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Gewerkschaften auf dem Kriegspfad?

Schwierigkeiten und Chancen der Bündnisarbeit

Von Anne Rieger *

Gewerkschaften sind nicht auf dem Kriegspfad.
  1. GewerkschafterInnen lehnen in ihrer großen Mehrheit Krieg ab. Davon gibt es abweichende Meinungen. Beide werde ich darstellen.
  2. Will ich die für mich wesentlichere Frage stellen: besteht die Gefahr, dass die Gewerkschaften sich auf den Kriegspfad begeben könnten?
  3. Wenn wir einschätzen sollten, dass diese Gefahr bestehen könnte, dann stellt sich die dritte entscheidende Frage für die Friedenbewegung, was können wir tun, damit es nicht dazu kommt. Was muss unser strategischer Ansatz sein? Was können wir als Friedenbewegung tun, um zu verhindern, dass die Gewerkschaften auf den Kriegspfad geschoben werden oder in die Kriegspfadfalle tappen?

1. GewerkschafterInnen lehnen in ihrer großen Mehrheit Kriege ab

Das zeigen die Umfragen in der Bevölkerung, GewerkschafterInnen sind Teil der Bevölkerung. 2/3 der Befragten sprechen sich gegen unbemannte Drohnen aus. 78 Prozent der Deutschen sind dagegen, dass Deutschland in der Welt größeres militärisches Engagement zeigt, 63 Prozent sind dagegen, dass die Bundeswehr mehr Geld für ihre Aufgaben erhält, so das Meinungsforschungsinstitut TSN Emnit.

Noch deutlicher spiegeln das Gewerkschaftsbeschlüsse, -äußerungen und -handlungen, wie z.B. die jährlich durchgeführten Antikriegstage wieder. Frieden und Abrüstung wird gefordert. Einige Beispiele:

Im Beschluss U 007 Friedenpolitik des DGB Kongresses 2014 heisst es u.a.:
  • Der DGB tritt ein für eine allgemeine und weltweite kontrollierte Abrüstung, Verwirklichung des Friedens. Krieg kann und darf niemals ein Mittel der Politik sein – Nie wieder Krieg
  • Der gesellschaftliche Einfluss des Militärs und der Rüstungsindustrie, vor allem in Bildungseinrichtungen, muss abgebaut werden
  • Bildung statt Rüstung
  • Er stellt sich hinter die gemeinsame Erklärung der GEW und der Kultusministerkonferenz, die die Zukunftsaufgaben von Bildung und Erziehung durch die Sicherung von Frieden und Gewaltfreiheit geprägt sieht.
  • Der DGB fordert: Friedenbildung statt Verharmlosung oder Idealisierung von Krieg und Waffentechnologie
  • Er verurteilt die teils aggressive, teils verdeckte Werbung der Bundeswehr in der Öffentlichkeit und in den Bildungseinrichtungen für den Einsatz von Kriegswaffen und für den Sodat/innenberuf.
  • Er fordert die Länder auf, bestehende Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr zu kündigen
  • Er fordert Hochschulen und Forschungseinrichtungen auf, sich über Zivilklauseln auf die Forschung zu zivilen und friedlichen Zwecken zu verpflichten
  • Er lehnt die Beteiligung der Bundeswehr an Einsätzen ab, die freie Handelswege, eine gesicherte Rohstoffversorgung sowie die Erschließung und den Zugang zu Bodenschätzen, Vertriebswegen und Märkten sichern.
Im Beschluss des Gewerkschaftstages der GEW vom Juli 2013 heißt es:
  • „Bildung und Wissenschaft haben die Aufgabe, die Voraussetzungen für eine friedliche Welt zu ergründen und über Kriegsursachen, Kriegsprofiteure und Kriegsideologie aufzuklären. Die GEW setzt sich daher für Friedensbildung und für die ersatzlose Aufkündigung von Kooperationen zwischen Bundeswehr und Schulministerien sowie für Zivilklauseln im Hochschul- und Wissenschaftsbereich ein.“
  • Die GEW will stattdessen zur inhaltlichen Rekonstituierung und Weiterentwicklung einer antimilitaristischen Friedensbildung beitragen. Um dies gemeinsam mit Initiativen vor Ort voran zu bringen, unterstützt die GEW die Initiative „Lernen für den Frieden – Keine Rüstungsindustrie und kein Militär in Bildungseinrichtungen“.
  • Sie wirbt für die Unterschriftenliste „Lernen für den Frieden“ und legt sie ihrer Zeitung bei.
Seit 1957 ruft der DGB am Antikriegstag zu Aktionen auf. Auf dem Bundeskongress des DGB 1966 wurde der Antrag angenommen "alles Erdenkliche zu unternehmen, damit des 1. September in würdiger Form als eines Tags des Bekenntnisses für den Frieden und gegen den Krieg gedacht wird."

Im DGB Aufruf zum Antikriegstag 2013 „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus“, auch auf der IG Metall Web-Seite zu finden, heisst es:
  • Nie wieder Krieg heißt für uns. Nie wieder darf von deutschem Boden Krieg ausgehen.
  • Es darf keinen Militarismus geben,
  • Wir fordern die Bundeswehr auf, ihre Werbung in den Schulen sofort zu beenden
  • Zivile Produktion statt Rüstungsproduktion.
Viele DGB und Gewerkschaftsgliederungen beteiligen sich an den Ostermärschen, z. B. die Osterfriedensaktion des DGB Gießen, verbunden mit einer Unterschriftenaktion und der Beteiligung am Ostermarsch. Der Landesvorsitzenden des DGB Baden Württemberg, Nikolaus Landgraf, erklärte zum Ostermarsch:
  • „Deutsche Außenpolitik muss von den Zielen Abrüstung, zivile Hilfen und fairer Handel geprägt sein, nicht von militärischen Interventionen. Im Vordergrund muss das Bemühen stehen, allen Menschen ein Leben ohne Not zu sichern, ihnen Sicherheit vor Armut, Krankheit, Ausgrenzung, Verletzung von Menschenrechten, zu geben.
  • Der Ausbau der Bundeswehr zu einer international operierenden Interventionsarmee und die skandalöse Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung sind Schritte in die falsche Richtung.“
Die 20. Bezirkskonferenz DGB Baden-Württemberg beschloss:
Der DGB soll die Kampagne 2014 für Frieden und Abrüstung aktiv umsetzten.

Die DGB Bezirkskonferenz Bayern beschloss im Januar 2014:
Der DGB sagt Nein zur militaristischer Tendenz im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU. Er bezieht klar Stellung gegen die militaristischen Tendenzen des Koalitionsvertrages. Er stärkt bei seinen Mitgliedern das Bewusstsein, dass die arbeitenden Menschen weltweit die wichtigste Kraft für den Frieden sind.

Die Verdi-Zeitschrift Publik, Ausgabe 04/2014 Wirbt für die Unterschriftensammlung „Lernen für den Frieden“.

Die Personalrätin und Betriebsgruppensprecherin verdi an der Technischen Universität München, Renate Bayer, hat die Arbeitsgruppe „Friedliche Schule München“ aufgebaut im Auftrag der verdi Arbeitsgruppe Hochschule. Auch dafür wirbt die verdi Zeitung.

Beschlüsse der Gewerkschaftstage IG Metall:
  • Gew. Tag 2007, Rüstungskonversion Beratungs-Nr. 4, 1064:
    Der Vorstand wird aufgefordert, Rüstungskonversionsansätze in der Metallwirtschaft weiterhin aktiv zu unterstützen und das Arbeitsprogramm Rüstungskonversion von 98 zu aktualisieren.
  • Gew. Tag 2011 Antrag 1033
    Die Rüstungsausgaben müssen zu Gunsten sozialer, ökologischer und arbeitsmarkpolitische Aufgaben gesenkt werde. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Rüstungsausgaben deutlich zu senken.
  • Der damalige Vorsitzende Bertold Huber führte in seinem Geschäftsbericht aus: Auch in unserem Engagement für Frieden und friedliche Konfliktlösung dürfen wir nicht nachlassen. Krieg darf nicht zum Mittel der Politik werden. Wir müssen uns dagegen stellen.
  • Arbeitsprogramm Rüstungskonversion, Schriftenreihe IG Metall Nr. 125, 1991
  • Rüstungskonversionsansätze in der Metallwirtschaft, Schriftenreihe der IG Metall Nr. 143, 1998
  • Bei einer Podiumsdiskussion zum Antikriegstag 2012 in Kiel erklärte der Betriebsratsvorsitzende der Kieler HDW-Werft, Ernst-August Kiel:
    „Wenn die Rüstungsindustrie bereits 70 Prozent der Produktion in den Export gibt – bei der HDW waren es in den letzten Jahren 100 Prozent – wohin soll denn in Zukunft noch exportiert werden? Es wird dringend Zeit, die Debatte über Diversifikation und auch Konversion – also die Auffächerung des Sortiments und die Umwandlung von militärisch Nutzbarem in zivil Nutzbares – wieder aufzunehmen. Das Thema liegt leider seit 10 bis 15 Jahren brach.“
  • Im § 2 der Satzung der IG Metall heisst es, sie setzt sich ein für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung.
Der DGB hatte am 30. Oktober 2013 einen „Friedens- und sicherheitspolitischen Workshop“ organisiert, zu dem u.a. der Auslandseinsatzbefürworter Winfried Nachtweih geladen war. Der Workshop war offensichtlich dazu gedacht, eine positive Haltung des DGB und seiner Gewerkschaften zu den Interventionseinsätzen der Bundeswehr zu schaffen. Durch friedensbewegte GewerkschafterInnen konnte er umgewandelt werden und die antimilitaristischen Positionen in den Gewekrschaften deutlich machen.

Herausragend aktiv war dabei die Initiative „Wir widersprechen“, die sehr viel Unterstützung aus den Gewerkschaften erhielt. Die Initiative der Frauenfriedenskonferenz war gegen den Schulterschluss vom damaligen DGB Bundesvorsitzenden Michael Sommer mit den damaligen Minister für Rüstung Thomas de Maiziere ins Leben gerufen worden. De Maizieres Verkündung: „Die Bundeswehr versteht sich als ein Teil der Friedensbewegung“ war von Sommer unwidersprochen hingenommen worden. Dagegen bildete sich der Widerstand. Stark kritisiert machte der Michael Sommer verbale Rückzieher.

1a. Abweichende Meinungen

Es gibt abweichende Meinungen vom Friedenswillen in den Gewerkschaften, aber sie sind nicht flächendeckend. Insbesonders sind sie zu finden in Kreisen der RüstungsarbeiterInnen, derjenigen die ihre Arbeitsplätze durch Truppenübungsplätze und Kasernen finden, der WissenschaftlerInnen die ihre Forschungsgelder von den Rüstungskonzernen erhalten und GewerkschaftsfunktionärInnen, die sich als deren ArbeitsplatzinteressenvertreterInnen verstehen. Dort gibt es Zustimmung zum Bau, zur Entwicklung von Rüstungsgütern und zum SoldatInnenberuf. Das muss aber in zwiespältigen Denken der betroffenen Menschen nicht heißen, dass sie Kriege befürworten.

Ein Beispiel ist Jürgen Kerner, Vorstandsmitglied der IG Metall, wie die FAZ süffisant vermerkt. Er fordert einerseits ein tragfähiges Konzept, „das die Rüstungskapazitäten in Deutschland auf lange Sicht auslastet und profitabel macht“. Gleichzeitig verlangt er man müsse „überlegen, ob man die militärischen Standorte nicht mit zivilen Aufträgen auslasten kann“. Beide Aussagen sind erst einmal geprägt von der Angst um die Arbeitsplätze der KollegInnen, nicht von Kriegsgeilheit.

Die beiden widersprüchlichen Aussagen des für die „Wehrtechnische“ Branche zuständigen Vorstandsmitglieds der IG Metall spiegelt das Dilemma aller RüstungsarbeiterInnen und -entwicklerInnen wieder. Abhängig vom Arbeitsplatz macht es aus Beschäftigten Geiseln der Rüstungsindustrie.

So wurde 2010 auf einer Betriebsversammlung im Werk Manching der EADS auf das Auslaufen von Rüstungsaufträgen vom Betriebsrat mit der Forderung nach Beschaffung einer weiteren Tranche des inzwischen militärisch überholten Eurofighters reagiert. In einer Betriebszeitung der IG Metall wurde für „unser Zukunftsprojekt“ geworben, nämlich für den Einstieg in den Bau der Drohne „Talarion“.

Als die Stückzahl von Transporthubschrauben und Tiger-Kampfhubschraubern für den Hersteller EADS gesenkt werden sollte, „drohte“ der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl: »Wir werden als IG Metall diesem Streichkonzert nicht tatenlos zusehen und deshalb dagegen mobilisieren und zu Aktionen aufrufen«.

Wie brutal die Erpressung der Kolleginnen durchgezogen wird, beleuchtet ein Statement des Vorstandsvorsitzenden der Airbus Group, Thomas Enders. Ende vergangenen Jahres hatte er den Wegfall von 8000 Arbeitsplätzen angekündigt mit den Worten: „Wenn neue Aufträge im Verteidigungsbereich ausbleiben oder gar einmal erteilte Aufträge reduziert werden, wie wir das in den letzten Jahren in Deutschland erleben mussten, kann das nicht ohne Konsequenzen für Auslastung und Arbeitsplätze bleiben“. Wie beschränkt die Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen sind, illustriert ein Zitat eines Betriebsrats auf der Tagung „Wehrtechnik und Arbeitsplätze der IG Metall: „Hat ein Ingenieur die Wahl zwischen einem Job in einem Autokonzern oder in einem Rüstungsbetrieb, entscheidet er sich nicht unbedingt für letzteren“.

Beschäftigte und Gewerkschaften sind in ihrer Mehrheit keine Rüstungslobbyisten sondern Geiseln der Rüstungsindustrieellen und ihrer politischen VertreterInnen in Regierung und Parlament. Was leider nicht bedeutet, dass es in den Gewerkschaften nicht auch Befürworter der Auslandseinsätze und der Kriegsproduktion gäbe: "Für Deutschland wäre es eine Katastrophe, wenn nach dem Stopp des Euro Hawk die Politik jetzt einen Komplettausstieg aus dem unbemannten Fliegen beschließen würde", wird der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Ingolstadt, Bernhard Stiedl, durch „Die Welt“ zitiert. Bemerkenswert ist, dass die Leitmedien mit Freude Gewerkschafter zitieren, die sich für Rüstungsarbeitsplätze aussprechen. Kaum aber werden Gewerkschaftsbeschlüsse und –handlungen zum Frieden erwähnt oder gar veröffentlicht. Frage: Wer von Euch kannte den DGB-Beschluss und die Unterschriftenliste?

Fazit zum 1. Punkt: Die Gewerkschaften sind nicht auf dem Kriegspfad, in ihrer Mehrheit lehnen GewerkschafterInnen und Gewerkschaften Krieg und Aufrüstung ab. Aber es gibt die Rüstungsbefürworter. Das führt mich zu meiner zweiten, für mich viel wesentlicheren Frage:

2. Besteht die Gefahr, dass die Gewerkschaften, sich auf den Kriegspfad begeben könnten?

Der Druck der Konzerne der Rüstungsindustrie und der konservativen Politiker, die die globalen Märkte aufteilen wollen, nicht nur über wirtschaftliche Maßnahmen sondern über militärische Kriege, die sich auf den Kriegspfad begeben wollen, wie der Präsident, die Kriegsministerin oder wie die Böll Stiftung wird größer. So beispielsweise die Böll-Stiftung:
„Die deutsche Politik muss akzeptieren, dass das bestehende internationale System, allen voran die Vereinten Nationen nicht den Herausforderungen des Weltordnung des 21. Jahrhunderts entsprechen. Das bedeutet praktisch zu akzeptieren, dass ein Agieren außerhalb des bestehenden Völkerrechtlichen Rahmens vonnöten sein kann, wenn die Stabilität der internationalen Ordnung gefährdet ist.“

Dass sich Gewerkschaften dem Kriegsdruck gebeugt haben, haben wir schon 1914 erlebt, obwohl die 1. und 2. Internationale gegen Krieg votiert hatten und es noch wenige Tage vor Kriegsbeginn Massenkundgebungen gegen den Krieg gab. Bei Kriegsbeginn indessen riefen die Gewerkschaften nicht zum Generalstreik auf. Die Vorbereitung des Kampfes um Rohstoffquellen und Einflussgebiete beim Kampf um die Kolonien, das Wettrüsten war begleitet von chauvinistischer und militaristischer Propaganda durch die Herrschenden. So wurden Teile der deutschen Arbeiterbewegung überzeugt, dass Russland der Angreifer sei, Angst vor dem Zarismus wurde geschürt und sie sahen die deutsche Arbeit gefährdet.

Speziell die Gewerkschaftsvertreter wurden eingebunden. Erstmals 24 Jahre nach Aufhebung der Sozialistengesetze wurden sie offiziell in den Gebäuden der obersten Militärbehörde empfangen und mit ihnen scheinbar auf Augenhöhe über soziale Maßnahmen verhandelt. Der Einbindungsversuch gelang. Noch im gleichen Jahr besuchten Mitglieder der preußischen Regierung, des Militärs und des Reichskabinetts Gewerkschaftshäuser in Berlin.

Weder die Mehrheit der Arbeiterbewegung noch die Gewerkschaften hatten den Krieg gewollt. Trotzdem gelang es sie einzubinden in Krieg und Mörderdienst.

Ist so etwas heute wieder möglich?
  • Der Schulterschluss von de Maiziere und Sommer war ein solcher Versuch. Aktiven friedensbewegten GewerkschafterInnen gelang es, ihnen in den Arm zu fallen.
  • Die Angst um ihre Arbeitsplätze soll Rüstungsarbeiter und Wissenschaftler gefügig machen. Sie sollen die Fußtruppen stellen, die Operation »Hände weg von unseren Rüstungsprofiten« leitet jedoch der »Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie« (BDSV). Dort sind die 80 größten deutschen Rüstungsbetriebe vertreten.
  • Millionen Erwerbslosen jungen Menschen werden „Arbeitsplätze“ angeboten als Soldatin im Auslandseinsatz.
  • Hasspredigten gegen Menschen aus Ländern des Islam und gegen Putin begleiten das Szenario. Und in Zeiten wie z.B. der Fußballweltmeisterschaft wird enorm an nationalistischer Gehirnwäsche gearbeitet. Je größer der Völkerhass um so größer der Profit.
  • Die private Rüstungsindustrie ist ein ökonomischer Machtkomplex. Neben dem allgemeinen kapitalistischen Expansionsinteresse haben sie ein spezifisches ökonomisches Eigeninteresse an verstärkter Rüstungsproduktion. Es sind goldene Gewinne im Inland und beim Rüstungsexport zu holen. 11. Mrd. Dollar groß soll der Markt für militärische Drohnen sein. Es geht um die Kommandohöhen der Rüstungsindustrie in Europa.
  • Militärpolitik ist im innersten Kern staatliche Souveränitätspolitik. Rüstungsexporte sind außenpolitisches Instrument der NATO- und EU-Staaten mittels dessen Einfluss auf politische Prozesse genommen wird.
Angesichts dieser nur beispielhaft aufgezählten Fakten, die Druck auf GewerkschafterInnen erzeugen, stellt sich die Frage, ob die Gefahr besteht, dass sich die Gewerkschaften auf den Kriegspfad begeben könnten. Wenn wir einschätzen sollten, dass diese Gefahr bestehen könnte, dass die Gewerkschaften sich unter diesem Druck – wie schon einmal – auf den Kriegspfad begeben könnten, dann stellt sich die dritte entscheidende Frage für die Friedenbewegung: Was können wir tun, damit es nicht dazu kommt?

3. Was können wir tun, damit es nicht dazu kommt?

Was muss unser strategischer Ansatz sein? Was können wir als Friedenbewegung tun, um zu verhindern, dass die Gewerkschaften auf den Kriegspfad geschoben werden oder in die Kriegspfadfalle tappen?

Damit sich der DGB und/oder seine Einzelgewerkschaften nicht auf die Seite der deutschen Kriegs- und Ermächtigungsregierung und ihres räuberischen schlagen?
  • Den Gewerkschaftern in den Arm fallen, wenn sie wie Sommer unwidersprochen die Bundeswehr als einen Teil der Friedensbewegung rühmen lassen. Es war ein sehr positives Beispiel der Friedensarbeit.
  • Kontakte mit friedensbewegten GewerkschafterInnen aufnehmen, dran bleiben
  • In und mit den GewerkschafterInnen friedenspolitisch arbeiten.
  • Friedenspolitische Beschlüsse und Forderungen einbringen und aufnehmen, vervielfältigen und damit weiterarbeiten.
  • Auf und vor Konferenzen und Kongresse der Gewerkschaften gehen und dort sprechen bzw. Flugis verteilen oder Unterschriften sammeln
  • Wenn sich z.B. Außenminister Steinmeier gegen die Entwicklung von autonomen Waffensystemen ausspricht, müssen wir diesen Ausspruch aufnehmen und verbreiten. In der Gewerkschaft sind viele KollegInnen organisiert, die an die SPD glauben. Und gegen den starken Gegner der Rüstungsindustrie brauchen wir in unserem breiten Bündnis jede/n, und wenn er auch nur ein Stück des Weges und nur an einer kleine Ecke unsere Positionen vertritt.
  • Immunisieren gegen Hetzte und Hass auf andere Völker.
  • Die soziale Frage in den Mittelpunkt stellen. Im sogenannten Verteidigungshaushalt werden 33 Mrd. Euro für Zerstörung und Überfälle auf Menschen in anderen Ländern ausgegeben. Es ist der zweitgrößte Posten nach Arbeit und Soziales. Erst an sechster Stelle folgt Bildung und Forschung. Die Ausgaben für diesen Rüstungshaushalt sind mehr als doppelt so hoch wie die für Bildung und Forschung, und dort sind sicher auch Rüstungsprojekte versteckt. Die Frage ist zu stellen, was könnte mit dem Geld sinnvolleres getan werden? Z.B. mehr Geld für Pflege und/oder integrierte Ganztags- und Gesamtschulen. Solche Gegenüberstellungen kann man überall vor Ort auf ein kurzes Flugblatt schreiben und vor oder in Gewerkschaftsveranstaltungen oder Betrieben verteilen. Flugblätter wie z.B. „Spart endlich an der Rüstung – Mehr Geld für Pflege“ können vor Ort oder bundesweit erstellt und genutzt werden.
  • Aktionen vor Ort dazu
  • „Verständnisvolle“ Flugis zur Rüstungskonversion erstellen und verteilen. Andere Berufe sind denkbar, lebenslanges Lernen ist heute eh angesagt. Benötigt wird dazu ein Konversionsfond der aus dem Rüstungshaushalt gespeist werden kann.
  • Wenn wir GewerkschafterInnen strategisch als wichtige BündnispartnerInnen ansehen, darf auf so einem Friedensseminar die Gewerkschaftsfrage nicht als letzte vor dem Mittagessen behandelt werden sondern sie braucht einen prominenteren Platz.
  • Flugi der Friedensbewegung „Spart endlich an der Rüstung! - Wir brauchen mehr Geld für Pflege und Schulen“ als Beispiel auf allen Ebenen verteilen.
  • Zusammenarbeit mit den Initiativen der Zivilschutzklauseln arbeiten
  • Briefe an DGB, IGM und Verdi und andere Einzelgewerkschaftsvorsitzende auf Bundesebenen, aber auch auf Landes und Ortsebene schreiben, mit dem Ersuchen, ein solches Flugblatt bzw. Unterschriftensammlung zu unterstützen.
Im übrigen bin ich mit Brecht der Meinung: Lasst uns das tausendmal gesagte immer wieder sagen: Nicht dass Karthago zerstört werden muss, aber das Krieg Mord ist. Deswegen: „Spart endlich bei der Rüstung. Wir brauchen Abrüstung und mehr Geld für Pflege und Schulen“.

* Als Referat gehalten auf der Sommerakademie 2014 des Friedenratschlags in Nürnberg 6.7.2014


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