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Genehmigung abwarten!!

Warum sterben Flüchtlinge vor Lampedusa?

Von Arian Schiffer-Nasserie *

Politiker fordern neue Gesetze zum Umgang mit Flüchtlingen während im Meer vor Lampedusa noch Hunderte Tote vermutet werden. Prof. Dr. Arian Schiffer-Nasserie – seine Forschungsschwerpunkte sind Sozial- und Migrationspolitik sowie Rassismus – fasst Ursachen der Flüchtlingstragödien in Thesen.

Hunderte sind auf ihrem Weg vom libyschen Misrata nach Lampedusa an einem Tag im Oktober 2013 gestorben, weil die EU (Deutschland vorneweg) mit ihren global überlegenen Unternehmen und subventionierten Waren die afrikanischen und arabischen Ökonomien erfolgreich kaputt konkurriert und den betroffenen Menschen damit ihre Lebensgrundlage nimmt,

weil die Lebensmittel, die Fischfanggebiete, die Rohstoffvorkommen ihrer Heimat exklusiv der Verwertung westlicher Kapitale dienen und dafür kaum örtliche Arbeitskräfte gebraucht werden, weil mit den Menschen vor Ort im Normalfall schlicht überhaupt kein Geschäft zu machen ist,

weil sie also schlicht überflüssig, d.h. Überbevölkerung sind, die stört, wo immer sie rumvegetiert,

weil die den ehemaligen Kolonisierten gewährte Freiheit, sich selbstverantwortlich um den eigenen Gelderwerb kümmern zu dürfen, weder die tatsächliche Möglichkeit dazu in ihrer Heimat noch das Recht einschließt, diese verlassen zu dürfen, nur weil man daheim nicht leben kann, um auswärts in den Metropolen des Kapitalismus die eigene Arbeitskraft anzubieten,

weil sie seit der Eurokrise als Wanderarbeiter und Erntehelfer erst recht nicht gebraucht werden,

weil Weltbank und IWF darauf bestehen, dass die afrikanischen Staaten die Ernährung ihrer Völker nicht subventionieren dürfen, wenn sie weiterhin vom Westen Kredit wollen,

weil nicht geduldet wird, wenn sich die Überflüssigen in ihrer Not gegen ihre politische Herrschaft auflehnen oder anderen politischen Mächten zuwenden, sofern dies den Ordnungsvorstellungen europäischer und amerikanischer Mächte widerspricht,

weil EU und USA die Verzweifelten in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten in Zentralasien für ihre Einflussnahme auf die Regionen zu instrumentalisieren suchen, weil westliche Regierungen die Aufstände der Verzweifelten – je nach Bedarf – gegen unliebsame Regierungen unterstützen (Syrien, Libyen, Libanon, Iran), weil sie, wo dies zur Durchsetzung der eigenen Interessen opportun erscheint, zur ethnischen und religiösen Spaltung ganzer Staaten beitragen und die dafür nötigen Kriege finanzieren (Eritrea, Sudan, Somalia), weil die Staaten des Westens unliebsame Bewegungen und Organisationen bespitzeln, verfolgen, ihre Mitglieder und deren Angehörige foltern, sie mit Drohnen beschießen, sie von Milizen vernichten lassen (Jemen, Pakistan, Somalia, Kurdistan...),

weil sie befreundete und verbündete Regime bei ihrer Kriegführung unterstützen (Saudi-Arabien, Katar, Arabische Emirate, Jordanien, Türkei) und Diktaturen, Monarchien und Gottesstaaten für ihre Beiträge zur imperialistischen Weltordnung aus- und aufrüsten und so von sich abhängig machen, weil sie Putschs gegen antiwestliche Regierungen, die auf demokratischem Wege an die Macht gekommen sind, und dazugehörige Militärdiktaturen offen unterstützen (Algerien) oder zumindest decken und militärisch ausrüsten (Ägypten),

weil sie mit Wirtschaftsembargos und Blockaden die Lage der Völker in unliebsamen Staaten weiter zu verschlechtern suchen, um sie in Hungeraufständen gegen ihre Regierung aufzubringen, weil die USA und die EU-Staaten überall dort, wo diese friedliche Diplomatie nicht ausreicht, um ihre Interessen durchzusetzen, zur offenen Kriegführung übergehen, Söldnertruppen zusammenstellen oder gleich selber bombardieren, einmarschieren oder besetzen (Afghanistan, Irak, Libyen, Mali), natürlich nur, um die »Zivilbevölkerung zu schützen«,

weil jede Hoffnung der »Beschützten«, der »unschuldigen Zivilbevölkerung«, der »schutzlosen Männer, Frauen und Kinder«, auf legale und sichere Weise mit europäischen Fähren oder Fluglinien diesem Horror zu entgehen, um in den segensreichen Moloch deutscher, französischer oder britischer Slums zu gelangen, dort die Klos von McDonald's oder die Flure deutscher Ämter und Behörden zu putzen, im Puff für die verkorksten Seelen des freien Westens zur Verfügung zu stehen oder auf den Plantagen spanischer Agrarkonzerne Pestizide zu inhalieren, durch ein hermetisches Grenzregime zunichte gemacht wird.

Es ist auch konsequent, dass vorbeifahrende Container- und Kreuzfahrtschiffe die Ertrinkenden nicht retten, ihre Hilferufe nicht erhören, da möglichen Rettern harte Strafe droht. Es ist auch nur folgerichtig, dass die Überlebenden in Rom angeklagt werden und mit hohen Geldstrafen rechnen müssen, noch bevor alle Leichen beseitigt sind, damit kein falsches Signal an jene ergeht, die auf der anderen Seite des Meeres noch leben.

Auch wenn es niemand so sagen will: Die toten Flüchtlinge sind für die ökonomischen Interessen der führenden kapitalistischen Staaten und ihrer Unternehmen unvermeidlich! Sie sind als zivile Opfer des europäischen Imperialismus notwendig!

Die Toten sind nicht Opfer »gewissenloser Schleuserbanden«, die der Innenminister nun pressewirksam verantwortlich machen will, sondern sie sind die Folge einer effizienten Abriegelung der europäischen Außengrenzen, für die Herr Friedrich entschlossen einsteht.

Die Toten sind nicht Opfer »unserer aller« Gleichgültigkeit und Ignoranz gegenüber dem Leid der Flüchtenden, wie dies Presse und Bundespräsident glauben machen wollen, sondern sie sind Produkte der ökonomischen, politischen und militärischen Erfolgsstrategie eines Staates, dem Herr Gauck nicht ohne Stolz vorsteht.

Die Toten bezeugen nicht das »Scheitern der europäischen Flüchtlingspolitik«, wie dies deutsche Flüchtlingsorganisationen in ihrer grenzenlosen Staatstreue postulieren, sondern sie sind Ausdruck erfolgreicher Grenzsicherung.

Auch wenn es niemand so sagen will: Die nun öffentlich zur Schau getragene Betroffenheit dient nicht den toten Flüchtlingen – wie sollte sie auch!

Scham und Trauer gelten dem Ansehen des europäischen Staatenbündnisses, seiner Machthaber und seiner Werte!

Angesichts von überdurchschnittlich vielen Grenztoten geht es Presse und Politik um die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit jener Werte, in deren Namen von Afghanistan bis Mali Krieg geführt wird!

* Professor Arian Nasserie forscht und lehrt an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum.

Aus: neues deutschland, Montag, 7. Oktober 2013



Überlebenden und Helfern droht Strafe

Katastrophe von Lampedusa löst in Italien Debatte über Asyl- und Einwanderungsrecht aus

Von Anna Maldini, Rom **


Nach der Tragödie von Lampedusa diskutiert man in Italien heftig über die Gesetzgebung zu Asylrecht und Flüchtlingen.

Taucher bargen am Sonntag aus dem Wrack des vor Lampedusa gesunkenen Flüchtlingsschiffs weitere 32 Leichen. Die Zahl der Opfer des Unglücks stieg damit auf 143. Während die Suche nach Vermissten fortgesetzt wird, sind die 155 Überlebenden in einem menschenunwürdigen Lager untergebracht und müssen jetzt sogar ein Verfahren wegen illegaler Einwanderung fürchten.

Wieder zeigt sich, wie absurd die italienische Gesetzgebung in Sachen Migration und Asylrecht ist. Während ein ganzes Land die Toten von Lampedusa beweint, müssen die Überlebenden mit der Bürokratie kämpfen. Die Staatsanwaltschaft von Agrigento hat ein Verfahren wegen illegaler Einwanderung gegen sie eröffnet. »Wir sind dazu gezwungen«, sagt die Behörde. »So sind die Gesetze und wir haben keinen Spielraum.« Auch den Fischern der Insel, die zuerst am Unglücksort waren, droht möglicherweise ein Verfahren wegen »Beihilfe zum Menschenhandel«. Schließlich haben sie den Schiffbrüchigen geholfen, »illegal« italienischen Boden zu erreichen. Das ist nicht reine Theorie: Vor einigen Jahren wurde das Boot eines sizilianischen Fischers beschlagnahmt, weil er mehrere Menschen von einem sinkenden Kahn aufgenommen hatte.

Ein Teil der italienischen Politik scheint sich darin einig, dass man das Einwanderungsgesetz, das den Namen des rassistischen Lega-Politikers Umberto Bossi und des einstigen Faschisten Gianfranco Fini trägt und das unter Silvio Berlusconi verabschiedet wurde, dringend ändern muss. Aber nur ein Teil: Vertreter der Regierungspartei PdL wollen Europa zur Rechenschaft ziehen, aber in Italien nichts ändern.

Anders sieht das die Kammerpräsidentin Laura Boldrini, einst Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR und Abgeordnete der Partei SEL (Linke, Ökologie und Freiheit). Bei einem Besuch in Lampedusa sagte sie, dass repressive Maßnahmen der falsche Weg sind, um das Flüchtlingsproblem zu lösen: »Wer vor Kriegen oder Diktaturen flüchtet, lässt sich sicher nicht von Gesetzen aufhalten!« Außerdem habe Italien mit der Einführung des Straftatbestandes der »Illegalität« den Eindruck vermittelt, dass es nicht rechtens ist, Menschen in Not zu helfen. Auch die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, Kristalina Georgiewa, verlangte bessere Zugangsmöglichkeiten für Flüchtlinge in die Europäische Union. »Die EU basiert auf Solidarität«, behauptete Georgiewa.

Auf Lampedusa wurde inzwischen damit begonnen, die Toten zu identifizieren, die geborgen wurden. Die Leichen wurden in einem Flughafenhangar in Särgen aufgebahrt, darunter auch vier kleine weiße Särge für die Kinder, auf die irgendjemand kleine Herzchen oder Teddybären gelegt hat. Die Überlebenden sollen jetzt den Toten einen Namen geben. Diese Gestrandeten sind in dem Auffanglager der Insel untergebracht. Die Struktur ist eigentlich für höchstens 300 Flüchtlinge gedacht. Derzeit leben dort jedoch weit über 1000, darunter Frauen und Kinder und viele Menschen, die schwer traumatisiert sind. Sie schlafen zum Teil im Freien auf dreckigen Matratzen und essen müssen sie aus Papptellern vom Boden. Willkommen in Europa!

** Aus: neues deutschland, Montag, 7. Oktober 2013


Europa hält Grenzen dicht

Beim Rat der EU-Innenminister wird auch die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen zum Thema. Bundesregierung fordert Bekämpfung des »Mißbrauchs« der Freizügigkeit

Von Ulla Jelpke ***


Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland ist im September einer Vorabmeldung des Spiegels zufolge gestiegen. Es seien 11461 Anträge gestellt worden, berichtete das Magazin am Sonntag unter Berufung auf die neuesten Daten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Im August waren 9502 Asylbewerber registriert worden. Insgesamt hätten in den ersten neun Monaten des Jahres 74194 Menschen Aufnahme und Schutz in Deutschland beantragt. Die meisten Asylbewerber des vergangenen Monats trafen dem Bericht zufolge aus Serbien ein. Doch auch immer mehr Flüchtlinge aus dem syrischen Kriegsgebiet versuchen, vor der Gewalt in ihrer Heimat nach Europa und nach Deutschland zu entkommen. An diesem Montag und Dienstag treffen sich die EU-Innen- und Justizminister in Luxemburg zu ihrer Ratssitzung. Eins der zentralen Themen wird dort auch die Aufnahme syrischer Flüchtlinge sein – neben der weiteren Debatte zur EU-Datenschutz-Grundverordnung.

Mit dem zuletzt genannten unmittelbar geltenden Rechtsakt der Union sollen die unterschiedlichen Datenschutzniveaus in den einzelnen Mitgliedsstaaten vereinheitlicht werden. Ein erster Anlauf war im Juni gescheitert, nachdem es massive Kritik an einer Absenkung des Niveaus gegeben hatte. Aktuell dreht sich die Debatte um die Frage, wie die datenschutzrechtlichen Belange der Bürger im Kompetenzwirrwarr parallel arbeitender nationaler Datenschutzbehörden und einer entsprechenden EU-Aufsicht durchgesetzt werden sollen. Daneben geht es um Vorschläge für die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft und um eine Organisationsreform bei der Europäischen Agentur für die justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen (EUROJUST).

Ebenfalls auf der Tagesordnung steht der angebliche Mißbrauch der EU-Freizügigkeitsregeln, der unter anderem vom Bundesinnenministerium in Zusammenhang mit der sogenannten Armutsmigration aus Rumänien und Bulgarien beklagt wird. Die EU-Kommission wird einen Zwischenbericht dazu vorlegen, der auf Informationen aus 18 EU-Staaten beruht. Die Bundesregierung hat nach eigenen Angaben einen Bericht mit umfangreichen statistischen Angaben abgeliefert. Bislang hatte das Merkel-Kabinett auf Nachfragen der Linken-Fraktion im Bundestag erklärt, keinerlei statistische Angaben zur sogenannten Armutsmigration machen zu können.

Den vordringlichsten Klärungsbedarf gibt es zum Umgang mit Flüchtlingen aus Syrien. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR fürchtet eine Destabilisierung der syrischen Nachbarländer wie des Libanon, die bislang noch ihre Grenzen offenhalten. Anders die EU-Staaten: Nachdem Griechenland sie nicht mehr passieren läßt, versuchen die Flüchtlinge vermehrt, über die türkisch-bulgarische Grenze zu fliehen. Während in den vergangenen Jahren kaum mehr als 1000 Asylsuchende pro Jahr nach Bulgarien einreisten, kommen dort derzeit täglich bis zu 80 Flüchtlinge an. Die staatlichen Stellen sind nicht in der Lage, wenigstens eine Grundversorgung mit Unterkünften und Lebensmitteln sicherzustellen. Bis Ende des Jahres rechnet das Innenministerium in Sofia mit 10000 syrischen Flüchtlingen. Der Ressortchef drohte deshalb, die Grenze zur Türkei komplett zu schließen. Dann würden noch mehr Menschen den gefährlicheren Weg über das Mittelmeer bis nach Italien wagen. Bis Mitte September kamen auf dieser Route 4600 Flüchtlinge in Italien an. Wie viele darüber hinaus die Fahrt nicht überlebt haben, ist unbekannt.

Das Schiffsunglück vom vergangenen Donnerstag vor Lampedusa, bei dem nur 150 der rund 500 Passagiere gerettet werden konnten, hat wieder einmal vor Augen geführt, in welche Todesgefahr Menschen durch die europäische Abschottungspolitik getrieben werden.

Trotz dieser Lage sind die EU-Innenminister weder zu einer Öffnung der Grenzen noch zu einer koordinierten Aufnahme von syrischen Flüchtlingen bereit. Nach Angaben des UNHCR liegen derzeit Aufnahmezusagen aus nur neun EU-Staaten für gerade einmal 7000 Personen vor, 5000 davon werden in die Bundesrepublik kommen. Eine »Richtlinie zur vorübergehenden Aufnahme von Vertriebenen« aus dem Jahr 2001 bietet die Möglichkeit für ein gemeinsames Vorgehen der EU. Die Richtlinie sieht vor, daß sich alle Mitgliedsstaaten an einem Aufnahmeprogramm beteiligen und diejenigen finanziell unterstützen, die in besonders großer Zahl Flüchtlinge aufnehmen. Der Rat der Innenminister ist das Gremium, das über die Anwendung dieser Richtlinie entscheidet. Doch noch steht ein solcher Beschluß nicht einmal auf der Tagesordnung. Flüchtlinge werden also weiter ihr Leben riskieren müssen, wenn sie sich nach Europa retten wollen.

*** Aus: junge Welt, Montag, 7. Oktober 2013


Vorwürfe gegen Küstenwache vor Lampedusa

Fischer: Nach Unglück hätten mehr Flüchtlinge gerettet werden können. Überlebende sollen Strafe zahlen

Nach dem Kentern eines Schiffes mit 500 Flüchtlingen an Bord am vergangenen Donnerstag sind am Wochenende vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa weitere Leichen geborgen worden. Ein Zeuge erhob schwere Vorwürfe gegen die Küstenwache. Die habe 45 Minuten gebraucht, bis sie den etwa 500 Meter vor der Küste gelegenen Unglücksort erreicht habe, sagte Marcello Nizza, der mit einem Fischerboot in der Nähe des gekenterten Schiffs unterwegs war. Zusammen mit seinen sieben Begleitern kam er den Opfern zur Hilfe. Nizza warf der Küstenwache vor, die Rettung weiterer Überlebender behindert zu haben. Mit 47 Überlebenden habe sein Boot den Hafen von Lampedusa erreicht. Er sei dann aber daran gehindert worden, wieder aufs Meer zu fahren, weil hierfür keine offizielle Erlaubnis vorgelegen habe. »Ich hätte mehr Menschen retten können«, sagte Nizza. Ein Sprecher der Küstenwache widersprach dieser Darstellung.

Auch der Gouverneur der Re­gion Sizilien, Rosario Crocetta, zeigte sich fassungslos. Es sei unverständlich, daß die EU-Grenzschutzagentur Frontex das Flüchtlingsschiff nicht bemerkt habe. »Wo war Frontex am Donnerstag morgen?« fragte er. Die Bürgermeisterin von Lampedusa, ­Giusi Nicolini, übte heftige Kritik an einem italienischen Gesetz, wonach Helfer für die Rettung illegaler Einwanderer bestraft werden können. Mehrere Fischerbote hätten daher abgedreht, ohne den Schiffbrüchigen zu helfen. »Die Regierung muß diese unmenschlichen Normen ändern«, sagte Nicolini. Dafür sprachen sich auch Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano, Senatspräsident Pietro Grasso und die aus dem Kongo stammende Integrationsministerin Cecile Kyenge aus. Gegen die 155 Überlebenden soll indes wegen illegaler Einwanderung ermittelt werden. Ihnen drohen Geldstrafen bis 5000 Euro.

(junge Welt, Montag, 7. Oktober 2013)




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