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ANC: In Malema ist Hitler wieder auferstanden

Südafrikas Regierungspartei attackiert den Vorsitzenden der oppositionellen Economic Freedom Fighters heftig

Von Armin Osmanovic *

In Südafrika gewinnt die politische Auseinandersetzung zwischen Regierung und der neuen Oppositionspartei EFF deutlich an Härte.

Sie sind auf Krawall gebürstet: die Abgeordneten der Economic Freedom Fighters (EFF). Parlamentarische Sitten stehen bei der erstmals ins südafrikanische Abgeordnetenhaus gelangten linksradikalen Partei nicht hoch im Kurs. Unlängst wurde eine Parlamentssitzung vorzeitig abgebrochen, nachdem die EFF-Fraktion mit ihrem politischen Anführer Julius Malema an der Spitze die Rede des Präsidenten Jacob Zuma massiv gestört hatte. Parlamentspräsident Baleka Mbete hatte die EFF-Parlamentarier aufgefordert, sich mit Zwischenrufen zurückzuhalten. Nachdem sie fortfuhren, verwies er sie des Saals. Doch die EFF-Parlamentarier weigerten sich. Schließlich musste Zuma das Parlament verlassen und Mbete rief die Sicherheitskräfte zu Hilfe.

Zuma stand dem Parlament Rede und Antwort wegen der finanziellen Unregelmäßigkeiten beim Ausbau seiner privaten Residenz. Der Ausbau der Sicherheitsanlagen hatte den Steuerzahler 18 Millionen Euro gekostet. Ausgebaut wurden aber unter anderem auch der Swimming Pool des Präsidenten, so dass nun die Forderung laut wird, Zuma solle einen Teil des Geldes zurückbezahlen.

Der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) fordert wegen des Vorfalls eine harte Bestrafung der EFF-Parlamentarier. Bereits im Juli hatte Julius Malema mit 300 EFF-Anhängern das Regionalparlament in Johannesburg gestürmt. Grund war der Ausschluss von acht EFF-Parlamentariern, die darauf bestanden hatten, ihre roten Overalls auch im Parlament zu tragen.

Den Sturm des Parlamentssitzes durch Malema und seine EFF verglich der ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe mit den Nationalsozialisten des Dritten Reichs: Mantashe warf Malema vor, die Regierung stürzen zu wollen und zu totaler Anarchie anzustiften. Wie die Nazis, die braune Hemden trugen, würden die EFF-Anhänger rote Overalls tragen. Für den ANC, so Mantashe, handele es sich bei den EFF um eine Rebellenbewegung, nicht um eine normale Partei.

Buti Manamela, neuer Vizeminister im Präsidialamt, hatte Malema in einer Parlamentssitzung sogar direkt mit Adolf Hitler verglichen. Hitler sei von den Toten auferstanden, so Manamela. Daraufhin bezeichnete der EFF-Parlamentarier Floyd Shivambu ihn als Lügner.

Südafrikas Vize-Präsident Cyril Ramaphosa versucht, die Gemüter zu beruhigen. Die heftigen Auseinandersetzungen im Parlament und der Ausschluss einiger Abgeordneter sei nur Ausdruck des Umstandes, dass viele neue Abgeordnete im Parlament seien, die sich erst an die Regeln des hohen Hauses gewöhnen müssten. Der ANC hatte nach den Wahlen im Mai, als die EFF knapp sieben Prozent der Stimmen gewannen und in das südafrikanische Parlament in Kapstadt einzogen, gehofft, dass es den EFF ähnlich ergehen würde wie der einstigen Oppositionspartei COPE.

COPE war 2009 mit knapp acht Prozent der Stimmen ins Parlament eingezogen. Doch bei den Wahlen im Mai erlitt die Partei ehemaliger ANC-Anhänger eine so schwere Niederlage, dass ihre weitere politische Existenz auf dem Spiel steht.

Der EFF scheint bislang aber nicht dem Schicksal von COPE folgen zu wollen. Die Führungsriege der Partei zeigt sich sehr geschlossen. Malema ist die klare und unumstrittene Nummer eins. Und vor allem gelingt es Malema und seinen Anhängern, sich im Gespräch zu halten. Der ANC hatte gehofft, dass Malema durch den zeitraubenden Parlamentsbetrieb an Glanz verliert. Doch dieser tut dem ANC nicht den Gefallen, sondern nutzt das Parlament als neues Forum für seine medial exzellent arrangierten Auftritte.

Der frühere Oppositionsführer Tony Leon von der Demokratischen Allianz (DA), Südafrikas größter Oppositionspartei, distanziert sich von Mantashes Nazi-Vergleich, da Malema keinen Holocaust plane, sieht aber in Malema wie in den Nazis einen Meister des Populismus. Malema dürfte diese Einschätzung nicht stören, der Nazi-Vergleich schon.

* Aus: neues deutschland, Montag 1. September 2014


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