Nepal beschleunigt den Wandel
Parlament kann mit Zweidrittelmehrheit die Monarchie abschaffen
Von Hilmar König, Delhi *
Nepals Regierung ergänzte am Dienstag (10. April) die Übergangsverfassung durch ein wichtiges Gesetz: Mit
Zweidrittelmehrheit kann das Parlament das Ende der Monarchie beschließen. Dies könnte
geschehen, wenn König Gyanendra versuchen sollte, die Wahlen zur verfassunggebenden
Versammlung zu stören oder zu verhindern.
Bisher waren sich die politischen Parteien Nepals darin einig, dass über das Schicksal der
Monarchie auf der ersten Sitzung der am 20. Juni zu wählenden verfassunggebenden Versammlung
entschieden wird. Doch wenn es gar nicht erst dazu kommt? In den letzten Tagen war sogar
Ministerpräsident Girija Prasad Koirala ins Feuer der Kritik geraten. Sowohl die Maoisten als auch
die Vereinten Marxisten und Leninisten warfen ihm vor, für das »Schneckentempo« des politischen
Wandels und der Wahlvorbereitungen verantwortlich zu sein. Es sei Eile geboten, dieses historische
Ereignis ohne weitere Verzögerungen umfassend vorzubereiten.
So enthält das am Dienstag (10. April) beschlossene Gesetz auch eine Passage, wonach die Abgeordneten
den Premier ebenfalls mit Zweidrittelmehrheit absetzen können. Die Übergangsverfassung hatte
dem Regierungschef bisher eine Art von Unantastbarkeit zugesprochen. Koirala selbst soll mit
dieser Machtfülle nicht einverstanden gewesen sein.
Die KP Nepals (Maoistisch), die den jahrelangen Aufstand gegen die Monarchie angeführt hatte, ließ
sich dieser Tage bei der Wahlkommission in Katmandu als politische Partei registrieren und erfüllte
damit eine Voraussetzung zur Teilnahme an der Wahl der verfassunggebenden Versammlung.
Baburam Bhattarai, der zweite Mann der Maoisten, erklärte Hammer und Sichel zum offiziellen
Symbol der Partei, unter dem sie auch in den Wahlkampf gehen wird. Parteichef Pushpa Kamal
Dahal Prachanda hatte kürzlich im Hinblick auf die Wahlen davon gesprochen, dass gemeinsames
Vorgehen der Linken deren Chancen spürbar vergrößern würde. Tatsächlich gibt es in Nepal neben
der KPN (Maoistisch) und der einflussreichen KPN (Vereinte Marxisten und Leninisten) zahlreiche
andere linke Gruppierungen. Derweil hat die KPN (M) für ihre fünf Vertreter, die Anfang des Monats
in die Übergangsregierung eintraten, einen 14-Punkte-Verhaltenskodex festgelegt. So sollen die
Minister ein einfaches Leben führen, öffentlichen Angelegenheiten Vorrang vor privaten geben, auf
den Erwerb »ungerechtfertigten und teuren ausländischen Schunds« verzichten und kein größeres
Privateigentum besitzen. Letzteres hätten alle Mitglieder der Führung schon vor sechs Jahren der
Partei übergeben. Jetzt wolle man diesen Akt öffentlich bekräftigen, erklärte Krishna Bahadur
Mahara, der Leiter der maoistischen Ministergruppe. Mahara ist Informationsminister und wurde vor
einigen Tagen zum Sprecher der Übergangsregierung ernannt.
Schlagzeilen hatte zu Wochenanfang Madhav Kumar Nepal, Generalsekretär der KP Nepals
(Vereinte Marxisten und Leninisten), geliefert. Er regte an, die Armee des Landes und die Einheiten
der einstigen maoistischen Guerilla zusammenzuführen. [Siehe hierzu:
"Attacke von links".] Man könne die ehemaligen »Volkskrieger«
nicht mehr lange in Lagern einsperren. Sie brauchten Arbeit. Über 30 000 dieser einstigen Rebellen
sind gemäß UNO-überwachtem »Waffenmanagement« kaserniert worden. Dieser Tage begann ein
ähnlicher Prozess bezüglich der offiziellen Armee.
* Aus: Neues Deutschland, 12. April 2007
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