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Papua-Neuguineas Streithähne versöhnen sich

Zeit der doppelten Regierungsspitze in Port Moresby scheint beendet zu sein

Von Thomas Berger *

Noch sind nicht alle Stimmen der Parlamentswahl im Juni ausgezählt. Der lähmende Zweikampf der Spitzenpolitiker, von denen jeder über Monate das Premiersamt für sich beanspruchte, scheint aber vorbei zu sein.

Erleichterung beginnt sich breitzumachen in Papua-Neuguineas Hauptstadt Port Moresby und den Weiten des pazifischen Staates. Wie zur Wochenmitte bekannt wurde, wollen Sir Michael Somare und Peter O’Neill das Kriegsbeil begraben. Papua-Neuguinea könnte also eine Koalitionsregierung der bisherigen Rivalen erhalten. Eine fast ein Jahr lang währende kuriose Situation geht zu Ende: Es gab faktisch zwei Regierungschefs, die ihre Legitimität durchaus begründen konnten.

Michael Somare war nicht nur derjenige, der das frühere australische Treuhandgebiet 1975 in die Unabhängigkeit führte, wiederholt stand der heute 76-Jährige auch als Premier an der Spitze des Staates, dessen formelles Oberhaupt Königin Elizabeth II. ist. Vier Jahrzehnte währt seine politische Karriere bereits. Doch im Frühjahr 2011 musste sich der Veteran um seine Gesundheit sorgen: Er begab sich nach Singapur zur medizinischen Behandlung. Und da sich seine Abwesenheit hinzog, machten bald Gerüchte um einen Amtsverzicht die Runde. Sie wurden später jedoch als gezielte Falschinformation oder Missverständnis bezeichnet. Im August 2011 aber hatte eine Mehrheit der Parlamentsabgeordneten bereits Peter O’Neil zum Nachfolger gewählt.

Somare, wieder bei Kräften, kehrte indes bald darauf zurück - und wollte dort anknüpfen, wo er aufgehört hatte. Nur dass sein Widersacher nicht bereit war zu weichen. Nicht einmal ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, der Somares Ansprüche auf das Amt für rechtmäßig erklärte, bewegte den neuen Premier zum Einlenken. Vielmehr ließ sich O’Neill mit parlamentarischer Mehrheit in seiner Sichtweise bestätigen. Ein politisches Patt, das Papua-Neuguinea seit dem Jahreswechsel völlig lähmte. Sogar die ordnungsgemäße Abhaltung der Wahlen im Juni war in Frage gestellt.

Was der alte Politfuchs Somare von seinem Rivalen an Zugeständnissen im Tausch für seine Unterstützung ausgehandelt hat, ist noch nicht bekannt. Ebenso kann vorerst nur darüber spekuliert werden, was die beiden Streithähne zum Einlenken gebracht hat. Geht es nach Somares jüngster Äußerung, so ist es schlicht die Erkenntnis, dass die Selbstblockade nicht andauern darf. O’Neill preist den unlängst noch geschmähten Rivalen plötzlich in blumigen Worten als »unseren Gründungsvater, den großen Häuptling Sir Michael Somare«.

Klar ist, dass der jüngere Bewerber um das wichtigste Amt die Parlamentswahl gewonnen hat. Zwar sind erst 77 der 111 Abgeordneten amtlich bestätigt, doch mit 22 Sitzen liegt O’Neills Nationaler Volkskongress (PNC) klar in Führung. Nach Berichten des australischen Kanals ABC kann sich der neue Premier mit Somares Unterstützung sogar schon auf wenigstens 56 Abgeordnete verlassen. Den künftigen Koalitionären bleibt nun, sich den wahren Problemen und Aufgaben zuzuwenden, zum Beispiel die stagnierende Wirtschaft wieder anzukurbeln.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 28. Juli 2012


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