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EU reguliert Einfuhr von Konfliktrohstoffen

Kritiker sprechen von bloßen Absichtserklärungen

Von Kurt Stenger *

EU-Importeure, die mit bestimmten Mineralien handeln, sollen sich künftig ein Unbedenklichkeitszertifikat ausstellen lassen.

Jeder fünfte der derzeit rund 400 bewaffneten Konflikte weltweit steht in Zusammenhang mit Rohstoffen. Die EU-Kommission will nun mit einem Verordnungsentwurf dafür sorgen, dass die Einnahmen aus dem Handel mit bestimmten Mineralien nicht mehr zur Finanzierung bewaffneter Konflikte verwendet werden. Die Initiative werde dazu beitragen, dass »der Handel mit Rohstoffen aus Konfliktgebieten dem Frieden dient und dabei der örtlichen Bevölkerung zugutekommt«, erklärten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Handelskommissar Karel De Gucht bei der Vorstellung der Pläne am Mittwoch in Brüssel.

Der Verordnungsentwurf orientiert sich an Leitlinien, auf die sich die Industrieländer und Unternehmen im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geeinigt haben. Die Brüsseler Pläne sehen die Schaffung eines »EU-Systems der Selbstzertifizierung« vor, dem sich die Importeure der Rohstoffe freiwillig anschließen können. Die Importfirmen unterwerfen sich damit bestimmter Sorgfaltspflichten, die verhindern sollen, dass in den betreffenden Gebieten »Schaden angerichtet« wird. Außerdem soll jährlich eine Liste der in der EU und weltweit tätigen »verantwortungsvollen Hütten und Raffinerien« veröffentlicht werden. Die Zertifizierung soll die Rohstoffe Zinn, Tantal, Wolfram und Gold umfassen – mit über 400 Importeuren zählt die EU zu den größten Absatzmärkten.

Die Wirtschaft ist zufrieden mit den Plänen. So sprach der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) von einer »pragmatischen und ganzheitlichen Strategie«. Die EU-Kommission habe »auf »wenig zielführende und aufwändige Nachweispflichten verzichtet«.

Dagegen hatte vor wenigen Tagen eine Mehrheit im Europaparlament stärkere Verantwortungspflichten von EU-Unternehmen in Bezug auf Abbau, Handel und Nutzung von Rohstoffen gefordert. Nichtregierungsorganisationen (NGO) schließen sich dem an: »Wenn man bedenkt, wie viele Menschen in diesen Konflikten ihr Leben lassen, kann man nicht mit bloßen Absichtserklärungen zufrieden sein«, kritisierte Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt.

Der Arbeitskreis Rohstoffe, dem zahlreiche entwicklungspolitische Organisationen aus Deutschland angehören, fordert darüber hinaus, dass die gesamte Wertschöpfungskette, also auch die Endproduktehersteller, umfassen solle. Zudem müssten sämtliche Rohstoffe reguliert werden. In Deutschland etwa gibt es Kritik daran, dass Kraftwerksbetreiber Steinkohle aus Kolumbien beziehen, wo Proteste gegen Bergbauprojekte gewaltsam unterdrückt werden. Die NGO befürchten zudem, dass einzelne besonders arme Regionen in Afrika als Folge der EU-Pläne künftig keine Mineralien mehr exportieren könnten. Daher müssten Initiativen vor Ort frühzeitig in die Umsetzung eingebunden geben.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 6. März 2014

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