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Durchbruch in Simbabwe

Mugabe und Tsvangirai einigen sich auf Verhandlungsrahmen

Von Georg Krase *

In Südafrika begannen am Dienstag (22. Juli) zweiwöchige Verhandlungen der simbabwischen Konfliktparteien über eine Aufteilung der Macht in dem Krisenland.

Die Atmosphäre war überraschend entspannt, als Robert Mugabe von der ZANU-PF sowie Morgan Tsvangirai und Arthur Mutambara für beide Flügel der oppositionellen Bewegung für demokratischen Wandel (MDC) am Montag in Harare ein Memorandum signierten. Mugabe sprach von brüderlichen Beziehungen mit der Opposition, Tsvangirai von einem historischen Treffen. Nach Aufforderung des Vermittlers, Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, reichten sich beide bei ihrer ersten persönlichen Begegnung seit zehn Jahren sogar die Hand. Thabo Mbeki selbst genoss sichtlich den Erfolg seiner häufig kritisierten Politik der stillen Diplomatie, die zuletzt in schwierigen Verhandlungen an einem geheimen Ort in Südafrika zum Durchbruch führte. Damit soll ein Weg aus der verfahrenen Situation in Simbabwe geöffnet werden. Nach dem MDC-Sieg bei den Parlamentswahlen Ende März hatte Amtsinhaber Mugabe sich vor drei Wochen in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen im Amt bestätigen lassen, als Tsvangirai wegen massiver Wahlbehinderungen nicht antrat.

Das Memorandum sieht 14-tägige intensive Verhandlungen in Südafrika zu Details einer Machtteilung und Auswegen aus der derzeitigen Krise in Simbabwe vor. Ziel ist das Ende der Polarisierung mit einer umfassenden inklusiven Regierung. Prioritäten haben die Wiederherstellung ökonomischer Stabilität, eine neue Verfassung, nationale Aussöhnung und Einheit, Fragen ausländischer Einmischung, freie politische Betätigung und die Rechtstaatlichkeit. Gewalt und politische Intoleranz werden verurteilt. Während des Dialogs wird es keine Entscheidungen zur Einberufung des Parlaments oder Bildung einer Regierung geben. Die Regionalorganisation des Südlichen Afrikas (SADC) und die Afrikanischen Union (AU) sollen die Vereinbarung garantieren.

Die Rahmenvereinbarung entspricht Forderungen der AU nach einem Lösungsmechanismus in Simbabwe. Afrikanischer Druck brachte beide Seiten an den Verhandlungstisch. Mit der Unterstützung des SADC-Vermittlers Thabo Mbeki durch Vertreter der AU, der UNO und Angolas, derzeit SADC-Vorsitzender, kam man dem zögerlichen Tsvangirai entgegen, der Mbekis Unparteilichkeit in Frage gestellt hatte. Ein SADC-Treffen in Durban hatte ungewohnt deutlich Besorgnisse der Region unterstrichen und sah SADC selbst durch die Simbabwe-Krise ernsthaft gefährdet. Ex-UNO-Generalsekretär Kofi Annan forderte »eine schnelle und robuste Vermittlung zur Lösung der politischen Krise«, die gleichberechtigte Anerkennung beider Seiten und ein Ende der politischen Gewalt im Lande.

Eine Verhandlungslösung erscheint Beobachtern derzeit der einzig realistische Ausweg aus der Krise. Die im UN-Sicherheitsrat durch Russland und China blockierten Sanktionen gegen das Mugabe-Regime halten Experten kurzfristig für wirkungslos. Wirksamer scheint das Zuckerbrot massiver Investitionen, die im Falle einer politischen Lösung offeriert werden. Großbritannien, die USA, die UNO und die EU bieten insgesamt etwa drei Milliarden Euro an, eine gewaltige Finanzspritze für Simbabwes zerrüttete Wirtschaft. Ein Großteil des Geldes ist mit strikten Auflagen verbunden, unter anderem soll es nicht an eine Mugabe-Regierung gehen. Wie werden potenzielle Geldgeber nun auf eine Machtteilung unter Einbindung Mugabes reagieren?

Mugabes Rolle ist nur eine der offenen Fragen. Bei aller Freude über den Lösungsansatz in der Krise überwiegen in Simbabwe selbst Vorsicht und Skepsis. Bei der Unterzeichnung des Memorandums ließen Mugabe und Tsvangirai ihr gegenseitiges Misstrauen und ihren jeweiligen Führungsanspruch erkennen. Das Memorandum ist bestenfalls der Beginn eines Lösungsweges.

* Aus: Neues Deutschland, 23. Juli 2008

EU-Außenminister mischen sich ein

Am Montag (21. Juli) haben sich Regierung und Opposition in Simbabwe auf formelle Gespräche über die Zukunft des Landes geeinigt. Ein entsprechendes Abkommen unterzeichneten Präsident Robert Mugabe und Oppositionsführer Morgan Tsvangirai in Harare. Das von Südafrika unter Federführung von dessen Präsidenten Thabo Mbeki vermittelte Rahmenabkommen legt die Bedingungen für Verhandlungen über eine Koalitionsregierung fest. Arthur Mutambara von der oppositionellen Bewegung für Demokratischen Wandel, sagte, die Verhandlungen sollten höchstens zwei Wochen dauern und noch am Dienstag (22. Juli) in der südafrikanischen Hauptstadt Tschwane (ehemals Pretoria) aufgenommen werden. Dessen ungeachtet mischte sich die EU erneut ein. Am Dienstag (22. Juli) verhängten die Außenminister in Brüssel schärfere Sanktionen gegen das südostafrikanische Land. Beschlossen wurde, die Liste der »unerwünschten Personen« um 37 Simbabwer zu erweitern. Erstmals beschloß die EU auch Sanktionen gegen vier Firmen, welche die Regierung Mugabes unterstützen. (AFP/AP/jW)

** Aus: junge Welt, 23. Juli 2008




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