OSZE auf der Suche nach Profil
Mongolei soll neues Mitglied werden
Von Hans Voß *
Die diesjährige Tagung der Außenminister
der OSZE-Staaten in Dublin bot
das bekannte Bild: Es fehlte nicht an
demonstrativen Gesten.
Die Außenminister der OSZEStaaten
verabschiedeten auf ihrer
zweitägigen Konferenz in der irischen
Hauptstadt ein Dokument,
das Schwerpunkte des Wirkens bis
zum 40. Jahrestag der KSZE im
Jahre 2015 enthält. Außerdem soll
die Mongolei als 57. Mitglied aufgenommen
werden. Bei konkreten
Sachfragen gab es jedoch keine
spürbaren Fortschritte. Im
Konfliktfall Berg-Karabach mussten
die Streitparteien Armenien
und Aserbaidschan dringend ermahnt
werden, endlich mehr Verständigungsbereitschaft
zu zeigen. Beim Konflikt um Transnistrien
konnte zwar auf diverse
Treffen verwiesen werden, was
bleibt, ist jedoch die Hoffnung,
dass weitere Begegnungen zu Ergebnissen
führen.
Völlig im Dunkeln befindet sich
die Zukunft der konventionellen
Abrüstung in Europa. Seit Jahren
liegt ein fertiges Abkommen vor,
dessen Ratifizierung von den
NATO-Staaten an politische Bedingungen
geknüpft wird. Aus dem
Auswärtigen Amt hieß es, dass
daran gearbeitet würde, einen
völlig neuen Vertragstext auszuarbeiten.
Aber diese Botschaft hört
man schon seit mehreren Jahren.
Der einzige Bereich, auf den die
OSZE-Verantwortlichen mit einem
gewissen Stolz verwiesen, ist die
Entsendung von Wahlbeobachtern,
so wie kürzlich in der Ukraine.
Es hat den Anschein, dass die
OSZE erneut an einem toten Punkt
angelangt ist. Seit ihrer Gründung
im Jahre 1975 hat sie verschiedene
Stadien durchlaufen. Zunächst
wirkte sie als wichtigstes
Instrument in der Gestaltung der
Ost-West-Beziehungen, wurde sodann
als Hoffnungsträger der
Neugestaltung der europäischen
Sicherheitsarchitektur ausgewiesen,
um schließlich doch an den
Rand des Geschehens gedrängt zu
werden. Die NATO begann, die
Szenerie zu beherrschen. In den
Jahren 2011 und 2012 fanden keine
Sondertreffen der OSZE-Außenminister
mehr statt.
Sicherlich hängt die auffallende
Zurückhaltung damit zusammen,
dass man allerorts auf den
Ausgang der Wahlen in den USA
wartete. Unübersehbar ist aber
auch, dass es zu einer erneuten
Abkühlung in den Ost-West-Beziehungen
gekommen ist. An der
Klimaverschlechterung hat die
deutsche Politik maßgeblichen
Anteil. Wladimir Putin, der erneut
gewählte Präsident, ist einem propagandistischen
Dauerfeuer ausgesetzt.
Hatte man ihn in Deutschland
vor Jahren noch als Stabilitätsfaktor
gefeiert, wird er jetzt als
Inkarnation des Demokratieabbaus
in Russland verunglimpft.
Möglicherweise will man etwa in
Berlin vollendete Tatsachen
schaffen, bevor Barack Obama die
Richtung seines künftigen Vorgehens
festgelegt hat.
Der Diversifizierung der europäischen
Sicherheitsstrukturen
dient die Stagnation der OSZE
nicht. Aber das ist vielleicht der
Zweck des gegenwärtigen politischen
Handelns maßgeblicher politischer
Kreise, die Position der
NATO weiter zu stärken und Russland
erneut an den Rand zu drängen.
* Aus: neues deutschland, Montag, 10. Dezember 2012
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