Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Matte Hoffnung

Griechenland am Tag vor der Parlamentswahl. Armut und soziale Spaltung kennzeichnen die Lage. Syriza verspricht im Falle eines Wahlsiegs Veränderungen, die KKE erwartet hingegen eine Fortsetzung der Troika-Diktatur

Von Hansgeorg Hermann, Athen *

Griechenland einen Tag vor der Neuwahl des Parlaments, der »Bouli« mit ihren 300 Abgeordneten: Nach sechs Jahren sogenannter Austeritäts- oder Sparpolitik, maßgeblich von der Bundesregierung und ihrer Kanzlerin Angela Merkel gefordert und in der EU-Kommission durchgesetzt, steht das Land wirtschaftlich und sozial am Abgrund. Das eingesetzte Kontrollgremium »Troika«, bestehend aus Vertretern des EU-Kommissionspräsidiums, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF), bestimmt seit rund sechs Jahren, seit Beginn der sogenannten Finanzkrise also, de facto über das Haushaltsbudget des Landes und damit über dessen Entscheidungen in nahezu allen relevanten Bereichen der Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Kulturpolitik. Kurz gesagt: Griechenland hat derzeit keine autonome Regierung.

Zur Wahl stellen sich die gegenwärtigen Regierungsparteien der rechtskonservativen Nea Dimokratia (ND), der sozialdemokratischen Pasok (Panhellenische Sozialistische Bewegung), dazu die bisherigen Oppositionsparteien Syriza (Koalition der Radikalen Linken), Anel (Unabhängige Griechen, Abspaltung der ND), die rechtsradikal-faschistische Goldene Morgendämmerung, die Dimar (Demokratische Linke), die KKE (Kommunistische Partei Griechenlands), der rechtsliberale To Potami (Der Fluss) und die neu gegründete Kinima (Bewegung der Demokraten und Sozialisten). Die ursprünglich erst in eineinhalb Jahren fällige Abstimmung war – entsprechend der griechischen Verfassung – vorgezogen worden, weil im Parlament keine Mehrheit für die Wahl des von der Regierung vorgeschlagenen Präsdentschaftskandidaten Stavros Dimas gefunden wurde. Er hatte den im März aus seinem Amt ausscheidenden Staatschef Karolos Papoulias ablösen sollen. Wahlbrechtigt sind rund zehn Millionen Griechen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Die soziale Situation

Die von der rechtskonservativ-sozialdemokratischen Regierung des Ministerpräsidenten Antonis Samaras (ND) und seines Stellvertreters Evangelos Venizelos (Pasok) exekutierte »Austeritätspolitik« der Troika hat das Land in wachsende Armut gestürzt. Während mit der europäischen »Finanzhilfe« von rund 237 Milliarden Euro vor allem die maroden Banken und deren Anteilseigner oder Besitzer in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern saniert wurden, ging die »Unterstützung« nicht nur vollkommen am Volk vorbei, die Masse der Griechen wurde statt dessen mit zahlreichen neuen Steuerabgaben und Lohnkürzungen bestraft. Sie müsse nun dafür bezahlen, in den vergangenen 20 Jahren »über die Verhältnisse gelebt« zu haben. Berüchtigt ist der Spruch des beleibten ehemaligen Pasok-Außenministers Theodoros Pangalos: »Ta fagame masi – das (Geld) haben wir alle zusammen verfressen«.

Inzwischen ist das Land wegen des sogar im kapitalistischen Sinne »verfehlten«, in Wahrheit menschenverachtenden Wahns vom Sparzwang bei offiziell rund 30 Prozent Arbeitslosigkeit angekommen. Bei den jungen Menschen zwischen 18 und 25 Jahren liegt die verkündete Arbeitslosenquote bei 55 Prozent, in Wirklichkeit dürfte sie in diesem Winter rund 65 bis 70 Prozent erreicht haben. Das ist eine Verdoppelung der Werte in den Jahren zwischen 2010 und heute. Allein im Staatsdienst fielen fast 400.000 Stellen dem Diktat der Troika zum Opfer.

Gleichzeitig zu dieser sogar vom IWF als katastrophal bewerteten Entwicklung wurden Löhne und Gehälter zusammengestrichen. Beschäftigte mussten Kürzungen von rund 20 Prozent hinnehmen, der gesetzliche Mindestlohn wurde auf Betreiben der Troika um 22 Prozent auf inzwischen nur noch 586 Euro gesenkt. »Es blüht die Schattenwirtschaft«, meldete das Internetportal German-Foreign-Policy im September des vergangenen Jahres, sie umfasst nun geschätzt ein Viertel aller Beschäftigungsverhältnisse.

Das »finanzwirtschaftliche Anpassungsprogramm«, wie das Spardiktat in Brüssel und Berlin gern genannt wird, nimmt den Menschen auch die Gesundheitsversorgung: Rund 30 Prozent der Griechen sind inzwischen ohne Krankenversicherung, große Krankenhäuser in Athen und in den anderen Städten des Landes verzichten unter anderem auf teure Krebstherapien, weil sie die Medikamente dafür nicht mehr bezahlen können. Ganze Häuserblocks in der Athener Innenstadt werden auch in diesem Winter nicht beheizt, weil ihre Bewohner sich die Kosten für Strom oder Heizmaterial nicht leisten können. Alte Menschen sterben vor selbstgebastelten Holzöfen, Jugendliche sitzen in ungeheizten Schulen, die Kindersterblichkeit ist rasant angestiegen.

Die Zustände ähneln inzwischen jenen, die eine britische Parlamentsdelegation vorfand, als sie das Land im Herbst 1946, kurz nach Ausbruch des Bürgerkriegs, bereiste. Wie der Mannheimer Historiker Heinz Richter in seinem Werk »Griechenland zwischen Revolution und Konterrevolution« (Frankfurt 1973) schreibt, »musste die Delegation feststellen, dass für den Wiederaufbau keine Pläne existierten«, dass »die Verdienstmöglichkeiten für die einfachen Leute absolut unzureichend« waren, dass sie nur durch Schwarzmarktaktivitäten am Leben blieben und dass die Reichen, die herrschende Oligarchie, das Land ausbeuteten. »Obwohl es keine Titel oder soziale Unterschiede in Griechenland gibt und die natürliche Atmosphäre der Gleichheit zu den erfreulichsten Zügen des griechischen Lebens gehört, gibt es eine kleine Klasse von reichen Leuten, die mit ihren Familien in großem Luxus leben. Die hohen Lebensunterhaltskosten machen ihnen nichts aus.«

Dies beschreibt in etwa auch die Situation zu Beginn des Jahres 2015. Griechenland ist wieder dort angekommen, wo es sich nach Welt- und Bürgerkrieg unter dem Diktat des britischen und US-amerikanischen Imperialismus befand. Im März 2014 verabschiedete das Europäische Parlament einen Bericht, der die Troika scharf kritisierte und sich für deren Abschaffung aussprach. Es habe »einseitig auf Sparmaßnahmen gesetzt und Wachstumsimpulse vernachlässigt«. Abgeordnete kritisierten, dem Gremium fehle es an juristischer und demokratischer Legitimation und Kontrolle. Die wahren Ursachen der »Krise«, die Verantwortung des finanzkapitalistischen Systems, dessen Hüter, Profiteure und Verlierer, benannte der Bericht nicht.

Die Stimmung im Land

Fremde, die in diesem und in den vergangenen Wintern durch die Straßen der Haupstadt Athen gingen, konnten – ob Touristen oder Griechen – mit folgender Situation konfrontiert werden: Eine alte Frau steht weinend am Bordstein, über ein parkendes Auto gelehnt. Es regnet in Strömen. Passanten bleiben stehen. Auf die Frage, was ihr denn fehle, sagt sie, »der Apotheker wollte mir meine Medikamente nicht geben, ich hatte nicht genug Geld, um sie zu bezahlen«. Einige Leute greifen in die Tasche, gehen mit ihr zu dem Pharmazeuten und kaufen ihr die Arzneimittel.

Ein Journalist will alte Freunde in einem Hochhaus am Omoniaplatz im Stadtzentrum besuchen. Der Aufzug geht nicht, er steigt zu Fuß hinauf. Georgia Benakis, die Mutter der fünfköpfigen Familie, öffnet. Sie entschuldigt sich bei ihrem Gast und Freund, dass es kalt ist in der Wohnung im siebten Stockwerk. Die Hausbewohner haben, wie schon in den vergangenen drei Wintern, beschlossen, ohne Zentralheizung auszukommen. Das Geld für das Öl reicht nicht. Die Familie sitzt im engen Wohnzimmer, in Decken gehüllt, um einen kleinen elektrischen Heizkörper gruppiert. Den haben sie nur angemacht, weil sie den Besuch erwarteten. Die drei Töchter der Familie, junge Frauen, husten. Sie und der Bruder sind arbeitslos, sie leben von der kleinen Rente der Mutter. Sie wollen in den nächsten Tagen mit der Fähre nach Kreta übersetzen und in das Haus des Großvaters umziehen. Dort gibt es einen Ofen, den sie mit Holz aus ihrem Olivenhain beheizen können. Das Geld für die Fahrkarte haben sie sich geliehen.

Am Eingang zu der Ortschaft Vamos auf Kreta gibt es eine Gastwirtschaft, die »Zisterne des Blumosiphis«. Dort scharen sich jeden Abend acht bis zehn Männer und eine Frau um die »Zomba«, den bullernden, mit Olivenholz gefütterten Kanonenofen. Im Ort nennt man die Gruppe »Bouli«, das Parlament, weil es sich um Leute mit Schulbildung handelt, weil sie im Dorf einiges getan haben, um Arbeitsplätze zu schaffen. Im Tourismus, in der Produktion von Olivenöl und seinen Nebenerzeugnissen, in der Restauration. Manche der »Bouli«-Leute könnten bei den 68ern dabeigewesen sein, sie haben in Athen studiert und gearbeitet, einige sind bereits Rentner. Sie wählen alle »links«. Zwei haben 1981 mit der Pasok begonnen, drei mit der KKE, andere waren mal hier, mal da. Sie glauben, dass die Syriza eine Art Hoffnungsschimmer sein könnte. Dass die KKE jede Regierungsbeteiligung ablehnt, dass die Kommunisten sich treu bleiben wollen, verstehen sie – und finden es dennoch falsch. Die Stimmung im Lokal ist mies, das mit der Hoffnung ist so eine Sache, sagt Spiros Frantzeskakis, der Wirt.

Der Musiker Zacharias Spyridakis, Anfang vierzig, ist ein weitgereister Lyra-Spieler aus Athen. Sein Vater hat schwer unter der Militärdiktatur gelitten, er selbst denkt, dass Griechenland nach dem Ende der Junta einen Neuanfang verdient gehabt hätte. Die exilierten Politiker, die den Putsch der Obristen zu verantworten hatten, seien aus dem Ausland zurückgekommen, um genau das zu verhindern. »Exachriosi« und »Roufetia«, Korruption und Vetternwirtschaft, haben weitergelebt wie eh und je. Die Kirche? Wie immer überall dabei, wenn gestohlen und betrogen wird, dabei Rassismus und Antisemitismus verbreitend. Zacharias glaubt nicht mehr an Parteien, an das, was so fein und harmlos die repräsentative Demokratie genannt wird. Er will trotzdem wählen. Warscheinlich Alexis Tsipras, den Fürsten der Syriza, wie er ihn nennt. Er ist deprimiert, weil er nicht glaubt, dass Tsipras halten wird, was er verspricht. »Wenn er nichts wagt und nichts hält, wird es aus sein mit der Linken.« Auch mit den Kommunisten, fürchtet er, mit denen er als Student demonstriert hat.

Die Parteien

Jüngste Umfragen der Demoskopen, unabhängiger und bestellter professioneller Meinungsforscher, haben gezeigt, dass der Syriza und Tsipras der Wahlsieg wohl sicher ist. Die liberale Bildungsbürgerzeitung To Bima (Der Schritt) nennt Tsipras und dessen linksradikale Koalition »die Hoffnung der Linken«. Die der Syriza nahestehende linke Tageszeitung I Avgi (Der Morgen) ist sicher: »Die Syriza ist die Hoffnung auf einen gesellschaftlichen Wandel.« Der kommunistische Rizospastis sieht – alles in allem – schwarz.

In der einen Woche von Sonntag, dem 11. Januar, bis zum Sonntag, dem 18. Januar, wandelte sich das demoskopische Ergebnis des Instituts »Public Issue« für die beiden führenden Parteien Syriza und Nea Dimokratia erheblich. Für erstere stieg der prophezeite Stimmenanteil von 28,1 auf 35,5 Prozent, für die zweite von 28,1 auf 30,5. Umfrageergebnisse der Universität Thessaloniki sehen Tsipras mit 33,5 Prozent vor Samaras mit 27 Prozent. An dritter Stelle erscheint nun To Potami mit 5,2 bis 7,5 Prozent, gefolgt von den Rechtsradikalen der Goldenen Morgendämmerung mit bis zu 5,5 Prozent. Die Kommunisten, bei der PI-Umfrage mit 7 Prozent genannt, liegen bei der Thessaloniki-Vorhersage mit 4,8 bis 5,5 auf gleicher Höhe.

Nahezu sicher scheint, dass Syriza trotz der 50 Bonus-Parlamentssitze für den Wahlsieger wohl nicht alleine regieren können wird. Unter den genannten Parteien einen Partner zu finden, wird im Land als schwierig bis aussichtslos beurteilt. Verfassungsgemäß wird der amtierende Staatspräsident zunächst der Partei des Wahlsiegers die Regierungsbildung übertragen. Sollte die nicht gelingen, ist die zweite, dann die dritte politische Kraft an der Reihe.

Theoretisch stünde Tsipras und seiner vor allem von linken Pasok-Abtrünnigen, aber auch von ehemaligen Kommunisten und marxistischen Splittergruppen bevölkerten Partei, sollte er denn tatsächlich den Sieg einfahren, eigentlich nur die KKE zur Verfügung. Sie ist die einzige Partei, die dem ideologischen Selbstverständnis der Syriza und des Großteils ihrer potentiellen Wähler nahesteht. Doch die KKE hat bereits abgewinkt. Für Dimitris Koutsoumpas kommt keinerlei Regierungsbeteiligung in Frage. In einer Erklärung vor der Parteijugend begründete der KKE-Generalsekretär am Dienstag, warum es keine »Ehe« geben kann: »Die Syriza verlangt nicht von uns Geduld und Toleranz, sondern vom Volk und den jungen Menschen. Sie will, dass diese an Händen und Füssen gebunden in die Wahl gehen, sie wollen einen Blankoscheck von uns, weil sie bei den Unternehmerverbänden und der EU Verpflichtungen haben. Und das bedeutet, dass sie denselben Weg weitergehen wird, mit denselben Ergebnissen. An einer solchen Politik, egal welchen Namen eine Regierung trage sollte, werden wir uns nicht beteiligen.«

Auch ein Bündnis mit der Pasok scheint ausgeschlossen, deren Vorsitzender Venizelos will seine Partei noch weiter nach rechts ausrichten, eine Koalition mit Tsipras würde die Pasok nicht mehr zu kontrollierenden Spannungen aussetzen. Dies auch, weil sich der Sohn des Parteigründers Andreas Papandreou, der in den USA und Schweden aufgewachsene Georgios Papapandreou, bereits mit einer Gruppe altgedienter Parteisoldaten abgesetzt und eine neue »Bewegung« gegründet hat. Dass der ehemalige Außenminister und Regierungschef die geforderten drei Prozent und damit den Einzug ins Parlament erreichen wird, ist nach allen bisherigen Umfrageergebnissen allerdings nicht zu erwarten.

Bleibt »Der Fluss«, To Potami, des Journalisten Stavros Theodorakis. Es ist barer Unsinn, dass die in zahlreichen Artikeln deutscher Medien, darunter Spiegel online, hochgejubelte Partei eine Sammelstelle linksliberaler Intelligenz und linksliberalen Engagements sei. Theodorakis und seine Leute sind nichts anderes als ein konservativer Bürgerverein ohne jegliche theoretische oder gar ideologische Basis, in der sich die üblichen unzufriedenen Vertreter der »Astiki taxi«, der kleinen Bourgeoisie, zusammengetan haben, weil ihnen das harte Diskutieren in Linksparteien wie KKE und Syriza zuwider ist. Auch bei To Potami wird es um nichts anderes als die Sicherung von Pfründen gehen, die Partei ist dafür wie geschaffen.

Was droht, sind erneute Wahlen. Was danach vielen skeptischen Linken nicht mehr unmöglich erscheint, wenn die »Demokraten« sich nicht einig werden über die Verteilung von Macht und Finanzen, ist ein Eingreifen von Armee und Polizei: Um das »Chaos zu vermeiden«, um die »Demokratie zu sichern«, sind inzwischen auch strengere Maßnahmen wieder in Mode gekommen. Darauf bauen die Führungskader der rechtsradikal-faschistischen Goldenen Morgendämmerung. Die Hälfte ihrer 16 Abgeordneten, darunter auch der Anführer Nikolaos Michaloliakos, sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Gegen sie wird wegen des Mordes an einem jungen linken Punkmusiker ermittelt.

Was nun die Jugend anbetrifft, jene von der Ignoranz ihrer Eltern, von den ganz normalen Bedürfnissen des Finanzkapitalismus geschändete und verlorene Generation, so ist sie in ihrer Mehrheit längst auf Distanz gegangen zu den Altparteien, zu denen sie übrigens auch die KKE zählt. Auf Distanz zum Staat, den sie als Unterwerfungsinstrument identifiziert, wie der französische Autor Théo Cosme in einer Untersuchung der außerparlamentarischen Opposition junger Griechen angemerkt hat. In seinem Bericht »Batsi, Gourounia, Dolofonoi« (Bullen, Schweine, Mörder) hat er die Verweigerung einer wachsenden Zahl junger Athener beschrieben und den Wunsch, nach dem Polizeimord an dem 14 Jahre alten Alexis-Andreas Grigoropoulos am 6. Dezember 2008, unter Gewaltanwendung mit dem »herrschenden System« abzurechnen.

Eine Anarchogruppe der Hauptstadt, die sich in Anlehnung der Kritik an deutschem Wesen, deutscher Arbeitsmoral und deutscher Überheblichkeit ironisch den Namen »Blaumachen« gegeben hat, lässt Cosme in seinem Buch das aussprechen, was all die arbeitslosen, im Kalten hockenden, ohne Zukunft bleibenden Jugendlichen sicher unterstreichen würden: »Gewalt, das ist 40 Jahre lang für ein miserables Gehalt arbeiten zu müssen und glücklich sein zu müssen, wenn man danach Rente bekommt. Gewalt, das ist das Recht der Direktion, Leute zu entlassen, wann sie will. Gewalt, das ist die Arbeitslosigkeit, die Zeitarbeit oder 400 Euro im Monat, mit oder ohne Sozialversicherung.«

Tsipras, der den Schuldenschnitt will, der das Land dem Griff der Troika entwinden möchte, der versprochen hat, Löhne und Renten wieder anzuheben, wird sich auch dem stellen müssen – falls er gewinnen und sogar eine Regierung wird bilden können.

* Aus: junge Welt, Samstag, 24. Januar 2015


Zurück zur Griechenland-Seite

Zur Griechenland-Seite (Beiträge vor 2014)

Zur EU-Europa-Seite

Zur EU-Europa-Seite (Beiträge vor 2014)

Zurück zur Homepage