Schlechtes EU-Klima für den Klimaschutz
Gipfeltreffen ohne konkrete Zusagen an die armen Staaten / Lastenverteilung in der Union bleibt Streitpunkt
Schlechtes EU-Klima für den Klimaschutz
Gipfeltreffen ohne konkrete Zusagen an die armen Staaten / Lastenverteilung in der Union bleibt Streitpunkt
Fünf Wochen vor dem Weltklimagipfel in Kopenhagen verweigert die Europäische Union den armen
Ländern in der Welt klare Finanzzusagen im Kampf gegen die Erderwärmung.
»Die Staats- und Regierungschefs der EU sind mit ihrer Einigung zur
Klimafinanzierung weit hinter den an sie gestellten Erwartungen zurückgeblieben«, sagte der
Vorsitzende des Umweltausschusses im Europäischen Parlament, Jo Leinen (SPD), am
Wochenende in Brüssel. »Auch die deutsche Bundesregierung scheint in das Lager der
Klimabremser übergelaufen zu sein.« Vor Beginn des Weltklimagipfels der Vereinten Nationen in
Kopenhagen würden sich die Entwicklungsländer fragen, »was sie mit diesen Zahlen anfangen
sollen«.
In ihrem Beschluss über das EU-Verhandlungsmandat für Kopenhagen hatten die EU-»Chefs« den
globalen Finanzbedarf für Klimamaßnahmen in der Dritten Welt mit 100 Milliarden Euro jährlich
beziffert, aber kein konkretes EU-Angebot genannt.
Nach zähen Verhandlungen einigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs lediglich darauf, ihren
Streit über die Lastenteilung zu vertagen. Innerhalb der EU sehen die Staaten in Ost- und
Mitteleuropa ihre Partner im reicheren Westen am Zug. In der Gipfelrunde bremste insbesondere
Deutschland. Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte die Zurückhaltung bei neuen
milliardenschweren Klimaschutz-Zahlungen: »Wir haben ein Ergebnis, das der Vorreiterrolle der
Union in den Fragen des Klimaschutzes Rechnung trägt«, sagte Merkel nach Abschluss der
zweitägigen Konferenz. »Wir sind mit allem in Vorleistungen getreten.« Merkel kündigte an, dass sie
bei ihrer USA-Reise in dieser Woche die Brüsseler Beschlüsse vorlegen werde. Die Kanzlerin will
damit die USA zu Zugeständnissen in der Klimaschutz-Politik drängen. Außenminister Guido
Westerwelle sagte: »Europa bleibt Vorreiter beim Klimaschutz, aber entlässt nicht andere Teile der
Welt aus der Verantwortung für den Klimaschutz.«
Das sehen Umweltschützer ganz anders. Greenpeace kritisierte den Gipfelbeschluss. Europa habe
»nicht den Nerv gehabt, den Beitrag der EU zu benennen«.
Die Staats- und Regierungschefs vertagten den Streit um die EU-interne Lastenverteilung für die
Klimaschutzmaßnahmen auf später und setzten eine Arbeitsgruppe ein. »Das muss nach einem
erfolgreichen Abschluss von Kopenhagen entschieden werden«, sagte EU-Kommissionspräsident
José Manuel Barroso. Nach Einschätzung der Staats- und Regierungschefs steigt bis 2020 der
Bedarf an internationaler Finanzhilfe beim Klimaschutz auf bis zu 100 Milliarden Euro im Jahr.
Davon entfallen 22 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr auf staatliche Gelder. Gipfelgastgeber und
Schwedens Regierungschef Fredrik Reinfeldt sagte: »Wir haben die 100 Milliarden unterstützt. Wir
werden einen angemessenen Anteil übernehmen.« Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass die
EU bis zu 15 Milliarden Euro pro Jahr schultern könnte. Dazu fehlt jedoch eine Aussage der EU-
»Chefs«. Reinfeldt: »Die EU ist nun in einer starken Verhandlungsposition. Es wird andere
ermutigen mitzumachen.« Um schnell mit Klimaschutz in den ärmeren Staaten beginnen zu können,
sollen von 2010 an zwischen 5 und 7 Milliarden Euro bereit gestellt werden. Zahlungen von EUStaaten
in diesen Topf seien aber freiwillig, schränkte Reinfeldt ein. Dabei soll die Lage von weniger
reichen EU-Ländern berücksichtigt werden. Darauf hatten Polen und andere Staaten gedrungen.
Erwartungsgemäß fällte der Gipfel keine Entscheidung über die neuen Spitzenposten in der EU -
den des künftig ständigen EU-Ratspräsidenten und den des »EU-Außenministers«. Als Favoriten
gelten der niederländische Regierungschef Jan Peter Balkenende für den Präsidentenposten und
der britische Außenamtschef David Miliband für den »Außenminister«. Zur Besetzung der Topjobs
muss zunächst der EU-Reformvertrag in Kraft treten. In Tschechien fehlt noch die Unterschrift des
Präsidenten Vaclav Klaus. Der Gipfel hatte Klaus eine Ausnahme von der EU-Grundrechtecharta
zugebilligt, um dessen Zustimmung zu erreichen. Klaus selbst zeigte sich mit dem Erreichten
zufrieden.
* Aus: Neues Deutschland, 2. November 2009
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