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"Verlegefähigkeit", "Durchhaltefähigkeit", "Verfügbarkeit der Einsatzkräfte", "Informationsüberlegenheit", "Wirksamkeit des Kräfteansatzes", "Überlebensfähigkeit" usw.

Das "Planziel 2010" enthält die wichtigsten Anforderungen an die Mitgliedstaaten zur Entwicklung der militärischen Fähigkeiten der EU

Im Mai 2004 legte das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) der EU ein Dokument mit dem Titel "Planziel 2010" (Dok. 6309/6/04) vor. Dieses Dokument enthält die Hauptparameter für die Entwicklung der militärischen Fähigkeiten der EU mit Blick auf das Jahr 2010, insbesondere die Zielsetzungen für die Gefechtsverbände im Rahmen der "Krisenreaktion". Das "Planziel 2010" (Headline Goal 2010) wurde vom Rat der Europäischen Union (Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen) am 17. Mai 2004 gebilligt und dem Europäischen Rat auf seiner Tagung im Juni 2004 vorgelegt. Der Europäische Rat (Staats- und Regierungschefs der EU) unterstützte das Dokument auf seiner Sitzung am 17./18. Juni, wo es abschließend beschlossen wurde. Die entsprechende Passage aus den "Schlussfolgerungen des Vorsitzenden" (des Europäischen Rates) lautet: "Der Europäische Rat unterstützt das Streitkräfte-Planziel 2010. Er billigt zudem den Aktionsplan für die zivile Krisenbewältigung und begrüßt die Maßnahmen, die ergriffen worden sind, um die Fähigkeit der EU zur Durchführung militärischer Krisenreaktionseinsätze weiter zu verbessern. Er unterstützt auch die Ausarbeitung von Modalitäten, nach denen die EU militärische Fähigkeiten zur Unterstützung der VN bereitstellen könnte."

Das "Planziel 2010", das wir im Folgenden dokumentieren (in der vom PSK am 4. Mai 2004 abschließend überarbeiteten Fassung), ist also eines der zentralen Dokumente der EU-Militarisierung.



Planziel 2010

A. Das Planziel 2010

1. Die Europäische Union ist als globaler Akteur bereit, die Verantwortung für die Sicherheit in der Welt mitzutragen. Mit der Annahme der Europäischen Sicherheitsstrategie auf der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2003 hat die Europäische Union die Rolle bekräftigt, die sie in der Welt wahrzunehmen gedenkt, und ihr Eintreten für eine Weltordnung auf der Grundlage eines wirksamen Multilateralismus im Rahmen der Vereinten Nationen unterstrichen. In diesem Umfeld neuer Gefahren, aber auch neuer Chancen sind die Mitgliedstaaten mehr denn je fest entschlossen, der erweiterten Europäischen Union die Instrumente an die Hand zu geben, mit denen sie einen wesentlichen Beitrag zu Sicherheit und Stabilität in verantwortungsvoll regierten Staaten im Umkreis der Europäischen Union und in der Welt leisten kann. Die EU verfügt über den zivilen und militärischen Rahmen, dessen es bedarf, um den neuen Bedrohungen und ihrem facettenreichen Charakter begegnen zu können. Die Verfügbarkeit wirksamer Instrumente - einschließlich militärischer Mittel - spielt zu Beginn einer Krise und in ihrem weiteren Verlauf und/oder nach der Beilegung eines Konflikts oft eine entscheidende Rolle.

2. Die Mitgliedstaaten haben daher beschlossen, ein neues Planziel festzulegen, das sowohl die Europäische Sicherheitsstrategie widerspiegelt als auch den Entwicklungen in strategischer und technischer Hinsicht Rechnung trägt. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus den EU-geführten Operationen werden dabei ebenfalls berücksichtigt. Auf der Grundlage des Planziels und der Fähigkeitsziele von Helsinki und eingedenk dessen, dass die bestehenden Lücken noch geschlossen werden müssen, haben die Mitgliedstaaten beschlossen, sich zu verpflichten, bis 2010 zu einer raschen und entschiedenen Reaktion in der Lage zu sein und dabei ein vollkommen kohärentes Konzept auf das gesamte Spektrum der durch den Vertrag über die Europäische Union abgedeckten Krisenbewältigungsoperationen anzuwenden. Hierunter fallen humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Friedenssicherungseinsätze sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen. Gemäß der Europäischen Sicherheitsstrategie könnten hierzu auch gemeinsame Entwaffnungsaktionen, die Unterstützung von Drittländern bei der Terrorismusbekämpfung sowie die Reform des Sicherheitssektors gehören. Die EU muss handlungsfähig sein, noch bevor eine Krise entsteht, und durch präventives Engagement kann verhindert werden, dass sich eine Lage zuspitzt. Die EU muss die Fähigkeit zur gleichzeitigen Durchführung von Operationen behalten, d.h. sie muss mehrere Operationen parallel mit einem unterschiedlichen Grad an Engagement aufrechterhalten können.

3. Interoperabilität, aber auch Verlegefähigkeit und Durchhaltefähigkeit [1] werden für die Mitgliedstaaten im Mittelpunkt stehen und Dreh- und Angelpunkt des Planziels 2010 sein. Die Union wird also Streitkräfte benötigen, die eine größere Flexibilität, Mobilität und Interoperabilität aufweisen, wobei die verfügbaren Ressourcen – gegebenenfalls durch Zusammenlegung und gemeinsame Nutzung der Mittel – noch besser genutzt und die Reaktionsschnelligkeit der multinationalen Einsatzkräfte erhöht werden müssen.

4. Ein Schlüsselelement des Planziels 2010 ist die Fähigkeit der EU, in Reaktion auf eine Krise Streitkräftepakete, die einen hohen Bereitschaftsgrad aufweisen, entweder als eigenständig operierende Kräfte oder im Rahmen einer umfassenderen Operation als Befähigungskräfte für die nachfolgenden Phasen zu verlegen. Diese Streitkräftepakete in Mindeststärke müssen militärisch wirksam, glaubwürdig und kohärent sein und sollten weitgehend nach dem Gefechtsverbandkonzept zusammengestellt werden. Dies stellt eine spezielle Form der Krisenreaktion dar und umfasst zum Kampf mit verbundenen Waffen befähigte Streitkräfte in Bataillonsstärke, einschließlich Kampfunterstützungstruppen und logistischer Unterstützungstruppen. Die Reaktion auf eine Krise erfordert schnelle Beschlussfassung und Planung sowie schnelle Verlegung der Einsatzkräfte. Was die Beschlussfassung betrifft, so will die EU binnen fünf Tagen nach Billigung des Krisenmanagementkonzepts durch den Rat in der Lage sein, den Beschluss über die Einleitung der Operation zu fassen. Hinsichtlich der Verlegung der Einsatzkräfte gilt als Ziel, dass die Einsatzkräfte nicht später als zehn Tage nach der Beschlussfassung über die Einleitung der Operation mit der Ausführung ihres Auftrags im Einsatzgebiet beginnen. Die relevanten Komponenten der See- oder Luftstreitkräfte wären einzubeziehen. Der Bedarf an Reservetruppen sollte einkalkuliert werden. Diese teilstreitkraftübergreifenden Truppenpakete mit hohem Bereitschaftsgrad (Gefechtsverbände) müssen gegebenenfalls vom Operation Commander auf die spezifischen Bedürfnisse einer Operation zugeschnitten werden. Gestützt werden müssen sie durch entsprechende Verfahren zur Krisenbewältigung sowie durch angemessene Führungsstrukturen, die der Union zur Verfügung stehen. Es werden Verfahren zur Beurteilung und Bewilligung dieser teilstreitkraftübergreifenden Truppenpakete mit hohem Bereitschaftsgrad ausgearbeitet werden müssen. Durch die Entwicklung von EU﷓Krisenreaktionskräften, darunter auch von Gefechtsverbänden, wird die Fähigkeit der EU gestärkt, eventuellen Ersuchen der VN Folge zu leisten.

5. Die Mitgliedstaaten haben im Hinblick auf die Zielsetzungen für 2010 eine unverbindliche Liste spezifischer Etappenziele aufgestellt:

a) möglichst bald im Jahr 2004: Im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Dezember 2003 und dem beiliegenden Vermerk des Vorsitzes die Einrichtung einer zivil-militärischen Zelle innerhalb des Militärstabs der Europäischen Union (EUMS), die in der Lage ist, rasch ein Operationszentrum für eine spezielle Operation einzurichten;

b) im Laufe des Jahres 2004: Die Einrichtung der Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung (Europäische Verteidigungsagentur). Diese wird gegebenenfalls auch mit dazu beitragen, dass die gemeinsam ermittelten Lücken im Bereich der militärischen Ausrüstung geschlossen werden;

c) bis zum Jahr 2005: Die Umsetzung der gemeinsamen Koordination des strategischen Transports der EU, damit bis 2010 die erforderlichen Kapazitäten und die volle Leistungsfähigkeit beim strategischen Transport (Luft-, Land- und Seetransport) zur Unterstützung antizipierter Operationen erreicht werden kann;

d) insbesondere im Lufttransportbereich wird die Umwandlung des EACC in das EAC im Laufe des Jahres 2004 begrüßt; damit wird dem Anliegen einiger Mitgliedstaaten entsprochen, die ein bis 2010 voll leistungsfähiges EU-Lufttransportkommando entwickeln wollen;

e) bis zum Jahr 2007: Abschluss der Entwicklung von schnell verlegefähigen Gefechtsverbänden, einschließlich Ermittlung geeigneter Kapazitäten in den Bereichen strategischer Transport und Durchhaltefähigkeit sowie geeigneter Entladekapazitäten;

f) bis zum Jahr 2008: Verfügbarkeit eines Flugzeugträgers mit den dazu gehörigen trägergestützten Flugzeugen und Begleitschiffen;

g) bis zum Jahr 2010: Verbesserung der Leistung auf allen Ebenen der EU-Operationen durch Entwicklung der erforderlichen Kompatibilität und Vernetzung aller – sowohl terrestrischen als auch weltraumgestützten – Kommunikationausrüstungen und –mittel;

h) Festlegung quantitativer Richtgrößen und Kriterien, die die für das Planziel angegebenen nationalen Streitkräfte in den Bereichen der Verlegefähigkeit und der multinationalen Aus- und Fortbildung erfüllen müssen.

B. Verfahren

6. Im Rahmen des Planziels 2010 wird die erforderliche Analyse, Anpassung und Ausarbeitung von Szenarien erfolgen, damit gemäß dem EU-Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten [2] neue Planziel-Kataloge (einschließlich einer klaren Zuordnung der Fähigkeiten zu den Aufgaben) erarbeitet, die Fähigkeit zur raschen Reaktion auf Krisen [3] integriert und die Fähigkeiten zur Streitkräfteführung bei Operationen weiter verbessert werden können.

7. Zur Erreichung dieser Ziele wird die EU bei der Weiterentwicklung der erforderlichen militärischen Fähigkeiten systematisch vorgehen und die Schaffung von Synergien zwischen den Streitkräften der Mitgliedstaaten anstreben, damit die Fähigkeit der EU zur schnellen und wirksamen Krisenreaktion verbessert wird.

8. Dieser Ansatz erfordert aufseiten der Mitgliedstaaten die Bereitschaft, ihre Streitkräfte freiwillig umzugestalten, so dass sie nach und nach einen hohen Grad an Interoperabilität erreichen, sowohl auf technischer Ebene als auch auf Ebene der Verfahren und Konzeptionen. Das vorrangige Ziel besteht darin, die Kompatibilität der Ausrüstung, die Verfahren, die Konzepte, die Führungsvorkehrungen und die Verteidigungsplanung auf eine abgestimmte und in sich schlüssige Art und Weise unbeschadet der Vorrechte der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Verteidigung weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang sollte auch eine gemeinsame Sicherheitskultur gefördert werden. Verlegefähigkeit, Durchhaltefähigkeit und andere entscheidende Anforderungen, wie zum Beispiel Verfügbarkeit der Einsatzkräfte, Informationsüberlegenheit, die Wirksamkeit des Kräfteansatzes sowie die Überlebensfähigkeit sind von unmittelbarer, entscheidender Bedeutung.

9. Die Interoperabilität muss in einem umfassenden Rahmen betrachtet werden, der militärische, zivile, und zivil-militärische Aspekte einschließt. Die EU wird den abgestimmten Einsatz ihrer zivilen und militärischen Fähigkeiten weiter verstärken, wobei sie sich der Tatsache bewusst ist, dass die Krisenbewältigungsoperationen der Gegenwart typischerweise den Einsatz einer Kombination von Instrumenten erfordern. Fragen der Interoperabilität – auch zwischen den militärischen und zivilen Mitteln bei Bevölkerungsschutzeinsätzen – werden Gegenstand der Arbeiten sein [4]. Darüber hinaus wird die EU sich im Einklang mit der Europäischen Sicherheitsstrategie im Bereich der militärischen Fähigkeiten für den Grundsatz der Interoperabilität mit ihren Partnern, insbesondere der NATO und den Vereinten Nationen, sowie mit ihren regionalen Partnern einsetzen. Stärke und Effektivität der OSZE und des Europarates sind für die EU ebenfalls von besonderer Bedeutung.

10. Die Stärkung der Vereinten Nationen ist für Europa ein vorrangiges Ziel. Die praktischen Erfahrungen, die bei der erfolgreichen Durchführung der Operation ARTEMIS in der Demokratischen Republik Kongo gesammelt wurden, haben gezeigt, welches Potenzial die EU besitzt, um Operationen zur Unterstützung der Ziele der Vereinten Nationen durchzuführen. Die institutionelle Zusammenarbeit mit der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze (DPKO) der VN könnte in dieser Hinsicht ebenfalls nutzbringend sein und ein wertvolles Mittel zur Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und den Vereinten Nationen darstellen. Durch die Entwicklung von EU-Krisenreaktionskräften, darunter auch von Gefechtsverbänden, wird die Fähigkeit der EU gestärkt, eventuellen Ersuchen der VN Folge zu leisten.

11. Durch die EU-NATO-Dauervereinbarungen und insbesondere durch die Berlin-Plus-Vereinbarungen, wird – wie in der Europäischen Sicherheitsstrategie hervorgehoben und durch die Operation CONCORDIA in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien nachgewiesen – die Einsatzfähigkeit der EU gestärkt und der Rahmen für die strategische Partnerschaft zwischen der EU und der NATO bei der Krisenbewältigung geschaffen. Durch möglichst schnelle (im Jahr 2004) Einrichtung einer kleinen EU-Zelle im Obersten Hauptquartier der Alliierten Mächte in Europa (SHAPE) und Vereinbarungen über ein NATO﷓Verbindungselement beim EUMS können die EU-geführten Operationen unter Rückgriff auf Mittel und Fähigkeiten der NATO im Rahmen der Berlin-Plus-Vereinbarungen besser vorbereitet werden. Dadurch wird auch die Transparenz zwischen EU und NATO, gefördert und deren Partnerschaft Ausdruck verliehen. Ferner werden durch die Förderung einer verstärkten Anwendung vereinbarter Standards [5] unnötige Duplizierungen verringert und sowohl für die EU als auch für die NATO leistungsstärkere Einsatzkräfte geschaffen. In diesem Rahmen wird die EU/NATO﷓Gruppe "Fähigkeiten" entsprechend der ihr in dem Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten zugewiesenen Aufgaben weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Es sollte sichergestellt werden, dass sich die Initiativen der EU und der NATO im Bereich der Krisenreaktion ergänzen und gegenseitig verstärken.

C. Weiteres Vorgehen

12. Die zuständigen Ratsgremien und, nach ihrer Einrichtung, die Europäische Verteidigungsagentur werden die erforderlichen Orientierungspunkte und Etappenziele erarbeiten, anhand deren beurteilt werden kann, inwieweit die Ziele, insbesondere im Bereich der Interoperabilität, der Verlegefähigkeit und der anderen oben aufgeführten wesentlichen Anforderungen, erreicht wurden. In den Bereichen Ausrüstung, Einsatzkräfte und Streitkräfteführung wird die Arbeit auf der Grundlage eines systematischen, in sich schlüssigen Konzeptes fortgeführt.

13. Im Bereich Ausrüstung dürfte die Perspektive 2010 den Mitgliedstaaten erlauben, ihre jeweiligen künftigen Anforderungen und Zeitpläne aufeinander abzustimmen, damit der Fähigkeitsbedarf in konvergenter Weise gedeckt werden kann.

14. Für die Einsatzkräfte gilt Folgendes:
  • Alle der EU zugesagten Einsatzkräfte werden entsprechend ihrer Schlagkraft und Einsatzbereitschaft hinsichtlich des Spektrums der möglichen Aufgaben in Kategorien eingeteilt;
  • was die Krisenreaktion anbelangt, so sollte zu Beginn des zweiten Halbjahrs 2004 der Bedarf an Streitkräftepaketen, auch unter Berücksichtigung des vereinbarten Gefechtsverbandkonzepts der EU ermittelt werden, damit die Mitgliedstaaten damit beginnen können, ihre Beiträge für die Zusammenstellung der teilstreitkraftübergreifenden Truppenpakete mit hohem Bereitschaftsgrad zu leisten. Unter uneingeschränkter Achtung der Freiwilligkeit dieses Prozesses sollten die Zusagen Angaben über den Zeitpunkt und die Dauer der Verfügbarkeit des jeweiligen Streitkräftepakets für die EU enthalten;
  • ab dem Jahr 2005 wird die EU ein Bewertungsverfahren einführen, um die Beitragszusagen der Mitgliedstaaten, auch in Bezug auf die Krisenreaktion, zu prüfen, zu beurteilen und zu bewerten;
  • die qualitativen Anforderungen wie Interoperabilität, Verlegefähigkeit und Durchhaltefähigkeit und die quantitativen Anforderungen an die Einsatzkräfte müssen genauer ermittelt werden;
  • die verfügbaren Einsatzkräfte werden bei HQ-Übungen und bei nationalen und multinationalen Gefechtsübungen getestet. Insbesondere die Krisenreaktionskräfte werden regelmäßig an einem realistischen Training teilnehmen müssen, wozu auch multinationale Übungen gehören;
  • die Sammlung der bestehenden operationellen Doktrinen wird durch einheitliche Konzepte und Verfahren ergänzt, die auf der Grundlage der im Rahmen des Europäischen Aktionsplans zu den Fähigkeiten durchgeführten Arbeit und in Abstimmung mit der NATO erstellt werden.
15. Was die Streitkräfteführung betrifft, so wird die Fähigkeit zur Planung und Durchführung von Operationen im Lichte der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Dezember 2003 und durch die Weiterentwicklung des Europäischen Aktionsplans zu den Fähigkeiten weiter ausgebaut. Insbesondere wird
  • die Arbeit der ISTAR﷓Projektgruppe (ISTAR Information Exchange framework Project Group) zur Entwicklung einer EU-Politik des Informationsaustausches und der entsprechenden Bedingungen für die Umsetzung bis 2010, einschließlich einer Übergangslösung bis 2006, beitragen;
  • die Arbeit der Projektgruppe für weltraumgestützte Mittel zur Entwicklung einer Europäischen Weltraumpolitik bis 2006 beitragen.
16. Im Rahmen seiner Verantwortung für die politische Leitung der Entwicklung der militärischen Fähigkeiten wird das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) unter Aufsicht des Rates auf der Grundlage der Stellungnahme des Militärausschusses der EU (EUMC) und gegebenenfalls in Verbindung mit der Europäischen Verteidigungsagentur die erforderlichen Schritte einleiten, damit das Planziel 2010 anhand der Vorgaben dieses Arbeitspapiers und der in Nummer 5 genannten Etappenziele stärker präzisiert werden kann. Angesichts der umfassenden Beurteilung der militärischen Fähigkeiten im Frühjahr 2004 (Einheitlicher Sachstandsbericht, Übersicht über die Verbesserung der Fähigkeiten) sind ferner weitere Fortschritte bei den anerkannten Lücken und Defiziten in Bezug auf das Planziel 2003 erforderlich. Die Umsetzung des Planziels 2010 wird folgende Schritte umfassen:
  • 2004: bis zu Beginn des zweiten Halbjahrs sollten die Vorbereitungsarbeiten zur Festlegung des Bedarfs an teilstreitkraftübergreifenden Truppenpaketen mit hohem Bereitschaftsgrad im Rahmen der EU-Krisenreaktion abgeschlossen sein.
    Die erforderlichen Planungseckdaten und Szenarien sollten nach den grundsätzlichen Vorgaben des PSK vom EUMC im Rahmen eines iterativen Prozesses mit dem PSK erarbeitet werden, bevor die militärischen Erfordernisse im Hinblick auf das Zeitziel 2010 festgelegt werden. In diesem Rahmen könnten zielgerichtete militärische Szenarien vorgestellt werden, die politisch zu billigen wären. Es sollte ebenfalls mit Arbeiten im Hinblick auf die Beurteilung der Fähigkeiten begonnen werden, insbesondere, was die Festlegung der erforderlichen Orientierungspunkte und Kriterien betrifft.
    Bis Jahresende sollten der EU in der Übergangsphase der Entwicklung der Krisenreaktion multinationale teilstreitkraftübergreifende Truppenpakete mit hohem Bereitschaftsgrad oder entsprechende Truppenpakete einer Rahmennation bereitgestellt werden.
    Im zweiten Halbjahr 2004 wird eine Konferenz über militärische Fähigkeiten veranstaltet.
  • bis Anfang 2005: Erstellung eines Verzeichnisses ausführlicher Kriterien für die Fähigkeitsziele;
  • bis Mitte 2005: Fertigstellung des Bedarfskatalogs 2005, auch zur Krisenreaktion, gemäß dem EU-Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten. Das Verfahren zur Beurteilung der Fähigkeiten könnte bereits eingeleitet werden;
  • bis Ende 2005: Ein Bietverfahren [6] könnte eingeleitet werden, um den Streitkräfte-Katalog und den Katalog der Fortschritte zu erstellen. Die Datenbank militärischer Mittel und Fähigkeiten für den Schutz der Zivilbevölkerung vor den Folgen von Terroranschlägen, einschließlich chemischer, biologischer, radiologischer oder nuklearer terroristischer Anschläge (CBRN﷓Anschläge), würde in Verbindung mit den gemäß dem EU-Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten der EU zu erstellenden Streitkräfte-Katalog beibehalten werden;
  • bis 2007: Abschluss der Entwicklung von schnell verlegefähigen Gefechtsverbänden einschließlich Ermittlung geeigneter Kapazitäten in den Bereichen strategischer Transport und Durchhaltefähigkeit sowie geeigneter Entladekapazitäten;
  • zwischen 2006 und 2010 werden die im Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten beschriebenen normalen Routineverfahren weiterhin angewandt und dies gegebenenfalls unter Einbeziehung der Europäischen Verteidigungsagentur [7]. Auf der Grundlage des Planziels 2010 werden längerfristige Perspektiven über 2010 hinaus formuliert, die Tendenzen bei künftigen Entwicklungen der Fähigkeiten und Erfordernisse ermitteln und die Kohärenz und Konvergenz erhöhen sollen.
Fußnoten
  1. Interoperabilität lässt sich allgemein definieren als die Befähigung unserer Streitkräfte zur Zusammenarbeit und zum Zusammenwirken mit anderen zivilen Instrumenten. Interoperabilität ist ein Mittel zur wirksameren Nutzung militärischer Fähigkeiten und spielt eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Ziele der EU im Bereich der Krisenbewältigungsoperationen. Entsprechend bezieht sich Verlegefähigkeit auf die Fähigkeit, Truppen und Ausrüstung in das Einsatzgebiet zu bringen, wohingegen Durchhaltefähigkeit die gegenseitige logistische Unterstützung der verlegten Streitkräfte impliziert.
  2. Dok. 6805/03 + COR 1.
  3. Bei einigen dieser Fähigkeiten handelt es sich um Instrumente der zivilen Krisenbewältigung, insbesondere um Polizeikomponenten, die – vorübergehend unter militärischer Verantwortung – mit militärischen Komponenten zusammen eingesetzt werden können (Bericht des Vorsitzes über die ESVP an den Europäischen Rat (Nizza)), wobei ebenfalls ein integrierter Planungsprozess vorgesehen ist. Durch Instrumente dieser Art wird die Gesamtfähigkeit zur Krisenbewältigung verbessert.
  4. Dok. 15564/03, Nummer 4.
  5. Gemäß Nummer 53 (einheitliche Standards mit der NATO) des Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten.
  6. Siehe insbesondere die einschlägigen Abschnitte und die Anlage des Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten betreffend den ESVP-Informationsbedarf und das Zusammenwirken EU/NATO.
  7. Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung.
Genaue Titelangabe des Dokuments: RAT DER EUROPÄISCHEN UNION, Brüssel, den 4. Mai 2004, 6309/6/04


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