völlig absurd!)
Sie haben dies als CDU-Vorsitzende damals auch so gesehen. Wäre das Argument des unzulässigen deutschen Sonderweges richtig, dann hätten die Kanadier völlig falsch entschieden, als sie jetzt schon ein Abzugsdatum festgesetzt haben. Warum haben wir nicht zumindest den Mut, uns so zu entscheiden wie die Kanadier?
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Es ist interessant, dass Sie die zivile Komponente heute wieder betont haben. Das ist im Moment leider völlig unglaubwürdig; denn in den letzten Monaten ist das krasse Gegenteil geschehen: Es ist nicht die zivile Komponente gestärkt worden - das sollte man in einer solch tragischen Situation nicht beschwören -, sondern die militärische Komponente. Alles, was man hört, läuft darauf hinaus, dass die militärische Komponente weiter gestärkt werden soll. Man darf auch in einer solch schwierigen Situation über diesen Sachverhalt nicht hinwegtäuschen.
(Beifall bei der LINKEN)
Nun komme ich zum entscheidenden Punkt. Die Behauptung, Sie bekämpften den internationalen Terrorismus, wird von denen widerlegt, die, wenn man so will, von der fachlichen Seite damit befasst sind. Es ist doch gut, dass dies der Kommandeur McChrystal zum ersten Mal in aller Klarheit festgestellt und Ihre Ausführungen hier krass widerlegt hat, ja, als - so möchte ich einmal sagen - nicht rational, als nicht vernünftig, als nicht nachvollziehbar dargestellt hat. Ich trage hier einmal vor, was dieser Kommandeur zu den Kampfeinsätzen, die Sie gerechtfertigt haben, vorgetragen hat. Er sagt, dass der Krieg in Afghanistan nicht mit konventionellem militärischem Denken gewonnen werden könne, das darauf abzielt, den Gegner zu bekämpfen. Aus konventioneller Sicht stelle sich die Tötung von zwei Aufständischen in einer Gruppe von zehn so dar, als seien nur noch acht Gegner übrig. In einem von Clans und Stämmen geprägten Umfeld wie Afghanistan sei es aber so, dass die zwei Getöteten viele Verwandte hätten, die nach solchen Vorfällen Rache schwörten. Im Fall von zivilen Opfern seien das sogar noch mehr als im Fall von getöteten Kämpfern. So laute die Rechnung: "10 minus 2 ergibt 20".
Das heißt, der verantwortliche Mann in Afghanistan sagt Ihnen hier, dass die Kampfeinsätze zu nichts anderem führen als dazu, dass mehr Kämpfer rekrutiert werden. Wie wollen Sie angesichts dieses Sachverhalts hier darstellen, Sie bekämpften den Terrorismus in Afghanistan?
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Wie soll dabei überhaupt logisch argumentiert werden?
Nichts anderes ist in den letzten Jahren passiert. Deshalb hat sich die Anzahl der Anschläge erhöht, deshalb ist das Land immer unsicherer geworden, deshalb haben wir dort - vielleicht in guter Absicht - mehr Unheil angerichtet, Jahr für Jahr: Immer mehr Menschen sind ums Leben gekommen, Soldaten und Zivilisten, Zivilisten und Soldaten. Sosehr ich anerkenne, Frau Bundeskanzlerin, dass Sie hier vorgetragen haben, dass Sie bedauern, dass Zivilisten, also Unschuldige, ums Leben gekommen sind: Ich bedauere - auch aufgrund meiner persönlichen Erfahrung -, dass Soldaten dort ums Leben kommen. Ich würde mir wünschen, dass dort, in Afghanistan, keine Soldaten ums Leben kommen.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Was wir erkennen müssen, ist, dass wir dort gegen eine Kultur kämpfen,
(Dr. Guido Westerwelle (FDP): Nein!)
und dieser Kampf gegen eine Kultur ist nicht zu gewinnen. Die Kultur, um die es geht, hat der Oberbefehlshaber der ISAF ganz klar angesprochen. Wir haben es dort mit einer Stammeskultur zu tun. Diese Stammeskultur verpflichtet all diejenigen, die im Verwandtenkreis Tote zu beklagen haben, auf Blutrache.
(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)
- An die Adresse der Grünen. Ich weiß, dass Sie jetzt Schwierigkeiten haben: Sie haben diesen Krieg mitzuverantworten und wollen sich jetzt aus dieser Verantwortung herauswinden.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Das ist keine noble Haltung.
(Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist eine völkische Argumentation, die Sie hier haben!)
Sie müssen auch zu dieser Verantwortung stehen.
Wir sind der Auffassung, dass der Ansatz, der hier vorgetragen worden ist - dass die zivile Komponente zu verstärken sei -, natürlich letztendlich das Eingeständnis ist, dass die militärische Komponente gescheitert ist, weil sie die Folgen hat, die ich vorhin hier zitiert habe. Man kann sich vor dieser Logik nicht wegdrücken. Wir bewirken das Gegenteil von dem, was wir eigentlich bewirken wollen.
Dies wird durch die Erklärung der Dienste hier in der Bundesrepublik auch noch bestärkt. Es ist gerade in den letzten Tagen erneut gemeldet worden - wir haben immer wieder darauf hingewiesen -, dass die Dienste in der Bundesrepublik sagen: Der Kampfeinsatz in Afghanistan, den die Bundeskanzlerin gerechtfertigt hat, erhöht die Terroranschlagsgefahr in Deutschland. Ich frage hier für meine Fraktion: Ist es Aufgabe der Bundesregierung, durch ihr Handeln dafür Sorge zu tragen, dass sich die Terroranschlagsgefahr in Deutschland erhöht?
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos) - Thomas Oppermann (SPD): Es ist doch unglaublich, was Sie da sagen!)
- Ja, es ist unglaublich, welche Politik Sie machen; da haben Sie völlig recht. Sie haben kein rationales Argument, um diese Politik überhaupt noch zu rechtfertigen.
(Thomas Oppermann (SPD): Durch die Terrorismusbekämpfung sorgen wir für Terrorgefahr? Das ist doch Wahnsinn! - Detlef Dzembritzki (SPD): Das lohnt nicht mal einen Zwischenruf!)
Am Schluss sage ich noch etwas zu dem häufig vorgebrachten Argument, es handele sich hier um einen Hilfseinsatz, um eine humanitäre Intervention. Alle internationalen Organisationen, die sich in der Hilfe engagieren, weisen immer auf folgenden Sachverhalt hin: Mit viel weniger Geld könnte man ungleich mehr Menschen vor dem Tod durch Hunger und vor dem Tod durch Krankheit bewahren, ohne dass man einen einzigen anderen Menschen töten müsste. - Das ist das moralische Dilemma, in dem Sie stecken. Deshalb bleiben wir bei der These: Krieg ist kein Mittel der Politik. Ziehen Sie die Bundeswehr aus Afghanistan ab!
(Anhaltender Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort erhält nun der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung.
(Dr. h. c. Gerd Andres (SPD): Da hat jetzt keiner von der Union geklatscht!)
Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidigung:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lafontaine, lassen Sie mich eine Bemerkung zu Ihren Ausführungen machen. Wenn wir Ihrer Aufforderung folgen würden, dann - der felsenfesten Überzeugung bin ich - würde dies eine Gefährdung der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, eine Gefährdung ihrer Sicherheit bedeuten, weil Afghanistan wieder zurückfallen würde: in den Status eines Ausbildungscamps für den Terrorismus und in die Herrschaft der Taliban. Dies wäre eine Bedrohung von Frieden, Freiheit und Sicherheit in unserem Land. Deshalb können wir im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger Ihrer Aufforderung nicht Folge leisten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Ereignisse vom Freitag haben auch deutlich gemacht, in welch schwieriger Situation unsere Soldatinnen und Soldaten diesen Einsatz für unsere Sicherheit leisten. Durch die bevorstehende Wahl und durch Debatten, die hier immer wieder geführt werden - dies registrieren die Taliban -, sind wir weiter in den Blickpunkt der Taliban gerückt. Wir sind in Gefechtssituationen herausgefordert. Wir mussten uns in Kampfhandlungen bewähren, um Sicherheit dort zu gewährleisten. Die Situation vom Freitag hat aus meiner Sicht auch gezeigt, welch konkrete Bedrohungslage dort für unsere Soldatinnen und Soldaten vorhanden war. Deshalb haben unsere Soldatinnen und Soldaten, die im Interesse unserer Sicherheit ihr Leben riskieren und einen derartigen Einsatz auf sich nehmen, unseren Dank und unsere Unterstützung verdient.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Deshalb halte ich es auch für richtig, dass wir in einer solch schwierigen Situation unseren Oberst, der die Entscheidung getroffen hat, nicht alleinstehen lassen, wenn voreilig von schweren Fehlern gesprochen wird. Wir haben gleichzeitig andere Informationen - Sie kennen sie wahrscheinlich - von dem Polizeichef von Kunduz, von dem Gouverneur von Kunduz, von dem Geheimdienstchef von Kunduz, von dem Chef der ANA, sprich: der Streitkräfte, von Kunduz und von dem Vorsitzenden des Provinzrats. Sie haben in ihrer Erklärung gegenüber dem Präsidenten festgestellt, dass bei dieser Situation Taliban und deren Verbündete getötet worden sind.
Weil es jetzt auch andere Informationen gibt, ist es notwendig und richtig, dass wir alles daransetzen, unseren Beitrag zur sachgerechten Aufklärung zu leisten. Ich sage noch einmal: Wenn es zivile Opfer gegeben hat, fordert dies unsere Anteilnahme und unser Mitgefühl.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Wir werden uns auch darum kümmern, dass die Situation vor Ort geregelt wird. Das halte ich für einen wichtigen Punkt. Aber um Entscheidungen in dieser Richtung treffen zu können, muss erst das abschließende Untersuchungsergebnis vorliegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir hatten eine sehr konkrete Bedrohungslage im Hinblick auf unser Lager in Kunduz. Als unser Oberst erfahren hat, dass zwei Tanklastzüge durch Gewaltmaßnahmen in die Hände der Taliban gelangt sind - sie haben einen der Fahrer ermordet -, war ihm klar, dass dies auch eine sehr konkrete Gefahrenlage für unsere Soldatinnen und Soldaten bedeutete. Meine Damen und Herren, versetzen Sie sich einmal in diesen Abwägungsprozess und in diese Situation: Er hatte durch klare Aufklärungsmittel den eindeutigen Hinweis, dass es sich ausschließlich um regierungsfeindliche Kräfte handelt und dass vier Talibanführer dabei waren. Deshalb hat er eine Gefahr für unsere Soldatinnen und Soldaten gesehen. Stellen Sie sich einmal vor, welcher Schaden durch eine Detonation zweier solcher Tanklastwagen hätte angerichtet werden können. Wir haben das sehr konkret in Kabul gesehen. Mit der Entscheidung, die unser Oberst in dieser schwierigen Situation getroffen hat,
(Widerspruch bei der LINKEN)
darf man ihn nicht alleinlassen. Ich finde, es ist richtig, wenn man unsere Soldatinnen und Soldaten in dieser schwierigen Situation unterstützt, statt sie mit Vorverurteilungen alleinzulassen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich denke, dass es richtig und notwendig ist - ich habe auch mit General McChrystal darüber gesprochen -, dass wir in dieser Situation einerseits alles tun, um ordnungsgemäß aufzuklären, dass wir andererseits aber auch weiterhin gemeinsam im Rahmen von ISAF und NATO unseren Auftrag zur Gewährleistung von Stabilität und Sicherheit in Afghanistan erfüllen. Denn man muss auch sehen, welche Erfolge wir dort bereits erzielt haben. Wir dürfen nicht verkennen, was sich alles erheblich verbessert hat: die Bildungschancen junger Menschen, die Situation der Universitäten, die medizinische Versorgung, die Infrastruktur bis hin zu einer Informationsgesellschaft. Es geht schrittweise voran. Das gilt auch für die Unterstützung und Ausbildung der afghanischen Kräfte. Die vergangene Wahl ist nach 30 Jahren Bürgerkrieg die erste Wahl, die in Verantwortung der afghanischen Regierung und im Wesentlichen abgesichert durch afghanische Kräfte durchgeführt worden ist. Inzwischen führen die ANA-Streitkräfte 50 Prozent der Einsätze selbst durch.
(Walter Kolbow (SPD): Richtig!)
Wir konnten bereits die Stadt Kabul in die Sicherheitsverantwortung Afghanistans übergeben. Die Tatsache, dass im Norden, in unserem Verantwortungsbereich, bis zu 60 Prozent der Bürgerinnen und Bürger zur Wahl gegangen sind, trotz der Drohung der Taliban, ihnen die Finger abzuhacken, wenn sie daran die blaue Tinte als Zeichen für die Teilnahme an der Wahl finden, ist ein Ausdruck von Mut der Bevölkerung und auch ein Beweis für Stabilität und zukünftige positive Entwicklung.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Ich kann nur unterstreichen, dass wir weiterhin unseren Beitrag zur Umsetzung der vernetzten Sicherheit leisten, um das Vertrauen der Menschen dort zu gewinnen. Als ich in diesem Jahr in Kunduz war, haben mir die Bürgerinnen und Bürger versichert, dass 90 Prozent der Bevölkerung an unserer Seite stehen. Wir werden auf der Afghanistan-Konferenz alles daransetzen, um eine klare Zielorientierung zu entwickeln - Ausbildung von Streitkräften und Ausbildung von Polizei -, damit Afghanistan selber in der Lage ist, für seine Sicherheit zu sorgen.
Die Bundeswehr wird im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger weiterhin ihren Beitrag leisten; denn dies ist für die Gewährleistung von Frieden und Freiheit gerade auch in unserem Land von entscheidender Bedeutung.
Recht schönen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Der nächste Redner ist Jürgen Trittin für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jung, Sie haben mit Ihrem, wie ich finde, recht hilflosen Auftritt hier eines belegt:
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Informationspolitik dieser Bundesregierung zu Afghanistan ist ein Desaster. - Das sagt einer Ihrer Amtsvorgänger, Volker Rühe.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Überhaupt, liebe Frau Merkel, ist Ihr Umgehen mit Afghanistan eigentlich nur mit dem Wörtchen "verdruckst" zu beschreiben.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Wenn einer verdruckst ist, dann sind Sie es!)
Trotz dieses schwersten Zwischenfalls, den es gegeben hat, mussten Sie von der Opposition zu dieser Regierungserklärung getrieben werden. Sie mussten vor Jahren von uns dazu getrieben werden, endlich einmal unsere Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan zu besuchen. Ehrlich gesagt: Das ist beschämend. Eine offene Haltung hierzu wäre angemessen gewesen.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Jetzt werden Sie aber größenwahnsinnig!)
Das haben Sie heute nur mühsam versucht nachzuholen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Jetzt spricht ein ganz großer Staatsmann! - Gegenruf der Abg. Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nur kein Neid!)
In Afghanistan führen die Taliban einen Bürgerkrieg. Für den Tod unschuldiger Zivilisten, für hinterhältige Morde sind in erster Linie sie verantwortlich.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sie sind es, die das Völkerrecht nicht einhalten. Sie bringen den schmutzigen Krieg in die Dörfer.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mit Blick auf Sie, Herr Lafontaine, sage ich: Dass es in Afghanistan Krieg gibt, heißt nicht, dass die Bundeswehr dort einen Krieg führt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich will das mit einem Zitat belegen:
Die Bundeswehr ist in Afghanistan nicht im Krieg. ... Sie arbeitet auf der Grundlage des völkerrechtlichen ISAF-Mandats zur Stabilisierung des Landes.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Sehr richtig!)
Das stammt von Wolfgang Neškovic, dem Rechtspolitiker Ihrer Fraktion. Ich sage Ihnen: Wolfgang Neškovic hat vollständig recht. Aber dann dürfen Sie hier nicht solche Reden halten, wie Sie sie gehalten haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr haben einen schwierigen Auftrag. Sie riskieren ihr Leben, und sie sollen das Leben Unschuldiger nicht gefährden. Das verdient Respekt und Anerkennung. Deswegen kann es in dieser Debatte nicht darum gehen, irgendwelche Schuldigen zu finden. Aber es geht in der Tat darum, die Fakten auf den Tisch zu legen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es kann nicht akzeptiert werden, dass diese Operation verniedlicht wird. Frau Merkel, es handelt sich hier nicht um irgendeinen Vorfall. Es handelt sich um einen Einschnitt, der deutlich machen kann und der in der Öffentlichkeit den Eindruck hat entstehen lassen, dass Deutschland in Afghanistan zu einer anderen - ich sage an dieser Stelle: zu einer falschen - Strategie übergegangen ist. Darum geht es.
Wenn es zivile Opfer gegeben hat, dann muss man zu dieser Verantwortung auch stehen. Wie man damit anders als Herr Jung umgeht, hat der Oberkommandierende von ISAF, Stanley McChrystal, bewiesen. Er hat sich so verhalten, wie wir es uns lange gewünscht haben: Nach dem Vorfall hat er sich an den Ort des Geschehens begeben. Er hat mit den Opfern gesprochen. Er hat sich entschuldigt. Er hat sich also gemäß den neuen Einsatzrichtlinien für solche Zwischenfälle verhalten, die lauten: "apologize", "compensate", "investigate" - entschuldigen, entschädigen und dann untersuchen. Das ist die richtige Reihenfolge, und die hätte ich mir auch von unserem Bundesverteidigungsminister gewünscht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wie sind Sie vorgegangen? Sie haben als Erstes die Unwahrheit gesagt. Sie haben behauptet, das Ganze habe sich in 40 Minuten abgespielt. Die Wahrheit ist: Es hat sechs Stunden gedauert. Es hat übrigens zwölf weitere Stunden gedauert, bis nach dem Bombardement Aufklärer vor Ort gewesen sind. Das ist das Ergebnis der Unterrichtung, die Sie uns heute in den Ausschüssen gegeben haben. Schließlich haben Sie gesagt, Sie seien sicher, es habe keine zivilen Opfer gegeben. Im Ergebnis geben Sie heute zu, dass eine solche Möglichkeit nicht auszuschließen ist. Ihr Grundsatz ist ein anderer als der, den die Amerikaner an dieser Stelle beherzigt haben. Ihr Grundsatz lautet offensichtlich: Vertuschen, leugnen und, wenn es gar nicht anders geht, sich für das entschuldigen, was man vorher bestritten hat. Diese Haltung macht die Akzeptanz dieses Einsatzes in der Bevölkerung, in diesem Deutschen Bundestag so unerträglich schwer.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie sind heute zu einer Belastung für die deutsche Afghanistan-Politik geworden. Sie haben mit Ihrer Haltung inzwischen dafür gesorgt, dass Deutschland in einen scharfen Gegensatz zu seinem engsten Verbündeten, den USA, geraten ist und dass im Rat der Außenminister diese Isolierung kollektiv kritisiert worden ist. Dass es durch den Bundesverteidigungsminister dazu gekommen ist, dafür tragen Sie, Frau Merkel, die Verantwortung. Über diesen Punkt muss man diskutieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will an dieser Stelle etwas hinzufügen. Wir führen seit drei Jahren eine Debatte um den Begriff der vernetzten Sicherheit. Wir haben in diesem Haus einen ziemlich breiten Konsens, dass dies der richtige Ansatz ist, um Afghanistan zu stabilisieren. Nur müssen Sie sich nach drei Jahren der Diskussion und nach vier Jahren Regierungszeit die Frage gefallen lassen: Was ist mit dem Ansatz der vernetzten Sicherheit geschehen? Da stellen wir fest: Es ist zwar möglich, in Wochenfrist beispielsweise den Einsatz von AWACS-Flugzeugen, die dort noch gar nicht angekommen sind, freizugeben. Aber Sie sind nicht in der Lage gewesen, die Zahl der Polizistinnen und Polizisten auf das Maß zu bringen, das diese Regierung international zugesagt hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das heißt, Sie reden von vernetzter Sicherheit; aber Sie setzen sie nicht um.
Was sollen wir denn davon halten, wenn Sie heute in Ihrer Regierungserklärung sagen: "Ich habe mit Gordon Brown die Abhaltung einer internationalen Konferenz verabredet"? Wir hätten von Ihnen erwartet, dass Sie dem Parlament, der deutschen Öffentlichkeit im Rahmen einer Regierungserklärung in aller Deutlichkeit sagen, mit welchen Vorstellungen, mit welchen Maßnahmen und mit welchen Zeitplänen Sie, die Bundesregierung, zu dieser Konferenz gehen. Wir sind sehr wohl der Auffassung, dass es einer zeitlichen Abzugsperspektive genauso bedarf, wie es einer zeitlichen Aufbauperspektive bedarf. Aber von vernetzter Sicherheit und vom Afghan Compact zu reden und nicht eine einzige konkrete Maßnahme vorzuschlagen, ist die Ankündigung, mit dem fortzufahren, was Ihre Afghanistan-Politik der letzten Jahre gekennzeichnet hat, nämlich durchwursteln, um bloß nicht aufzufallen, weil Sie wissen, wie unpopulär das Thema ist. Das ist mit dem Geschehen am letzten Freitag geplatzt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage Ihnen eines: Alle Argumente gegen die Linkspartei, die sagt, wir würden die Truppen sofort abziehen, dahin gehend, ein solches Vorgehen würde dieses Land in einen Bürgerkrieg ganz anderen Ausmaßes stürzen, sind richtig. Es ist falsch, diese Forderung zu erheben. Aber ich sage Ihnen auch: Wenn Sie mit dieser Politik des Durchwurstelns so weitermachen, werden Sie am Ende genau da landen, wo die Linkspartei schon heute ist, nämlich in einem kopflosen Abzug, weil Sie die notwendigen Anforderungen für den zivilen Aufbau und für den Polizeiaufbau nicht auf die Reihe bekommen haben. Deswegen muss Schluss sein mit diesem Durchwursteln; denn das führt ins Chaos, auch in Afghanistan.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat nun der Kollege Eckart von Klaeden, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eckart von Klaeden (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Kollege Trittin, ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass Sie wenige Tage vor der Bundestagswahl der Versuchung nicht widerstanden haben, die Afghanistan-Debatte zu einer Wahlkampfdebatte zu machen.
(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe nichts dagegen, im Wahlkampf über Afghanistan zu sprechen. Aber die Art und Weise, wie Sie den Vorfall und seine Folgen vom letzten Freitag, die noch aufgeklärt werden müssen, als Tatsachen dargestellt haben, und wie Sie dies versucht haben in einen Vorwurf gegen die Bundesregierung umzuwandeln, ist in hohem Maße unseriös.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Sie hätten durchaus sagen können, dass nach all dem, was uns bisher an Erkenntnissen vorliegt, festzustellen ist, dass den beteiligten Soldaten, insbesondere dem Oberst, der den Befehl gegeben hat, keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, dass die Informationen, aufgrund derer die Entscheidung getroffen wurde, ganz wesentlich auch aus amerikanischen Quellen stammen und dass die Wirkung der eingesetzten Waffe - ihm wurde eine andere vorgeschlagen - aufgrund der Entscheidung des deutschen Offiziers geringer ausgefallen ist. Diese Aspekte gehören zur Wahrheit dazu. Sie hätten sie erwähnen müssen, wenn es Ihnen tatsächlich um eine sachgerechte Beurteilung und nicht um Wahlkampf gegangen wäre.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Lafontaine hat wieder einmal vorgeführt, wie man in der Debatte um den Afghanistan-Einsatz Ursache und Wirkung verwechseln kann. Es ist richtig: Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist gefährlich. Sie ist mit Gefahren verbunden, nicht nur in Afghanistan, sondern auch hier. Aber noch viel gefährlicher wäre es, den Forderungen der Terroristen nachzugeben und Afghanistan im Stich zu lassen.
Lassen Sie uns einmal einen Blick auf die Ideologie derer werfen, die nicht nur die Bundeswehr und ihre Verbündeten in diesem internationalen Einsatz bekämpfen, sondern vor allem den Aufbau der islamischen Republik Afghanistan verhindern und untergraben wollen. Ihr Ziel ist es, alle sogenannten Ungläubigen vom muslimischen Boden zu vertreiben oder zu töten. Dabei befinden sich vor allem auch die moderaten Kräfte in der islamischen Welt in ihrem Fadenkreuz, weil sie aus Sicht dieser islamistischen Ideologen als Verräter gelten. Diese Terroristen hassen uns nicht für das, was wir tun, sondern für das, was wir sind. Deswegen dürfen wir hier nicht nachgeben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn wir uns jetzt unverrichteter Dinge aus Afghanistan zurückzögen, wäre das ein enormer Propagandaerfolg für al-Qaida. Es wäre auch eine enorme Schwächung der moderaten Kräfte in der islamischen Welt, mit denen wir gemeinsam Strukturen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aufbauen wollen. Bin Laden behauptet, dass er in den Jahren von 1979 bis 1989 den ersten großen Satan, die UdSSR, niedergerungen habe. Er würde im Falle eines Rückzugs behaupten, er habe auch den zweiten großen Satan, nämlich die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten im Westen, niedergerungen. Dabei spielt es keine Rolle, von wem die Vereinigten Staaten regiert werden.
Wir dürfen den Fehler, den die internationale Gemeinschaft in den 90er-Jahren gemacht hat, nämlich sich nicht weiter um Afghanistan zu kümmern, nicht wiederholen. In den 90er-Jahren hat in Afghanistan ein Bürgerkrieg getobt. In dieser Zeit ist in den Medressen, in den Koranschulen, im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet die Taliban-Bewegung - "talib" heißt Schüler - entstanden. Den Taliban ist es mithilfe des pakistanischen Geheimdienstes in einem langjährigen Bürgerkrieg gegen die Nordallianz, die vom Iran und von Russland unterstützt wurde, gelungen, die Macht in Afghanistan zu ergreifen.
Gerade diese Verhältnisse haben Afghanistan zu einem Rückzugsraum für internationalen Terrorismus werden lassen. Würden wir uns jetzt zurückziehen, bestünde die Gefahr, dass sich die Geschichte der 90er-Jahre wiederholt, dass es wieder zu einem solchen Bürgerkrieg kommt und dass wir dasselbe Chaos, dieselben Gefahren zu gewärtigen hätten, allerdings unter wesentlich schlimmeren Voraussetzungen; denn damit wäre ein propagandistischer Erfolg für al-Qaida verbunden. Die Auswirkungen auf extremistische Kräfte in der muslimischen Welt wären unvorstellbar.
Wir würden aber auch noch mehr Schwierigkeiten mit der Stabilisierung Pakistans bekommen. Pakistan zu stabilisieren, ist schon heute eine sehr schwierige Aufgabe; wenn Afghanistan verloren ginge, wäre sie nahezu unmöglich. Pakistan ist eine Nuklearmacht. Erinnern wir uns an die Ereignisse der letzten Monate und Jahre, die wir in Pakistan haben zur Kenntnis nehmen müssen: die Kämpfe um die Rote Moschee, die Ermordung von Benazir Bhutto, den Anschlag auf das Marriott-Hotel, die Anschläge in Bombay auf das Taj-Mahal-Hotel und andere Hotels sowie den Anschlag auf die Sri-Lankische Kricketnationalmannschaft in Lahore. All diese Terroranschläge haben in Pakistan und im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet ihren Ursprung.
Wer sich in den letzten Tagen und Wochen die Zeit genommen hat, den Prozess um die Sauerlandgruppe zu verfolgen, der hätte zur Kenntnis nehmen können, dass einerseits die Erfolge in Afghanistan so groß sind, dass für die Terroristen heute das Wirken in diesem Grenzgebiet wesentlich schwieriger ist als vor einigen Jahren, dass die Netzwerke aber nach wie vor vorhanden sind. Deutsche Muslime sind in dieses Grenzgebiet gereist, um sich dort ausbilden zu lassen, um in Tschetschenien, im Irak oder bei uns Anschläge zu verüben. Es ist richtig: Wir sind in Afghanistan noch lange nicht am Ziel. Aber zu unserer Strategie der Stabilisierung gibt es keine Alternative. Unser Einsatz ist nicht auf Dauer, sondern auf Verlässlichkeit und Erfolg ausgerichtet.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Sehr gut!)
Die Wahlen, die vor wenigen Wochen in Afghanistan stattgefunden haben, sind bei allen Defiziten ein beeindruckendes Beispiel für den Fortschritt im Land. Die afghanischen Präsidentschaftswahlen haben bei allen Gefahren, denen die Wählerinnen und Wähler ausgesetzt waren, mit einer höheren Beteiligung stattgefunden als die Europawahlen in Deutschland. Sie sind weniger blutig gewesen als die Parlamentswahlen 2004 in Spanien. Sie sind freier gewesen als die Präsidentschaftswahlen im Iran oder in Russland.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Sehr richtig!)
Das ist ein enormer Fortschritt für Afghanistan, den wir nicht aufgeben dürfen. Deswegen ist es falsch, vordergründig über Abzugspläne oder gar über Daten zu sprechen; das würde den Taliban nur deutlich machen, wie lange sie durchhalten bzw. stillhalten müssten.
Wir dürfen an unserer Verpflichtung, zu dem Erfolg des Einsatzes in Afghanistan beizutragen, keinen Zweifel lassen, und zwar weil es sich nicht in erster Linie um eine humanitäre Intervention handelt, sondern weil es vor allem um unsere eigene Sicherheit geht. Für diese Verlässlichkeit steht diese Bundesregierung und, so hoffe ich, auch die Bundesregierung nach dem 27. September.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort erhält nun der Kollege Gert Winkelmeier.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Gert Winkelmeier (fraktionslos):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aussage des Bundesministers der Verteidigung heißt seit 2005: Die Bundeswehr befindet sich in Afghanistan in einem Stabilisierungseinsatz, nicht aber in einem Krieg. Weder das ungläubige Kopfschütteln seiner Soldaten vor Ort noch die seit 2005 steigende Zahl der Gefallenen, Traumatisierten und körperlich Verwundeten, ganz zu schweigen von der ständig zunehmenden Zahl der Opfer in der afghanischen Zivilbevölkerung, haben an dieser Aussage etwas geändert. Es ist armselig, Herr Jung, dass Sie immer noch nicht zur Kenntnis nehmen, dass sich unser Land in Afghanistan in einem Krieg befindet.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Vor Wochen diskutierten wir im Verteidigungsausschuss, dass nach Möglichkeit keine Luftunterstützung angefordert werden soll, weil dann sogenannte Kollateralschäden unvermeidlich sind. Nun gab es die Bombardierung der Tanklastzüge. Die Folge ist, dass viele zivile Opfer zu beklagen sind. Die Washington Post war scheinbar besser informiert als der deutsche Verteidigungsminister. Gemessen am ursprünglichen Auftrag der Bundeswehr, die Köpfe und Herzen der Afghanen zu gewinnen, ist der jetzige Zustand eine blanke Katastrophe.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Mit der Weigerung, die Kritik unserer Partner anzunehmen, blamieren Sie sich. Herr Minister, Sie betreiben reine Selbstverteidigung, weil Sie Angst haben, dass nun das eintritt, was Sie unter allen Umständen vermeiden wollten, nämlich dass der von zwei Dritteln der Deutschen abgelehnte Afghanistan-Einsatz zum Wahlkampfthema wird. Anstatt sich dem Thema offen zu stellen, vermitteln Sie der Öffentlichkeit ein Bild des Jammers, das Bild eines Realitätsverweigerers.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Es ist doch eine Schande, dass es eines derartig hohen Blutzolls bedarf, um in unserem Land über Krieg und Frieden und die Rolle der Bundeswehr zu debattieren.
Lassen sie mich etwas zu der Entscheidung des örtlichen deutschen Kommandeurs sagen: Tankwagen sind nicht geländefähig. Sie können nur auf befestigten Straßen gefahren werden. Das Lager Kunduz hätte also auf den befestigten Zugangsstraßen mit ganz einfachen Mitteln gegen die vermeintliche Gefahr geschützt werden können. 2 000 Meter vor dem Lager postiert, hätten ein Schützenpanzer oder ein paar Maschinengewehre gereicht, um die Umwidmung dieser Lastwagen in Angriffswaffen zu unterbinden.
(Dr. Peter Struck (SPD): Was ist das denn für Unsinn!)
Zudem standen diese Lastwagen ständig unter Luftbeobachtung.
Ich sage aber auch: Für diese schlechte Leistung ist als letztes Glied in der Kette nicht allein dieser Kommandeur haftbar. Nein, und das muss in aller Klarheit gesagt werden: Die Hauptverantwortung tragen diejenigen, die im Deutschen Bundestag immer der Verlängerung des ISAF-Mandats zugestimmt haben. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Jeder in unserem Land kann auf der Webseite des Bundestages die namentlichen Abstimmungen aufrufen und nachlesen, wer zugestimmt hat.
Auch das sage ich Ihnen: Dieser Vorfall ist nicht die letzte Stufe der Eskalation der Gewalt. Das ist eine neue Qualität. Ich bin sicher, dass sich der nächste Bundestag mit diesen Gewalttaten noch öfter auseinandersetzen muss. Wenn nicht endlich umgedacht wird, gerät Deutschland immer tiefer in den Sumpf eines nicht gewinnbaren Krieges. Ziehen Sie die Bundeswehr so schnell wie möglich aus Afghanistan ab! Das wäre die Lösung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulrike Merten für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Ulrike Merten (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Nur mit einem konstitutiven Beschluss des Deutschen Bundestages kann die Bundeswehr auf Antrag der Bundesregierung in bewaffnete Auslandseinsätze entsendet werden.
Das Parlamentsbeteiligungsgesetz ist hierfür die rechtliche Grundlage. Das ist aber lediglich die formale Ebene. Sie ist wichtig, aber hinter dem Parlamentsbeteiligungsgesetz und dem Umstand, dass das Parlament zustimmen oder ablehnen kann, steht für jede Bundesregierung natürlich auch die Notwendigkeit, das Parlament vor einer Antragstellung soweit wie möglich einzubeziehen und zu hören, inwieweit das Parlament bereit und in der Lage ist, mitzugehen. Wenn das gelingt, hat das im besten Fall zur Folge, dass es einen lange andauernden und über alle Parteigrenzen hinwegreichenden Konsens gibt. Deshalb ist die im Parlamentsbeteiligungsgesetz verankerte Pflicht der Bundesregierung, das Parlament über alle Vorfälle im Verlauf eines Einsatzes zu informieren, eine weitere wichtige Grundlage dafür, dass einem im Laufe eines Einsatzes sozusagen nicht das Parlament verloren geht und der Rückhalt, den die Soldaten brauchen, nicht schwindet.
Herr Minister, ich will hier deutlich sagen - ich habe das auch an anderer Stelle getan -: Es wäre gut gewesen, wenn Sie dies berücksichtigt und das Parlament frühzeitig eingebunden hätten.
Natürlich sind wir durch eine schriftliche Information einbezogen gewesen; das ist auch in Ordnung. Aber darüber hinaus mussten wir in der Zeitung lesen, dass Sie, Herr Minister, und auch der Parlamentarische Staatssekretär Kossendey sich sehr ausführlich über Details geäußert haben. Das ist immer schlecht; das Parlament sollte sich das - ich finde: zu Recht - nicht gefallen lassen. Wie sollen wir den Bundeswehreinsatz in Afghanistan, den ich hier nur stellvertretend für unser Engagement im Ausland nenne, den Bürgerinnen und Bürgern erklären, ja, sie davon überzeugen, wenn nicht in jedem Fall versucht wird, uns als Partner zu gewinnen? Ich meine damit keine Komplizenschaft, sondern den Rückhalt, den, glaube ich, jede Bundesregierung in einer solchen Frage braucht. Wie soll eine breite öffentliche Debatte über unsere Sicherheits- und Verteidigungspolitik entstehen, wenn der Informationsstrom und die Überzeugungsarbeit bereits an der Quelle versiegen?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Herr Minister, indem ich - das will ich betonen - den Diskurs verhindere, ernte ich nur kurzfristig eine trügerische Ruhe und keine Ruhe oder Gelassenheit der Akzeptanz für unser Tun. Die Bundeskanzlerin, Sie, Herr Minister, der Bundesaußenminister und andere haben in der Debatte zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in Afghanistan sind, nicht weil wir verhindern wollen, dass die Frauen dort Burka tragen müssen, sondern weil Afghanistan nicht wieder zum Rückzugsort für Terroristen werden soll. Gleichzeitig dient unser Engagement dort der Sicherheit der Menschen unseres Landes. Ich sage auch ganz klar: Diese Wahrheit mit Leben zu füllen, bedarf nicht nur einer jährlichen Bundestagsdebatte über die Verlängerung des Mandats; dies muss immer und immer wieder erklärt werden. Ich glaube, es wäre gut, wenn wir uns ehrlich vor Augen hielten: Hier sind wir weniger vorangekommen, als wir es uns wünschen und es notwendig ist, um die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes davon zu überzeugen, dass das, was wir in Afghanistan tun, keine Verschwendung ist, sondern dass wir es auch für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind heute Morgen im Verteidigungsausschuss und im Auswärtigen Ausschuss über die Aspekte, die zu berücksichtigen sind, informiert worden. Ich sage ganz deutlich: Das Bild, das sich uns daraus ergeben hat, lässt aus meiner Sicht immer noch keine voreiligen Schlüsse zu. Vielmehr sollten wir abwarten, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind. Ich wundere mich schon sehr - auch nach der Information heute Morgen in den Ausschüssen -, über welche Erkenntnisse einige verfügen, die mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass das Gebot der Verhältnismäßigkeit verletzt worden ist, und die schon ausmachen können, dass hier gravierende Fehler begangen worden sind.
Unsere Soldaten, die im Raum Kunduz eingesetzt sind, haben einen gefährlichen und schweren Auftrag zu erfüllen. Sie sind tagtäglich mit konkreten Gefährdungen für Leib und Leben der Afghanen, aber auch für sich selbst konfrontiert. Sie müssen zum Teil sehr weitreichende Entscheidungen treffen. Sie haben alles Recht darauf, dass dies bei der Kommentierung und Bewertung berücksichtigt wird. Ich sage ganz deutlich: Wir müssen berücksichtigen, dass da, wo Menschen handeln, Fehler gemacht werden können. Dies liegt letzen Endes in der Natur der Sache. Jeder hat das Recht, vor voreiligen Verurteilungen geschützt zu werden.
Inzwischen ist es wahrscheinlich, dass auch zivile Opfer zu beklagen sind. Die Bilder, die uns am Wochenende aus dem Krankenhaus von Kunduz erreichten, können niemanden gleichmütig lassen. Ich bin überzeugt, dass die Bundesregierung zusammen mit unseren Partnern auf die Betroffenen und die Familien der Opfer zugehen wird.
Ich will abschließend sagen: Die Bundeswehr hat mit der Art und Weise ihres Auftretens und Vorgehens stets das Ziel verfolgt, für die Menschen in Afghanistan zu wirken. Sie will nicht als Besatzer auftreten, sondern als Unterstützer für den Wiederaufbau. Vor diesem Hintergrund kommt dem Vorfall am letzten Freitag eine große Bedeutung zu, nicht weil wir von unserer bisherigen Strategie abgewichen wären, sondern weil wir befürchten müssen, dass die vorschnellen Kommentierungen und Einreden letzten Endes auf fruchtbaren Boden fallen und wir dadurch zunehmend unter Druck geraten. Deswegen ist es so wichtig, dass wir das, was am letzten Freitag passiert ist, mit großer Transparenz aufklären. Wir müssen Afghanistan auf dem Wege zu Stabilität und Sicherheit weiterhin helfen und an unserer nach wie vor richtigen Strategie festhalten.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Thomas Silberhorn, CDU/CSU-Fraktion.
Thomas Silberhorn (CDU/CSU):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hoffnung dieses Sommers war, dass mit der Präsidentschaftswahl und der Ernennung einer neuen afghanischen Regierung zumindest ein kleiner Fortschritt in Richtung einer weiteren Stabilisierung des Landes gelingen könnte. Stattdessen diskutieren wir heute über Bomben auf zwei Tanklastzüge, durch die möglicherweise auch Zivilisten ums Leben gekommen sind. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen aller Opfer. Ich begrüße, dass vonseiten der Regierung schon angekündigt worden ist, den Gesprächsfaden mit ihnen aufzunehmen.
Es gab in den letzten Wochen und Tagen immer wieder Warnungen vor gezielten Anschlägen gegen die Bundeswehr in Afghanistan im Vorfeld der Bundestagswahl. Deswegen möchte ich darauf hinweisen: Die erschreckend hohe Zahl von Toten zeigt auch die Dimension der Gefährdung, der unsere Soldaten vor Ort in Afghanistan ausgesetzt sind, wenn solche Tanklastzüge als Waffen missbraucht werden. Vor diesem Hintergrund muss man diese Situation betrachten. Deswegen sind wir gut beraten, die genauen Ergebnisse der noch laufenden Untersuchungen abzuwarten, bevor wir eine Bewertung des Vorfalls vornehmen. Das gilt auch für unsere NATO-Partner. Denn wer jetzt versucht, in der NATO Politik auf dem Rücken der Bundeswehr zu machen, der schadet nicht nur dem gemeinsamen Bündnis, sondern gefährdet auch alle, die in Afghanistan nach wie vor im Einsatz sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Engagement in Afghanistan bietet keinen Platz für vorschnelle Verurteilungen und wahltaktisch motivierte Polemiken. Denn eines hat die heutige Debatte gezeigt: Alle, die Kritik geübt haben, haben nicht einen Deut etwas dazu sagen können, wie wir es besser machen und unsere Strategie modifizieren könnten, um schneller zu Ergebnissen zu kommen. Wer meint, er müsse an dieser Debatte sein Mütchen kühlen, der wird nicht nur den deutschen Soldaten in Afghanistan, sondern auch der afghanischen Bevölkerung, die auf die internationale Gemeinschaft vertraut, nicht gerecht. Vor allem wird er der deutschen Öffentlichkeit nicht gerecht, die von uns wissen möchte, wie wir in Afghanistan vorgehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich begrüße, dass die Bundeskanzlerin heute angekündigt hat, sich für eine weitere internationale Afghanistan-Konferenz einzusetzen. Wir müssen allerdings darauf hinwirken, dass eine solche Konferenz tatsächlich zu Ergebnissen kommt und eine internationale Strategie verabredet wird, die den Einstieg in den Ausstieg aus diesem Einsatz ermöglicht. Die Frage ist nicht, ob wir unsere Truppen aus Afghanistan abziehen - sie werden dort nicht ewig bleiben -, sondern die Frage ist, wie und wann wir das tun. Wir müssen die Rahmenbedingungen vor Ort so setzen, dass die Bundeswehr keinen Tag länger als unbedingt notwendig in Afghanistan bleibt.
Wir haben in diesem Zusammenhang eine Reihe von Dingen bereits verwirklichen können. Wir haben von dem hehren Ziel, in Afghanistan eine Demokratie nach westlichem Vorbild einzuführen, Abstand genommen und gesagt: Wir müssen unser Engagement darauf konzentrieren, die Lage in Afghanistan so zu stabilisieren und die Sicherheitskräfte so auszubilden und auszustatten, dass wir die Verantwortung in Afghanistan in die Hände der Verantwortlichen vor Ort legen können. Dazu ist es notwendig, dass auch die staatlichen Strukturen, Verwaltung und Justiz in Afghanistan auf die Beine kommen; denn von außen allein wird dieser Einsatz nicht gelingen.
An diesem Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte ich es für notwendig, dass wir in unserer Strategie einen Wechsel vollziehen. Es reicht nicht aus, dass wir in deutschen Legislaturperioden und in den Vorgaben, die wir international vereinbaren, denken. Wir müssen auch den Zeitplan der Afghanen im Blick haben. Wir müssen die Ziele, die wir uns setzen, mit den Beteiligten in Afghanistan, und zwar mit allen Beteiligten, vereinbaren. Ich halte es für notwendig, dass wir der neuen afghanischen Regierung klare und nachprüfbare Vorgaben machen, was sie bis wann erreicht haben muss, um Verwaltung und Justiz zu reformieren sowie um organisierte Kriminalität und den Drogenanbau zu bekämpfen. Das muss eine gemeinsame Aufgabe sein. Wir müssen unseren Partnern in der afghanischen Regierung klar sagen, was wir von ihnen erwarten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Diese Zielvorgaben müssen wir noch in der laufenden Periode des afghanischen Parlaments bereden, das im Sommer nächsten Jahres neu gewählt werden soll. In der dann beginnenden Legislaturperiode muss das afghanische Parlament die Voraussetzungen schaffen, die wir brauchen, um unsere Ziele in Afghanistan zu erreichen.
Ich sage ein Letztes: Wir müssen die Ziele auch mit Vertretern der Taliban, mit den paschtunischen Stämmen, mit den Gouverneuren vor Ort vereinbaren. Denn wie immer wieder richtig kommentiert worden ist: Jeder Konflikt endet mit Verhandlungen, jeder Konflikt endet dann, wenn es gelingt, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen. Auch in diese Richtung müssen wir denken. Wir dürfen nicht nur selber Ziele setzen, sondern wir müssen mit den Verantwortlichen auf allen Seiten vereinbaren, welche Ziele in der nächsten Legislaturperiode erreicht werden müssen, damit die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass wir uns mit unserem militärischen Engagement schrittweise zurückziehen und auf den zivilen Aufbau des Landes setzen können.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Präsident Dr. Norbert Lammert:
Ich schließe die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt (...)
Quelle: www.bundestag.de
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