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Zuma sichert sich ab

Südafrikas Präsident gibt neues Kabinett bekannt. Wichtigstes Einstellungskriterium ist Loyalität

Von Christian Selz *

Südafrikas Präsident Jacob Zuma ist für eine zweite Amtszeit vereidigt worden. Sein African National Congress (ANC) hatte die Parlamentswahlen am 7. Mai – wie sämtliche freie Abstimmungen seit dem Ende der Apartheid 1994 – mit absoluter Mehrheit gewonnen. Im Rahmen der Zeremonie am Sonntag in der Hauptstadt Pretoria gab Zuma, der gleichzeitig Präsident des ANC ist, sein neues Kabinett bekannt. Mit 35 Ministern ist es das größte in der Geschichte des demokratischen Südafrika – und gibt deutliche Hinweise auf Zumas Prioritäten.

Die Versetzung von Polizeiminister Nkosinathi Mthethwa an die Spitze des Kunst- und Kultur-Portfolios ist dabei sicherlich die spektakulärste Rochade. Mthethwa gilt als ausgesprochener Zuma-Loyalist und schien von einer Aura politischer Unsterblichkeit umgeben. Als die Polizei im August 2012 in Marikana mit scharfer Munition auf streikende Bergarbeiter feuerte und 34 Menschen tötete, geriet Mthethwas Stuhl nicht einmal ins Wanken. Auch als neun seiner Untergebenen im Februar 2013 den mosambikanischen Taxifahrer Mido Macia an ein Seil banden und auf den Straßen des Johannesburger Vororts Daveyton vor laufenden Handykameras hinter ihrem Dienstwagen zu Tode schleiften, konnte Mthethwa das wenig anhaben. Seine Demission in die zweite Liga der Ministerien hat Gründe, die näher liegen – sowohl zeitlich als auch zum Staatspräsidenten.

Eine »Sicherheitsgruppe« unter Führung Mthethwas sollte Ende vergangenen Jahres den Skandal um den umgerechnet fast 20 Millionen Euro teuren Ausbau von Zumas ländlichem Privatwohnsitz im Dorf Nkandla aus der Welt schaffen. Doch Mthethwas grobschlächtiger Versuch, die ermittelnde Generalstaatsanwältin per Unterlassungsklage ruhigzustellen, endete für die ANC-Führung im medialen Desaster. Nkandla wurde Hauptwahlkampf­thema der neoliberalen Opposition, die fast 5,6 Prozentpunkte hinzugewann. Für Zuma bedeutete dieses Versagen parteiinternen Druck. Die 62,2 Prozent der Stimmen, die der ANC unter seiner Führung nun erreichte, sind für die Partei das schlechteste Ergebnis bei Parlamentswahlen überhaupt. Gerüchte, wonach Zuma bei einem Abschneiden unterhalb der 60-Prozent-Grenze entmachtet worden wären, sind nicht überprüfbar – doch daß der Präsident geschwächt ist, liegt auf der Hand.

Zumas Reaktion ist ein Schließen der Wagenburg. Neben Mthethwa mußte auch Siyabonga Cwele seinen Platz im Ministerium für Staatssicherheit räumen und ins neu geschaffene Ressort Telekommunikation und Postdienste wechseln. Paul Mashatile, ANC-Vorsitzender in der Hauptstadtprovinz Gauteng, wo Zuma bei der Trauerfeier für Nelson Mandela im vergangenen Dezember ausgebuht worden war, verliert seinen Platz im Kabinett sogar ersatzlos. Anders als in seiner ersten Amtszeit benannte der Präsident nun zudem keine Mitglieder anderer Parteien zu stellvertretenden Ministern.

Programmatische Tendenzen lassen sich aus der Kabinettsumbildung nicht deuten. Die dem rechten Parteiflügel zuzuordnende Bergbauministerin Susan Shabangu wird zwar beispielsweise ins Frauenministerium versetzt. An ihre Stelle rückt mit Ngoako Ramathlodi jedoch ein Mann, der gleich in seiner ersten Pressemitteilung am Montag ein Ende des nun seit vier Monaten andauernden Bergarbeiterstreiks forderte. Dieser, so Ramathlodis Begründung, tue schließlich »der Wirtschaft und den involvierten Individuen wirklich weh«. Genau das aber wird der ANC unter Zuma bei allen Parolen von einer »Zweiten Phase der Revolution« und »wirtschaftlicher Transformation« auch weiterhin verhindern wollen.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 28. Mai 2014


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