Deutsche Kampfpanzer für Saudi-Arabien
Bundesregierung soll Milliardengeschäft genehmigt haben / LINKE will Verkauf im Bundestag stoppen
Von Olaf Standke *
Wie am Wochenende in Berlin bekannt wurde, will die Bundesregierung voraussichtlich den Export von 200 hochmodernen Leopard-Kampfpanzern an Saudi-Arabien genehmigen und damit nun auch ihre Zurückhaltung bei der Lieferung schwerer Waffen an die autoritäre Monarchie aufgeben. Noch am Freitag hatte sie vor einem Wettrüsten im Nahen Osten gewarnt.
Auf der Website von Krauss-Maffei Wegmann (KWM) findet sich noch kein Hinweis; doch bestätigt sich, was jetzt aus dem geheim tagenden Bundessicherheitsrat nach draußen sickerte, steht die Rüstungsschmiede vor einem Milliardengeschäft. Gemeinsam mit Rheinmetall und zahlreichen Zulieferern hofft sie auf eine Großbestellung aus Saudi-Arabien. Das ölreiche Königreich, das seit geraumer Zeit dabei ist, sich bis zur Halskrause zu bewaffnen, hat seit Langem auch Interesse an Kampfpanzern auf Basis der modernsten Leopard-Variante gezeigt. Deutschland versorgt Saudi-Arabien bisher u.a. mit Sturmgewehren. Mit Washington fädelte Riad einen der größten Waffendeals der Geschichte ein: Rüstungsgüter im Wert von über 60 Milliarden Dollar wollen US-amerikanische Konzerne in den nächsten zehn Jahren liefern, darunter 84 neue F-15-Kampfjets und 178 Kampfhubschrauber.
Der Leopardpanzer 2A7+ ist so etwas wie der Mercedes unter den Kriegsgütern von KWM. Und die Bundesregierung soll den Deal mit diesen Hightech-Waffen genehmigt haben, obwohl ihre Rüstungsexportrichtlinien Lieferungen in Spannungsgebiete und Staaten verbieten, in denen Menschenrechte massiv verletzt werden. Vor wenigen Tagen erst hat Riad angekündigt, seine Truppen aus dem benachbarten Bahrain wieder teilweise zu verlegen, aber nicht vollständig abzuziehen. Sie waren Mitte März entsandt worden, um einen Volksaufstand in dem kleinen Inselkönigreich niederzuschlagen.
Laut einem Video, das den Prototyp des saudischen Wunschpanzerns zeigen soll, sei dieser Leopard auch besonders geeignet, um Barrikaden aus dem Weg zu räumen. »Die schlimmsten Unterdrücker bekommen die tödlichsten deutschen Panzer – das ist Merkels Beitrag zum arabischen Frühling«, kritisierte Jan van Aken (LINKE) gestern den geplanten Verkauf. Saudi-Arabien gehöre zu den ärgsten Menschenrechtsverletzern der Region. Deshalb werde seine Bundestagsfraktion »alles daran setzen, diesen tödlichen Deal zu stoppen«, und in dieser Woche eine aktuelle Stunde im Bundestag beantragen, so das Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Unterausschuss Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung.
Rund 1,5 Billionen Dollar haben die Staaten der Welt im Vorjahr laut SIPRI für ihr Militär ausgegeben. Damit sind die globalen Militärausgaben in der vergangenen Dekade um fast 50 Prozent gestiegen. Nach Angaben des renommierten Stockholmer Friedensforschungsinstituts ist die Bundesrepublik in diesem Zeitraum zum drittgrößten Rüstungsexporteur hinter den USA und Russland aufgestiegen. Ihr Weltmarktanteil hat sich allein zwischen 2006 und 2010 auf rund elf Prozent verdoppelt.
Neben den deutschen Rüstungsfirmen mischt dabei auch die Bundeswehr immer stärker im internationalen Waffengeschäft mit und verkauft ausgemusterte Panzer, gepanzerte Fahrzeuge, Fregatten und anderes Kriegsgerät. Wichtigster Abnehmer für deutsche Rüstung war in den letzten fünf Jahren mit einem Anteil von 15 Prozent interessanterweise jenes hoch verschuldete Griechenland, das mit vielen Steuergeldern gerade vorm Bankrott gerettet werden soll.
* Aus: Neues Deutschland, 4. Juli 2011
Panzer-Sommer
Von Olaf Standke **
Der Weg vom »Arabischen Frühling« zum »Panzer-Sommer« scheint ein kurzer zu sein für die Bundesregierung. Den wohlfeilen Worten über die vermeintlichen Revolutionen im Nahen Osten folgte das beredte Berliner Schweigen, als saudi-arabische Truppen die Demokratiebewegung im benachbarten Bahrain blutig niederschlugen. Ungerührt bringen deutsche Experten weiter das saudische Grenzüberwachungssystem und seine Grenzschützer auf Vordermann. Und nun sollen selbst Kampfpanzer an das Königreich des »schwarzen Goldes« geliefert werden, nachdem man dem autoritären Monarchen schon eine Fabrik für Sturmgewehre in den Wüstenboden gesetzt hat.
Helmut Kohl untersagte einst den Export von schweren Waffen nach Saudi-Arabien noch mit Rücksicht auf Israel. Angela Merkel scheint da trotz angeblich doch so strenger Rüstungsexportrichtlinien nicht so pingelig zu sein. Diese verbieten nämlich Waffenlieferungen in Spannungsgebiete und Staaten, die die Rechte ihrer Bürger mit Füßen treten. Von 200 Leopard-Panzern ist jetzt die Rede, und keine gebrauchten, sondern die modernste Variante, der Typ 2A7+. Bei Krauss-Maffei Wegmann, Rheinmetall und zahlreichen Zulieferfirmen wittert man ein Milliarden-Geschäft. Menschenrechtsverantwortung und Glaubwürdigkeit dieser Bundesrepublik dagegen bleiben auf der Strecke. Sie arbeitet weiter an ihrem Ruf als weltweit drittgrößter Todeshändler.
** Aus: Neues Deutschland, 4. Juli 2011 (Kommentar)
Beiträge zum Panzerdeal mit Saudi-Arabien:
Die Koalition schweigt
Panzerdeal mit Saudi-Arabien bereits beschlossen, 44 "Leopard" bereits verkauft. Aktuelle Stunde im Bundestag kann daran nichts ändern / Arnold Schölzel: Terrorstaaten (8. Juli 2011)
Panzerdeal: LINKE will Aufstand der Anständigen
Jan van Aken fordert Abgeordnete auf, den Beschluss des Bundessicherheitsrates zu blockieren (7. Juli 2011)
Über Leoparden spricht man nicht
Empörung wegen Panzerdeal mit Saudi-Arabien – Bundesregierung schweigt zu Details (6. Juli 2011)
Panzer aus Kassel nach Saudi-Arabien?
Bundesregierung verweigert Stellungnahme zur geplanten "Leopard"-Lieferung / Friedensbewegung: "Rüstungsexporte stoppen - Alternative Produktion diskutieren" (Zwei Erklärungen) (6. Juli 2011)
"Nur U-Boote zu bauen, führt nicht zum Ziel"
Bei ThyssenKrupp stehen 1500, inklusive Zulieferern sogar 4000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Ein Gespräch mit Heino Bade / ThyssenKrupp meldet: U-Boot-Auftrag Türkei (Pressemitteilung im Wortlaut) (6. Juli 2011)
Deutsche Kampfpanzer für Saudi-Arabien
Bundesregierung soll Milliardengeschäft genehmigt haben / LINKE will Verkauf im Bundestag stoppen (5. Juli 2011)
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