Militäreinsätze "haben terroristische Rückzugsgebiete beseitigt sowie wichtige Transportwege von Terroristen unterbunden" - "Kanonen statt Butter"?
Der Bundestag beschloss am 12. November die Fortsetzung der Teilnahme am weltweiten sog. Antiterror-Krieg "Enduring Freedom" - Auszüge aus der Debatte
Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus der Parlamentsdebatte über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes im Rahmen des Antiterror-Kampfes "Enduring Freedom". Die Debatte fand am 12. November 2004 statt und endete in der Verabschiedung des Antrags der Bundesregierung, wonach der Bundeswehreinsatz um 12 Monate verlängert wurde.
Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Bundesregierung:
Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen
Hier geht es zum Antrag der Bundesregierung Drucksache 15/4032, der schließlich mit großer Mehrheit verabschiedet wurde.
Abgegebene Stimmen 560. Mit Ja haben gestimmt 550, mit Nein haben gestimmt 10, Enthaltungen keine.
Wir dokumentieren im vollen Wortlaut die Reden von
Dr. Peter Struck, Bundesminister der Verteidigung (SPD)
Bernd Schmidbauer (CDU/CSU)
Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dr. Rainer Stinner (FDP)
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos)*
In der Bundestagsdebatte am 12. November 2004 sprachen außerdem:
Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD), Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU), Hans Martin Bury, Staatsminister für Europa, Andreas Weigel (SPD), Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU)
Dr. Peter Struck, Bundesminister der Verteidigung:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beteiligung der Bundeswehr an der Operation Enduring Freedom ist auch weiterhin von herausragender Bedeutung für die Sicherheit Deutschlands und aller Staaten, die durch den internationalen Terrorismus bedroht werden. Es ist klar: Nur gemeinsames internationales Handeln kann zum Erfolg führen. Deshalb hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 8. Oktober 2004 mit seiner
Resolution 1566 die Weltgemeinschaft erneut aufgefordert, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus zusammenzustehen.
Die bisherigen Einsätze von Streitkräften der an der Operation Enduring Freedom beteiligten Staaten haben terroristische Rückzugsgebiete beseitigt sowie wichtige Transportwege von Terroristen unterbunden und sie hatten generell einen sehr stabilisierenden Einfluss auf die Länder am Horn von Afrika.
Das Kabinett hat am 27. Oktober 2004 entschieden, dass Deutschland – vorbehaltlich der Zustimmung des Deutschen Bundestages – weiterhin mit bis zu 3 100 Soldaten der Bundeswehr und entsprechender Ausrüstung an dieser Operation beteiligt bleibt. Das entspricht unserem Interesse und unserer Verantwortung für die Vereinten Nationen, die wir auch weiterhin wahrnehmen wollen.
Derzeit sind rund 290 Soldaten der Marine im Einsatz, weitere Kräfte werden in Bereitschaft gehalten. Natürlich geht es künftig auch darum, ein hohes Maß an Flexibilität bei militärischen Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus zu erhalten, um auf wechselnde Einsatzerfordernisse reagieren zu können. So unberechenbar die Terroristen agieren, so wichtig ist es für die internationale Koalition, für glaubwürdige und effiziente Einsätze ein Spektrum militärischer Optionen zur Verfügung zu haben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aus diesem Grund ist es auch richtig, die bislang nicht ausgeschöpfte Obergrenze für die deutsche Beteiligung beizubehalten.
Das Spektrum der deutschen Aktivitäten im Rahmen dieser Operation bleibt anspruchsvoll. Die Bundeswehr wird sich grundsätzlich weiterhin mit einer Fregatte und einem Seefernaufklärer am Horn von Afrika beteiligen; diese Region war in der Vergangenheit mehrfach Schauplatz von Attentaten terroristischer Gruppierungen. In der Marinelogistikbasis in Dschibuti werden weiterhin Soldaten stationiert bleiben. Durch die Zusammenfassung der Task Force 150 und der Task Force 151 hat sich das Einsatzgebiet der Marine seit März 2004 auch auf die Arabische See und den Golf von Oman ausgedehnt.
Allein in den vergangenen zwölf Monaten wurden etwa 10 500 Schiffe und Boote abgefragt und fast 400 Schiffe genau untersucht. Bei Verlängerung des OEF-Mandates, die heute ansteht, wird Deutschland voraussichtlich ab Dezember 2004 erneut den Kommandeur für die internationale Marinestreitkraft am Horn von Afrika stellen.
Daneben wird sich die Bundeswehr weiterhin aktiv am bündnisgemeinsamen Beitrag der NATO-Marinen für den Kampf gegen den Terrorismus im Mittelmeer, der Operation Active Endeavour, beteiligen. In den vergangenen zwölf Monaten war die Bundeswehr mit einer Fregatte und zeitweise zusätzlich mit Versorgungseinheiten, einem U-Boot und Seefernaufklärern an dieser Operation beteiligt. Im Rahmen dieser Operation wurden im östlichen Mittelmeer rund 19 500 Schiffe abgefragt und 41 davon genauer untersucht. Entsprechend einem neuen Operationsmuster werden ab dem 1. Oktober 2004 schwimmende Einheiten nur noch bei Bedarf eingesetzt. Wir werden die Überwachung dann im Wesentlichen durch Seefernaufklärungsflugzeuge durchführen. Daran wird sich die deutsche Marine mit monatlich acht Flügen aus Nordholz beteiligen.
Darüber hinaus hält die Bundeswehr einen Airbus A310 und eine CL-601 Challenger für die luftgestützte medizinische Notfallversorgung in einer 24- bzw. 12-Stunden-Bereitschaft zur Verfügung. Im vergangenen Jahr wurden Sanitätskräfte zwar nicht im Rahmen der Operation Enduring Freedom eingesetzt, aber mehrfach außerhalb der Operation genutzt, wie zum Beispiel bei der Rückführung eines Soldaten, der bei einem Raketenanschlag auf unser Lager in Kunduz verletzt worden war.
Meine Damen und Herren, Deutschland und die Bundeswehr handeln in Solidarität mit unseren Verbündeten und Partnern auf der Grundlage der Beschlüsse des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Dies gilt für die Operation Enduring Freedom genauso wie für die deutsche Beteiligung an der Operation ISAF in Afghanistan. An dieser Stelle will ich noch einmal ausdrücklich hervorheben, dass ich eine Zusammenlegung beider Operationen auf absehbare Zeit für falsch halte und dem entgegentreten werde.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Stabilisierungsaufgaben und aktive Terroristenbekämpfung sollten aus politischen, rechtlichen und praktischen Erwägungen heraus wie bisher getrennt bleiben. Es geht nicht um eine Zusammenlegung, sondern darum, über eine verstärkte Zusammenarbeit von ISAF und OEF Synergieeffekte vor Ort zu erzielen, um die Erfolgsaussichten beider Operationen zu vergrößern.
Deutschland und die Bundeswehr haben in Afghanistan eine tragende und von den Menschen vor Ort anerkannte Rolle für die Sicherung des Friedens und den gesellschaftlichen Wiederaufbau übernommen. Ich bitte Sie daher, das Mandat für diese wichtige Mission mit großer Mehrheit zu verlängern. Unsere Soldaten haben einen Anspruch darauf, dass das Parlament diesen Einsatz mit einer breiten Mehrheit trägt.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bernd Schmidbauer (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, dass es der Schock des 11. September im Jahre 2001 war, der dazu geführt hat, dass die Staatengemeinschaft Enduring Freedom auf den Weg gebracht hat und dass es gelungen ist, mithilfe von Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen und von Art. 5 des Nordatlantikvertrages sowie entsprechender Resolutionen des Sicherheitsrates zu einer gemeinsamen Anstrengung gegen den internationalen Terrorismus zu kommen.
Heute stellen sich die Fragen, ob dies noch aktuell ist, ob sich die Bedrohungslage verändert hat und wie wir dies beurteilen. Es gibt viele Stimmen. Ich will eine zitieren. In der „Berliner Morgenpost“ stand kürzlich ein Interview mit dem Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, der sich zum Thema Terrorismus geäußert hat. Auf die Frage, wie groß die Terrorgefahr in Deutschland sei, sagte er:
Die Gefährdung ist unverändert hoch. Wir haben zwar keine konkreten Hinweise auf Anschläge. Madrid, Casablanca, Djerba und Istanbul zeigen aber, dass es weltweit autonome Zellen des islamistischen Terrorismus gibt, die jederzeit zuschlagen können.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Das deckt sich mit all den Stellungnahmen, die derzeit abgegeben werden.
Für den Fall, dass Sie noch eine Stimme aus dem internationalen Bereich brauchen, sage ich Ihnen, dass der ehemalige Geheimdienstchef der Schweiz auf die Frage, ob auch die Schweiz von Terrorismus bedroht sei, kürzlich antwortete:
Die Bedrohungslage hat sich seit dem Ende des Kalten Krieges massiv verändert. Sie ist asymmetrisch geworden. Organisierte Kriminalität, Korruption, Massenvernichtungsmittel, Informationsoperationen und islamistischer Terrorismus heißen die heutigen Herausforderungen.
Diese Meldungen häufen sich und zeigen deutlich, wie aktuell die Bedrohung heute ist. Wir tun gut daran, in unseren Anstrengungen nicht nachzulassen.
In jüngster Zeit hat der Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde, IAEA, al-Baradei, in Sydney vor einem möglichen Terroranschlag mit nuklearem Material gewarnt und gesagt, dass die Verhinderung eines möglichen Terroranschlags mit nuklearem Material zu einem Wettlauf gegen die Zeit zu werden drohe. Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden, um dem neuen Phänomen namens nuklearem Terrorismus zu begegnen.
Im Übrigen darf ich erwähnen, dass dies überhaupt nicht neu ist. Ich erinnere mich an die großen Debatten in den 90er-Jahren, in denen eine andere Mehrheit die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss verlangte, weil man meinte, der Nuklearterrorismus sei inszeniert gewesen. Schon damals war von diesem vagabundierenden Material die Rede und wir alle hätten eigentlich sehen müssen, dass dies der Beginn einer neuen Bedrohung war. Das, was al-Baradei gesagt hat, ist also nicht neu.
Wichtig ist auch – ich glaube, das haben all diejenigen erkannt, die derzeit über Veränderungen des NVV diskutieren –, zu wissen, wie aktuell diese Dinge geworden sind. Der asiatisch-pazifische Wirtschaftsgipfel, der Ende November in Chile tagt, wird als eines seiner Schwerpunktthemen die Bekämpfung des Terrorismus behandeln. Auch die BKA-Herbsttagung hat sich mit diesen Dingen beschäftigt.
Der afghanische Präsident Karzai und der pakistanische Staatschef Musharraf haben ein gemeinsames offensives Vorgehen im Kampf gegen den Terrorismus angekündigt. Das halte ich für sehr wichtig. Wir alle konnten uns bei dem Besuch in Pakistan und Afghanistan davon überzeugen, dass hier neue Ideen und Vorschläge auf den Weg gebracht werden, die eine verstärkte internationale Zusammenarbeit zum Ziel haben.
Wir sehen also, dass das Thema internationaler Terrorismus ein wichtiges Thema ist. Leider nimmt die Bedrohung zu und nicht ab. Andererseits – auch das sage ich – erfüllen sich Gott sei Dank nicht alle an die Wand gemalten Horrorszenarien, zum Beispiel Anschläge während der US-Wahlen. Was hat die Presse dazu nicht alles geschrieben! Es wurden auch Anschläge zum jeweiligen Jahrestag am 11. September prophezeit. Glücklicherweise sind diese Befürchtungen nicht wahr geworden. Letztlich zeigt dies aber auch, dass wir viel zu wenig wissen, dass viel spekuliert wird, dass wir mit unseren Partnern und Freunden noch nicht in Terrornetze eingedrungen sind und dass wir noch lange nicht eine weltweite, einwandfrei funktionierende Kooperation und Koordination haben. Dies gilt es aber zu erreichen, wenn wir den Terrorismus bekämpfen, ihm die Stirn bieten und ihm das Handwerk legen wollen.
Ich sage allerdings auch, dass man keine Angst haben darf; denn die Angst geistert herum. Ein Zitat sollten all diejenigen beherzigen, die sich mit diesen Dingen beschäftigen: Furcht besiegt mehr Menschen als irgend etwas anderes auf der Welt. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen und keine Softoperationen durchführen. Wir müssen die politischen Maßnahmen so verändern, dass sie von einer möglichst großen Mehrheit getragen werden können. Das sage ich aus gutem Grund. Ich bin sehr froh über das, was der Verteidigungsminister eben erläutert hat. Lassen wir uns also durch Drohungen nicht vom richtigen Weg abbringen.
In der Tat können wir einige positive Beispiele vorweisen. Blicken wir zurück auf den Petersberg-Prozess. Wir haben in Afghanistan hervorragende Möglichkeiten, die Dinge voranzubringen. Die Präsidentenwahlen konnten ohne große Unruhen abgehalten werden. Unsere Soldaten in Kabul, Kunduz oder Faizabad haben bei ihrem Einsatz in Afghanistan zusammen mit der ISAF eine wichtige Funktion übernommen. Das hat dazu geführt, dass wir respektiert und gebraucht werden und die Bundeswehr dort eine ganz entscheidende Rolle spielt. Dies ist nicht verbesserbar.
Ich stimme dem Verteidigungsminister aber darin zu, dass Headquarters zusammengelegt werden müssen. Es muss zu einer besseren Koordination kommen, sodass nicht an jeder Ecke ein anderer Soldat aus einer selbstständigen Operation im Einsatz ist; dies muss vielmehr wesentlich besser abgestimmt werden.
Unser Respekt und unsere Hochachtung gelten all denen, die dort eingesetzt sind: unseren Soldaten, Polizisten und zivilen Helfern. Man muss wissen – die eingesetzten Kräfte wissen das auch –, dass dies keine ungefährlichen Einsätze sind. Ich will an die Bundesregierung und den Verteidigungsminister appellieren: Tun Sie alles, was in Ihren Kräften steht, um eine maximale Sicherheit zu erreichen! Tun Sie alles, damit unsere Soldaten für diese Einsätze entsprechend ausgestattet sind! Unsere Bundeswehr hat einen Anspruch auf die bestmögliche Ausrüstung für diese Einsätze.
Das Bundeskabinett hat am 27. Oktober für eine Verlängerung des Einsatzes im Rahmen der Operation Enduring Freedom gestimmt. Die zuständigen Ausschüsse haben dieser Verlängerung einstimmig zugestimmt. Ich denke, dass es wichtig ist, dass sich das Parlament mit einer breiten Mehrheit für die Verlängerung des Einsatzes um weitere zwölf Monate ausspricht. Bei unseren Gesprächen mit den Soldaten vor Ort hat sich deutlich gezeigt, dass diese das Geschehen im Parlament haarscharf beobachten. Täuschen wir uns nicht: Hier wird genau gefragt, welche Mehrheit es im Parlament gibt, wie die Unterstützung des Parlaments aussieht und wie weit der Einsatz durch Beschlüsse des Parlaments gedeckt ist. Deshalb ist meine herzliche Bitte, dass sich das Parlament mit einer sehr großen Mehrheit dafür ausspricht. Dies ist ein wichtiges Signal und ein klares Zeichen dafür, dass sich Deutschland auch weiterhin aktiv an der Bekämpfung des internationalen Terrorismus beteiligt.
Das war nicht immer so. Ich erinnere mich an das Jahr 2001, als die Regierungskoalition fast an der Frage zerbrochen wäre, ob sie eine eigene Mehrheit für diesen Einsatz zustande bringt. Die Zeiten haben sich geändert.
(Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Die zerbricht jetzt an sich selber!)
Heute sind wir insgesamt weiter und es muss nicht zur Vertrauensfrage kommen. Ich sage das nur, um zu zeigen, wie wichtig diese Veränderungen für uns alle sind und wie wichtig die Diskussionen waren, die dazu geführt haben, dass wir heute eine breite Basis für die Operation Enduring Freedom haben und uns nicht darüber streiten müssen. Wir erkennen vielmehr, dass das sehr wichtig ist. Wir sehen auch, dass nicht nur militärische Einsätze wichtig sind, sondern dass auch zivile, politische, entwicklungspolitische und polizeiliche Mittel im Rahmen eines Gesamtkonzeptes erforderlich sind. Dazu gehören auch – wir sind gut beraten, diese fortzuführen – die PRTs, die Provincial Reconstruction Teams, in Afghanistan, die eine hervorragende Arbeit leisten, neue Wege gehen
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) und des Abg. Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
und nicht nur den militärischen Teil, sondern auch den zivilen Teil betonen. Dadurch produzieren wir Sicherheit in der Fläche, leisten einen Beitrag zum Aufbau und stärken die Zentralregierung.
Entscheidend ist, dass wir uns nicht nur auf die eine Region konzentrieren, sondern den Terrorismus vom Maghreb-Gürtel über die arabische Halbinsel bis nach Asien bekämpfen. Wir müssen erkennen, dass es nicht nur einzelne Mosaiksteine gibt, um die wir uns kümmern müssen, sondern dass wir den Terrorismus insgesamt bekämpfen müssen.
Halten wir fest: Enduring Freedom ist nicht die Antwort auf den internationalen Terrorismus, sondern eine Antwort auf den internationalen Terrorismus. Enduring Freedom ist ein kleiner, aber unverzichtbarer Baustein im Kampf gegen den Terror und zeigt, dass die internationale Staatengemeinschaft, dass die Vereinten Nationen durchaus in der Lage sind, zu kooperieren und zu handeln, auch wenn in diesem Zusammenhang noch vieles verbessert werden kann und muss. Enduring Freedom zeigt auch, dass die NATO ein wichtiges Instrument der Terrorbekämpfung ist.
Ich möchte erwähnen und begrüße es sehr, dass die Vereinten Nationen ihre Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus vertiefen wollen und der europäische Antiterrorbeauftragte de Vries und der Direktor des UN-Ausschusses für Terrorismusbekämpfung Javier Ruperez in Brüssel dies gemeinsam anpacken. Auch dies ist ein neues Signal. Nicht nur einzelne Institutionen kämpfen gegen den Terrorismus, sondern wesentlich mehr.
Ich komme zum Schluss. Oft habe ich die Frage gehört, ob dieser Einsatz wirklich etwas bringt. Er hat in den letzten Jahren eine Unmenge Geld, insgesamt, wenn ich das richtig sehe – Herr Kollege Schmidt, Sie werden das sicher bestätigen –, 800 Millionen Euro, gekostet. Es wäre einmal zu hinterfragen, wie diese finanziellen Mittel im Rahmen von Enduring Freedom optimal eingesetzt werden können.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir müssen alles tun, um dem Terror den Nährboden und seine Basis zu entziehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Präsident Wolfgang Thierse:
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.
Bernd Schmidbauer (CDU/CSU):
Am Schluss war ich gerade. – Wir müssen den Menschen klar machen, dass wir durch das Bekämpfen und das Ausschalten von Terrorismus in ihrer Heimat unsere Heimat schützen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Marianne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der Vergangenheit hier und in der Gesellschaft heftig darüber gestritten, mit welchen Methoden man dem internationalen Terrorismus den Kampf ansagen soll. Diese Diskussion war nötig geworden, weil wir nach dem 11. September 2001 das erste Mal in der Situation waren, dass ein Land, nämlich unser Bündnispartner die Vereinigten Staaten von Amerika, im eigenen Land Opfer eines kriegerischen Angriffs geworden ist, eines Angriffs, der nicht von einem anderen Land, sondern von fanatischen Terroristen ausging.
Wir alle waren uns schnell einig, dass die Eindämmung des internationalen Terrorismus in erster Linie ein politischer Kampf sein muss, dass wir nur mit politischen, wirtschaftlichen, polizeilichen und gesetzgeberischen Maßnahmen die Bedrohungen, die sich gegen die internationale Gemeinschaft richten, eindämmen können.
Diese Bundesregierung hat immer einen breiten und tief gehenden Ansatz bei der Bekämpfung des internatonalen Terrorismus verfolgt, dessen Zentrum, der grausame Dschihad-Terrorismus, im Nahen und Mittleren Osten liegt. Es ist ein Terrorismus, der der westlichen Welt den Krieg erklärt hat, der die westliche Welt in einen Krieg der Kulturen verwickeln will, in einen Krieg des Westens gegen den Islam.
Die Krise des Nahen und Mittleren Ostens ist eine Modernisierungskrise der islamisch-arabischen Welt und einer totalitären Ideologie. Es ist eine fanatische Ideologie, die sich nicht nur gegen die westliche Welt, ihre Werte und ihre Zivilgesellschaften richtet, sondern auch Reformen in der arabischen, der muslimischen Welt verhindern will. Deswegen müssen wir diesen Ländern und ihren Gesellschaften ein ernstes Angebot zur Kooperation machen, wie wir es mit dem Konzept „Wider Middle East“ getan haben.
Die Bundesregierung hat bewiesen, dass sie im Kampf gegen den internationalen Terrorismus in erster Linie dem Primat der Politik folgt. So hat sie wichtige Beiträge zur Terrorismusbekämpfung auf den multilateralen Ebenen von UN, OSZE, NATO und G 8 geleistet. Deutschland hat den Polizeiapparat in Afghanistan aufgebaut. Es hat geholfen, wichtige Teile der Petersberger Beschlüsse umzusetzen, und sich federführend mit ISAF in Kabul und Kunduz engagiert, um mit sichtbaren wirtschaftlichen Aufbauleistungen eine Perspektive für das afghanische Volk aufzuzeigen. Und wir sind der größte Geber in Afghanistan.
Obwohl wir die politischen Lösungen in den Vordergrund stellen, bleibt doch der Einsatz militärischer Mittel derzeit ein unverzichtbarer Bestandteil im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Durch die Präsenz in Afghanistan konnte der generelle Ablauf der Präsidentschaftswahlen gewährleistet werden. Die Menschen haben sich getraut, sich registrieren zu lassen, und der Aufbau staatlicher Institutionen schreitet voran. Das alles lässt hoffen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich mit einem leistungsfähigen Kontingent in die multinationale Operation Enduring Freedom eingebracht. Hierfür sowie für die Beteiligung an ISAF genießt Deutschland hohe Anerkennung in der Welt. Diese Anerkennung gilt ganz besonders den Peacekeeping-Fähigkeiten der Bundeswehr.
Im Zuge von Enduring Freedom hat die deutsche Marine einen stabilisierenden Einfluss am Horn von Afrika und natürlich auch im Mittelmeer ausgeübt. Die Seestreitkräfte haben wichtige Handelswege gegen Piraterie und Waffenschmuggel abgesichert. In keinem Fall ist es dabei zu militärischen Auseinandersetzungen gekommen, sondern die Soldaten haben immer in Kooperation mit den Schiffsführern und den entsprechenden Eignern gehandelt.
Aber der Kampf gegen den internationalen Terrorismus ist noch lange nicht gewonnen. Der furchtbare Anschlag von Madrid im März dieses Jahres ist uns allen noch in Erinnerung. Wie grausam Terrorismus ist, wenn er sich gegen die Zivilgesellschaft richtet, haben wir voller Entsetzen durch die Morde an den Kindern von Beslan erfahren. Die Bedrohung durch al-Qaida und andere Terrorgruppen ist nach wie vor real vorhanden. Kein Mensch kann sagen, wie lange dieser Kampf noch dauern wird und ob er je zu Ende geht.
Unsere Befürchtungen von damals, wir könnten über die Beteiligung an Enduring Freedom in ein Kriegsabenteuer mit unkalkulierbaren Folgen geraten, haben sich nicht bewahrheitet. Die deutsche Unterstützung war jederzeit ausgewogen, verhältnismäßig und wurde im militärischen Bereich sehr zurückhaltend ausgeschöpft. Das wird auch so bleiben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Die Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen hält die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an Enduring Freedom für notwendig und verantwortbar. Der Umfang von 3 100 Soldaten ermöglicht ein schnelles und flexibles Handeln. Da derzeit nur 500 Soldaten im Einsatz sind und damit die Obergrenzen nicht ausgeschöpft sind, handelt es sich eher um ein „Bereitstellungsmandat“ als um ein Einsatzmandat.
Ich möchte noch etwas zum Irak anmerken. Wir haben den Irakkrieg abgelehnt. Dabei bleibt es auch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Wir haben uns nicht am Irakkrieg beteiligt und werden dies auch in Zukunft nicht tun, egal in welcher Konstellation. Das war in den letzten Tagen immer wieder Gegenstand der Debatte. Rot-Grün ist ein Garant dafür, dass es unter dieser Bundesregierung keine Beteiligung am Irakkrieg gibt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Herr Schäuble kann tausendmal fordern – ich zitiere gerne aus den Protokollen –, dass wir uns im Falle eines UN-Mandats nicht verweigern könnten. Wir haben dies aber getan und werden es auch weiterhin tun. Das ist der Unterschied: Mit uns gibt es keine Kriegsbeteiligung; unter der CDU/CSU mit Wolfgang Schäuble würden Soldaten in den Irakkrieg geschickt werden.
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir begehen heute ein Jubiläum – von Feiern möchte ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen –; denn heute entscheiden wir gemeinsam zum 40. Mal über den Einsatz deutscher Soldaten im Ausland. Auch wenn wir das schon so oft getan haben, glaube ich, dass diese Entscheidung im Deutschen Bundestag niemals zu einer reinen Routine werden darf.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Wir müssen uns auch heute zum 40. Mal folgende Fragen stellen: Dient der Einsatz der Sicherheit und den Interessen unseres Landes? Ist das Mandat, das wir den Soldaten erteilen, durchführbar? Statten wir sie mit den notwendigen Mitteln aus, um ihr Mandat zu erfüllen? Begrenzen wir das Mandat auf das wirklich Notwendige zur Erfüllung der gemeinsamen Aufgaben?
Wir als FDP haben uns diese Fragen auch zum 40. Mal so deutlich gestellt. Ich darf Ihnen mitteilen, dass wir nach langer Diskussion übereingekommen sind, diesem Mandat mit großer Mehrheit zuzustimmen. Das tun wir aber nicht ohne Bedenken. Wir stimmen zu, weil wir uns sicher sind und zum Ausdruck bringen wollen, dass der Kampf gegen den Terrorismus noch nicht gewonnen ist, dass wir Deutsche auch eigene Sicherheitsinteressen haben und durch diesen Kampf bedroht sind. Wir wollen damit ferner deutlich machen, dass wir unseren Beitrag zu dem Kampf gegen den Terrorismus leisten wollen.
Die Entscheidung ist uns aber nicht leicht gefallen. Wir stellen hier die Frage nach der Effektivität und Effizienz. Effektivität heißt, die richtigen Dinge zu tun. Das macht die Bundesregierung. Deshalb stimmen wir ihrem Antrag zu.
(Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Aber nur in diesem Fall!)
Effizienz heißt, die Dinge, die man tut, richtig zu tun. Hierbei bleiben, wie so häufig beim Handeln dieser Bundesregierung, auch weiterhin Fragen offen.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU))
Sie wollen sich heute ein Vorratsmandat geben lassen. Frau Kollegin Tritz, Sie haben einen verdächtigen neuen Begriff eingeführt, nämlich „Bereitstellungsmandat“. Diesen Begriff habe ich bisher noch nie gehört. Der Parlamentsvorbehalt bezieht sich jedenfalls nicht darauf, Bereitstellungsmandate zu verabschieden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir nennen das nicht Bereitstellungsmandat; vielmehr meinen wir, dass Sie sich ein Vorratsmandat geben lassen wollen. Auch das entspricht nicht dem Parlamentsvorbehalt. Derzeit sind 500 Soldaten im Einsatz; aber das von Ihnen geforderte Mandat bezieht sich auf 3 100 Soldaten. Das ist das Sechsfache und widerspricht sämtlichen Planungsreserven. Es ist nicht damit zu erklären, dass es um die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung geht.
(Beifall bei der FDP)
Es handelt sich vielmehr um einen Vorratsbeschluss. Wir fragen uns in diesem Zusammenhang: Entspricht das noch unserem Konzept der Parlamentsarmee?
Nach unserer Auffassung bedeutet das Konzept einer Parlamentsarmee, dass wir, das Parlament, eine enge Kontrolle über den jeweiligen Einsatz haben. Da solche Beschlussanträge hier im Plenum leider keine Änderungsanträge zulassen, können wir nur zustimmen oder ablehnen. Wir hätten uns aber gewünscht, dass sich die Bundesregierung, wenn sie denn ein breites Mandat haben möchte, vorher mit uns in den Ausschüssen ausführlicher abgestimmt hätte, als zwei Tage vor der entscheidenden Abstimmung die Vorlage im Ausschuss einzubringen.
Wir sind sehr erstaunt, dass die Koalitionsfraktionen diese Fragen nicht ähnlich dringlich stellen wie wir. Sie haben schließlich gemeinsam mit uns, den Oppositionsfraktionen, Verantwortung für den Einsatz der Bundeswehr.
(Beifall bei der FDP – Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie kennen doch gar nicht unsere internen Diskussionen!)
Lieber Herr Nachtwei, insbesondere die Grünen sind hier einen langen Weg gegangen, von Abschaffern der Bundeswehr zu unkritischen Durchwinkern von Auslandseinsätzen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Quatsch!)
Ein langer Lauf zu einer neuen Identität Ihrer Partei!
Wir wollen gar nicht bestreiten, dass es einen natürlichen Konflikt zwischen den Interessen der Regierung an Handlungsfähigkeit und möglichst ungestörtem Handeln – es ist völlig klar, dass wir, wenn wir in der Regierung wären, ähnliche Interessen hätten – und den Interessen an einem Parlamentsbeteiligungsgesetz gibt. Wir brauchen aber nach wie vor dringend ein solches Gesetz und haben dazu einen praktikablen Vorschlag vorgelegt. Ich bedauere deshalb sehr, dass dieses Thema in dieser Woche auf Ihren Wunsch hin abgesetzt worden ist. Ich fordere Sie auf, einem entsprechenden Gesetzentwurf endlich zuzustimmen. Dann bräuchten Sie sich in Zukunft jedenfalls nicht mehr einen sechsfachen Vorratsbeschluss geben zu lassen.
(Zuruf von der SPD: Wir haben einen viel besseren Vorschlag!)
Wenn wir trotz unserer Vorbehalte Ihrem Antrag zustimmen, dann hat das zwei Gründe. Der erste Grund ist: Wir wollen sehr deutlich machen, dass Deutschland einen fairen Beitrag zum gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus leistet. Dazu stehen wir, die FDP. Der zweite Grund ist – wenn ich das sage, fällt mir als Oppositionspolitiker kein Zacken aus der Krone –: Wir erkennen an, dass die Bundesregierung – jedenfalls bisher – mit dem Mandat sehr verantwortungsvoll umgegangen ist. Herr Weisskirchen, hier sind wir völlig offen und stimmen Ihnen zu.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wenn wir heute zustimmen, geben wir der Bundesregierung einen Vertrauensvorschuss. Das ist bei dieser Bundesregierung natürlich alles andere als einfach.
(Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In diesem Fall aber begründet!)
Wir erwarten aber, dass wir in den Ausschüssen noch mehr als bisher in die Lage versetzt werden, die jeweiligen Einsätze zu verfolgen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: So etwas, was beim Kosovo-Einsatz geschehen ist, darf nicht noch einmal vorkommen. Wir erwarten Offenheit, Klarheit und wahrheitsgemäße Informationen. Beim Kosovo-Einsatz haben Sie uns, das Parlament, drei Monate lang an der Nase herumgeführt. Wir verbinden unseren Vertrauensvorschuss mit der Erwartung, dass so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt.
(Beifall bei der FDP)
Ich komme zum Schluss. Wir verknüpfen unsere Zustimmung – die haben wir uns nicht leicht gemacht, aber wir stehen zu ihr – mit der Erwartung, dass es ein Parlamentsbeteiligungsgesetz gibt – wir haben, wie gesagt, einen entsprechenden Antrag eingebracht –, das uns in Zukunft solche Zumutungen wie heute erspart, einen Vorratsbeschluss, ein Bereitstellungsmandat, wie es die Frau Kollegin Tritz genannt hat, zu akzeptieren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos)*:
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der „Stern“ hat über das Kommando Spezialkräfte, KSK, in Afghanistan berichtet – ich zitiere –:
Seit der Operation Anaconda, an der im März und April 2001 KSK-Kräfte teilnahmen, treten die Al-Qaida- und Taliban-Kämpfer nicht mehr in Gruppen auf, die meisten sind über die Berge nach Pakistan verschwunden. Das KSK will sein Kontingent ebenfalls abziehen – doch es muss bleiben. „Aus dem sinnvollen Einsatz wurde ein politischer. Wir waren der politische Preis dafür, dass Deutschland die USA im Irak nicht unterstützte“, sagt ein Offizier.
(Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unsinn! Das war ja viel eher!)
„Unser Einsatz machte keinen Sinn mehr, solche Aufträge hätten auch andere erledigen können. Wir haben dort in der Wüste gehockt und Skorpione gefangen.“
Die Regierung und die konservative Opposition wollen ein Mandat mit einem Budget von 114 Millionen Euro für weitere zwölf Monate beschließen. Umgerechnet auf die derzeit eingesetzten 500 Soldaten sind das pro Tag 624 Euro pro Soldat.
Die Hilfsorganisation Misereor hat die Kampagne „Mit 2 Euro im Monat helfen“ gestartet. Zehnmal 2 Euro haben zum Beispiel dabei geholfen, dass der vierjährige Alem keinen Hunger mehr leiden muss. Seine Mutter hat im St. Mary Social Center im äthiopischen Wukro Kurse über Gemüseanbau und Hühnerzucht besucht. Das dort erworbene Wissen hat der Frau geholfen, für sich und ihren Sohn eine bescheidene Existenz aufzubauen. Da bewirken 20 Euro schon verdammt viel, wenn man überlegt, dass die Soldaten in Afghanistan am Tag 624 Euro kosten.
Vielleicht geht es Ihnen ja auch um etwas ganz anderes. Vielleicht geht es nicht um demokratische Verhältnisse in Afghanistan, nicht um die Freundschaft zu den USA und nicht um einen Ausgleich für die Nichtteilnahme Deutschlands am Irakkrieg. Dass es noch einen anderen Grund geben muss, habe ich schon immer vermutet, aber bisher noch nicht so deutlich gelesen wie bei Herrn Michael Dauderstädt. Er schreibt in der „Financial Times Deutschland“ vom 13. Januar dieses Jahres:
Europa braucht eine gemeinsame Rüstungspolitik statt der Gemeinsamen Agrarpolitik, also Kanonen statt Butter.
Dauderstädt beklagt, dass im Jahre 2002 46 Milliarden Euro in der EU für die Landwirtschaft ausgegeben wurden. Dieses Geld würde er „besser für die Forschung, Entwicklung und Produktion von Rüstungsgütern einsetzen“.
Wer ist Herr Dauderstädt? Ist er ein Rüstungslobbyist? Nein. Herr Dauderstädt ist Leiter des Referats „Internationale Politikanalyse“ der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die SPD-Strategen dieser Stiftung wollen also aus Butter Kanonen machen. Das hatten wir schon einmal und dies ist für Deutschland wirklich nicht gut ausgegangen.
Wer den strategischen Ansatz „Kanonen statt Butter“ im Hinterkopf hat und der Verlängerung des Bundeswehrmandats in Afghanistan zustimmt, der spielt nicht nur mit dem Leben unserer Soldaten, der leitet auch einen Paradigmenwechsel in der deutschen Außenpolitik ein.
(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))*
Dazu, meine Damen und Herren von der SPD, fehlt Ihnen der Wählerauftrag.
Die PDS lehnt die Verlängerung des Bundeswehrmandates ab.
Vielen Dank.
(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))
Quelle: Vorabveröffentlichung der nach § 117 GOBT autorisierten Fassung vor der endgültigen Drucklegung. 12. November 2004
Im Internet: www.bundestag.de
* Anmerkung des Webmasters: Gesine Lötzsch und Petra Pau sind Abgeordnete der PDS. Da sie keine Fraktion bilden, werden sie offiziell als "fraktionslos" bezeichnet.
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