Neuseeländische Parlamentsinitiative gegen Uranmunition vorerst zurückgepfiffen
Abgeordnete der regierenden National Party blockieren Gesetzentwurf über den Einsatz von abgereichertem Uran / Opposition und NGOs empört *
Aktivisten und Parlamentarier der Opposition haben Mitglieder der Regierungspartei Neuseelands für ihr massenweises ablehnendes Abstimmungsverhalten bei der ersten Lesung eines Gesetzes für ein nationales Verbot von Waffen, die abgereichertes Uran enthalten, kritisiert.
Der Abgeordnete Phil Twyford von der oppositionellen Labour Party löste hitzige Rededuelle im Parlament aus mit seinem am heutigen Morgen (27. Juni) eingebrachten Gesetzentwurf für ein nationales Verbot, das sich im Übrigen an eine ähnlich geartete Gesetzgebung in Belgien und Costa Rica anlehnt. Die abschließende Abstimmung über die Überweisung des Gesetzentwurfs an den zuständigen Ausschuss zur weiteren Prüfung ergab ein Patt von 60 gegen 60 Stimmen, was seine Ablehnung zur Folge hatte. Nach der Abstimmung kam heraus, dass die Maori Party, die den Entwurf unterstützte, nur zwei von den ihnen zustehenden drei Stimmen abgeben konnte, weil ihr stellvertretender Vorsitzender Pita Sharples nicht anwesend war. Somit wurde der Entwurf letztlich mit nur einer Stimme Mehrheit abgelehnt.
Die National Party, die eine Minderheitsregierung führt, hatte ihre Position bereits vor Beginn der Debatte verkündet. Deren Parlamentarier, die von Aktivisten angesprochen worden waren, erklärten unisono, dass es nur ungenügende Beweise für eine potenzielle Schädigung gäbe, die ein Handeln erforderlich machen würden. Unterstützer des Gesetzentwurfs hingegen argumentierten, dass ausreichende Beweise für mögliche Schädigungen vorlägen, dass der Einsatz von abgereichertem Uran (DU-depleted uranium) eine signifikante Belastung für den Wiederaufbau von Staaten nach einem kriegerischen Konflikt darstelle und dass von Konfliktbeteiligten geforderte epidemiologische Studien nur äußerst schwierig in derartigen Nachkriegs-Umgebungen durchzuführen seien. Sie argumentierten ferner schlüssig, dass Neuseeland eine von Vorsicht geprägte Herangehensweise verfolgen solle, so als ob die DU-Kontaminierung im eigenen Land erfolgt sei.
Während der Debatte verknüpfte Phil Twyford das vorgeschlagene DU-Verbot mit der Position des Landes zu anderen inhumanen Waffen mit den Worten: "Wir legalisierten das Verbot von Streubomben und Landminen im Einklang mit der wachsenden Zahl von Ländern, die erklären, dass diese Waffen inhuman seien – sie sollten nicht eingesetzt sondern verboten werden."
Trotz alledem blieben die Parlamentarier der National Party bei ihrer Linie und verspotteten Twyford sogar wegen des Einbringens eines Gesetzentwurfs, der "ohne jedwede Relevanz für Neuseeländer" sei. Woraufhin Labour-Abgeordnete, dabei insbesondere die Abgeordnete Maryan Street, zurückschlugen mit dem Vorwurf unverantwortlicher Polit-Trickserei Seitens der National Party.
Der Entwurf hatte die Unterstützung der Parteien der Grünen und von "New Zealand First" erhalten. Der Grünen-Abgeordnete Gareth Hughes lobte Twyford für die Initiative und wies ferner darauf hin, dass das nuklearfreie Neuseeland bisher bereits benutzt worden sei als Umschlagplatz von für die USA bestimmtem australischen "yellow cake"[1]. Es ist vielleicht an dieser Stelle erwähnenswert, dass Australiens Vereinbarung mit den USA über Uran-Exporte dessen Endverwendung in Nuklearwaffen und DU-Waffen verbietet.
Auch Richard Posser, Abgeordneter von "New Zealand First" unterstützte den Entwurf und verwies in seiner Argumentation deutlich auf den völlig inakzeptablen Einsatz von DU in gegenwärtigen Konflikten. Derselbe Posser arbeitete übrigens in der Vergangenheit für die Waffenindustrie beim Entwerfen von Panzer brechenden Geschossen.
Die Internationale Koalition für das Verbot von Uranwaffen (ICBUW) und ihre Partner sind natürlich enttäuscht über diesen Ausgang und werden nun das weitere Vorgehen abklären. Ein Sprecher von ICBUW erklärte:
"Dies Resultat ist äußerst enttäuschend, insbesondere wegen des knappen Abstimmungsergebnisses. Wir sind doch einigermaßen schockiert über die Haltung der in der Debatte anwesenden Parlamentarier der National Party, die von zahlreichen internationalen Beobachtern als unverantwortlich angesehen werden könnte, wenn man einmal die beträchtliche Besorgnis berücksichtigt, die diese Waffen hervorrufen – nicht zuletzt im Irak. Neuseeland hat in der Vergangenheit eine eindrucksvolle Führungsrolle in Waffenkontroll-Angelegenheiten gezeigt, und es ist beruhigend zu sehen, dass dieser Geist zumindest noch in Teilen des Parlaments vorhanden ist."
Originalartikel: "National MPs block New Zealand depleted uranium bill at first reading", erschienen am 27. Juni 2012 auf der Website der Internationalen Koalition zur Ächtung von Uranwaffen" (ICBUW-Internationale Coalition to Ban Uranium Weapons"; http://www.bandepleteduranium.org
Übersetzung: Eckart Fooken
[1] Yellow cake (englisch ‚Gelbkuchen‘ oder ‚gelber Kuchen‘) ist ein gelbes, pulverförmiges Gemisch von Uranverbindungen. Yellowcake ist der Ausgangsstoff für die Herstellung von Brennelementen. (Quelle: Wikipedia)
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