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"Regierungen und Individuen müssen einsehen, dass diese Menschen nicht freiwillig zu Flüchtlingen geworden sind"

Erklärung von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon und weitere Stellungnahmen zum Weltflüchtlingstag

Anlässlich des Weltflüchtlingstags 2007 dokumentieren wir im Folgenden:

  1. Erklärung von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon
  2. António Guterres, U.N. High Commissioner for Refugees, Statement (english)
  3. Pressemitteilung von Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
  4. Rede von Sevim Dagdelen (Die LINKE) im Deutschen Bundestag zur Reform des Zuwanderungsrechts
Im Kasten außerdem den Beschluss der UN-Generalversammlung über die Einführung des Weltflüchtlingstages.



RESOLUTION 55/76

Fünfzigster Jahrestag des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen und Weltflüchtlingstag
Verabschiedet auf der 81. Plenarsitzung am 4. Dezember 2000, ohne Abstimmung, auf Empfehlung des Ausschusses (A/55/597, Ziffer 25)*

Die Generalversammlung

1. würdigt das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen für seine Leitung und Koordinierung der internationalen Maßnahmen zu Gunsten von Flüchtlingen und spricht ihm ihre Anerkennung für die unermüdlichen Anstrengungen aus, die es in den letzten fünfzig Jahren unternommen hat, um Flüchtlingen und anderen unter seiner Obhut stehenden Personen internationalen Rechtsschutz und Hilfe zu gewähren und dauerhafte Lösungen für ihre Probleme zu finden;

2. bekundet ihre Hochachtung für die Einsatzbereitschaft der humanitären Helfer der Vereinten Nationen und des beigeordneten Personals sowie der Mitarbeiter des Amtes des Hohen Kommissars im Feld, einschließlich der Ortskräfte, die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben ihr Leben riskieren;

3. bekräftigt ihre Unterstützung für die Tätigkeiten, die das Amt des Hohen Kommissars im Einklang mit den entsprechenden Resolutionen der Generalversammlung zu Gunsten von Rückkehrern, Staatenlosen und Binnenvertriebenen durchführt;

4. stellt fest, dass der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Regierungen und den internationalen, regionalen und nichtstaatlichen Organisationen sowie der Mitsprache der Flüchtlinge bei den Entscheidungen, die ihr Leben berühren, eine ausschlaggebende Rolle zukommt;

5. ist sich dessen bewusst, dass das Amt des Hohen Kommissars auf Grund seiner Tätigkeit zu Gunsten von Flüchtlingen und anderen unter seiner Obhut stehenden Personen auch zur Förderung der Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen beiträgt, insbesondere derjenigen, die den Frieden, die Menschenrechte und die Entwicklung betreffen;

6. stellt fest, dass im Jahr 2001 der fünfzigste Jahrestag des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge182 begangen wird, in dem die grundlegenden Begriffe des internationalen Rechtsschutzes von Flüchtlingen festgelegt sind;

7. nimmt davon Kenntnis, dass die Organisation der afrikanischen Einheit zugestimmt hat, dass ein internationaler Flüchtlingstag mit dem Afrikanischen Flüchtlingstag am 20. Juni zusammenfallen kann;

8. beschließt, dass der 20. Juni ab dem Jahr 2001 als Weltflüchtlingstag begangen wird.

* Anmerkung
Der in dem Bericht empfohlene Resolutionsentwurf wurde im Ausschuss eingebracht von: Albanien, Algerien, Angola, Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Äthiopien, Australien, Bangladesch, Belgien, Benin, Bolivien, Botsuana, Brasilien, Burkina Faso, Burundi, Costa Rica, Côte d'Ivoire, Chile, Dänemark, Demokratische Republik Kongo, Deutschland, Ecuador, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, El Salvador, Estland, Finnland, Frankreich, Gambia, Griechenland, Guatemala, Guinea, Haiti, Honduras, Indonesien, Iran (Islamische Republik), Irland, Island, Italien, Japan, Kamerun, Kanada, Kenia, Kolumbien, Komoren, Kroatien, Lesotho, Liechtenstein, Luxemburg, Malawi, Malaysia, Malta, Marokko, Mauretanien, Monaco, Mosambik, Namibia, Nepal, Nicaragua, Niederlande, Norwegen, Österreich, Pakistan, Philippinen, Portugal, Republik Korea, Ruanda, Russische Föderation, Sambia, Schweden, Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Slowenien, Spanien, Südafrika, Sudan, Swasiland, Tadschikistan, Thailand, Togo, Tschad, Tunesien, Uganda, Venezuela, Vereinigte Republik Tansania, Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland und Zypern.




UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon: „Millionen Flüchtlinge befinden sich in einer unsagbaren Notlage“

Erklärung zum Weltflüchtlingstag, 20. Juni 2007

New York/Vereinte Nationen – Während die Menschheit eine beispiellose Mobilität genießt und immer mehr Menschen im Streben nach besseren Möglichkeiten, Länder und auch Kontinente wechseln, müssen wir auch an jene Menschen denken, die ihre Heimat unfreiwillig verlassen.

Flüchtlinge verlassen ihr Zuhause nicht bereitwillig. Sie werden durch Konflikte oder Verfolgung dazu gezwungen. In vielen Fällen fliehen sie, um ihr Leben zu retten, oder Sicherheit und Schutz zu finden. Das Exil bringt Millionen Menschen in eine unsagbare Notlage. Die Heimat verlassen zu müssen, ist für sie eine traumatische Erfahrung.

Verglichen mit den letzten Jahrzehnten befinden sich die offiziellen Flüchtlingszahlen auf einem niedrigen Niveau. Aber sie beinhalten nicht die große Zahl der Menschen, die durch politische Konflikte und Unsicherheit vertrieben werden. Es gibt Fälle, wo ganze Gemeinden Zuflucht im eigenen Land suchen müssen. Binnenvertriebene, die innerhalb der eigenen Landesgrenzen wie Flüchtlinge leben müssen, benötigen Schutz, Unterstützung, Bildung und eine sichere Umgebung. Der Anteil dieser Flüchtlinge wächst. Im vergangenen Jahr haben das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen und andere UNO-Organisationen ihre Unterstützung auf 23 Länder mit circa 20 Millionen Binnenvertriebenen ausgeweitet.

Die internationale Solidarität ist entscheidend, um die humanitären Bedürfnisse der Flüchtlinge und anderer Vertriebener zu decken. Millionen hängen von den Hilfslieferungen der UNO ab. Aber Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden, bedürfen auch eines Zufluchtorts und eines rechtlichen Schutzes, der damit beginnt, dass Regierungen und Individuen einsehen, dass diese Menschen nicht freiwillig zu Flüchtlingen geworden sind.

Quelle: Deutsche Website der UNO; www.unric.org


High Commissioner's Statements

World Refugee Day: Displacement in the 21st Century

by António Guterres

20 June 2007

Today we are facing what may prove to be one of the greatest challenges of the century. Almost 40 million people worldwide have been uprooted and forced to flee violence and persecution. The future is likely to see increasing numbers of people on the move. Many of them will be in search of economic opportunity and better lives or escaping environmental degradation and natural disasters. Others will be forced to flee failing states wracked by violence and persecution. But in most instances, people are fleeing a combination of these factors, compounding one another to provoke a perfect storm of loss and dislocation.

I have spent the past few days in Sudan, a country at the epicenter of one of the world's great displacements. Here I have seen firsthand the stark reality of forced displacement as well as some of the solutions.

Hopes that globalization would naturally bring steady growth while also narrowing the gap between rich and poor have not been fulfilled. While global trade and wealth have indeed increased, the gap between the world's rich and poor is widening, driving more people to move and to fall prey to unscrupulous groups whose new business line in human smuggling and trafficking is worth billions of dollars a year.

Climate change and environmental damage lie behind increasingly frequent natural disasters with dramatic human consequences. Different models of the impact of climate change all present a worrying picture of human displacement. East Africa offers a stark example. All predictions are that desertification will expand steadily, making it difficult for people to earn a living and provoking further migration. All of this is happening in the absence of international capacity and determination to respond.

People are also fleeing war and persecution. Even when we have plenty of early warning, the international community has repeatedly failed to prevent conflicts. Instead, agencies like mine are left to deal with the human consequences. Prevention is possible, more effective and cheaper. But it requires wisdom, political and diplomatic effort and an investment in eliminating the root causes, including the social and economic ones.

Sudan's Darfur crisis is a good example of the complexities. The conflict has political roots, but is also fueled by increasing competition between traditional herders and farmers for scarce resources, especially water. When this is linked with political tensions, the results are explosive.

The relatively recent concept of humanitarian intervention argues that states have an obligation to protect their citizens, and if they are unable or unwilling to do so, then the international community should step in. Today, in the aftermath of events in Iraq, the idea of an international "responsibility to protect" is losing favor. It can be extremely difficult to help people who are displaced within their own countries and who--unlike refugees outside their homelands – are not covered under international law.

But there's good news too, as here in the remote south of Sudan where tens of thousands of Sudanese refugees are making the choice to return to their devastated homeland after decades of conflict. Although largely unreported, they are coming home with U.N. help from refugee camps in Uganda, the Democratic Republic of the Congo, Kenya, Ethiopia and the Central African Republic. Others are returning from exile in Libya and Egypt, as well as from other parts of Sudan itself.

Like virtually all of the world's people forced to flee violence and persecution, the southern Sudanese have long dreamed of going home – despite the uncertainties and hardship. And all of them deserve much more support than they have been getting.

To mark World Refugee Day (June 20), I joined southern Sudanese as they returned from Uganda to begin rebuilding their lives. Our greatest satisfaction comes from helping a refugee family go home, and their repatriation is a ray of hope in a strife-torn region.

But even when conflicts are resolved and the uprooted are able to go home, their problems are not over. Some 50 percent of countries that emerged from conflict in recent years fell back into strife – a stark reminder of the imperative of addressing in a comprehensive way the increasingly complex challenges that push so many people from their homes.

It is time to recognize that we are facing what is nothing less than a new paradigm of displacement in the 21st Century, with a plethora of push factors driving people from their homes on an unprecedented scale. There are no easy answers, but while the international community grapples with the root causes of displacement, it must pay more attention to protecting the vulnerable and building opportunities for their futures.

* António Guterres, a former Prime Minister of Portugal, has headed the Geneva-based Office of the U.N. High Commissioner for Refugees since 2005.

Source: Website UNHCR; www.unhcr.org

Eine deutsche Übersetzung dieses Beitrags finden Sie hier:
Weitere Beiträge zum Weltflüchtlingstag


Nach Hause zurückkehren – in Würde und Sicherheit!

Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zum Weltflüchtlingstag am 20.6.2007

Aus Anlass des Weltflüchtlingstags am 20. Juni rief Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul dazu auf, das Schicksal der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in der Welt nicht zu vergessen "Das Leid von Millionen unverschuldet in Not geratener Vertriebener zu lindern, ist ein Gebot der Menschlichkeit".

Weltweit befinden sich heute mehr als 33 Millionen Menschen auf der Flucht. Sie suchen entweder als Flüchtlinge in einem fremden Land oder als Binnenvertriebene innerhalb der Staatsgrenzen ihres Heimatlandes Schutz vor gewaltsamen Konflikten oder Naturkatastrophen. Zu den Hauptherkunftsländern von Vertriebenen gehören Afghanistan, Sudan, DR Kongo, Irak, Somalia, Burundi und Kolumbien. Die überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen sucht Zuflucht in Entwicklungsländern. Zahlreiche Opfer von gewaltsamen Konflikten leben zum Teil jahrelang ohne Aussicht auf eine dauerhafte Lösung im Aufnahmeland.

"Flüchtlinge haben oft alles, immer ihr Zuhause verloren. Um ihr Leben in Sicherheit und Würde neu aufzubauen, müssen die Menschen in den Aufnahmeregionen nicht nur mit dem Lebensnotwendigen versorgt werden. Was sie brauchen ist eine Perspektive auf die Rückkehr in ihre Heimat", unterstrich Wieczorek-Zeul. Aus diesem Grund unterstützt das Entwicklungsministerium das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR nicht nur bei der Versorgung von Vertriebenen in den Aufnahmeländern und -regionen, sondern auch bei der Rückführung und Reintegration von Menschen, die in ihre Heimat zurückkehren und dort am Wiederaufbau mitwirken.

UNHCR und Bundesentwicklungsministerium führen aktuell Programme zur nachhaltigen Wiederansiedlung von Rückkehrerinnen und Rückkehrern in Liberia, DR Kongo, Südsudan und Afghanistan durch. In den Rückkehrergebieten finden Gemeindeentwicklungsmaßnahmen und der Wiederaufbau von Infrastruktur wie Schulen, Wasser- und Sanitärversorgung. Dazu kommen Maßnahmen zur Unterstützung der Selbstverwaltung, der Berufsausbildung und der Bewältigung von Konflikten. Um Konflikten durch ungleiche Behandlung vorzubeugen, wird auch die ansässige Bevölkerung dabei einbezogen.

Positiv bewertet Wieczorek-Zeul den Wiederaufbau in Liberia. Eine der größten Rückkehroperationen des UNHCR steht dort Ende dieses Monats vor dem Abschluss. "Seit Beginn der Operation im Oktober 2004 sind mehr als 150.000 Flüchtlinge aus allen Nachbarländern und 314.000 Binnenvertriebene in ihre Heimatregionen in Liberia zurückgekehrt – ermutigt vom Friedensschluss 2003 und der Vereidigung der demokratisch gewählten Regierung von Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf im Januar 2006. Jetzt kommt es darauf an, die Lebensverhältnisse vor Ort nachhaltig zu sichern", forderte die Ministerin.

Damit Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren und dort bleiben können, ist anhaltende internationale Unterstützung notwendig, die von der Rückkehrphase über den Wiederaufbau bis zur langfristigen Entwicklungszusammenarbeit reicht. Insgesamt kommen Nothilfeprojekte des Bundesentwicklungsministeriums in einer Größenordnung von 40 Millionen Euro jährlich Flüchtlingen, Binnenvertriebenen und Rückkehrerinnen und Rückkehrern in Entwicklungsländern zugute.

Quelle: Website des Entwicklungsministeriums; www.bmz.de


Wie man Flüchtlinge abwehrt und Integration verhindert...

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union macht nach Auffassung der Fraktion Die LINKE deutlich: Es geht der Bundesregierung in der Migrationspolitik um die Flüchtlingsabwehr und die Auslese von Fachkräften und Hochqualifizierten für ihren „globalen Standortwettbewerb“. Die Integrationspolitik ist dagegen durch einschneidende Sanktionen im Rahmen einer sozialpolitischen „Selektionspolitik“ gekennzeichnet.
Hierzu sprach am 14. Juni 2007 Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Fraktion Die LINKE, im Plenum des Bundestags:


Frau Präsidentin, Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Ich möchte mit einem Zitat beginnen:
„Die bisherige Entwicklung und die bisherigen Maßnahmen sind offenbar zu sehr von der Priorität arbeitsmarktpolitischer Gesichtspunkte geprägt worden, während die ebenso gewichtigen sozial- und gesellschaftspolitischen Postulate nachrangig erschienen.“

Dieses Zitat stammt aus dem Jahre 1979 vom ersten Ausländerbeauftragten der Bundesregierung, Heinz Kühn. Nicht den sozialen Postulaten, sondern dem Diktat der wirtschaftlichen Interessen folgten die Bundesregierungen auch in den späteren Jahrzehnten.

Am 26. Mai 1993 beschloss der Bundestag die faktische Abschaffung des Grundrechts auf Asyl. 14 Jahre später wird ein weiterer Angriff auf die Rechte von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten eine parlamentarische Mehrheit finden.

Damals wie heute folgt die Gesetzesänderung der rassistischen Einteilung und der damit verbundenen Abwertung von Menschen nach ihrer ökonomischen „Nützlichkeit“. So geht es der Bundesregierung in der Migrationspolitik um die Flüchtlingsabwehr und die Auslese von Fachkräften und Hochqualifizierten für ihren „globalen Standortwettbewerb“. Die Integrationspolitik ist dagegen durch einschneidende Sanktionen im Rahmen einer sozialpolitischen „Selektionspolitik“ gekennzeichnet.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Bundesregierung begründet ihre zahllosen Verschärfungen mit der Umsetzung von 11 EU-Richtlinien. Dabei sehen diese einen Großteil der Verschärfungen gar nicht vor.

Das Gegenteil ist der Fall. Nicht einmal zwingende Mindestnormen der EU-Richtlinien wie der subsidiäre Schutz für Kriegsflüchtlinge, die Beachtung des Kindeswohls und die Sicherstellung der Behandlung von besonders Schutzbedürftigen finden sich im Gesetzentwurf wieder. Änderungen, deren Notwendigkeit durch die dreitägige Anhörung deutlich wurde, unterbleiben in Gänze.

Gar nichts mit den EU-Richtlinien haben die Verschärfungen im Einbürgerungsrecht und bei den Integrationskursen zu tun. Die Einführung von Einbürgerungstests, die Streichung der erleichterten Einbürgerung für Jugendliche bis 23 Jahre etc. werden vor allem eine Auswirkung haben: Menschen auch weiterhin von der demokratischen Mitbestimmung durch Wahlen auszuschließen.

“Es liegt doch klar auf der Hand: sie wollen die ausländischen Arbeiter in Deutschland, aber sie sollen in Deutschland Sklaven sein.“, sagte bereits der SPD-Abgeordnete Karl Liebknecht 1912 bei den Beratungen des Staatsangehörigkeitsgesetzes.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Sie behaupten zynisch, Ihr Gesetz diene der Integration und der Bekämpfung von Zwangsverheiratungen. Tatsächlich aber greifen Sie in das Grundrecht auf Familienzusammenleben ein, indem der Ehegattennachzug beschränkt wird. Nicht etwa, dass sie aufenthaltsrechtliche Maßnahmen zum Schutz Zwangsverheirateter oder Zwangsverschleppter ergreifen, wie wir das schon seit langem fordern und von allen Sachverständigen und sogar vom Bundesrat angeregt wurde.

Bei eingebürgerten deutschen Staatsangehörigen wird der Nachzug zudem noch von der Sicherung des Lebensunterhalts abhängig gemacht. Damit werden Eingebürgerte im Nachhinein rassistisch diskriminiert und zu „Deutschen“ zweiter Klasse gemacht.

Es geht also keineswegs um die von Zwangsheirat bedrohten Frauen. Aber glaubwürdig war es ja ohnehin nie, dass sie sich für die Rechte von Frauen einsetzen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Deutlich wird auch, was sie unter „präventiver Integration“ verstehen: Niemanden mehr reinlassen! Wenn niemand mehr kommen kann, muss auch niemand integriert werden!

Und die hier sind, sollen mit sozial- und aufenthaltsrechtlichen Sanktionen integriert werden. In diesem Zusammenhang zaubern sie mal eben den Popanz des „integrationsunwilligen Ausländers“ herbei. Nicht einmal der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge kann sie in ihrem Sanktionierungswahn stoppen. Der hatte mir im Innenausschuss zugestimmt, als ich auf die sehr hohe Beteiligung von sog. Alteinwanderinnen und –einwanderer hingewiesen habe. Und das, obwohl es nicht einmal irgendwelche Informationskampagnen gibt. Lieber führen sie auch eine Denunziationspflicht öffentlicher Stellen ein, nach der vermeintliche Integrationsdefizite den jeweiligen Ausländerbehörden zu melden sind.

Oder sie verlängern die systematische Schlechterstellung von Asyl suchenden und geduldeten Menschen bei der Sicherstellung ihres ohnehin um 35% gekürzten Existenzminimums von drei auf vier Jahre.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Die SPD hat der faktischen Abschaffung des Asylrechts 1992 unter dem Vorwand einer Bürgerkriegsregelung zugestimmt. Diese Regelung wurde in der zwölfjährigen Zeit ihres Bestehens genau einmal angewandt: 1999, bei der zeitweiligen Aufnahme von Kosovo-Flüchtlingen.

Heute stimmen Sie einem Gesetzespaket mit inakzeptablen, grundrechtswidrigen und unbegründbaren Verschärfungen zu – als „Preis“ für eine so genannte „Altfallregelung“, die keine ist. Während die CDU/CSU nur das macht, was sie ständig propagiert, zeigt die SPD ihren Januskopf. Integration predigen und Integrationsbedingungen verschlechtern.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Heribert Prantl schrieb am 5.4. in der SZ:
„Es gibt zehn Regeln, an die man sich halten muss, um den Ausländern in Deutschland den Weg zur Integration erfolgreich zu verbauen.“

Bravo, kann ich da nur sagen. Die Bundesregierung hat es geschafft, sich tatsächlich an alle zehn Regeln zu halten.
Danke.

Quelle: Website der Fraktion Die LINKE; www.linksfraktion.de


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